Arbil

Arbil
Arbil
Lage
Arbil (Irak)
Arbil
Arbil
Koordinaten 36° 10′ N, 44° 10′ O36.16666666666744.166666666667415Koordinaten: 36° 10′ N, 44° 10′ O
Staat Irak
Autonome Region Kurdistan
Gouvernement Arbil
Basisdaten
Höhe 415 m
Einwohner 808.600 (2009)[1]
Vorwahl 40 (Stadt), 964 (Land)
Postleitzahl 44001
Bürgermeister Nawzad Hadi
Hawler Castle.jpg

Arbil (arabisch ‏أربيل‎, DMG Arbīl, syrisch-aramäisch: ܐܪܒܝܠ Arbela, kurdisch Hewlêr, türkisch Erbil) ist die Hauptstadt des gleichnamigen irakischen Gouvernements Arbil und Sitz der Regierung der Autonomen Region Kurdistan. Arbil liegt 80 km östlich von Mosul.

Begünstigt durch die stabile Sicherheitslage und als Standort des Regionalparlaments wurden in Arbil in den letzten Monaten einige Auslandsvertretungen eröffnet. Länder, die in Arbil eine diplomatische Vertretung haben, sind unter anderem die USA, Russland, Iran, Großbritannien, Frankreich und Südkorea. Deutschland eröffnete am 18. Februar 2009 ein Generalkonsulat in Arbil.[2] Im November 2007 eröffnete die UNO ein Büro in Arbil. Bürgermeister ist Nihad Latif Kodscha, der 23 Jahre in Deutschland im Exil war.

Inhaltsverzeichnis

Bevölkerung

Die Einwohnerzahl der eigentlichen Stadt Arbil beträgt 808.600 (OCHA 2009), die Einwohnerzahl des Distriktes Arbil beträgt 1.115.890 (OCHA 2009).[1] Die überwiegende Mehrheit besteht aus Kurden; zu den Minderheiten zählen Assyrer, Araber und Turkmenen. Außerdem leben, bedingt durch den Bauboom, zahlreiche Arbeiter türkischer Firmen in der Stadt. Die Einwohnerschaft besteht überwiegend aus Muslimen. Die Assyrer leben größtenteils im Vorort Ankawa. Dort besteht eine assyrische Gemeinde mit über 40.000 Mitgliedern.

Geschichte

Antike

Ein Blick auf Arbil mit der Festung in der Mitte

Arbil zählt zu den ältesten durchgehend besiedelten Städten der Welt. Das Alter der Stadt wird auf mehr als 4300 Jahre geschätzt. In der Ur-III-Zeit hieß der Ort Urbilum, bis in die Altbabylonische Zeit Urbel, die Assyrer nannten ihn Arbail[3]. Andere Forscher führen den Namen auf das Akkadische arba’ū ilū (Vier Götter) zurück. Bereits unter Aššur-reš-iši I. war die Stadt das Ziel assyrischer Feldzüge. Die Stadt war lange Zeit ein religiöses Zentrum für die Göttin Ischtar.

Als Arbil unter medischer Herrschaft war, siedelte Kyaxares I. Stämme der Sagartier aus dem Zagros hier an. Als die Achämeniden die Meder ablösten, führte der Meder Phraortes einen Aufstand gegen Dareios I. an. Dareios I. besiegte die Aufständischen 521 v. Chr. und ließ dies auf der Behistun-Inschrift verewigen. 331 unterlag der persische Großkönig Dareios III. in der Schlacht von Gaugamela unweit von Arbela dem makedonischen König Alexander dem Großen. Die Schlacht wurde auch als Schlacht von Arbela bekannt, angeblich, weil den Makedonen Gaugamela als zu unbedeutend erschien (Strabo, Geographika 16, 3). Nach der Niederlage der Perser gegen Alexander den Großen wurde Arbil Teil des Seleukidenreiches. In klassischer Zeit war die Stadt unter ihrem aramäischen Namen Arbela bekannt. Die Griechen nahmen an, dass Arbela von Arbelus, dem Sohn des Athmoneus gegründet worden war (Strabo, Geographika 16, 3). Arbil war Hauptstadt des Fürstentums Adiabene. Mit dem Sieg von 141 v. Chr. wurde Mithridates I. von Parthien zum Herrscher Mesopotamiens. Mehrfach wechselte die Stadt zwischen Parthern und Seleukiden. 88 v. Chr. eroberte Tigranes Arbil und besetzte Adiabene. Als die Römer Armenien bedrohten, bot er den Parthern als Gegenleistung für ihre Hilfe gegen Rom Adiabene an.

Später entwickelte sich Arbil zu Hauptstadt eines mehr oder weniger autonomen Vasallenstaates der Parther. Der erste bekannte König der lokalen Dynastie war Izates, der um 30 n. Chr. herrschte. Sein Nachfolger konvertierte zum Judentum.

Im Jahr 195 besetzte Septimius Severus Adiabene und erhielt den Titel Parthicus Adiabenicus. Vologaeses IV. eroberte Adiabene zurück und bestrafte König Narses wegen der unterlassenen Hilfe bei einem Feldzug im Osten des Reiches. Arbil wurde wie das gesamte Gebiet in den römisch-parthischen Kriegen oft umkämpft. 216 eroberte Caracalla die Stadt. Die Römer plünderten königliche parthische Gräber.

Nach der Revolte des Ardaschir I. im Jahr 222 gegen die Parther und der Etablierung des Sassanidischen Reiches wurde Arbil für 400 Jahre Teil des neuen Reiches. Arbil wurde von einem Gouverneur (Mittelpersisch: Mowbed) regiert. Einer dieser Gouverneure war der Kronprinz Chosrau II. Arbil war Sitz eines Metropoliten der Kirche des Ostens. Die Diözese hieß auf aramäisch Ḥdhayab. In Arbil lebten viele aramäisch sprechende Christen. Die Christianisierung des nördlichen Mesopotamien ging oft von Arbil aus.

Mittelalter

Während des Mittelalters wurde Arbil zu einer wichtigen Station auf der Handelsstraße zwischen Mosul und Bagdad. Nachdem die Sassaniden durch die Araber besiegt worden waren, wurde das Gebiet muslimisch. Jahrhunderte später eroberte Imad ad-Din Zengi 1131 die Stadt. Von 1145 bis 1233 war Arbil Hauptstadt der Begteginiden oder Atabegs von Arbil. Einer dieser lokalen Herrscher, Muzaffar ad-Din Gökböri, hinterließ viele soziale Einrichtungen wie Waisenhäuser. Nach 1233 fiel die Stadt an die Abbasiden. 1235 plünderten die Mongolen Arbil. 1397 fiel Timur in die Stadt ein und zerstörte sie. Der Anteil der Christen nahm immer mehr ab, und Arbil wurde mehr und mehr eine muslimische Stadt. Ab dem 16. Jahrhundert regierten die Osmanen über Arbil, und sie wurde Teil des Vilayets von Mosul. 1731 belagerte Nadir Schah, der spätere Herrscher Persiens, die Stadt und konnte sie nach langem Widerstand einnehmen. Trotzdem blieb die Stadt bis zum Ersten Weltkrieg Teil des Osmanischen Reiches.

Blick auf einen Teil der Festungsmauer in der Stadtmitte

Arbil besteht aus einer Unterstadt in der Ebene am Fluss und der Kernstadt auf dem Siedlungshügel, in dessen Mitte ein osmanisches Fort thront.

Neuzeit

Arbil wurde im ersten Golfkrieg leicht beschädigt. Die Einwohner litten bis 1991 unter Saddam Husseins Regierung. Nach dem Rückzug von Saddam 1992 wurde das erste freie Kurdische Parlament in Arbil gewählt. Es gab bis 1996 gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) und der Patriotischen Union Kurdistans (PUK). Seit 1996 wird Arbil von der KDP verwaltet.

Seit dem Irakkrieg 2003 gab es in Arbil und im kurdisch verwalteten Nordirak nur einzelne Anschläge. Der mit 109 Toten schwerste ereignete sich am 1. Februar 2004. Im Mai 2005 starben bei einem Anschlag 45 Menschen. Im Mai 2007 war das Innenministerium der kurdischen Regionalregierung Ziel eines Anschlags, der 19 Todesopfer forderte.

Am 4. Juni 2005 trat erstmals das kurdische Regionalparlament zusammen, am 12. Juni 2005 wurde Masud Barzani zum Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan im Irak ernannt.

Wirtschaft und Infrastruktur

Das Parlamentsgebäude der kurdischen Regionalregierung

Die wirtschaftliche Stellung Arbils im Irak war über Jahrzehnte unbedeutend. Gründe waren die Politik Saddam Husseins, die Operationen und Massaker der irakischen Armee, sowie die Folgen der Aufstände nach dem zweiten Golfkrieg und des anschließenden Bürgerkriegs zwischen den kurdischen Fraktionen. Dies änderte sich schlagartig mit dem Dritten Golfkrieg: Da in den anderen Teilen des Irak Terroranschläge von Baathisten und Islamisten an der Tagesordnung sind, weichen immer mehr Unternehmen nach Arbil aus. Dies hat zu einer regen wirtschaftlichen Aktivität in Arbil geführt sowie zu einer starken Zunahme der Bevölkerungszahlen (2003: ca. 700.000; 2010 über 1 Million). Im November 2009 wurde feierlich von Premierminister Berham Saleh, die neue Majidi Mall eröffnet, erstmals sind auch internationale Unternehmen vertreten.

Arbil hat Funktionen übernommen, die früher Amman in Jordanien hatte, z.B. als Messestandort und als Ort für große Konferenzen. Seit Februar 2010 gibt es ein deutsches Wirtschaftsbüro, das deutschen Firmen hilft.[4]

Luftverkehr

Am Flughafen Arbil bestehen Linienflugverbindungen zu Zielen in Europa und dem Nahen Osten. Im Jahr 2009 nutzten 356.850 Passagiere[5] den Flughafen.

Großprojekte

Ein Großprojekt ist der Bau eines 1,6 Milliarden US-Dollar teuren Medienzentrums nach dem Vorbild der Dubai Media City (voraussichtliche Fertigstellung: 2009). [6] Weiterhin werden breite Ringstraßen angelegt, die die weitere Stadtentwicklung anregen sollen. Den Schwerpunkt der heutigen Stadtentwicklung bildet die Gulan Street, noch vor fünf Jahren eine Landstraße und Umgehungsstraße um Arbil. Sie führt von der Hauptstraße Arbil–Mossul über etwa 6 Kilometer zur Hauptstraße Arbil–Schaqlawa und ist mittlerweile von diversen Villenvierteln, Einkaufszentren und Hochhäusern geprägt. Die inzwischen vierte Ringstraße ist nach Qazi Mohammed benannt, dem ersten Präsidenten der Republik Mahabad; die Umgebung dieser Straße ist bereits zu weiten Teilen zur Bebauung freigegeben.

Arbil Master Plan

Die große Moschee Arbils

Der irakische Staat hatte bis Anfang 2009 keine Gesetzesgrundlage zur Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen für eine geordnete Stadtplanung, etwa für die Erstellung von Flächennutzungsplänen oder Bebauungsplänen. Aufgrund der herausragenden Bedeutung von Arbil für die kurdische Region beschloss die Verwaltung einen Entwicklungs- und Flächennutzungsplan, der bis auf das Jahr 2034 ausgelegt ist. Eine neue Megamall namens Nistiman Mall befindet sich noch im Bau. Es soll als Ersatz für das heruntergekommene Scheikalah-Marktviertel dem ehemalige Stadtzentrum dienen. Das alte Stadtzentrum wird zu Gunsten von Grünanlagen größtenteils abgerissen werden. Die alte Zitadelle wurde bereits evakuiert und in ein Freilichtmuseum umgewandelt. Diese erste Phase des Entwicklungsplans soll bis 2014 abgeschlossen sein.

Bildung

Im September 2010 wurde in Arbil eine deutsche Schule mit zunächst fünf Klassen sowie einem Kindergarten und Vorschule eröffnet.[7][8]

Klima

In Arbil herrschen heiße und trockene Sommer mit bis zu über 50 °C und milde Winter mit meist über 10 °C. Die Tiefsttemperaturen können jedoch bis 0 °C absinken.

Bekannte Schriftsteller der Stadt

  • Ibn Khallikan (1211–1282)
  • Abdulla Pashew (* 1946)
  • Muhammad al-Khatib Arbili
  • Dawan Koye
  • Aram Hawleri
  • Dashti (1909–1957)

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Arbil – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b OCHA Iraq Inter-Agency Information and Analysis Unit: Erbil Governorate Profile July 2009. Abgerufen am 28. Oktober 2010 (eng., bezieht sich auf eine ältere Version der verlinkten Datei).
  2. Deutschland reicht dem Irak die Hand Pressemitteilung des Auswärtigen Amtes
  3. H. F. Russell: Shalmaneser’s campaign to Urartu in 856 B.C. and the historical geography of Eastern Anatolia according to the Assyrian sources. In: Anatolian Studies 34, 1984, S. 171–201.
  4. Warten auf Normalität, Artikel auf welt.de von Birgit Svensson vom 2. Mai 2010 (Printausgabe Seite 86)
  5. Airport Statistics (Englisch). Erbil International Airport. Abgerufen am 4. Januar 2011.
  6. The future of Arbil Bazaar is in Nishtiman market, Media mogul
  7. Eine Deutsche Schule im Irak, Mitteilung des Auswärtigen Amtes, gesehen 22. September 2010
  8. Eröffnung der 1. Deutschen Schule im Irak, Audiobeitrag vom 16. September 2010, Ulrich Leidholdt, Deutschlandfunk (MP3)

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  • Arbil — Arbil,   Stadt in Irak, Erbil.   …   Universal-Lexikon

  • Arbil — Infobox Settlement official name = Pagename other name = Kurdish form of the name: Hewlêr native name = هه‌ولێر nickname = settlement type = motto = imagesize = image caption = flag size = image seal size = image shield = shield size = city logo …   Wikipedia

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