Kleinkastell „In der Harlach“

Kleinkastell „In der Harlach“
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Kleinkastell „In der Harlach“
Alternativname Kastell Burgsalach
Limes ORL -- (RLK)
Strecke (RLK) Rätischer Limes,
Strecke 14
Datierung (Belegung) nach 210 n. Chr.
bis spätestens um 260 n. Chr.
Typ Centenarium
Einheit Centurie einer unbekannten Truppe
Größe 32,6 × 32,6 m = 0,1 ha
Bauweise Steinkastell
Erhaltungszustand Mauerstümpfe deutlich sichtbar konserviert
Ort Burgsalach
Geographische Lage 49° 1′ 9″ N, 11° 4′ 35″ O49.01916666666711.076388888889
Vorhergehend Kastell Weißenburg (westlich)
Kastell Oberhochstatt (westnordwestlich)
Anschließend Kastell Pfünz (südöstlich)
Vorgelagert Kleinkastell Raitenbuch (östlich)

Das Kleinkastell „In der Harlach“ ist ein ehemaliges römisches Militärlager, das nahe der zum UNESCO-Weltkulturerbe erhobenen Rätischen Mauer errichtet wurde und heute südlich des Dorfes Burgsalach im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen in Bayern liegt. Die höchstwahrscheinlich für eine Hundertschaft (Centurie) errichtete steinerne Fortifikation ist eine der jüngsten Anlagen am obergermanisch-rätischen Limes und wurde im 3. Jahrhundert gegründet. Ihre Architektur ist für deutsche Kastelle einzigartig.

Der Nachweis eines Fahnenheiligtums (Aedes) zeigt, dass die dort liegende Centurie ein eigenes Feldzeichen besessen hat und als eigenständige taktische Einheit operierte.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Das Kleinkastell „In der Harlach“ liegt auf der gleichnamigen Flur „Harlach“, südwestlich des Dorfes Burgsalach. Es wurde rund 1,3 km hinter dem Limes direkt an der damals wichtigen Verbindungsstraße zwischen den Kastellen Weißenburg und Pfünz angelegt. Diese römische Straßentrasse befindet sich streckenweise noch in einem ausgezeichnetem Zustand.

Forschungsgeschichte

Das Kleinkastell, wie es seit der Sicherung 1965 vom Hügel mit dem Grabungsschutt aus präsentiert wird

1790 waren nach einer Notiz des Pappenheimer Dechanten und Konsistorialrats Michael Redenbacher (1764—1816) die baulichen Überreste – damals unter dem Namen „Altes Schlösschen“ bekannt – noch „vortrefflich erhaltenen.“ Darüber hinaus sah er mehrere, dem Kaiser Septimius Severus (193–211) geweihte Altäre.[1] Im Jahr 1800 führte der Geistliche Rat und Professor der Mathematik, Ignaz Pickel (1736–1818) aus Eichstätt, die erste bekannt gewordene Grabung durch, die aufgrund ihrer Flüchtigkeit jedoch keine wesentlichen Erkenntnisse brachte. 1805 erfolgte eine Nachgrabung durch Redenbacher. Von dieser Grabung sind viele vorgefundene, bauliche Details überliefert, die später, aufgrund des immer stärkeren Verfalls des Bauwerks, verloren gingen. Damals hielt man den Bau aufgrund seines ungewöhnlichen Aussehens noch für eine Pferdewechselstation.[2]

Die Zerstörung des Areals setzte schon bald danach ein. Bereits 1831 hatten nach einem Bericht des Limesforschers und Pfarrers Franz Anton Mayer (1773-1854) Bauern das Gemäuer und die Umgebung nach Fundstücken umgewühlt. Damals wurde ein römischer Schlüssel gefunden, den Mayer in seine Sammlung bekam.[3] In den Jahren 1916 bis 1919 konnte unter der Leitung von Friedrich Winkelmann (1852–1934), einem Streckenkommissar der Reichs-Limes-Kommission (RLK), das zu dieser Zeit trotz allem noch sehr gut erhaltene, bis zu drei Meter (!) hohe Gemäuer systematisch ergraben und untersucht werden. Während der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Bau dann endgültig ein Opfer der Witterung und insbesondere des Steinraubs. 1965 haben Schüler unter Anleitung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege die übrig gebliebenen Mauerstümpfe mit Zement abgedeckt und in den heutigen Zustand gebracht. 2011 wurde im Bereich des Tores mit einer erneuten Sanierung begonnen.

Die früher für diese Anlage meist gewählte Bezeichnung „Burgus“ bezeichnet eigentlich kleinere spätantike Kastellplätze im Grenzgebiet. Das von den Römern aus dem Germanischen entlehnte Wort ist erst seit dem Ende des 4. Jahrhunderts bei Flavius Vegetius Renatus nachweisbar.

Baugeschichte

Rekonstruktionsversuch des Burgus.
Blick auf das Kastellareal. Deutlich sichtbar ist das zangenförmige Tor im Vordergrund.
Blick aus dem hinteren Teil des Lagers über den Innenhof (geschotterte Fläche) auf das Tor.

In seiner architektonischen Gestaltung wurden am gesamten deutschen Limes bisher keine vergleichbaren Fortifikationen beobachtet. Wie Wilhelm Schleiermacher nachweisen konnte, finden sich zum Kleinkastell „In der Harlach“ hauptsächlich in Nordafrika Parallelen. Dort entdeckte man römische Militärlager, die in vergleichbarer Bauweise aus dem späten 3. Jahrhundert stammen. Außerdem ist von dort auch der lateinische Name dieses Wehranlagentyps inschriftlich überliefert: Er wird Centenarium genannt.

Man geht heute davon aus, dass das Kleinkastell aufgrund seiner architektonischen Eigenheiten in die letzte Sicherungs- und Ausbauphase des Limes gehört, die in die Regierungszeit Kaiser Caracallas (211–217 n. Chr.) fällt, der 213 den Limes und seine Kastelle an vielen Stellen persönlich in Augenschein nahm.

Wie Redenbacher 1790 notierte, war der Bau von einem damals noch sichtbaren Graben als Annäherungshindernis umgeben.[1] Die Seitenlänge des Kleinkastells von 32,6 Metern entspricht genau 100 römischen Fuß. In der Forschung geht man davon aus, dass die starken Fundamente einen zweistöckigen Bau trugen und eine Centurie mit einem befehlshabenden Centurio beherbergte. Die Innenbebauung des Centenariums nimmt die Gestaltung spätantiker Befestigungen vorweg. Wohn- und Verwaltungsräume gliedern sich um einen Innenhof und sind direkt an die quadratische Wehrmauer gebaut. Diese besitzt nur einen eintorigen Einlass im Süden, der sich halbkreisförmig nach innen wölbt. Ein solcher sich trichterförmig zum Torverschluss verengender Zugang wurde auch beim Südtor des bayerischen Kastells Theilenhofen, am Kastell Faimingen, aber auch im Legionslager Carnuntum entdeckt. Vor allem aber konnte er bei nordafrikanischen Militärplätzen wie dem algerischen Legionslager Lambaesis und dem Kastell Bu Njem (222 n. Chr.) auf heute libyschem Boden, nachgewiesen werden. Die bauhistorische Zuordnung dieses Tortyps fällt in die Zeit des späten 2. Jahrhunderts.[4] Über dem Torbogen wird im Kleinkastell „In der Harlach“ ein Turm angenommen. Rechts des Durchlasses vermuten die Forscher eine Offizierswohnung oder ein Magazin, links einen Treppenaufgang.

Gegenüber diesem Tor befand sich im Lagerinneren das Fahnenheiligtum mit der Truppenkasse in einer halbrunden Apsis. Die Ausgestaltung des Heiligtums mit Apsiden war in den römischen Kastellen speziell im germanischen Raum seit Mitte des 2. Jahrhunderts üblich geworden.[5] 1805 fanden sich hier noch drei Steine aus schlechtem Sandstein, deren Inschriften teils unleserlich waren.

Links und rechts des Fahnenheiligtums wird die Wohnung des Centurios angenommen. Insgesamt konnten im Erdgeschoss zehn Räume mit je 20 Quadratmetern Grundfläche nachgewiesen werden, die größtenteils durch Holzfachwerk getrennt waren. In jedem dieser Räume wurde auch eine Feuerstelle vorgefunden. Der Größe nach waren diese Zimmer für acht bis zehn Soldaten bewohnbar.

In den Ecken des Innenhofs fanden sich zwei Zisternen, so dass das Kleinkastell unabhängig von einer externen Wasserversorgung war.

Wie sich das zweite Geschoss des Bauwerks gestaltete, ist unklar. Entweder gab es dort nur einen Wehrgang oder aber auch weitere Räume.

Ausstattung

Redenbacher hat bei seiner Grabung 1805, dass die Wände im Inneren des Bauwerks verputzt und „marmorartig mit bunten, meistens aber mit rothen, und blendendweissen Farben überzogen“ vorgefunden. Die Böden bestanden aus Gips und waren gleichfalls farbig gehalten. Der Ausgräber stellte im Fahnenheiligtum fest, das der dortige, qualitativ hochwertiger Gipsfußboden, weiß und spiegelglatt war. Seine Oberfläche besaß noch einen matten Marmorglanz. In ähnlicher Weise fand er die Wände des Heiligtums vor.[6] Von all diesen Befunden ist heute nichts mehr erhalten. Winkelmann konnte bei seinen Nachgrabungen über 100 Jahre später ebenfalls noch Verputzreste feststellen.

Truppe

Durch die etwas abseitige Lage des Centenariums vom Limes und seiner eindeutigen Ausrichtung zur Römerstraße erklärt sich seine mögliche Funktion zur Straßenüberwachung. Die Kastellbesatzung könnte daher zur Straßenpolizei (Benefiziarier) gehört haben. Thomas Fischer stellte die Überlegung an, dass die Besatzung Teil der nach 238 aufgesplitterten und u.a. auch nach Rätien strafversetzten Unterabteilung der in Lambaesis gelegenen Legio III Augusta gewesen ist.[7] Dies könnte auch die bauliche Nähe des Kleinkastells zu den nordafrikanischen Lagern erklären.

Funde

Neben den heute verschollenen Inschriftensteine die 1790 und 1805 noch genannt werden, erwähnr Redenbacher eine Statuette des Priapos.[1]

Ein weiteres Kastell im nahen Umkreis

1978 wurde durch die Luftbildarchäologie 500 Meter südlich des Centenariums ein weiteres ein Hektar großes Lager mit abgerundeten Ecken entdeckt, das allem Anschein nach auf die dort laufende Römerstraße Rücksicht nimmt, was eine nähere zeitliche Stellung zulassen könnte. Ausgrabungen fanden bisher nicht statt. Der Größe nach wird es vorläufig als Numeruskastell interpretiert, wobei offen bleibt, ob es sich um ein Marschlager oder eine längerfristig belegte Anlage handelt, da es bisher nicht näher erforscht worden ist. Die Anlage scheint jedoch älter zu sein als das Centenarium.

Denkmalschutz

Das Kleinkastell „In der Harlach“ und die erwähnten Anlagen sind als Abschnitt des Obergermanisch-Rätischen Limes seit 2005 Teil des UNESCO-Welterbes. Außerdem sind sie geschützt als eingetragene Bodendenkmale im Sinne des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG). Nachforschungen und gezieltes Sammeln von Funden sind erlaubnispflichtig, Zufallsfunde sind den Denkmalbehörden anzuzeigen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Siebenter Jahresbericht des Historischen Vereins im Rezatkreis. 1836. Riegel und Wießner, Nürnberg 1837. S. 49
  2. Franz Anton Mayer: Genaue Beschreibung der unter dem Namen der Teufelsmauer bekannten Römischen Landmarkung. Zweite Abtheilung, von Kipfenberg bis an die Strasse bei Ellingen. (1835) S. 35.
  3. Franz Anton Mayer: Genaue Beschreibung der unter dem Namen der Teufelsmauer bekannten Römischen Landmarkung. Zweite Abtheilung, von Kipfenberg bis an die Strasse bei Ellingen. (1835) S. 36.
  4. Anne Johnson (dt. Bearbeitung von Dietwulf Baatz): Römische Kastelle. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1987, ISBN 3-8053-0868-X, S. 112.
  5. Anne Johnson (dt. Bearbeitung von Dietwulf Baatz): Römische Kastelle. Verlag Philipp von Zabern, Mainz 1987, ISBN 3-8053-0868-X, S. 152.
  6. Franz Anton Mayer: Genaue Beschreibung der unter dem Namen der Teufelsmauer bekannten Römischen Landmarkung. Zweite Abtheilung, von Kipfenberg bis an die Strasse bei Ellingen. (1835) S. 34.
  7. Thomas Fischer, Erika Riedmeier Fischer: Der römische Limes in Bayern. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2008. ISBN 978-3-7917-2120-0. S. 124.

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