Kalomel

Kalomel
Kalomel
Calomel-154907.jpg
Fast farblose und durchsichtige Kalomelkristalle aus derMariposa Mine“, Terlingua Distrikt, Brewster County, Texas, USA
Chemische Formel Hg2Cl2
Mineralklasse Halogenide
3.AA.30 (8. Auflage: III/A.05-10) (nach Strunz)
09.01.08.01 (nach Dana)
Kristallsystem tetragonal
Kristallklasse ditetragonal-dipyramidal 4/m 2/m 2/m [1]
Farbe farblos, weiß, weißgelb bis graugelb, braun
Strichfarbe weiß
Mohshärte 1,5 bis 2
Dichte (g/cm3) 7,15 bis 7,23 [2]
Glanz Diamantglanz
Transparenz durchsichtig bis durchscheinend
Bruch muschelig
Spaltbarkeit undeutlich nach {100} und {011}
Habitus tafelige, pyramidale oder prismatische Kristalle; krustige, erdige Aggragate
Kristalloptik
Brechungsindex nω = 1,973 nε = 2,656 [3]
Doppelbrechung
(optische Orientierung)
δ = 0,683 ; einachsig positiv
Weitere Eigenschaften
Schmelzpunkt Sublimation bei 400 °C

Kalomel (auch Calomel), veraltet auch als Hornquecksilber oder unter seiner chemischen Bezeichnung Quecksilber(I)-chlorid bekannt, ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Halogenide. Es kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem mit der chemischen Zusammensetzung Hg2Cl2 und entwickelt entweder kleine, durchsichtige bis durchscheinende, flächenreiche Kristalle mit prismatisch-tafeligem Kristallhabitus und Diamantglanz oder krustenförmige bzw. erdige Mineral-Aggregate.

Inhaltsverzeichnis

Besondere Eigenschaften

Gelber, erdiger Kalomel aus derMariposa Mine“, Texas, USA (Sichtfeld: 5 mm)

Reiner Kalomel ist farblos. Er kann jedoch durch Verunreinigungen oder Beimengungen formelfremder Ionen von weißer, weißgelber bis graugelber oder brauner Farbe sein, die bei längerem Kontakt mit Luft allmählich nachdunkelt. Seine Optische Dispersion reicht an die des Diamanten und seine Doppelbrechung übertrifft die des gerade für diese Eigenschaft bekannten Calcits bei weitem.

Gegenüber Salz- und Salpetersäure ist Kalomel relativ unempfindlich, in Königswasser ist er jedoch löslich. Mit Sodalösung, Ammoniaklösung oder anderen alkalischen Lösungen behandelt fällt metallisches Quecksilber aus.

Beim Erhitzen auf 400 °C geht das Mineral direkt vom festen in den gasförmigen Zustand über.

Etymologie und Geschichte

Erste Erwähnung fand Calomel bereits in den Aufzeichnungen von 1608 durch Beguin und 1609 durch Oswald Croll. Er soll jedoch schon den alten Tibetern bekannt gewesen sein. Wissenschaftlich beschrieben wurde das Mineral aber erst 1612 durch Theodor Turquet de Mayenne († 1655), der dem Mineral die Bezeichnungschönes Schwarzgab. Der Name ist eine Zusammensetzung der altgriechischen Worte καλός [kalos] fürschönund μέλας [melas] fürschwarz“, angeblich inspiriert durch seinen schwarzen Sklaven, der Präparate dieser Substanz gut zu bereiten wusste. [4] [5]

Tatsächlich rührt der Name daher, dass das Quecksilber(I) im Kalomel leicht in elementares Quecksilber und Quecksilber(II) disproportioniert. Das sich bildende Quecksilber ist fein verteilt und sorgt dadurch für die schwarze Farbe. Die Disproportionierung kann durch Licht oder in wässrigen Lösungen durch Anheben des pH-Wertes geschehen. Zum Beispiel fällt in eine Lösung des Minerals durch Zugabe von Ammoniaklösung feinverteiltes, schwarzes Quecksilber und weißes Quecksilber(II)-amidochlorid aus[6]:

\mathrm{Hg_2Cl_2 + 2 \ NH_3 \longrightarrow Hg + [Hg(NH_2)]Cl \downarrow + \ NH_4Cl}
Kalomelreaktion mit Ammoniak

Als Typlokalität gilt der Moschellandsberg bei Obermoschel (Rheinland-Pfalz).

Klassifikation

In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Kalomel zur Mineralklasse derHalogenideund dort zur Abteilung derEinfachen Halogenide“, wo er zusammen mit Kuzminit und Moschelit eine eigenständige Gruppe bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunz'schen Mineralsystematik ordnet den Kalomel ebenfalls in die Klasse derHalogenideund dort in die Abteilung derEinfachen Halogenide ohne H2Oein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach dem Stoffmengenverhältnis von Kationen (M) zu Anionen (X), so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung in der UnterabteilungM : X = 1 : 1 und 2 : 3zu finden ist, wo es ebenfalls zusammen mit Kuzminit und Moschelit die nach ihm benannteKalomelgruppemit der System-Nr. 3.AA.30 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana ordnet den Kalomel in die Klasse derHalogenideund dort in die gleichnamige Abteilung ein. Hier ist er ebenfalls als Namensgeber derKalomelgruppemit der System-Nr. 09.01.08 und den weiteren Mitgliedern Kuzminit und Moschelit innerhalb der Unterabteilung derWasserfreien und wasserhaltigen Halogenide mit der Formel AXzu finden.

Bildung und Fundorte

Kalomel auf Cinnabarit aus Almadén, Spanien

Kalomel bildet sich als Sekundärmineral durch Verwitterung primärer Quecksilberminerale.

Als seltene Mineralbildung konnte Kalomel nur an wenigen Fundorten nachgewiesen werden. Bisher (Stand: 2011) sind etwa 80 Fundorte bekannt.[7] Neben seiner Typlokalität Moschellandsberg trat das Mineral in Deutschland noch imDaimbacher Hof“ (ehemalsAlte Grubein Daimbach) bei Mörsfeld, am Potzberg, in der GrubeFrischer Mutbei Stahlberg und in der GrubeChristiansglückam Königsberg bei Wolfstein in Rheinland-Pfalz.

Weitere Fundorte sind unter anderem dieChatsworth Minebei Grassington in der britischen Region England, dieLa Coipa Minebei Diego de Almagro in Chile, dieGuilaizhuang Minebei Pingyi in China, Hérault in Frankreich, San Quirico in der Region Parma und dieLevigliani Minebei Stazzema in Italien, dieAinoura Minein der japanischen Präfektur Nagasaki, an mehreren Stellen im Alai-Gebirge im kirgisischen Gebiet Osch, in einigen Regionen von Mexiko; am Fluss Kelyana im Nördlichen Mujagebirge und am Ujuk in Ostsibirien sowie am Mutnovskoe auf Kamtschatka im Fernen Osten Russlands, dieAvala Minein Serbien, an mehreren Stellen in der Region um Košice in der Slowakei, bei Almería und Almadén in Spanien, Neřežín im tschechischen Böhmen sowie in mehreren Regionen der Vereinigten Staaten von Amerika (US).[8]

Kristallstruktur

Kalomel kristallisiert im tetragonalen Kristallsystem in der Raumgruppe I4/mmm mit Gitterparametern a = 4,45 Å und c = 10,89 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle. [1]

Verwendung

Größere, abbauwürdige Vorkommen von Kalomel sind nicht bekannt. Aus diesem Grund ist es als Quecksilbererz von untergeordnetem Interesse. Anwendungen des Minerals sind eher von historischen Interesse. Historische, medizinische Anwendungen finden sich unterQuecksilber(I)-chlorid.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Webmineral - Calomel (englisch)
  2. Mineraldatenblatt - Calomel (englisch, PDF 60,8 kB
  3. MinDat - Calomel (englisch)
  4. Elias Altschul: Real Lexicon für Homöopathische Arzneimittellehre, Therapie u. Arznei-Bereitungskunde (S. 225, 226)
  5. archive.org - Full text of Notes and Queries (1874)
  6. Thieme Chemistry (Hrsg.): Eintrag zu Kalomel im Römpp Online. Version 3.14. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2011, abgerufen am 16. September 2011.
  7. Mindat - Anzahl der Fundorte für Kalomel
  8. MinDat - Localities of Calomel

Literatur

Weblinks

 Commons: Calomel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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