- Nikolauskirche (Gimmeldingen)
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Die Nikolauskirche im Ortsteil Gimmeldingen der pfälzischen Stadt Neustadt an der Weinstraße (Rheinland-Pfalz), im Volksmund auch Nikolauskapelle genannt, ist ein katholisches Gotteshaus, das unter dem Patrozinium des Nikolaus von Myra steht.
Ein Vorgängerbauwerk wurde 1366 erstmals urkundlich erwähnt, das heutige hochgotische Kirchengebäude dann kurz nach dem Jahr 1400 errichtet. Es war mehr als 250 Jahre lang Ruine, die Restaurierung erfolgte in den 1950er Jahren.
Inhaltsverzeichnis
Lage
Die Nikolauskirche liegt – konventionell mit dem Chor nach Osten – am Südhang zwischen zwei parallel von Ost nach West verlaufenden Straßen, der Loblocher Straße (Eingangsseite, unten) und der Kurpfalzstraße (oben), die einen Niveauunterschied von 15 bis 20 m aufweisen.
Die Kirche ist von hohen Bäumen umgeben, unter denen Rosskastanien und Robinien dominieren. Das Areal um das Gotteshaus war früher ein kleiner Friedhof. Im Süden, wo das Gelände zur Loblocher Straße hin seit Jahrhunderten terrassenartig aufgefüllt ist, wurde bei der Restaurierung die sehr schadhafte Stützmauer aus grob behauenen Feldsteinen durch eine Mauer aus quaderförmig gearbeiteten hellen Sandsteinen ersetzt, in deren Mitte die Eingangstreppe eingeschnitten ist. Im Osten wird das Kirchengelände begrenzt durch eine alte Fußgängertreppe, welche den Hang zwischen den beiden Straßen überwindet, im Westen durch die Hauswand des nächsten Anwesens. In der Hanglage östlich der Fußgängertreppe schließen sich Weinberge an, so dass das Gebäude aus dieser Richtung frei vor der Dorfkulisse steht.
Baugeschichte
Römerzeit
Die Nikolauskirche steht auf dem Areal eines Mithras-Heiligtums aus der Römerzeit. Hieraus erklärt sich auch die etwas ungewöhnliche Lage der Kirche am Hang und nicht auf der Anhöhe. Bei Bauarbeiten 1926 wurden westlich der Kirche die Grundmauern des Tempels sowie ein steinernes Reliefbild der Gottheit gefunden. Das Original des Reliefs befindet sich im Historischen Museum der Pfalz zu Speyer, ein Replikat ist in eine Begrenzungsmauer ein Stück links vom Kircheneingang (Loblocher Straße) eingelassen.
Spätmittelalter
In ihrer heutigen Form stammt die Nikolauskirche im Wesentlichen aus der Zeit der Hochgotik kurz nach 1400. Darauf deuten auch Steinmetzzeichen hin, die auf das 15. Jahrhundert zurückgehen. Der unverputzte Turm allerdings ist deutlich älter und weist noch romanische Elemente auf; ursprünglich könnte er als Wehrturm gedient haben. Er belegt, dass es ein Vorgängerbauwerk gegeben hat, wofür auch die erste urkundliche Erwähnung der Kirche im Jahre 1366 spricht. Die an der Ostseite in den Außenputz des Chores eingeritzte Jahreszahl 1565 hat dagegen keinen archivarischen, sondern lediglich antiquarischen Wert.
Im Mittelalter war die Nikolauskirche das Gotteshaus des damaligen Dorfes Lobloch (auch „Luploch“ oder „Lupphenloch“), das seine Keimzelle vermutlich 100 m südlich der Kirche am dort fließenden Mußbach hatte, vielleicht in Gestalt einer Mühle an einem kleinen Stauweiher (-loch von lat. lacus für See, Teich). 1751 ging der Ort, nachdem er sich hangaufwärts nach Nordwesten hin ausgebreitet hatte, im größeren Nachbardorf Gimmeldingen auf. Eine eigene Pfarrstelle besaß das kleine Lobloch nie, sondern wurde jahrhundertelang durch Pfarreien aus der Umgebung, meist Mußbach, mitversorgt.
Verfall und Profanierung
Ein lateinisch abgefasster Visitationsbericht[1], den die Jesuitenpatres Georg Klein und Urban Kobert 1701 im Auftrag des Bischofs von Speyer, Johann Hugo von Orsbeck, erstellten, berichtet von „kurz zurückliegender“ (not ita pridem) erheblicher Beschädigung der Nikolauskirche im Zusammenhang mit einer Baumaßnahme der aus dem heute nordbadischen Bretten[2] stammenden adeligen Dame von Bretheim. Diese habe sich das Dach der Kirche angeeignet, um es bei ihrem eigenen Haus zu verwenden.[1] Offenkundig geschah der Baumaterial-Diebstahl in der Folge des Pfälzischen Erbfolgekrieges (1688–1697), als französische Truppen die Pfalz in Schutt und Asche legten und wohl auch in Lobloch Schäden an der Nikolauskirche und an Besitztümern des Adels verursachten. Zwecks Wiederaufbau zerstörter Häuser war Bauholz sehr willkommen, selbst wenn es illegal von einer Kirche beschafft wurde.[1]
Die Nikolauskirche war nach dem Verlust ihres Daches unbenutzbar und verkam rasch zur Ruine. Bei der Pfälzischen Kirchenteilung 1705 wurde die kleine Kirche den Reformierten zugeschlagen. Diese konnten sie aber nicht mehr zu gottesdienstlichen Verrichtungen benützen und gaben sie zu einem nicht genau bekannten Zeitpunkt, vermutlich 1751, an die politische Gemeinde Gimmeldingen weiter. 1776 jedenfalls war der „Kapellenturm zu Lobloch“ durch die Gimmeldinger Gemeindeverwaltung verpachtet und diente als Heu- bzw. Getreidespeicher. Kurz vor 1900 wurde das marode Gebäude dem Gimmeldinger Turnverein zur Benützung überlassen, der in halber Höhe des Kirchenschiffs ein Notdach einbaute. 1927, nach dem Bau einer eigenen Turnhalle, gaben die Turner das Gebäude wieder frei. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg diente es dann noch verschiedenen gewerblichen Mietern als Lagerhaus, verfiel jedoch immer mehr.
Restaurierung
Von 1956 an erfolgte auf Initiative zweier Brüder aus dem benachbarten Mußbach – Hans Keil (1913–2006) und Hermann Keil (1918–1998) – die Restaurierung der Kirche. Am 7. Juli 1957 wurde sie durch den Speyerer Bischof Isidor Markus Emanuel, der von 1953 bis 1968 amtierte, wieder neu geweiht.[3] Sie wurde als katholische Filialkirche der Pfarrei Mußbach zugeordnet, deren Pfarrer damals Jakob Blum war. 1955 bereits hatte der Gimmeldinger Gemeinderat dem Verkauf der Ruine an die von den beiden Brüdern gegründete Katholische Kirchenstiftung „St. Nikolaus“ zugestimmt.
Der Richtspruch beim Richtfest im Frühjahr 1957 lautete:
„Durch Opfermut und Handwerksfleiß
Aus hundertjährigem Schlaf erwacht –
Steht die Kapell’ zu Gottes Preis
Dem Dorf zur Zier – in neuer Pracht“[4]Er leitet die Festschrift ein, die anlässlich der zweiten Einweihung herausgegeben wurde. Die Titelseite zeigt eine skizzierte Ostansicht aus dem Baugesuch.
Am 7. Juli 2007 wurde der 50. Jahrestag der Neukonsekration mit einer großen Jubiläumsfeier begangen, an der das Bistum Speyer, die Kirchengemeinden beider christlichen Konfessionen sowie örtliche Vereine und die Ortsverwaltung mitwirkten. Die Festansprache hielt der aus Mußbach stammende Mundartdichter Albert H. Keil, der in der Nikolauskirche 1957 als erstes Kind die Erstkommunion empfangen hatte.
Architektur und Ausstattung
Anlage
Die Längsachse der Kirche ist quer zum Hang ausgerichtet, der Turm befindet sich in Bezug auf den Baukörper vorne links neben dem Chor auf der Bergseite, der Eingang hinten rechts im Kirchenschiff auf der Talseite. Der Chor wurde in Blickrichtung Osten gegenüber dem Schiff um etwa eineinhalb Meter nach rechts versetzt, um links das Turmfundament nicht zu weit in den Hang eingraben zu müssen. Das Kirchengebäude fasst maximal 300 Personen.
Gewölbe
Die Decke von Chor und Schiff wurde früher durch ein Stern- bzw. Kreuzgewölbe gebildet. Mit einem ebensolchen Gewölbe war auch die im Erdgeschoss des Turms gelegene Sakristei versehen. Diese Gewölbe sind mit Ausnahme der am unteren Ende ihrer Rippen befindlichen steinernen Ausarbeitungen (Figuren sowie wappenähnliche Tartschenschilde) zerstört. Aus Kostengründen konnte die Gewölbedecke nicht wiederhergestellt werden, sondern wurde durch eine ebene Konstruktion aus hellen Holzbalken ersetzt.
Chor und Schiff
Da sich keine Reste des Altars fanden, wurde er als neue Mensa aus hellem Sandstein errichtet. Dabei wurden am Ort des Altars Überbleibsel einer alten Bestattung entdeckt, die allerdings keiner historischen Person zugeordnet werden konnten.
Der gotische Triumphbogen zwischen Chor und Schiff ist ausgezeichnet erhalten. Der Chor erhält durch drei frontale Fenster nach Osten und ein weiteres nach Süden sehr viel Licht, vor allem zur vormittäglichen Gottesdienstzeit.
Im Gegensatz dazu besaß das Schiff ursprünglich nur ein einziges Fenster, das ebenfalls nach Süden lag. Bei der Restaurierung wurden in die nördliche (linke) Seitenwand des Schiffes zwei zusätzliche Fenster und an der Rückwand oben ein weiteres – rundes – gebrochen. Allerdings verfügen diese nicht über das gotische Maßwerk und die behauenen Steinrahmen der originären Fenster.
Buntglasfenster
Während die Bleiglasfenster ohne Malerei durch den Speyerer Georg Brotzler (1892–1970) ausgeführt wurden, bestehen die drei Fenster im Altarbereich aus Buntglasmosaiken, die der Marburger Glasmaler Erhardt Klonk (1898–1984) dem gotischen Stil nachempfunden hat.[5] Die für die Fenster notwendigen Metallinstallationen wurden durch den Kunstschlosser Franz Pelgen (1900–1973), ebenfalls Speyer, vorgenommen.
Die Buntglasfenster zeigen Stationen aus dem Leben und Wirken des Kirchenpatrons St. Nikolaus, wie sie in Legenden überliefert sind:
- Zwei Episoden mit jeweils drei durch den Heiligen Begünstigten sind auf dem linken Fenster dargestellt. Oben bewahrt er drei junge Mädchen vor der Prostitution, indem er ihre Mitgift zahlt und ihnen so eine standesgemäße Heirat ermöglicht. Unten gibt er drei Jungen, deren Leichen ihr Mörder in einer Tonne verborgen hatte, das Leben zurück. Dazwischen ist St. Elisabeth zu sehen, wie sie Kranke besucht und versorgt.
- Auf dem mittleren Fenster, das von einem gekreuzigten Christus beherrscht wird, erscheint St. Nikolaus einem Schiffer, der sich in Seenot befindet, und geleitet ihn in einen sicheren Hafen.
- Auch auf dem rechten Fenster sind es wieder jeweils drei Personen, denen St. Nikolaus hilft. Oben rettet er drei von einem korrupten Richter Verurteilte vor dem Scharfrichter, der bereits das Schwert erhoben hat. Unten beeinflusst er den Kaiser in einem Traumgesicht, drei seiner Würdenträger, die unschuldig im Kerker schmachten, freizulassen. Zwischen den beiden Bildern ist die Szene festgehalten, wie St. Martin mit dem Schwert seinen Mantel zerteilt, um einen Frierenden zu bekleiden.
Einbauten
Zur neuen Holzdecke passend wurde auch die vormals steinerne Empore in hellem Holz ausgeführt. Sie hatte gänzlich gefehlt, ihr Material war offenbar bei Fremdbauten verwendet worden. Die lichte Höhe des Steingewölbes der Sakristeitür hatte in der Mitte nur 150 cm betragen; der Durchgang wurde um einen halben Meter erhöht, um ein aufrechtes Durchschreiten der Tür zu ermöglichen. Reste einer Kanzel fanden sich nicht.
Glocken
Der Guss der beiden Glocken aus Zinnbronze, etwa 1200 bzw. 750 kg schwer, erfolgte im Frühjahr 1957 in der Frankenthaler Glockengießerei Hamm, wo 1875 auch die Kaiserglocke des Kölner Doms gegossen worden war.
Literatur
- Festschrift zum Tage der Einweihung der St.-Nikolaus-Kapelle in Gimmeldingen an der Weinstraße, 7. Juli 1957. Gimmeldingen 1957
- Alfred Sitzmann: Lobloch – Führer durch die Ortsgeschichte von den Anfängen bis zur Vereinigung mit Gimmeldingen. Historischer Verein Neustadt/Weinstrasse, Sonderdruck 7. Neustadt an der Weinstraße 1990
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c Generallandesarchiv Karlsruhe, heute Abteilung des Landesarchivs Baden-Württemberg, zitiert in der Festschrift von 1957 (s. Literatur), S. 6
- ↑ vgl. Lorscher Codex, 767: Villa Breteheim
- ↑ Festschrift von 1957 (s. Literatur), S. 10
- ↑ Festschrift von 1957 (s. Literatur), Titelseite
- ↑ Anke Elisabeth Sommer, E-Mail vom 28. September 2009
49.3739444444448.157275Koordinaten: 49° 22′ 26″ N, 8° 9′ 26″ OKategorien:- Kirchengebäude in Neustadt an der Weinstraße
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