Mölbis

Mölbis
Mölbis
Gemeinde Espenhain
Koordinaten: 51° 12′ N, 12° 30′ O51.1946512.49764155Koordinaten: 51° 11′ 41″ N, 12° 29′ 52″ O
Höhe: 155 m ü. NN
Einwohner: 562 (31. Dez. 2010)
Eingemeindung: 1. Jan. 1999
Postleitzahl: 04579
Vorwahl: 034347
Mölbis auf einer Karte um 1800

Mölbis ist ein zur Gemeinde Espenhain im sächsischen Landkreis Leipzig gehöriges Dorf. Wegen der ehemals katastrophalen Umweltverhältnisse durch das benachbarte Braunkohlenkombinat Espenhain erlangte es traurige Berühmtheit.

Inhaltsverzeichnis

Lage und Verkehr

Mölbis liegt etwa 18 Kilometer südöstlich von Leipzig am Südrand des breiten, sich in Ost-West-Richtung erstreckenden Auentals des Baches Gösel. Im Südosten des Ortes erhebt sich die beim Aufschluss des Tagebaus Espenhain entstandene und inzwischen bewaldete Halde Trages (im Volksmund Kippe), die eine Höhe von 66 Metern über der Umgebung erreicht. Die Nachbarorte von Mölbis sind von Norden beginnend im Uhrzeigersinn Pötzschau, Oelzschau, Trages und Thierbach (beides Ortsteile von Kitzscher) sowie das Gelände des ehemaligen Kombinats Espenhain und der Ort Espenhain.

Von Mölbis aus erreicht man in etwa drei Kilometer in Espenhain die Bundesstraße 95 und hat damit in etwa neun Kilometer Entfernung Anschluss an die Autobahn A 38. Mit der Buslinie 276 des Mitteldeutschen Verkehrsverbundes ist Mölbis mit benachbarten Orten sowie Borna und Kitzscher verbunden.

Geschichte

Das Gut

Das Mölbiser Schloss um 1840
Die Kirche in Mölbis um 1840
Bild von Lucas Cranach d.Ä., ehemals in der Kirche Mölbis
Die Quelle der Umweltschäden in Mölbis: Das Kombinat Espenhain

Mölbis wird erstmalig 1230 im Zusammenhang mit Hermannus de Melebuz als Herrensitz erwähnt. Der Herrensitz entwickelte sich über einen Rittersitz zu einem Rittergut, zu dem auch das Vorwerk Crossen an der Straße Leipzig-Borna gehörte.[1] Als dessen Besitzer werden genannt Melchior von Etzdorf (um 1488), Georg von Haugwitz (1574), Innocenz von Starschädel (der Ältere 1579, der Jüngere 1650) und Wolf von Gustedt (1670).

Über Ursula von Gustedt, die Ende des 17. Jahrhunderts Christoph Dietrich Bose den Älteren heiratete, kam das Gut Mölbis in den Besitz der Familie derer von Bose. Christoph Dietrich Bose der Ältere ließ 1688 die Dorfkirche aus eigenen Mitteln von Grund auf neu errichten und stattete sie zur baulichen Erhaltung mit einem Kapital von 2.000 Gulden aus. Nach seinem Tode 1708 übernahm sein Sohn Adam Heinrich Bose das Gut, errichtete das als Schloss bezeichnete Gutshaus völlig neu und legte einen Park an. Nach seinem Ableben 1749 besaßen noch seine Frau und sein Sohn Carl Heinrich Zdislav Bose und sein Enkel Carl Adam Heinrich Bose das Gut.

Letzterer verkaufte es schon zu Lebzeiten an einen Advokaten Lange aus Leipzig, und über einen Herrn Wilke und den preußischen Geheimrat Gern kam es an den sächsischen Rittmeister Christian Adolf von Hopfgarten. 1816 erwarb das Gut der preußische Leutnant a. D. Joachim Friedrich Gustav Brandt von Lindau, dessen Erben es 1855 an Georg Wilhelm Wünning verkauften. Zu dem Gut gehörten auch eine Brauerei und eine Brennerei.[2] Vom letzten Privatbesitzer Stentzler ging das Gut 1937 an die Aktiengesellschaft Sächsische Werke (ASW) über, die die Feldflur zur Errichtung des Braunkohlentagebaus Espenhain benötigte. Am 5. März 1945 wurde das Schloss Mölbis bei einem anglo-amerikanischen Bombenangriff auf das nahegelegene Werk Espenhain zusammen mit weiteren 22 Gebäuden des Ortes zerstört bzw. beschädigt und 1948 ganz abgerissen.

Das Dorf

Über die Anfänge des Dorfes ist nichts bekannt. Es dürfte wie die meisten seiner Nachbardörfer sorbischen Ursprungs sein, worauf die Namensableitung von Milbus (= hohes Dorf)[3] hindeutet. Mölbis hatte bereits Mitte des 16. Jahrhunderts über 30 Bauernhöfe, zu denen später Handwerker wie Bierbrauer, Tischler, Hufschmied, Fleischerknecht, Windmüller, Schlosser, zwei Böttcher, Brandweinhändler, zwei Schneider, Krämer, Musiker und Nachtwächter kamen (nach einer Aufstellung von 1747). Ende des 19. Jahrhunderts gab es in Mölbis drei Gasthöfe.

Im Dreißigjährigen Kriege hatte das Dorf im Winter 1637 ein schwedisches Reiterregiment mit 1200 Pferden für fast sieben Wochen „zu Gast“, wobei es nahezu völlig verwüstet wurde. Am Pfingstmontag des gleichen Jahres raubte das Kaiserlich Landgräflich Hessische Regiment das Dorf aus. Auch mehrere große Brände (1764, 1774) führten zu Rückschlägen. Bei der Völkerschlacht bei Leipzig wurde Mölbis zwar mit starker Einquartierung belastet, kam aber ohne Zerstörungen davon.

Durch die Sächsische Landgemeindeordnung von 1838 wurde auch Mölbis eine selbstverwaltete Gemeinde mit einem 1839 gewählten Gemeinderat und unabhängig vom Rittergutsbesitzer. Schließlich wurde 1856 auch dessen Gerichtsbarkeit dem Königlichen Gericht Rötha übertragen.[4]

In den 1930er Jahren wandelte sich der Ort durch die benachbarte Braunkohlenindustrie zur ländlichen Industriegemeinde. Große Teile der Feldflur gingen durch die Halde verloren, die wegen des Aufschlusses des Tagebaus Espenhain gleich hinter dem Dorf aufgeschüttet wurde.

Als besonders schädlich für Mölbis erwies sich aber die Tatsache, dass es bei dem häufig vorherrschenden Südwestwind in der Abgasfahne des weniger als einen Kilometer entfernten Braunkohleverarbeitungswerkes Espenhain lag. Es war den Schwelgasen, dem Rauch und dem Ruß des Werkes über Jahrzehnte schutzlos ausgeliefert. Die zur Zeit ihrer Errichtung als modern geltenden Schwelanlagen verkamen während der vierzigjährigen Nutzung zu DDR-Zeiten zur größten Umweltbelastung. Zunächst wurden sie in Erwartung der Ablösung durch den Umstieg auf Erdöl auf Verschleiß gefahren, um nach der Erdölkrise umso intensiver ohne Rücksicht auf Umweltschäden betrieben zu werden.

Gesundheitliche Schäden, besonders bei Kindern, waren ebenso die Folge wie der Verschleiß der Bausubstanz. Es kam vor, dass die Bäume bereits im Sommer ihre Blätter abwarfen. Viele Einwohner verließen den Ort. Mölbis wurde vielfach als das „dreckigste Dorf Europas“ bezeichnet.[5] Proteste in Form von Eingaben oder sogenannten Umweltgottesdiensten seit 1983, bei denen sich das Christliche Umweltseminar Rötha besonders engagierte, bewirkten nichts.[6]

Nach der Wende wurde die Kohleverarbeitung in Espenhain sehr schnell stillgelegt. Für Mölbis wurden Studien über die Schadstoffbelastung des Bodens angefertigt, die seine weitere Bewohnbarkeit bestätigten. In den Medien wurde Mölbis das Vorzeigeobjekt für die vernachlässigte Umweltpolitik der DDR. Höhepunkt dieser Kampagne war der Besuch des britischen Thronfolgers Prinz Charles am 19. Dezember 1991 in Mölbis.[7]

Das große öffentliche Interesse hatte zur Folge, dass eine umfangreiche Förderung einsetzte. Die Infrastruktur des Dorfes wurde saniert, die Kirche, die ehemalige Orangerie und die Dorfgaststätte renoviert, sowie der Bau von Wohnungen in Angriff genommen. Die verbliebenen Hausbesitzer wurden in der Sanierung der Bausubstanz unterstützt und der Eigenheimbau gefördert. Heute sieht man dem Ort seine schwere Vergangenheit in keiner Weise mehr an.

Die Entwicklung der Einwohnerzahl von Mölbis[1]
0Jahr 1551 1764 1834 1871 1890 1910 1925 1939 1946 1950 1964 1990 1999 2000 2005 2010
0Einwohner 35 Höfe 31 Höfe 426 627 728 681 750 883 1030 953 666 355 581[8] 624[8] 594[8] 562[8]

Die Einwohnerzahl von Mölbis nahm seit dem 17. Jahrhundert eine stabile Entwicklung und stieg nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Zuzug von Flüchtlingen und Vertriebenen stark an. Wegen der Umweltproblematik fiel die Zahl danach auf etwa ein Drittel. Nach der Beseitigung der Umweltprobleme stabilisierte sich der Wert etwas unter Vorkriegsniveau, allerdings mit anderer Struktur. Während früher der überwiegende Teil der Bevölkerung vor Ort in der Landwirtschaft beschäftigt war, nutzen viele die angenehme ländliche Umgebung jetzt nur als Wohnquartier.

Am 1. Januar 1999 wurde Mölbis nach Espenhain eingemeindet.[9]

Sehenswürdigkeiten

  • Die Kirche von 1688 mit doppelter Empore soll in ihrer Innenausstattung der Moritzburger Schlosskapelle folgen. Die westliche Rundbogenpforte stammt aus dem 16. Jahrhundert.[10] Ein Bild von Lucas Cranach d. Ä. (Die Austreibung der Wechsler und Händler aus dem Tempel in Jerusalem), das ehemals in der Kirche hing, befindet sich jetzt in der Gemäldegalerie Alte Meister in Dresden.[11]
  • Die restaurierte Orangerie des ehemaligen Schlosses enthält seit 1997 das Umweltgeschichtliche Informationszentrum mit einem Vortragssaal sowie eine Wohnung.
  • Ein 10 km langer Rundwanderweg auf der Hochhalde Trages, der höchsten Erhebung des Leipziger Raumes, führt auch zu einem Aussichtsturm von 33 Metern Höhe, der eine gute Rundumsicht bietet, die bei entsprechendem Wetter bis zum Erzgebirge reicht.[12]

Personen

  • Süßmund, der Kretzschmar (Gastwirt) von Mölbis, gehörte zu den Anführern der Bauernunruhen in den Dörfern des Amtes Borna, die am 12. Juli 1525 in Altenburg hingerichtet wurden.[13] Jetzt gibt es in Mölbis eine Kretzschmarstraße.
  • Der lutherische Theologe Christoph Heinrich Zeibich (1677–1748) wurde in Mölbis geboren.
  • Der lutherische Theologe Johann Jakob Greif (1699–1767), der sich um die Herausgabe der Leipziger Ausgabe von Martin Luthers Werken verdient gemacht hat, war von 1733 bis 1767 Pfarrer in Mölbis.

Einzelnachweise

  1. a b Mölbis im Digitalen Historischen Ortsverzeichnis von Sachsen
  2. Gustav Adolf Poenicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen, I. Section: Leipziger Kreis. Leipzig um 1860, S. 116–118 (Digitalisat)
  3. Die Parochie Mölbis in Neue Sächsische Kirchengalerie, Leipzig 1900–1910, Band Die Ephorie Borna, S. 707–712 (Digitalisat)
  4. Rittergut Mölbis (Patrimonialgericht) im Staatsarchiv Leipzig
  5. Zeit Online (vorletzter Abschnitt, leider mit Druckfehler)
  6. Mölbis bei Christliches Umweltseminar Rötha
  7. Im Pleiße- und Göselland zwischen Markkleeberg, Rötha und Kitzscher, Leipzig 1999, S. 156
  8. a b c d Mitteilung des Einwohnermeldeamtes Espenhain vom 21. März 2011
  9. StBA: Änderungen bei den Gemeinden Deutschlands, siehe 1999
  10. R. Steche: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, Heft 15 Amtshautmannschaft Borna, Dresden 1891, S. 77
  11. Seit 1973 Eigentum der Gemäldegalerie Alte Meister Dresden – Auskunft der Galerie am 18. April 2011
  12. Ausflugsziele im Leipziger Neuseenland
  13. Nach Borna-Aktuell

Literatur

  • Thomas Nabert (Redaktion): Im Pleiße- und Göselland zwischen Markkleeberg, Rötha und Kitzscher. Pro Leipzig e.V., Leipzig 1999, ISBN 3-9806474-1-2, S. 145–158.
  • Brigitte Steinbach, Wolfgang Sperling, Thomas Nabert (Hrsg.): Mölbis: Unsere Zukunft hat schon begonnen. In: Südraum-Journal 1, Gemeinde Mölbis in Zusammenarbeit mit dem Christlichen Umweltseminar Rötha e.V. und Pro Leipzig e.V. in Passage-Verlag, Leipzig 1995, ISBN 3-9804313-3-9.
  • Mölbis. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 6. Band, Zwickau 1819, S. 537 f.

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