Arterienverkalkung

Arterienverkalkung
Klassifikation nach ICD-10
I70.- Atherosklerose
ICD-10 online (WHO-Version 2006)
Eröffnete Aorta mit arteriosklerotischen Veränderungen.

Unter Arteriosklerose (auch Atherosklerose, umgangssprachlich auch Arterienverkalkung) versteht man eine Systemerkrankung der Schlagadern (Arterien), die zu Ablagerungen von Blutfetten, Thromben, Bindegewebe und in geringeren Mengen auch Kalk in den Gefäßwänden führt. Wörtlich übersetzt heißt Arteriosklerose bindegewebige Verhärtung der Schlagadern. Die Trennung der beiden Begriffe hat einen historischen Ursprung: Während die Atherosklerose primär durch einen Intimaschaden entsteht und als (Ernährungs-)Wohlstandserkrankung seinerzeit weitaus seltener war als heute, entsteht die Arteriosklerose Typ Mönckeberg als Mediakalzinose primär innerhalb der Media. Der Begriff Atherosklerose betont demnach die histologischen Veränderungen, die der Arteriosklerose zugrunde liegen, d.h. die sich chronisch entwickelnden herdförmigen Veränderungen der mesenchymalen Zellen der inneren Gefäßwand (Intima) und der inneren Schichten der mittleren Gefäßwand (Media). Sie werden häufig auch als Plaques bezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kaum eine Krankheit steht seit mehreren Jahrzehnten so im Blickfeld der medizinischen und biochemischen Forschung wie die Arteriosklerose. Problematisch an dieser allgemeinen Erkrankung des Arteriensystems ist, dass sie sich langsam entwickelt und über Jahre und Jahrzehnte symptomlos verläuft, bis sie sich durch Ischämie, Thrombose, Angina Pectoris, Herzinfarkt, Schlaganfall oder plötzlichen Tod manifestiert. An den Folgen von Arteriosklerose sterben die meisten Menschen in den westlichen Industrienationen.

Kennzeichen der Erkrankung ist eine chronisch fortschreitende Degeneration der Arterien mit progressiven Veränderungen der Gefäßwand. Durch Bindegewebewucherung, intra- und extrazelluläre Einlagerungen von Cholesterin, Fettsäuren und Kalk sowie Akkumulation von Kollagen und Proteoglykanen kommt es zu einer Verhärtung und Verdickung der Gefäße, die mit Verengungen und einer abnehmenden Elastizität einhergeht.

Da an der Atherogenese (also an der Pathogenese der Arteriosklerose) derart viele Faktoren beteiligt sind - Endothelzellen, glatte Muskelzellen, Monozyten, Makrophagen, Thrombozyten, Lipoproteine, Wachstumsfaktoren, Cholesterin, Fette, Kollagen und chemotaktische Faktoren (sogenannte Zytokine) -, war es bisher schwierig, eine einfache Hypothese für das komplexe arteriosklerotische Geschehen zu liefern.

Aufgrund zahlreicher epidemiologischer und klinischer Studien können Faktoren benannt werden, welche die Krankheit begünstigen. Als Risikofaktoren für die Entstehung arteriosklerotischer Gefäßkrankheiten gelten heute arterielle Hypertonie, Übergewicht, Hyperlipidämie, Hypercholesterinämie, Diabetes mellitus, männliches Geschlecht, Alter, aber auch die Lebensweise, wie kalorien- und fettreiche Ernährung, Rauchen, Stress, sowie genetische und konstitutionelle Faktoren. Oft wird bei dieser Aufzählung dem Cholesterin eine herausragende Rolle zugemessen. Der Zusammenhang zwischen Cholesterin, LDL-Cholesterin, Aufnahme von tierischen Fetten mit der Nahrung und der Schwere und den Folgen der Arteriosklerose erscheint unter Würdigung der Weltliteratur[1] viel schwächer als oft geglaubt. Die Qualität der Ernährung spielt jedoch eine wichtige Rolle, wobei eine Mittelmeerernährung, die z.B. Olivenöl mit einbezieht, einer fettarmen Ernährung überlegen sein kann[1]. Mit der Nahrung aufgenommene B-Vitamine, insbesondere B6, B12 und Folsäure, vermögen erhöhte Homocysteinkonzentrationen als Risikofaktor für eine Arteriosklerose zu senken![1]

Die Entstehung der Arteriosklerose

Hinsichtlich der Aufklärung der Mechanismen, die zur Initiierung der Arteriosklerose führen, haben sich in den letzten Jahrzehnten breitgefächerter Arterioskleroseforschung zwei zentrale Hypothesen herauskristallisiert: die „Response to injury hypothesis“ und die „Lipoprotein-induced atherosclerosis hypothesis“.

Die „Response-to-injury“-Hypothese

Die 1976 von dem amerikanischen Arterioskleroseforscher Russell Ross aufgestellte Hypothese „Response to injury“ sieht in der Verletzung der an das Blut angrenzenden obersten Arterienwandschicht die Initiierung des komplexen arteriosklerotischen Geschehens. Die oberste Arterienwandschicht, die Intima, besteht aus einer einzelligen Lage Endothelzellen und dem subendothelialen Bindegewebe. In seiner Arbeit zählt Ross mehrere Ursachen für die Verletzungen der Endothelzellschicht auf. Hierzu gehören morphologische Schädigungen durch Trauma, mechanische Verletzungen, biochemische Schädigungen durch bakterielle Toxine, Angriff durch Viren oder Antigen-Antikörper-Reaktionen, sowie biophysikalische Verletzungen auf molekularer Ebene. Als Folge der Verletzung der Endothelzellschicht werden zwei für die Entstehung dieser Krankheit typische Phänomene beobachtet. Zum einen die durch Wachstumsfaktoren bzw. Zytokine ausgelöste Wucherung (Proliferation) und Wanderung (Migration) von glatten Muskelzellen aus der mehrschichtigen Media in die Intima, und zum anderen die durch Fetteinlagerung verursachte Bildung von Schaumzellen in Intima und Media. Diese beiden Erscheinungen führen über einen längeren Zeitraum zur Bildung herdförmiger Gewebeveränderungen (Plaques), die für das mikroskopische Bild der Arteriosklerose charakteristisch sind. Die "Response-to-injury"-Hypothese setzt eine konkrete Verletzung voraus, die naturgemäß zeitlich begrenzt stattfindet. Ein modifizierter Ansatz spricht von einer endothelialen Dysfunktion als Ursache für die Auslösung von Arteriosklerose, womit jegliche Fehlfunktion des Endothels gemeint ist, die die Entstehung von Arteriosklerose fördert. Ob die Fehlfunktion nun durch eine singuläre Verletzung oder durch eine allmählich auftretende Disbalance endothelialer Funktionen hervorgerufen wird, ist dabei nebensächlich.

Die „Lipoprotein-induced-atherosclerosis“-Hypothese

Der amerikanische Forscher und Nobelpreisträger Joseph Leonard Goldstein berichtete als Erster von der zügigen Aufnahme von chemisch modifiziertem LDL durch Makrophagen und der darauffolgenden Umwandlung zu Schaumzellen. Die chemische Modifizierung bestand in einer Acetylierung des Proteinanteils. In Anbetracht der wichtigen Rolle von LDL und seiner modifizierten (oxidierten) Form für die Entstehung der Arteriosklerose, entstand eine neue Hypothese, welche die Verletzung von Endothelzellen nur als einen Teilschritt in einer Abfolge von komplexen Vorgängen sieht. In der oxidativen Modifizierung von LDL wird die eigentliche Ursache für die Initiierung des arteriosklerotischen Geschehens gesehen.

In der Beschreibung des weiteren Verlaufs sind beide Hypothesen identisch. Die Bildung von Schaumzellen verursacht eine Entzündungsreaktion, welche im weiteren Verlauf auf tiefere Bereiche der Arterienwand – wie die Media mit ihren Muskelzellen – übergreifen kann. Folge ist ein allmählicher Gewebeumbau, wobei in der Arterie eine Bindegewebe-artige Kappe entsteht, die im Inneren einen Lipidkern aufweist (arteriosklerotische Plaque). Der Lipidkern resultiert aus den massenhaft abgestorbenen Schaumzellen, die eine große Menge an oxidierten LDL-Partikeln aufgenommen haben. An aufgebrochenen arteriosklerotischen Plaques finden dann Blutgerinnungsreaktionen statt, die den Gefäßdurchmesser der Arterien weiter verringern. Durch diesen Gewebeumbau wird die so geschädigte Arterie auch außerordentlich brüchig. Das Endstadium dieses Prozesses wird umgangssprachlich als „Arterienverkalkung“ bezeichnet. Anzumerken bleibt, dass die Bildung der arteriosklerotischen Plaques bis zur vermehrten Bildung der Schaumzellen reversibel (umkehrbar) ist. Dieser Effekt wurde bei einer Reihe von Personen beobachtet, welche mit Ausdauersport begannen, wobei der Cholesterinspiegel signifikant sank und sich das Verhältnis der verschiedenen Lipoproteine deutlich zum HDL hin verschob. Weitergehende Schädigungen können allerdings nicht ausgeglichen werden.

Lokalisation der Arteriosklerose

Eine Arteriosklerose kann sich in jedem großen und kleinen arteriellen Gefäß des Körpers entwickeln. Dabei sind die einzelnen Gefäßprovinzen aber - abhängig von den vorliegenden Risikofaktoren - oft unterschiedlich stark betroffen. Bei den großen, mittleren und kleineren arteriellen Gefäßen wird der Vorgang als Makroangiopathie bezeichnet, bei den sehr kleinen als Mikroangiopathie. Eine sehr ausgeprägte Mikroangiopathie findet sich oft als Folge einer langjährigen Zuckerkrankheit. Eine besondere Form der Arterienverkalkung ist die Mediasklerose, bei der die Muskelschicht der Arterien sehr stark verkalkt. Häufige Ursachen für eine Mediasklerose sind die Zuckerkrankheit und hochgradige chronische Nierenschäden.

Auch innerhalb einer bestimmten Gefäßprovinz finden sich die arteriosklerotischen Läsionen nicht statistisch verteilt, sondern bevorzugt an Stellen, die sich durch hämodynamische Besonderheiten auszeichnen. Charakteristischerweise sind Stellen betroffen, an denen die stetige laminare Strömung des Blutes gestört ist. Dieses ist - physikalisch bedingt - stets an Gefäßverzweigungen der Fall. An diesen Stellen kommt es auch bei gesunden Menschen zwangsläufig zu Endothelschäden, die durch strömungsbedingte Apoptose einzelner Endothelzellen ausgelöst werden. Die umliegenden Endothelzellen kompensieren dieses über längere Zeit durch Zellproliferation, bis ihr Teilungspotential erschöpft ist. Vermutlich haben Endothelzellen im Gegensatz zu anderen differenzierten Körperzellen zu diesem Zweck eine minimale Telomeraseaktivität, welche ihre Lebensspanne beträchtlich verlängert. Interessanterweise zeigen sämtliche anderen bekannten arteriosklerotischen Risikofaktoren in vitro eine Erhöhung der endothelialen Apoptose, sodass ihre Wirkung auf einer Beschleunigung der Erschöpfung des endothelialen Regenerationspotentials beruhen könnte.

Als Folge der Arteriosklerose können sich an den betroffenen Gefäßabschnitten Engstellen und Verschlüsse bilden. Die Gefäßwand kann auch derart geschwächt werden, dass sie sich ausweitet und ein Aneurysma entsteht. Sowohl die Engstellen als auch die Ausweitungen bedingen ihrerseits wiederum Störungen der Laminarität des Blutflusses, wodurch sich die Endothelschädigung, die von den Strömungsverhältnissen angeregt wird, fortsetzt.

Häufige und bedeutsame Folgen einer Arteriosklerose sind der Schlaganfall, wenn die großen Halsarterien (Arteria carotis communis, Arteria carotis interna) betroffen sind, der Herzinfarkt, wenn sich Herzkranzgefäße zusetzen, die Erweiterung der Bauchschlagader (Aortenaneurysma) und die arterielle Verschlusskrankheit der Beine (pAVK). Seltener sind die arteriellen Gefäße, die die inneren Organe mit Blut versorgen, betroffen. Der Verschluss der Armarterien als Folge einer Arteriosklerose ist eine Rarität.

Risikofaktoren


Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten

Die Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten von Arteriosklerose sind weitgehend identisch und unterscheiden sich vor allem im jeweiligen Ausmaße. Bei den Behandlungsmöglichkeiten kommen lediglich die invasiv-medizinischen (chirurgischen) Eingriffe hinzu. Für die reine Prävention am wichtigsten sind beim ansonsten gesunden Menschen ausreichende Bewegung und eine allgemein gesunde Ernährungsweise.

Bewegung

Ausreichende Bewegung schon in leichter Form (Spaziergänge) können erheblichen Einfluss auf Ausbildung und Verlauf von arteriosklerotischen Erkrankungen haben. Als reguläre Sportarten werden die Ausdauersportarten im Umfange von Freizeitsport empfohlen. Sport im Umfange von Leistungssport wird weder als notwendig erachtet noch empfohlen.

  • Spaziergänge, ab täglich 20 Minuten (falls kein anderer Sport hinzukommt).
  • Joggen, Fahrradfahren, Schwimmen, Skaten, Ball- und Mannschaftssport etc.
  • Sportstudio: Im Studio sollte das Ausdauertraining in Kursen und an entsprechenden Geräten betont werden.

Ernährung

Die allgemeinen Regeln der gesunden Ernährung sollten beachtet werden (u. a. reichlich Gemüse, Obst und Vollkornprodukte). Besonders empfohlen im Zusammenhang mit Arteriosklerose wird jedoch die typisch mediterrane Ernährungsweise. [3]

  • Ballaststoffe (vor allem lösliche) aus Vollkornprodukten, Hülsenfrüchten, Gemüse senken das Blutcholesterin geringfügig, sind aber vor allem wichtig für eine gesunde Darmtätigkeit mit deren allgemeinen positiven Konsequenzen für den Organismus.
  • Die einfach ungesättigte Ölsäure und mehrfach ungesättigte Fettsäuren (v. a. Omega-3-Fettsäuren) aus Olivenöl bzw. Fisch (ein- bis zweimal pro Woche) und Nüssen senken LDL-Cholesterin und haben positiven Einfluss auf verschiedenste Entzündungmechanismen.
  • Antioxidantien wie Vitamin E (Nüsse, pflanzliche Öle), Vitamin C und Carotinoide aus Gemüse und Obst sowie andere sekundäre Pflanzenstoffe verringern oxidativen Stress. Die künstliche Zufuhr in Form von Nahrungsergänzungsmitteln sollte nur begrenzt oder bei nachgewiesenem Mangel erfolgen.
  • Bei salzsensitiven Bluthochdruckpatienten ist der Ersatz von Kochsalz zugunsten von Kräutern und Gewürzen zur Geschmacksverstärkung sinnvoll.
  • Gebratene, gegrillte, frittierte, gebackene Speisen und Nahrungsmittel, die nach bestimmten Verfahren künstlich gehärtete Fette enthalten, (z. B. nach älteren Verfahren hergestellte Margarinen) sollten wegen des hohen Anteils an schädlichen trans-Fettsäuren selten verzehrt werden. Milchprodukte enthalten ebenfalls einen höheren Anteil an trans-Fettsäuren, haben jedoch oft andere Vorteile (z. B. hoher Vitamin-D-Gehalt von Butter, hoher Calcium-gehalt von Käsen etc.) und können daher etwas öfter verzehrt werden.

Vermeidung von Risikofaktoren

  • Das Körpergewicht sollte im normalen bis leicht übergewichtigen Bereich liegen. (Leichtes Übergewicht wird mittlerweile eher als lebensverlängernder Faktor angesehen.) Menschen mit extremem Übergewicht haben häufiger und / oder stärkere arteriosklerotische Veränderungen.
  • Zu hohe Cholesterinwerte sollten durch Medikamente gesenkt werden. Eine cholesterinarme oder cholesterinaufnahmehemmende Ernährung kann die Blutcholesterinwerte nur geringfügig mindern und ist für eine Senkung pathogener Cholesterinwerte ungeeignet.
  • Chronischer Bluthochdruck sollte normalisiert werden.
  • Regelmäßiger Nikotinkonsum sollte unterlassen werden. Da Nikotin schon ab geringen Dosen gefäßverengend wirkt, ist eine reine Senkung der Zufuhr zwar nicht sinnlos, aber von weitaus geringerer Wirkung als der völlige Entzug.
  • Spezifische Krankheiten, die das Arterioskleroserisiko erhöhen müssen behandelt und deren Risikofaktoren gemieden werden. Dazu zählen u. a. Diabetes mellitus und chronisches Nierenversagen (weitere unter Risikofaktoren).
  • Starker, andauernder, negativer Stress sollte vermieden werden. Er begünstigt die anderen Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Übergewicht.

Medizinische Therapie

medikamentös / nicht-invasiv
invasiv

Folgekrankheiten der Arteriosklerose

Untersuchungsmöglichkeiten der Arteriosklerose

Einzelnachweise

  1. a b c J. O. Gebbers: Atherosclerosis, cholesterol, nutrition, and statins – a critical review (Atherosklerose, Cholesterin, Ernährung und Statine – eine kritische Übersicht), GMS Ger Med Sci. 2007;5;Doc04 (Online-Version als PDF, ca. 2,4 MB, Online-Version als HTML)
  2. Gerhard Thews:Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen: 140 Tabellen. Wiss. Verlag-Ges., Stuttgart 2007, ISBN 978-3-8047-2342-9
  3. UGB: Gesunde Kost für ein gesundes Herz [1]
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