Ida Ehre

Ida Ehre

Ida Ehre (* 9. Juli 1900 in Prerau, Mähren; † 16. Februar 1989 in Hamburg) war eine österreichisch-deutsche Schauspielerin, Regisseurin und Theaterleiterin.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Die Tochter eines Oberkantors wurde an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien zur Schauspielerin ausgebildet. Ihre Karriere führte sie nach ihrem Debüt am Stadttheater Bielitz an mehrere mitteleuropäische Theater, u. a. nach Budapest, Cottbus, Bonn, Königsberg, Stuttgart und an das Nationaltheater Mannheim. Ab 1930 spielte sie am Lessingtheater in Berlin.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurde sie als Jüdin mit Berufsverbot belegt und arbeitete daher in der Praxis ihres Ehemanns, des Frauenarzts Dr. Bernhard Heyde (1899-1978), in Böblingen als Arzthelferin. Eine nach der Reichspogromnacht 1938 geplante Auswanderung nach Chile schlug 1939 fehl, da das Schiff, auf dem sich das Ehepaar mit der Tochter Ruth (*20. Oktober 1927 in Mannheim) befand, wegen des Beginns des Zweiten Weltkriegs wieder nach Hamburg zurückbeordert wurde. Ida Ehre wurde später von der Gestapo verhaftet und war im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert.

Nach Kriegsende eröffnete sie noch 1945 die Hamburger Kammerspiele in der Hartungstraße im Stadtteil Rotherbaum – in einem Theatergebäude, das bis zu seiner Zwangs-„Arisierung“ 1941 vom Jüdischen Kulturbund genutzt worden war. Die Kammerspiele entwickelten sich unter ihrer Leitung zu einer führenden deutschen Schauspielbühne. Neben junger deutscher Dramatik (u. a. Wolfgang Borcherts Draußen vor der Tür) stellte Ehre in den Kammerspielen viele moderne Stücke des Welttheaters erstmals in Deutschland vor, darunter Stücke von Jean Anouilh, T. S. Eliot, Jean Giraudoux, Jean-Paul Sartre und Thornton Wilder.

Ida Ehre wirkte verstärkt ab Mitte der fünfziger Jahre in verschiedenen Film- und Fernsehproduktionen mit. Darunter befand sich 1947 der Episodenfilm In jenen Tagen von Helmut Käutner mit Gert Karl Schaefer, Erich Schellow und Winnie Markus. Im Jahr 1962 verkörperte Ida Ehre die Figur der Ella Ward in dem Edgar-Wallace-Film Die toten Augen von London in der Regie von Alfred Vohrer mit Joachim Fuchsberger, Karin Baal und Dieter Borsche in den Hauptrollen. 1972 spielte Ida Ehre in der vom Westdeutschen Rundfunk (WDR) produzierten mehrteiligen Verfilmung des Kriminalromans Der rote Schal von Wilkie Collins die Frau Oldershaw.

Ida Ehre arbeitete ab 1945 auch in sehr vielen Hörspielen als Sprecherin mit. In der Hörspieladaption (Produktion Nordwestdeutscher Rundfunk) des Theaterstücks Unsere kleine Stadt von Thornton Wilder in der Regie von Helmut Käutner mit Dagmar Altrichter, Fritz Wagner und Harry Meyen sprach sie die Rolle der Mrs. Webb.

Sie war auch als Synchronsprecherin tätig. So konnte man Ida Ehre unter anderem in dem Frank Capra–Film Ist das Leben nicht schön? als deutsche Stimme von Beulah Bondi als Ma Bailey hören.[1]

1970 verliehen die Mitglieder der Hamburger Volksbühne Ida Ehre den Ehrenpreis Silberne Maske. 1971 wurde Ida Ehre mit dem Schillerpreis der Stadt Mannheim geehrt. 1975 wurde ihr der Titel Professor durch den Senat der Stadt Hamburg verliehen. 1983 wurde ihr das große Bundesverdienstkreuz überreicht. 1984 wurde sie als erste Frau Ehrenbürgerin der Hansestadt Hamburg. Ebenfalls 1984 erhielt sie das Silberne Blatt der Dramatiker Union. Außerdem wurde sie 1988 Ehrendoktor der Universität Hamburg. Bis zu ihrem Tod 1989 war Ehre Leiterin der Kammerspiele. Sie wurde in Hamburg auf dem Hauptfriedhof Ohlsdorf in einem Ehrengrab neben Gustaf Gründgens begraben.

Namensgebung

Im Jahr 1992 wurde der Platz vor der Kongresshalle in Böblingen nach ihr in Ida-Ehre-Platz umbenannt.

Im Jahr 2001 wurde die Jahn-Schule in Hamburg-Eimsbüttel nach ihr in Ida-Ehre-Gesamtschule umbenannt. In der Hamburger Altstadt gibt es einen Ida-Ehre-Platz und in Brühl (bei Köln) eine Ida-Ehre-Straße.

Zum August 2010 wurde die Integrierte Gesamtschule Bad Oldesloe in Ida-Ehre-Schule[2] umbenannt.

Filmografie (Auswahl)

  • 1947: In jenen Tagen
  • 1949: Der Bagnosträfling
  • 1956: Thérèse Raquin (Fernsehfilm)
  • 1956: So süß ist kein Tod (Fernsehfilm)
  • 1957: Ein Ausgangstag (Fernsehfilm)
  • 1958: Schwarze Seide (Fernsehfilm)
  • 1958: Die begandete Hand (Fernsehfilm)
  • 1959: Macht der Finsternis (Fernsehfilm)
  • 1960: Auf Engel schießt man nicht
  • 1961: Die toten Augen von London
  • 1961: Königinnen von Frankreich (Fernsehfilm)
  • 1961: Mary Rose
  • 1962: Leben des Galilei (Fernsehfilm)
  • 1962: Tevya und seine Töchter (Fernsehfilm)
  • 1962: Der Zigeunerbaron
  • 1963: Don Juan kommt zurück (Fernsehfilm)
  • 1963: Der Vater (Fernsehfilm)
  • 1964: Die höhere Schule (Fernsehfilm)
  • 1964: Helle Nächte (Fernsehfilm)
  • 1964: Wölfe und Schafe (Fernsehfilm)
  • 1965: Herodes und Marianne (Fernsehfilm)
  • 1966: Die Ermittlung (Fernsehfilm)
  • 1967: Verbotenes Land (Fernsehfilm)
  • 1967: Valentin Katajews chirurgische Eingriffe in das Seelenleben des Dr. Igor Igorowitsch (Fernsehfilm)
  • 1968: Der Unbestechliche (Fernsehfilm)
  • 1968: Die Klasse (Fernsehfilm)
  • 1969: Zieh den Stecker raus, das Wasser kocht (Fernsehfilm)
  • 1970: Die Auferstehung (Fernsehfilm)
  • 1970: Tartuffe oder Der Betrüger (Fernsehfilm)
  • 1971: Eine konsequente Frau (Fernsehfilm)
  • 1972: Mitteilungen über eine Schuld (Fernsehfilm)
  • 1973: Der rote Schal (Fernseh–Mehrteiler)
  • 1973: Der Kreidegarten (Fernsehfilm)
  • 1975: Madame Princesse (Fernsehfilm)
  • 1978: Tatort (Fernsehreihe) – Schlußverkauf
  • 1981: Alberta und Alice oder Die Unterwerfung (Fernsehfilm)
  • 1981: Ein Fall für zwei (Fernsehserie) – Der Erbe
  • 1986: Schloßherren (Fernsehserie) – acht Folgen
  • 1988: Bei Thea (Fernsehfilm)

Hörspiele (Auswahl)

  • 1945: Der Hauptmann von Köpenick
  • 1945: Unsere kleine Stadt
  • 1946: Mein Sohn, der Herr Minister
  • 1946: Moral
  • 1947: Die Ameisen
  • 1947: Der 29. Januar 1947
  • 1947: Fissel und die Doppelte
  • 1947: Der Frosch auf der Leiter
  • 1948: Generalstab der schwarzen Kunst
  • 1948: La Cachirra
  • 1948: Wie die Tiere
  • 1948: Die natürliche Tochter
  • 1949: Die Nacht, die dem Siege voranging
  • 1949: Die grüne Grube
  • 1949: Nach Damaskus
  • 1950: Aus der Traum
  • 1950: General Frédéric
  • 1950: Die Rückkehr des verlorenen Sohnes
  • 1951: Wer Pech berührt, besudelt sich
  • 1951: Hiob
  • 1951: Radium
  • 1953: Der Mönch und der Räuber
  • 1953: Von morgens bis mitternachts
  • 1953: Madame Anguimons
  • 1954: Das Protokoll des Pilatus
  • 1954: Königin der Nacht
  • 1954: Die Stiefsöhne der schönen Helena
  • 1955: Thor, mit Engeln
  • 1955: Heimkehr
  • 1955: Das Kloster
  • 1955: Die Brüder
  • 1955: Die Jungfrau von Orléans
  • 1955: Das schönste Fest der Welt
  • 1955: Hamlet
  • 1956: Atalanta oder Die Jagd von Kaldyon
  • 1956: Ein Abend ohne Gäste oder: Madame Francoise
  • 1956: Eine respektable Gesellschaft
  • 1956: Das Quartett
  • 1956: Anastasia
  • 1956: Sigismund Rüstig
  • 1956: Zinngeschrei
  • 1956: Die Spieler
  • 1956: Das Fräulein von Scuderi
  • 1956: Das Ende der Welt ist noch nicht gekommen
  • 1956: Fortsetzung folgt
  • 1956: Ahasver
  • 1956: Die neuen Stützen der Gesellschaft
  • 1956: Abenteuer in der Weihnachtszeit
  • 1957: Die Iden des März
  • 1957: Der Tote in der Bibliothek
  • 1957: Die Baker–Gang (Folge aus der Reihe „Die Jagd nach dem Täter“)
  • 1958: Ein Fünfmarkstück namens Müller
  • 1958: Briefe von fremder Hand (Folge aus der Reihe „Die Jagd nach dem Täter“)
  • 1958: Die Geschichte von Vasco
  • 1958: Verwehte Spuren
  • 1958: Der Tod der alten Dame (Folge aus der Reihe „Die Jagd nach dem Täter“)
  • 1858: Die Leidenschaftlichen
  • 1958: Pimpanell oder Worin besteht die Freiheit eines Menschen?
  • 1958: Auf dem Tisch noch die Gläser
  • 1959: Das Haus auf dem Hügel
  • 1959: Die Waise von Lowood
  • 1959: Die Grille
  • 1960: Wo ist Ruth?
  • 1960: Juwelenraub an der Riviera (Folge aus der Reihe „Die Jagd nach dem Täter“)
  • 1960: Das Kalenderblatt (Folge aus der Reihe „Die Jagd nach dem Täter“)
  • 1960: Vorstadtsiedlung
  • 1961: Das Verhör
  • 1961: Hotel zur ewigen Ruhe (Folge aus der Reihe „Die Jagd nach dem Täter“)
  • 1961: Die hundertste Nacht
  • 1961: Die Orestie
  • 1961: Reptile (Folge aus der Reihe „Die Jagd nach dem Täter“)
  • 1962: Der Käfig
  • 1962: Die Schneekönigin
  • 1962: Die höhere Schule
  • 1962: The Life of Man
  • 1962: Wir waren Achtzigtausend
  • 1963: Ein königliches Kind
  • 1963: Die Heimkehr
  • 1963: Die Odyssee des Runyon Jones
  • 1963: Das Ende der Träume
  • 1964: Drei–Minuten–Spiele
  • 1966: Yamamba – die Berghexe
  • 1966: Aus der alten Heimat – zwei Folgen
  • 1968: Geisterbahn
  • 1970: Faust – Der Tragödie dritter Teil
  • 1985: Eine Nacht im Mai
  • 1986: Gralserzählung
  • 1988: Mutter und Sohn

Literatur

  • Anna Brenken: Ida Ehre. Ellert und Richter, Hamburg 2002, ISBN 3-8319-0095-7
  • Wolfgang Homering (Hrsg.): Ida Ehre im Gespräch mit Sepp Schelz. Ullstein, Berlin 1999, ISBN 3-548-33252-8
  • Verena Joos: Ida Ehre. "Mutter Courage des Theaters". Econ und List, München 1999, ISBN 3-612-26568-7
  • Ida Ehre: Gott hat einen größeren Kopf, mein Kind... (Memoiren). Rowohlt, Reinbek, ISBN 3-499-12160-3
  • Ida Ehre/Sepp Schelz: Zeugen des Jahrhunderts. Ida Ehre. Ullstein, 1999 ISBN 3-548-33252-8
  • Rudolf Pörtner: Mein Elternhaus Ein deutsches Familienalbum dtv, 1986 ISBN 3-430-17520-8

Einzelnachweise

  1. Ida Ehre auf synchrondatenbank.de; abgerufen am 3. Juli 2011
  2. Homepage der Ida–Ehre–Schule, abgerufen am 6. Juli 2011

Weblinks


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