Holzsteg Rapperswil-Hurden

Holzsteg Rapperswil-Hurden

Die bis 1878 bestehende Holzbrücke Rapperswil–Hurden wurde im Auftrag von Rudolf IV. (Rudolf der Geistreiche) von Habsburg-Österreich in den Jahren 1358 bis 1360 erbaut. Am 6. April 2001 erfolgte die feierliche Wiedereröffnung der 841 Meter langen Rekonstruktion der frühesten Brückenverbindung zwischen Rapperswil und Hurden auf dem Gebiet des oberen Zürichsees.

Sicht von Hurden über den Obersee auf Rapperswil-Jona, links der Seedamm (September 2006)
Luftaufnahme von Rapperswil mit der Holzbrücke oben links und dem Seedamm rechts (Oktober 2006)

Inhaltsverzeichnis

Frühzeitliche Verbindung der beiden Seeufer

Bronzezeit

Im Rahmen von archäologischen Sondierungen hat die Tauchequipe der stadtzürcherischen Unterwasserarchäologie im Sommer 2000, unweit des heutigen Seedammes, mehrere Pfahllinien und -streifen erfasst.[1] Es handelt sich aller Wahrscheinlichkeit nach um urgeschichtliche Stege und Brücken, die eine Querverbindung zwischen den Ufern sicherstellten. Einige der Pfähle datieren in die Frühbronzezeit um 1525 v. Chr. und dürften eng mit dem um das Jahr 1650 v. Chr. datierten Inseldorf vor dem Rapperswiler Technikum (HSR) in Verbindung gestanden haben.[2][3] Die prähistorischen Pfahlreste und Anhäufungen von Quadersteinen lassen auf eine Brückenverbindung zwischen den Siedlungen bei Hurden und Rapperswil schliessen,[4] die weltweit zu einer der ältesten bekannten zählt.[5]

Die frühesten Funde datieren dendrochronlogisch um das Jahr 1650 v. Chr., die jüngsten aus vorgeschichtlicher Zeit reichen ins 12. Jahrhundert v. Chr. Die ältesten Stege lagen im seichten Wasser vermutlich auf Höhe des Wasserspiegels und bestanden aus Eichenpfählen mit etwa 2,1 bis 2,4 Metern auseinander liegenden Pfahlreihen, die darauf liegende Bretter oder Baumstämme fixiert haben dürften. Rund fünf Jahrhunderte später bestand die Brückenverbindung aus einem «Pfahlstreifen von rund fünf Metern Breite», hauptsächlich aus Eichen-, Tannen- und Eschenpfählen, die eine tragende Funktion hatten. Diese orientierten sich weiterhin an der ursprünglichen Linienführung und dürften über die Jahrhunderte ausgebaut und faulende Stämme laufend ersetzt worden sein.[6]

Gewandnadel (Fibel) aus Bronze
Denar des Marcus Aurelius

Es wird auch eine kultische Bedeutung der Brücke für die Bewohner der Region vermutet, da eine auffallend grosse Zahl von Opfergaben im Umfeld der Konstruktion gefunden wurde, namentlich für diese Zeit äusserst wertvolle Gewandnadeln, Dolch- und Beilklingen aus Bronze.[6]

Zeitenwende

Wie lange diese vermutlich erste frühzeitliche Verbindung zwischen den beiden Seeufern bestanden hat, ist bislang unbekannt; durch wissenschaftliche Tauchgänge belegt sind aber ein halbes Dutzend unterschiedliche ur- und frühgeschichtliche Wegführungen. Aus den jüngeren Epochen – Eisenzeit, römische Besiedlung und Mittelalter – sind vorläufig erst spärliche Reste zum Vorschein gekommen.[6]

Vermutungen über eine Brückenverbindung in römischer Zeit haben sich hingegen in der Zwischenzeit wissenschaftlich belegen und datieren lassen: Anlässlich der archäologischen Untersuchungen wurden im Herbst 2004 zwischen den modernen Brückenpfeilern die Reste von mächtigen Pfählen aus Weisstanne und Eiche entdeckt. Die bohlenartigen Weisstannen datieren gemäss C14-Analysen ins Frühmittelalter – die Eichen wurden um 165 n. Chr., zu Beginn der Regierungszeit von Kaiser Marcus Aurelius Antoninus Augustus, gefällt.[7]

Im Rahmen des dreijährigen Projekts «Untersuchung und Analyse von ur- und frühgeschichtlichen Wegen und Brücken über den Zürichsee/Obersee zwischen der Landzunge Hurden-Rosshorn (SZ) und dem Rapperswiler Ufer (SG)» des Schweizerischen Nationalfonds werden die frühesten Brückenverbindungen weiter erforscht.[6]

Weitere Verbindungen auf dem Oberen Zürichsee

Von Kempraten führte um die Zeitenwende eine Bootsverbindung zum gallo-römischen Inselheiligtum auf der Ufenau.[8] Gesichert ist auch die frühchristliche Martins-Kirche, die teilweise bis ins 17. Jahrhundert hinein Pfarrkirche für einige der Gemeinden und Höfe am linksseitigen Seeufer blieb und deren Gottesdienste einen regen Fährbetrieb zur Folge hatten. Vom 9. Jahrhundert an ist ein Fährbetrieb zwischen Rapperswil und Hurden belegt,[9] bis ins Jahr 1358, als nach einem Sturm bei einer Pilgerüberfahrt im September 1345 oder 1350 vierzig Menschen ertranken und der Fährbetrieb zwischen Hurden und Rapperswil mit dem Bau der Holzbrücke an Bedeutung verlor.[10] Eine weitere Brückenverbindung bildete um das Jahr 1430 ein hölzerner Steg, von dem noch heute Phahlreste sichtbar sind, der «Kilchweg in die Uffnow» von Hurden auf die Ufenau.[10]

Bau der Holzbrücke unter Rudolf IV. von Habsburg-Österreich

Im Jahr 1358 initiierte Rudolf IV. (Rudolf der Geistreiche) von Habsburg-Österreich den Bau einer Holzbrücke über den See nach Hurden:

Herzog Rudolf IV.

«Eben hatte er Alt-Rapperswil, die March, das Wägital, Wollerau und Bäch für 1'100 Mark Silber erworben. Er fasste nun den kühnen Plan, die neuen Gebiete mit Rapperswil durch eine Brücke zu verbinden. So konnte der Verkehr gesteigert werden, und die Bauern aus der March sah er bereits mit ihrem Korn und den andern Früchten der Acker nach Rapperswil auf den Markt kommen. Das musste der Stadt nur willkommen sein! Es mag sein, dass Rudolf auch an die Pilger gedacht hat.

Blick vom Obersee

So zogen denn Bauleute mit den Flossen auf den See und suchten die wenig tiefen Stellen zwischen Rapperswil und Hurden. Der Plan zur Brücke entstand, und am 24. Juli 1358 rammten die Männer die ersten eichenen Pfähle in den Seegrund … Zwei Jahre lang wurde gebaut, dann konnte der Verkehr freigegeben werden. Fuhrwerke durften anfänglich nicht über den Steg fahren, weil er für sie zu schmal war; nur Menschen und Tieren war die Brücke offen. Wie staunte man über das Werk Rudolfs; es war ein Wunderwerk in jener Zeit».[9] Die «Zürcher Jahrbücher» erwähnen, dass Herzog Rudolf «viele Meister hatte, die ihn dabei berieten, das Wasser massen und halfen, die Brücke zu bauen und dass er ein frommer, weiser Herr war».[11]

Die mittelalterliche Brückenführung ist nicht mit der Rekonstruktion aus dem Jahr 2001 identisch, da Rudolfs Baumeister die seichten Stellen im Obersee nutzten und die Brücke daher keinen geradlinigen Verlauf hatte. Jacobus Basilius Bräggers Rapperswiler Chronik aus dem Jahr 1817 berichtet von einer Brückenlänge von 1'850 Schritt oder 4'732 Fuss (1'425 Meter) und von 188 Jochen, getragen von jeweils drei Eichenpfählen, also insgesamt 564 Pfeilern. Der Abstand zwischen den einzelnen Jochen betrug etwas mehr als sieben Meter. Der zwölf Fuss (vier Meter) breite Gehweg bestand aus Tannenbrettern, die nicht festgemacht sondern lose aufgelegt wurden. Dies sollte verhindern, dass ein Sturm die ganze Brücke in den See warf – vom Wind mitgerissene Bretter wurden mit Booten wieder eingesammelt.[12]

Ausschlaggebend für Planung und Konstruktion waren vermutlich militärische und wirtschaftliche Gründe: Die Seebrücke ermöglichte eine direkte Verbindung zu den österreichischen Vorlanden, zu den habsburgischen Besitzungen in der Ostschweiz, in Süddeutschland und zum Gotthardpass, unter Umgehung der seit 1. Mai 1351 eidgenössischen Stadt Zürich.[12]

Das Klosterarchiv Einsiedeln erläutert im Professbuch der Äbte weitere Aspekte, welche zum Bau der Holzbrücke führten:

«… Für die Wallfahrt nach Einsiedeln war von größerer Bedeutung der 1358 erfolgte Bau der Seebrücke von Rapperswil, den die Herzöge Rudolf und Albrecht von Österreich im Verein mit den Bürgern von Rapperswil ausführten. Die Herzöge von Österreich, die 1354 Neu-Rapperswil erworben hatten, gelangten nämlich 1358 auch in den Besitz von Alt-Rapperswil (bei Altendorf) und die dazu gehörigen Gebiete. Darum lag ihnen an dieser Verbindung sehr viel. Zum Entgelt für das Fahrrecht, das Einsiedeln und seine Leute zu Hürden hier über den See besaßen und das nun gegenstandslos geworden war, befreite Herzog Albrecht das Haus, welches das Kloster in Rapperswil besass (und heute noch besitzt), von Steuer und Wachtdienst und Einsiedeln und seine Leute von dem Brückenzoll. Dem österreichischen Vogt zu Rapperswil, Johannes von Langenhart, der sich um das Zustandekommen der Brücke offenbar am meisten verdient gemacht, mussten die Herzöge dafür die wiedererworbene Vogtei über das Gotteshaus u. a. m. verpfänden …»[13]

Der um das Jahr 1360 vollendete Bau der Holzbrücke und ihr Unterhalt wurden bis 1850 durch Wegzoll bestritten.

Die Holzbrücke im Spätmittelalter und in der Neuzeit

Die Baukosten von 1'025 Gulden übertrug Herzog Rudolf dem Vogt von Rapperswil, Johann von Langenhart, und verpfründete ihm am 27. Oktober 1365 die Nutzungsrechte über Rapperswil, Kempraten, Jona, die Mittelmarch, Altendorf, das Wägital und die Vogtei Einsiedeln. 1368 erhielt Rapperswil erstmals auf zwölf Jahre den Brückenzoll, im Jahr 1415 auf Dauer, für den Unterhalt der öffentlichen Gebäude, die mit dem vermehrten Verkehr im Zusammenhang standen.[12]

Opfer des Waren- und Personenverkehrs

Nach alten Sagen gehörte das erste Lebewesen, das die Brücke querte, dem Teufel, weshalb in früheren Zeiten bei grösseren baulichen Änderungen oder einem Neubau traditionell ein Geissbock als erstes Lebewesen über die Brücke gelassen wurde (vergleiche dazu die Sage zur Teufelsbrücke).[14]

Rapperswil nach Matthäus Merian, Stich um 1637
Rapperswil und Holzbrücke, Belagerung von 1656
Kempraten links, im Hintergrund Rapperswil und rechts Pfäffikon, 1791
Stadtarchiv Rapperswil, Karte von 1804
Siegfriedatlas von 1882

Zwischen 1360 und 1878 fanden laut Chronist Xaver Rickenmann mindestens 540 Menschen auf ihrem Weg über die hölzerne Brücke den Tod, nachdem sie von der geländerlosen Brücke in den See gestürzt und ertrunken waren. «Was daneben an gehörntem und wedelndem Vieh ins Wasser fiel, ist nirgends aufgezeichnet», aus «Holprige Bsetzi» von Josef Hollenstein (1984).

Wie oft Sturmschäden die Brücke in Mitleidenschaft gezogen haben, ist nicht überliefert, einige Tagebucheinträge (Tagesberichte) von P. Josef Dietrich, Statthalter des Klosters Einsiedeln, berichten aber mehrmals von grösseren Schäden, beispielsweise am 17. März 1693 von einem verheerenden Sturm, der eineinhalb Stunden dauerte: «Die Rapperswiler Brugg hat er meisten Teils abgedeckt, also dass kaum in zwei Tagen sie wieder zugerüstet sein werden …»[12]

Aus Dietrichs Tagesberichten wird deutlich, dass Fährleute weiterhin, wenn auch seltener, den Verkehr zwischen den beiden Seeufern sicherstellten: «19. März wollte der Laggey (Diener) von Fischingen … über die Rapperswiler Brugg mit dem Pferdt fahren, so fand er aber die Strass der Brugg dermassen verworfen, das darüber zu kommen keine Möglichkeit war, deswegen ich ihm ein Schifflein geordert (angefordert), in welchem er und das Pferdt von Hurden aus sicher hinüber geführt worden …»

Ein zwischen der Stadt Rapperswil und dem Kloster Einsiedeln umstrittener Punkt wird ebenfalls in den Tagesberichten des Statthalters erwähnt: «Die Behörden von Rapperswil glaubten, das Kloster verpflichten zu können, den Wein aus dem Thurgau über die Brücke nach Hurden führen zu lassen. Abt Augustin Reding von Biberegg (1670–1692) wies ihnen nach, dass ihre Forderung nicht gut begründet sei, da der grössere Teil des Sees bei der Brücke dem Kloster gehöre. Dieses habe darum wohl das Recht, den betreffenden Wein selber mit dem Schiff in Rapperswil abzuholen und nach Pfäffikon zu führen».[12]

Opfer während Kriegszeiten

In ihrer wechselvollen Geschichte wurde die Holzbrücke während zumeist kriegerischer Auseinandersetzungen wiederholt abgebaut, zerstört, verbrannt – vollständig oder teilweise – und immer wieder aufgebaut: 1386 «schädigte nachts ein Zürcher Streifkommando» den Steg, 1415 verbrannten Schwyzer und Glarner Teile des Bauwerks, das erst 1420 wieder aufgebaut werden konnte.[10]

Während des Alten Zürichkriegs verbrannten die mit Zürich verbündeten Rapperswiler wahrscheinlich im Jahr 1443 die strategisch wichtige Verbindung, vermutlich den Brückenteil zwischen Pfäffikon und Hurden. Diese war von den Innerschweizern für ihre Streifzüge ins Zürcher Hinterland (Landvogteien Grüningen und Greifensee) und bei der erfolglosen Belagerung von Rapperswil genutzt worden. 1444 wiederum steckten Schwyzer Truppen den wohl verbliebenen Brückenteil in Brand.

Im ersten Villmergerkrieg belagerte im Frühjahr 1656 nun wieder ein Zürcher General, Hans Rudolf Werdmüller, die mittlerweile unter katholischer Schirmherrschaft stehende Stadt Rapperswil (Belagerung von 1656): Während fünf Wochen sicherte die Brückenverbindung den Nachschub und militärische Verstärkung für die erfolglos belagerte Stadt. Mit dem Friede von Aarau, dem Vierten Landfrieden in der Geschichte der Eidgenossenschaft, gelangte die Holzbrücke nach dem Toggenburgerkrieg («Zwölferkrieg» oder zweiter Villmergerkrieg) am 11. August 1712 unter die Kontrolle der reformierten Schirmorte Bern, Glarus und Zürich.[15]

Nach dem Einmarsch der französischen Revolutionstruppen (Helvetische Republik), zerstörten die sich im Jahr 1799 auf das rechte Seeufer zurückziehenden Franzosen die Brücke, und bis zu ihrem Wiederaufbau im Jahr 1804 sicherte wieder eine Fähre den Waren- und Personenverkehr. Letztmals 1847 zerstörten Schwyzer Truppen im Sonderbundskrieg, aus wiederum strategischen Gründen, auf einer kurzen Strecke die Brückenverbindung.[10]

Die letzten Jahrzehnte der mittelalterlichen Holzbrücke

Seit 1804 ist die Holzbrücke «bei günstigen Umständen mit Wagen zu befahren. Auf jeden Fall sei es aber sicherer, den Weg zu Fuss zu gehen», schreibt Gerold Meyer von Knonau. 1816 erhielt die Seebrücke durch Ingenieur Hans Kaspar Stadler eine gerade Linienführung. Ab 1839 wurde beim «Heilighüsli» eine Hubbrücke erstellt, um der touristischen Entwicklung nach der Ankunft des ersten Dampfschiffs «Minerva» vor der Stadt Rapperswil am 29. Juli 1835 gerecht zu werden.[16]

Nach dem Sonderbundskrieg von 1847 erfolgte noch eine Erneuerung der mittlerweile 487 Jahre intensiv genutzten Brücke. Mit der Aufhebung der bislang unter Kontrolle der Kantone liegenden Binnenzölle durch die Bundesverfassung von 1848 musste 1850 letztmals Brückenzoll entrichtet werden,

Bis zur Inbetriebnahme des steinernen Seedamms und der Bahnlinie führte die Holzbrücke von Hurden zum ehemaligen südlichen Rapperswiler Brückentor am damaligen Fischmarkt, unmittelbar beim «inneren Hafen«, am heutigen Übergang vom Fischmarktplatz zur Seedammstrasse.

Bau des Seedamms

Die mittelalterliche Holzbrücke blieb von ihrer Erstellung im Jahr 1360 bis zu ihrem Abbruch im Jahr 1878 eine der wichtigsten lokalen Verkehrsverbindungen.

Dem zunehmenden Verkehr von Personen und Waren war sie zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gewachsen, konnten beispielsweise Fuhrwerke nur im Schritttempo fahren und wenn eines gar einen Achsenbruch erlitt, war kein Vorwärtskommen mehr, dazu war die Holzbrücke zu schmal: «Wir bauen einen breiten Damm aus Steinen! sagten kluge Männer. Der kleine Rat der Stadt Rapperswil hatte schon früher Oberingenieur Hartmann beauftragt, einen Plan für eine bessere Brücke auszuarbeiten. Diesen Plan zog man wieder aus der Schublade»,[9] und so entstand zwischen 1875 und 1878 der Seedamm von Rapperswil.

Bau des Pilgerstegs

Idee und Projektierung

Die gewaltige Zunahme des Verkehrsaufkommens in den 1950er-Jahren bis zur Jahrtausendwende (23'830 Fahrzeuge täglich)[17] und die damit verbunden Luft- und Lärmemissionen führten zu einer breiten Unterstützung eines neuen Projekts.

«Heilighüsli», September 2006
Pilgersteg, im Hintergrund der Etzel, Juli 2005
St. Meinrad-Kapelle auf dem Etzelpass, Februar 2005
Kloster Einsiedeln, Karfreitag 2005

Der über den Seedamm führende, auch als Naherholungsgebiet beliebte Wanderweg, sollte in Anlehnung an die historische Wegführung des Schwabenwegs über die alte Holzbrücke, neu errichtet werden. In den frühen 1970er Jahren diskutierten der «Verkehrs- und Verschönerungsverein Rapperswil-Jona» (VVRJ) und der «Verband zum Schutz des Landschaftsbildes am Zürichsee» diese Idee. 1975 wurde ein Projektierungskredit von 10'000 Franken genehmigt, aber erst 1985 infolge anderer Prioritäten eine Projektstudie erstellt. Im August 1998 war die allen Beteiligten genehme Rechtsform eines Vereins gefunden.

Planung und Bau

Nun konnte die «Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Fussgänger-Holzsteg Rapperswil-Hurden» die definitiven Projektierungsvorgaben erstellen und organisierte die Mittelbeschaffung aus privaten Kreisen und in Zusammenarbeit mit den anliegenden Kantonen, Bezirken (See-Gaster und Höfe) sowie den Gemeinden Rapperswil-Jona und Freienbach. Die Planungs- und Baukosten von Fr. 3'050'000 wurden mehrheitlich durch Spenden finanziert.[9]

Für den Bau der neuen Holzbrücke haben die bis 2006 eigenständige Stadt Rapperswil und die Gemeinde Freienbach gemeinsam die Bauherrschaft übernommen und einer Objektbaukommission übertragen. Im Frühjahr 2000 erteilten die für den Bau auf dem Gebiet des Obersees zuständigen Kantone St. Gallen und Schwyz die notwendigen Baubewilligungen.

Der Brückenschlag begann am 9. August 2000, aus Gründen des Schutzes für Fische und Vögel, mit der feierlichen ersten Pfahlrammung durch ein in Zürich ansässiges, auf Holz- und Wasserbau spezialisiertes Privatunternehmen.

Verbaut wurden 233 Pfähle mit sieben bis 16 Metern Länge, insgesamt 415 Kubikmeter Eichenholz, und 61 Tonnen Stahl. Mit wenigen Ausnahmen (Jochträger, Abschrankung, Verbindungsteile) besteht die Brücke aus unbehandeltem Eichenholz.

Die lichte Höhe über dem Seepegel (406 m ü. M.) beträgt durchschnittlich 1,5 Meter; die Lebensdauer wird auf 50 bis 70 Jahre geschätzt.[9]

Ein Pilgerweg des 21. Jahrhunderts

Bereits am 6. April 2001 konnte die mit 841 Metern und einer Breite von 2,4 Metern längste neuzeitliche Holzbrücke der Schweiz feierlich eröffnet werden. Die Einweihung wurde durch den Abt des Klosters Einsiedeln, Georg Holzherr, vollzogen. Wie in früheren Jahrhunderten, wurde bei der Wiedereröffnung als erstes Lebewesen ein Geissbock über die Brücke gelassen.

Die Brückenführung wurde dem eingangs erwähnten bronzezeitlichen Holzsteg und teilweise der historischen Holzbrücke nachempfunden, so dass der auch für Wanderungen beliebte Schwabenweg (Jakobsweg), von Konstanz über den Etzelpass nach Einsiedeln, in seiner frühesten Form begangen werden kann.

Bereits im Mittelalter wurden hölzerne Gebetshäuschen für die Pilger gestiftet. Das «Heilighüsli», eine im Jahr 1511 erbaute Pilgerkapelle, hat die Jahrhunderte überdauert und wurde in die Linienführung der rekonstruierten Brücke einbezogen. Dieser historisch bedeutsame Überrest der alten Brücke steht unter Denkmalschutz und ist Eigentum der Ortsgemeinde Rapperswil.

Naturschutz und Naherholung

Die kleinen Inseln beim Rapperswiler «Heilighüsli» stehen unter Naturschutz, und das Schutzgebiet wurde mit dem Neubau auf die ganze westliche Seeoberfläche bis zum Seedamm erweitert. Seit der Einweihung der rekonstruierten Brücke konnten keine auffälligen Veränderungen im Verhalten der Vögel und der Brutbestände beobachtet werden: «Die Gestaltung der Holzbrücke ist für Tiere und Menschen ideal».[18]

Die Rekonstruktion der historischen Brückenverbindung hat sich zu einer wichtigen lokalen und regionalen Attraktion entwickelt. In der Sommersaison 2002, nach der Neueröffnung, wurde sie von rund 115'000 Personen besucht, mehrheitlich Erholungssuchende aus der näheren Umgebung. Der Pilgersteg ist für viele ein attraktives Naherholungsgebiet, gleichzeitig auch ein beliebtes Ausflugsziel und hat positiv zur touristischen Entwicklung der Region beigetragen.[19]

Der Kanton St. Gallen klassifiziert die Brücke als Gemeindeweg 1. Klasse, im Kanton Schwyz wurde sie als Wanderweg in das kantonale Wanderwegnetz aufgenommen. Der Seeübergang ist Teil des Europäischen Fernwanderwegs E1 (Flensburg-Genua).[9]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Website Stadt Zürich, Unterwasserarchäologie
  2. Website Gemeinde Freienbach, Taucharchäologie Bilder
  3. NZZ (20./21. Januar 2001): Die Brücke auf dem Grund des Zürichsees
  4. Linth-Zeitung (7. April 2004): Das «Pfahlbaufieber» rückt näher
  5. Website Unterwasserarchaeologie.de
  6. a b c d Geneviève Lüscher: Auf Brücken und Wegen der Bronzezeit. Schweizerischer Nationalfonds: Horizonte, März 2005.
  7. Website Labor für Dendrochronologie der Stadt Zürich
  8. Stadtmuseum Rapperswil, Kantonsarchäologie
  9. a b c d e f Website Holzsteg Rapperswil, Geschichte
  10. a b c d Website Geschichte von Hurden
  11. Salomon Hirzel (* 1727, † 1818): Staatsmann, Historiker, Stadtschreiber; Verfasser der «Zürcher Jahrbücher»; Stifter der Zürcher Moralischen Gesellschaft. Aus: Allgemeine Deutsche Biographie.
  12. a b c d e Website Schwyzer Wanderwege, Dr. phil. Joachim Salzgeber: Die Brücke – ein königliches Werk. In: Monatszeitschrift «Maria Einsiedeln» (Juli/August 2001).
  13. Klosterarchiv Einsiedeln, Professbuch Äbte, 25. Nikolaus I. von Gutenburg.
  14. Website Rapperswil-Jona, Brauchtum und Geschichte
  15. Website Kapuzinerkloster Rapperswil: Geschichte
  16. Website Stadt Opfikon, Verkehr (ÖV)
  17. Website VCS, Ortsgruppe Linth, Verkehrsaufkommen Rapperswil/Jona, Stand 2002
  18. Linth-Zeitung (5. April 2006): Positive Bilanz für den Holzsteg
  19. Silvia Stuppäck, Bernd Schubert, Karin Wolf: Die ökonomischen Auswirkungen des Holzsteges zwischen Hurden und Rapperswil. Schlussbericht zuhanden der Hochschule für Technik Rapperswil (HSR), Forschungsstelle für Freizeit, Tourismus und Landschaft. Rapperswil im Mai 2003.

Literatur

  • Jolanda Blum: Jakobswege durch die Schweiz. Ott Spezial Wanderführer, 7. Auflage. Verlag Ott, Thun 2007. ISBN 3-7225-0089-3
  • Arthur Krause: Europäischer Fernwanderweg E1. Kompass-Wanderführer. Kompass-Kt.-GmbH, Innsbruck 2007. ISBN 978-3-85491-707-6
  • Michael Turzynski: Auf dem E1 von Göteborg über Flensburg nach Genua. Book on Demand. BoD GmbH, Norderstedt 2007. ISBN 978-3-83349-275-4
  • Cornel Doswald: Brückenbau im historischen Kontext. Strasse und Verkehr Nr. 6, 2006.
  • Beat Eberschweiler: Ur- und frühgeschichtliche Verkehrswege über den Zürichsee: Erste Ergebnisse aus den Taucharchäologischen Untersuchungen beim Seedamm. In: Mitteilungen des Historischen Vereins des Kantons Schwyz, Ausgabe 96, Schwyz 2004.
  • Hans Rathgeb: Brücken über den See. Hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft Fussgänger-Holzsteg Rapperswil-Hurden, Rapperswil 2001. ISBN 3-9522511-1-9
  • Dieter Trachsler: Pilgerwege der Schweiz: Jakobsweg; Schwabenweg: Konstanz – Einsiedeln, unter besonderer Berücksichtigung des Zürcher Oberlandes. Hrsg. Zürcher Wanderwegen (ZAW), 2. Auflage, Wetzikon 2000.
  • Josef Hollenstein: Holprige Bsetzi. Notizen aus einer Kleinstadt Nr. 8, Schriftenreihe des Heimatmuseums, Rapperswil 1984.
  • Alfred Zweifel: Von der alten Brücke zu Rapperswil und den Uebergängen über die Limmat im Gebiete der Stadt Zürich. Enthalten in Zürcher Monats-Chronik Nr. 7, Zürich 1935.

Weblinks

Bildergalerie

47.2205598.8118837Koordinaten: 47° 13′ 14″ N, 8° 48′ 43″ O; CH1903: (704010 / 230868)


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