- Montparnasse
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Montparnasse [mɔ̃paʀˈnas] ist ein flacher Hügel auf der Rive Gauche (linkes Ufer) der Seine in Paris, der wie andere Randbezirke erst am 1. Januar 1860 eingemeindet wurde und dem 53. Quartier oder Stadtviertel von Paris seinen Namen gab, das Teil des 14. Arrondissements, dem Arrondissement de l'Observatoire ist. Der Stadtteil, der heute als Montparnasse bezeichnet wird, reicht weit über die Grenzen der politischen Einheit des Quartiers hinaus. Sein Zentrum ist der Boulevard du Montparnasse mit dem Bahnhof Montparnasse und dem Tour Montparnasse, dem zweithöchsten Bauwerk von Paris, im Westen und der belebten Straßenkreuzung mit dem Boulevard Raspail im Osten, an der sich zahlreiche Straßencafés befinden.
Inhaltsverzeichnis
Name
Der Name Montparnasse leitet sich ab von dem Berg (frz.: mont) Parnass aus der griechischen Mythologie - Heimat der Musen und Inbegriff der Lyrik - und erklärt sich durch die Tatsache, dass im 17. Jahrhundert viele Studenten des Quartier Latins in diese damals noch idyllische Gegend kamen, um Gedichte zu rezitieren.
Geschichte
Der Bau des Boulevard du Montparnasse erforderte 1760 die Einebnung der Hügelkuppe.
Das Viertel Montparnasse wurde zum Beginn des 20. Jahrhunderts, während der sogenannten Années folles, berühmt, als hier das Herz des intellektuellen und künstlerischen Lebens von Paris schlug. Einen wichtigen Platz im Leben des Viertels nahmen die legendären Cafés ein.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts kamen Schriftsteller, Bildhauer, Maler, Dichter und Komponisten aus der ganzen Welt nach Montparnasse, um in der kreativen Atmosphäre des Viertels eine billige Wohnung in einer der Künstlerkolonien, wie z. B. La Ruche, zu finden.
Im Viertel war die Kreativität mit allen ihren Eigenheiten willkommen. Als Tsuguharu Foujita im Jahr 1913 aus Japan ankam und niemanden kannte, traf er Chaim Soutine, Amedeo Modigliani, Jules Pascin und Fernand Léger noch am gleichen Abend. Innerhalb einer Woche hatte er sich mit Juan Gris, Pablo Picasso und Henri Matisse angefreundet. Im Jahr 1914 kam die englische Malerin Nina Hamnett in Montparnasse an und der Mann, der ihr im Café La Rotonde gegenüber saß, stellte sich vor als „Amedeo Modigliani, Maler und Jude“. Sie wurden gute Freunde und Hamnett erzählte später oft, wie sie sich von Modigliani eine Hose und ein Hemd borgte, um die ganze Nacht auf der Straße vor dem La Rotonde zu tanzen.
Während fast die ganze künstlerische Gemeinde von Montparnasse ums Überleben rang, kamen wohlhabende Prominente aus den USA wie Peggy Guggenheim, Edith Wharton und Harry Crosby, um sich von der kreativen Atmosphäre anstecken zu lassen. Crosby gründete mit seiner Frau Caresse 1927 den Verlag Black Sun Press in Paris und brachte Werke von späteren Größen wie D. H. Lawrence, Archibald MacLeish, James Joyce, Kay Boyle, Hart Crane, Ernest Hemingway, William Faulkner, Dorothy Parker und anderen heraus.
Cafés und Bars
Die Cafés und Bars von Montparnasse waren ein wichtiger Treffpunkt, wo die neuen Ideen geboren wurden und sich entwickelten. Das Zentrum der Szene und des Nachtlebens war am Carrefour Vavin, welcher mittlerweile in Place Pablo-Picasso umbenannt wurde. In den Cafés wie Le Dôme, La Closerie des Lilas, La Rotonde, Le Select und La Coupole - sie alle existieren nach wie vor - konnten Künstler für wenig Geld einen Tisch für die ganze Nacht besetzen. Wenn sie einschliefen, durften die Kellner sie nicht aufwecken. Es gab häufig Streit, manchmal durch intellektuelle Meinungsverschiedenheiten, manchmal durch Alkohol verursacht. Wenn es Prügeleien gab, und das passierte häufig, kümmerte das die Polizei nicht. Es gab Café-Besitzer, die bereit waren, ein Bild als Pfand anzunehmen, bis es der Künstler gegen die Bezahlung auslösen kam. So hatten viele Cafés eine Sammlung von Bildern an den Wänden, die heute die wichtigsten Museen vor Neid erblassen lassen würde.
Einer der vielen Plätze, wo sich die Künstler versammelten, war die Dingo-Bar in der Nähe des Le Dôme in 10 rue Delambre. Sie war der bevorzugte Ort, wo sich Amerikaner trafen und wohin der kanadische Schriftsteller Morley Callaghan mit seinem Freund Ernest Hemingway kam, beide damals noch Schriftsteller, deren Werke nicht veröffentlicht waren. Man Ray gründete sein Studio im Hôtel Istria, 29 rue Campagne Première. Hier begann er seine Karriere als Fotograf, und hier posierten James Joyce, Gertrude Stein, Jean Cocteau.
In der Rue de la Gaité gab es viele großartige Musiktheater und Nachtclubs, insbesondere das berühmte Bobino. Hier traten die großen Künstler der damaligen Zeit wie Damia, Kiki, Mayol und Georgius auf, sie alle hatten Künstlernamen, die nur aus einem Namen, manchmal ihr Vorname, bestanden, was damals sehr populär war. Sie spielten meist vor ausverkauftem Haus. In der gleichen Gegend wurden Les Six gegründet, die Musik auf der Grundlage der Ideen von Erik Satie und Jean Cocteau spielten.
Der Dichter Max Jacob sagte, er war nach Montparnasse gekommen, um „schrecklich zu sündigen“. Marc Chagall drückte es eleganter aus, indem er seine Gründe, warum er nach Montparnasse gekommen war, wie folgt erklärte: „Ich wollte das mit meinen eigenen Augen sehen, wovon ich nur von so weit weg gehört hatte. Diese Revolution des Auges, diese Rotation der Farben, die sich spontan und unerwartet mit einer anderen vermischen und in einen Strom von erdachten Linien überging. Das konnte man in meiner Stadt nicht sehen. Die Sonne der Künste schien nur auf Paris.“ Der Adoleszenz-Roman Fever von Leslie Kaplan spielt ausschließlich in Montparnasse. Das Labyrinth der Gassen, die Kreuzungen der großen Boulevards, die Parks und der bekannte Friedhof bilden den Hintergrund für die schweigende Flucht der Hauptfiguren vor sich selbst und vor dem von ihnen verübten Verbrechen ab.
Nicht nur Künstler kamen in das Viertel, sondern auch Menschen, die aus politischen Gründen ins Exil gehen mussten, ließen sich hier nieder. Dazu zählten Lenin, Trotzki, Porfirio Diaz und Symon Petljura.
Während des Zweiten Weltkrieges und der Besetzung von Paris mussten die Künstler die Stadt verlassen, von denen ein Teil einen jüdischen Hintergrund hatte oder Flüchtling war - oft beides. Viele von ihnen wurden von den Nazis umgebracht. Die Werke der weniger Berühmten sind oft verschollen oder in alle Welt verstreut, ihre Dokumentation ist schwierig.
Montparnasse konnte danach seine ursprüngliche Größe nie wieder erreichen. Wohlhabende Persönlichkeiten wie Peggy Guggenheim, die den Künstler Max Ernst heiratete, lebten in den eleganten Vierteln von Paris, kamen aber in die Studios von Montparnasse, um Kunstwerke zu kaufen, die heute z. B. im Solomon R. Guggenheim Museum zu finden sind.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Theater
Die größte Ansammlung von Theatern des Stadtteils findet sich in der Umgebung der Rue de la Gaité und dem Boulevard Edgar. Direkt am Boulevard liegt das Théâtre de Poche, das kleinste Theater von Paris.
Museen
Am Fuß des Montparnasseturmes zeigt das Musée Bourdelle Werke des Bildhauers Antoine Bourdelle, der hier lebte und der Straße ihren Namen gab.
Das Musée du Montparnasse in der Avenue du Maine, ein im Jahr 1998 eröffnetes gemeinnütziges und privates Kunstmuseum, ist auf die finanzielle Unterstützung des Bezirksbürgermeisteramtes angewiesen. Es zeigt eine Sammlung von Kunstwerken, die von Künstlern, Kunstliebhabern und Freunden des Viertels zur Verfügung gestellt wurden. Die unter der Schirmherrschaft des Präsidenten Chirac stehende Wechselausstellung Montparnasse déporté im Sommer 2005 zeigte erstmals Werke der Bildenden Kunst jüdischer Künstler des Viertels, die unter der NS-Verfolgung litten.
Das Museum des Institut Louis Pasteur gehört streng genommen schon zum Stadtteil Vaugirard.
Bauwerke
Sehenswerte Bauwerke am Montparnasse sind unter anderem das Pariser Observatorium (17. Jahrhundert), die ehemaligen Zollhäuser von Ledoux (17. Jahrhundert) und die Stollen der ehemaligen Untertagesteinbrüche, die ab 1785 in Katakomben verwandelt wurden, beide am Place Denfert-Rochereau, des Weiteren die Kunststiftung Fondation Cartier des Architekten Jean Nouvel am Boulevard Raspail und das Hochhaus Tour Montparnasse mit seiner 209 m hohen Aussichtsplattform.
Grünflächen
Die größte Grünfläche am Montparnasse bildet der Friedhof Montparnasse, auf dem unter anderem Charles Baudelaire, Jean-Paul Sartre, Simone de Beauvoir und Samuel Beckett ruhen. Eine weitere Grünfläche ist der Jardin Atlantique, ein öffentlicher Park, der auf dem Dach des Bahnhofs Montparnasse entstanden ist.
Gastronomie
In der Gegend um den Bahnhof von Montparnasse gibt es viele bretonische Restaurants, in denen die Crêpes oder Galettes genannten Pfannkuchen zubereitet werden, eine Spezialität aus der Bretagne.
Sport
Die allwöchentlich stattfindende dreistündige Inline-Skate-Tour durch Paris startet freitags um 22 Uhr auf dem Platz vor dem Bahnhof Gare Montparnasse.
Liste der Künstler vom Montparnasse
Nur wenige Künstler, die am Montparnasse gelebt und gewirkt haben, sind dort geboren worden. Sie kamen aus vielen Ländern der Welt und gaben Montparnasse das kosmopolite Flair, das es bis zum heutigen Tag bewahrt hat. Zu den bekanntesten gehören, in der chronologischen Reihenfolge ihrer Geburtsdaten:
- Ford Madox Ford (1873–1939), englischer Schriftsteller
- Gertrude Stein (1874–1946), amerikanische Schriftstellerin, Verlegerin, Kunstammlerin und Gönnerin
- Max Jacob (1876–1944), französischer Dichter, Maler und Schriftsteller
- Léon-Paul Fargue (1876–1947), französischer Dichter
- Constantin Brâncuși (1876–1957), rumänischer Bildhauer
- Angelina Beloff (1879–1969), russische Malerin und Bildhauerin
- Guillaume Apollinaire (1880–1918), französischer Dichter italienisch-polnischer Abstammung
- Man Ray, eigentlich Emmanuel Rudnitzky (1890–1976), amerikanischer Maler und Fotograf
- Jacques Lipchitz (1891–1973), französischer Plastiker litauischer Herkunft
- Fernand Leger (1881–1955), französischer Maler, Grafiker und Keramiker
- Pablo Picasso (1881–1973), spanischer Maler
- Amedeo Modigliani (1884–1920), italienischer Zeichner, Maler und Bildhauer jüdischer Abstammung
- Jules Pascin (1885–1930), bulgarischer Maler des Expressionismus
- Henri Laurens (1885–1954), französischer Bildhauer und Zeichner
- Lou Albert-Lazard (1885–1969), deutsch-französische Malerin.
- Ezra Pound (1885–1972), amerikanischer Schriftsteller
- Diego Rivera (1886–1957), mexikanischer Maler
- Tsuguharu Foujita (1886–1968), japanischer Maler
- Juan Gris (1887–1927), spanischer Maler
- Blaise Cendrars (1887–1961), schweizerischer Dichter
- Marcel Duchamp (1887–1968), französischer Maler und Objektkünstler
- Marc Chagall (1887–1985), weißrussischer Maler
- Suzanne Duchamp-Crotti (1889–1963), französische Malerin, Schwester von Marcel und Raymond Duchamp
- Ossip Zadkine (1890–1967), weißrussischer Maler und Bildhauer
- Ilja Grigorjewitsch Ehrenburg (1891–1967), russischer Schriftsteller
- Moise Kisling (1891–1953), polnischer Maler
- Henry Miller (1891–1980), amerikanischer Schriftsteller
- Archibald MacLeish (1892–1982), amerikanischer Dichter und Politiker
- Marija Bronislawowna Worobjowa-Stebelskaja (1892–1984), russische Malerin
- Chaim Soutine (1893–1943), französischer Maler litauisch-jüdischer Abstammung
- Joan Miró (1893–1983), spanischer Maler, Grafiker und Bildhauer, Surrealist
- André Breton (1896–1966), französischer Dichter und Schriftsteller und Surrealist
- René Iché (1897–1954), französischer Bildhauer und Zeichner
- Alexander Calder (1898–1976), amerikanischer Bildhauer
- Ernest Hemingway (1899–1961), amerikanischer Schriftsteller
- Alberto Giacometti (1901–1966), schweizerischer Künstler und Plastiker
- Kiki vom Montparnasse (1901–1953), französisches Modell; Sängerin, Schauspielerin und Malerin
- A. M. Cassandre, eigentlich Adolphe Jean Marie Mouron (1901–1968), ukrainischer Grafiker, Typograf, Maler, Bühnenbildner
- Consuelo Suncin Sandoval de Gómez (1901–1979), salvadorianische Malerin und Bildhauerin, spätere Ehefrau von Antoine de Saint-Exupéry
- Salvador Dalí (1904–1989), spanischer Maler, Bildhauer, Bühnenbildner und Schriftsteller
- Jean-Paul Sartre (1905–1980), französischer Schriftsteller und Philosoph
- Samuel Beckett (1906–1989), irischer Schriftsteller
- Simone de Beauvoir (1908–1986), französische Schriftstellerin, Philosophin und Feministin
- Eugène Ionesco (1909–1994), französischer Schriftsteller rumänischer Abstammung
- Marika Rivera (1919–2010), französische Schauspielerin
- Isidore Isou, eigentlich Isidor Goldstein (1925–2007), Gründer des Lettrismus
- Moïse Bercovici Erco (1904–1944), rumänischer Maler und Kupferstecher
- außerdem: Paul Fort, Michel Kikoine, Pinchus Kremegne, Marie Vassilieff
- siehe auch: Charles Trenet
Weblinks
Commons: Montparnasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- 14. Pariser Arrondissement
- Montparnasse bei insecula
- Paris auf Inline-Skates
- Musée du Montparnasse
- Das Distrikt von Montparnasse- Derzeitige Fotos und der Jahre 1900
48.8388888888892.3305555555555Koordinaten: 48° 50′ 20″ N, 2° 19′ 50″ O
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