Herrig

Herrig
Sankt Clemens Herrig

Herrig ist ein Stadtteil von Erftstadt im Rhein-Erft-Kreis in Nordrhein-Westfalen. Der zweitkleinste Stadtteil hat 507 Einwohner. (Stand 31. Dezember 2010) Ortsvorsteher ist Heinz Mörs.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Herrig liegt am westlichsten Rand des Stadtgebietes. Im Osten grenzt Lechenich an den Ort, im Süden Erp, im Westen und Norden die Nörvenicher Ortsteile Pingsheim und Wissersheim, die bis 1975 selbst Stadtteile von Erftstadt waren.

Geschichte

Vorgeschichte und römische Zeit

Ein Kreisgraben (Urnenbestattung) und Keramikfunde aus der La-Tène-Zeit (500 v. Chr.) weisen auf eine vorgeschichtliche Siedlung hin. Mehrere römische Trümmerstellen und zwei Steinsarkophage in der Feldgemarkung belegen römische Siedlungsplätze.[1]

Mittelalter und Neuzeit

Im frühen Mittelalter entstand um einen Fronhof mit HofkapeIle eine Ansiedlung, die 1155 in einer Handschrift des Benediktinerklosters Deutz als „Harge“ und Ort der Pfarre Lechenich genannt wurde.[2] 1293 verfügte der Erzbischof von Köln Siegfried von Westerburg in Herrig über umfangreichen Besitz, zu dem der erzbischöfliche Hof und acht weitere Höfe gehörten. Die Inhaber der Höfe zahlten dem Erzbischof ihre festgesetzten Abgaben sowohl in Geld als auch in Naturalien.[3] Über die folgenden Jahrhunderte hinweg stagnierte die Entwicklung Herrigs. Der Ort, der bei der Belagerung Lechenichs 1642 durch Einquartierung sehr belastet war, wurde beim Abzug der Belagerer in Brand gesteckt.[4] Bei der steuerlichen Veranschlagung 1664 bestand der Ort aus neun Häusern, davon waren sieben in bäuerlichem Besitz.[5] Die Bewohner, die zur Lechenicher Bürgerschaft gehörten, waren außer den Pächtern der beiden großen Höfe überwiegend Kleinbauern, die ihren eigenem Besitz von zwei bis drei Morgen Ackerland und ergänzend gepachtete Ländereien bearbeiteten.[6] Neben Pacht und Grundpacht mussten von den Einwohnern Herrigs landesherrliche Steuern an den Erzbischof und Kurfürsten gezahlt werden.[7] Eine weitere Belastung war der abzuführende große Zehnt an das Kölner Stift St. Aposteln.[8]

Adeliger und geistlicher Besitz

Von den Ende des 13. Jahrhunderts genannten Höfen waren im 15. Jahrhundert noch zwei Höfe erhalten, die auch in den folgenden Jahrhunderten weiter bestanden.

Hof des Domkapitels

Der Hof des Erzstiftes, der im Jahre 1597 von Koadjutor Ferdinand, dem späteren Kölner Erzbischof und Kurfürsten, verpachtet wurde,[9] gelangte durch einen Gütertausch im Jahre 1605 in den Besitz des Domkapitels. Der „Domhof“ mit ungefähr 200 Morgen Ackerland behielt nach dem Tausch seine früheren Privilegien wie das Recht, 12 Wagen Holz aus der Ville zu erhalten und zwei Wagen Heu aus den kurfürstlichem Benden (Wiesen) sowie die Befreiung von Einquartierung und gewöhnlichen Lasten.[10]

Hof des Klosters St. Pantaleon

Neben dem erzbischöflichen Hof gab es einen weiteren Hof in Herrig, mit dem die Adelsfamilie Wolff von Rheindorf belehnt war.[11] Er wurde 1463 mit Zustimmung des Erzbischofes als Lehnsherr an Abt und Konvent des Benediktinerklosters St. Pantaleon in Köln verkauft.[12]

Landbesitz der Schlosskapelle

Auch Ländereien der Kapelle des Lechenicher Schlosses lagen in Herrig. Seit 1556 erhielten die Franziskaner-Observanten aus Brühl[13] für den Gottesdienst in der Schlosskapelle die Einkünfte aus den von der Kellnerei des Schlossherren verpachteten 53 Morgen Land.[14] Nach 1620 erhielten die Franziskaner statt der bisherigen Naturalien von der Kellnerei jährlich ungefähr 200 Gulden oder 65 Reichstaler ausgezahlt. Diese Zahlung ging an die Franziskaner in Lechenich über, die gleichzeitig die Verrichtung des Gottesdienstes übernahmen.[15]

Vertreter der Gemeinde

Die wenigen Einwohner von Meller wurden bis zum Ende des 18. Jahrhunderts mit Herrig zusammen steuerlich veranschlagt und gemeinsam vom Herriger Ortsvorsteher in den Versammlungen des Lechenicher Stadtrates vertreten.[16]

19. und 20. Jahrhundert

1802 wurde der geistliche Besitz in Folge der Säkularisation verstaatlicht und in den folgenden Jahren nach und nach verkauft. Den Hof des Domkapitels, den Domhof, ersteigerte 1812 der ehemalige Pächter Päffgen, der Hof von St. Pantaleon wurde bereits 1810 unter dem Namen Schöddershof an den früheren Pächter Rolshoven verkauft.[17]

Im Jahre 1801 hatte Herrig 17 Häuser mit insgesamt 112 Einwohnern, davon waren 29 Kinder unter 12 Jahren. Von den Haushaltsvorständen waren zwei Pächter großer Güter, fünf weiter bezeichneten sich als Landwirte, sieben als Tagelöhner, einer war Hufschmied, einer Fuhrmann und einer Leineweber.[18] Bei der Schaffung der Kantone und Mairien durch die französische Verwaltung 1798/1800 gehörte Herrig mit Meller zum Kanton Lechenich und zur Mairie Lechenich. Die Ortschaften gehörten nach 1815 zur Bürgermeisterei Lechenich (seit 1927 als Amt bezeichnet) bis zur kommunalen Verwaltungsreform und der Bildung der Stadt Erftstadt im Jahr 1969 an. Die Einwohner Herrigs betrieben weiterhin überwiegend Landwirtschaft. Neben den beiden großen Höfen gab es mehrere mittlere Betriebe. Mit der Intensivierung des Braunkohleabbaus am Ende des 19. Jahrhunderts verdienten ehemalige Tagelöhner ihren Lebensunterhalt in den Gruben oder Brikettfabriken der Rheinischen Braunkohlebetriebe in der Umgebung.

Der Ausbau der Straße Lechenich - Düren über Herrig im Jahre 1856 brachte dem Ort eine wichtige Verbesserung der regionalen Verkehrsanbindung.

Seit 1828 hatte Herrig eine eigene Schule, die 1861/62 und 1954 durch Anbauten erweitert wurde.[19] Bei der Schulreform im Jahre 1968 wurde die Herriger Schule aufgelöst und die Schüler den Lechenicher Schulen zugewiesen.

Die Kirche St. Clemens

Sei dem Jahre 1463 hatte die Kirchengemeinde Herrig ein Gotteshaus,[20] das dem heiligen Clemens geweiht war. Als Filiale von St. Kilian in Lechenich war sie dem Stift von St. Aposteln in Köln inkorporiert und wurde bis zur Säkularisation von einem Vizekuraten verwaltet, der dort auch die Toten bestattete.[21] Der Friedhof wurde 1891 erweitert.[22] Von 1890 bis 1893 wurde von dem Kölner Regierungsbaumeister und Architekten Heinrich Krings eine neue Kirche im neugotischen Stil errichtet, die das Patrozinium der alten Kirche beibehielt.[23] Sie wurde im Zweiten Weltkrieg mehrfach stark beschädigt. Auf Grund dieser Kriegsschäden erbaute man 1952 unter Einbeziehung von erhaltenen Mauern des Vorgängerbaus die heutige Kirche und ließ diese 1996/1997 grundlegend restaurieren. Das in einem Anbau befindliche Pfarrheim verfügt über mehrere Räume.[24]

Heutiges Ortsbild

Herrig blieb ein relativ kleines Dorf und hat mit den außerhalb des Ortskerns errichteten neuen Wohnhäusern etwa 500 Einwohner. Das repräsentative Wohnhaus des Conzenhofes, des ehemaligen Pantaleonshofes, liegt von einer Mauer geschützt etwas abseits der Straße in einer großen Gartenanlage. Das Ortsbild prägen jedoch der Domhof und die Kirche sowie einige große in Backstein errichtete Gebäude. In dem ehemaligen Schulgebäude ist ein städtischer Kindergarten untergebracht. Die Landwirtschaft spielt nur noch eine geringe Rolle. Lediglich zwei in Herrig ansässige Bauern sind verblieben. Die Besitzer des Domhofes bewirtschaften den Betrieb von ihrem auswärts gelegenen Wohnsitz. Die übrigen Einwohner sind Pendler zwischen ihren Wohnort und ihren zumeist in Köln gelegenen Arbeitsplatz. Die durch Herrig führende Straße ist stark frequentiert. Über sie führt auch die Buslinie 979 der RVK von Hermülheim über Lechenich nach Zülpich und bindet Herrig an das überörtliche Verkehrsnetz an. Durch die fehlenden Einkaufsmöglichkeiten vor Ort sind die Bewohner stark nach den nahe gelegenen Geschäften Lechenichs ausgerichtet.

Das örtliche kulturelle Leben ist aufgrund der geringen Einwohnerzahl bescheiden. Es wird vornehmlich durch die Schützenbruderschaft gefördert, die mehrere Veranstaltungen im Jahr durchführt, einige in Verbindung mit dem sehr aktiven städtischen Kindergarten.

Literatur

  • Cornelius Bormann: Das Dorf Herrig. Jahrbuch der Stadt Erftstadt. Erftstadt 2000.
  • Bernhard Schreiber: Archäologische Funde und Denkmäler des Erftstädter Raumes. Erftstadt 1999.
  • Karl und Hanna Stommel: Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt. Bd. 1–5. Erftstadt 1990–1998.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bernhard Schreiber: Archäologische Funde und Denkmäler des Erftstädter Raumes. Erftstadt 1999. Seite 141-142
  2. HAStK Bestand Abtei Deutz RH2, Abschrift des verschollenen Codex thiodorici
  3. HAStK Best. Auswärtiges 170b, veröffentlicht in: K. und H. Stommel, Quellen zur Geschichte der Stadt Erftstadt Band I Nr. 178
  4. Walram/Sarburg: Die heldenhafte Verteidigung von Burg und Stadt Lechenich 1642. Köln 1643
  5. HSTAD Bestand Kurköln II 1117, veröffentlicht in: Stommel, Quellen Band IV Nr. 2570
  6. HAStK Bestand Domstift Urkunde 3/1978, veröffentlicht in: Stommel, Quellen Band III Nr. 1559
  7. HSTAD Bestand Kurköln II 1904 und Kurköln II 1117, veröffentlicht in: Stommel, Quellen Band III 2063 und Nr. 2570
  8. HSTAD Kurköln II A 3937, veröffentlicht in: Stommel, Quellen Band IV Nr. 2159
  9. HSTAD Bestand Kurköln II 1947, veröffentlicht in: Stommel, Quellen Band IV Nr. 2140
  10. HSTAD Kurköln IV 675 und Kurköln XIII 664a, veröffentlicht in: Stommel, Quellen Band V Nr. 2656
  11. HSTAD Kurköln II 1257, veröffentlicht in: Stommel, Quellen Band II Nr. 1094
  12. HAStK Bestand St. Pantaleon Urkunde 3/339, veröffentlicht in: Stommel, Quellen Band II Nr. 1175
  13. Fritz Wünsisch, 500 Jahre Franziskanerkloster in Brühl. Brühl 1991
  14. Pfarrarchiv St. Kilian Lechenich Teil I Akte 5 Band 1
  15. HSTAD Kurköln IV 3482 (Kellnereirechnungen) und Kurköln IV 1822, veröffentlicht in: Stommel, Quellen Band IV Nr. 2364 und Nr. 2659
  16. Archiv Schloss Gracht Akte 53
  17. Schieder (Hrsg.), Säkularisation und Mediatisierung in den vier rheinischen Departements Kanton Lechenich Seite 477-478
  18. K. Stommel, die französischen Einwohnerlisten aus Erftstadt 1798-1801 Seite 256-261
  19. Stadtarchiv Erftstadt Lechenich 2013 (neue Signatur A 03 1095), F. Bartsch und H. Stommel, Lechenich von der Römerzeit bis heute Seite 46
  20. HAStK, Bestand St. Pantaleon, Urkunde Nr. 3/399, veröffentlicht in Stommel Quellen II Nr. 1175
  21. HAEK Dekanat Bergheim C Visitationsprotokolle von 1698, veröffentlicht in Stommel, Quellen Band V Nr. 2778
  22. Pfarrarchiv St. Kilian Lechenich, Teil I, Abteilung 1, Band 6
  23. Pfarrarchiv St. Kilian Lechenich, Teil I, Abteilung 1, Band 6
  24. F. Gaspers, Herrig, ein Gotteshaus stellt sich vor. In: „informiert“. St. Kilian Pfarrbrief Nr. 3 2003, S. 12.
50.8011111111116.7258333333333

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