Oberscheld

Oberscheld
Oberscheld
Wappen von Oberscheld
Koordinaten: 50° 44′ N, 8° 21′ O50.7344444444448.3438888888889296Koordinaten: 50° 44′ 4″ N, 8° 20′ 38″ O
Höhe: 296 m
Fläche: 1,008 km²
Einwohner: 2.184 (31. Dez. 2007)
Postleitzahl: 35688
Vorwahl: 02771

Oberscheld ist ein im Schelder Wald, unmittelbar an der namensgebenden Schelde gelegener Stadtteil von Dillenburg im Lahn-Dill-Kreis. Auf 1008 Hektar leben 2.184 Personen (Stand: 31. Dezember 2007). Der Stadtteil wurde zum großen Teil durch Bergbau geprägt – dank zahlreicher Eisenerzgruben in seiner Gemarkung.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Blick vom Rompelberg über Oberscheld
Blick vom Hölzchen über Oberscheld
Kriegerdenkmal
Blick auf den Rinkenbach
Blick auf die Tiefen Seifen

Schätzungen zufolge gab es bereits im 8. Jahrhundert Siedlungen im Oberschelder Gebiet, deren Bewohner nachweislich Erzbauern, Köhler, Eisengießer und Waldschmiede waren. Das Scheldetal war reich an Eisenerz und großen Wäldern. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes „Schelt“ war im Jahre 1274. Der eigentliche Name Oberscheld jedoch wurde explizit erst im Jahre 1444 erwähnt. Diese Erwähnung stand im Zusammenhang mit einer Eisenhütte, die ihren Standort in Oberscheld hatte. Nachweislich wurden hier bereits im Jahre 1590 gusseiserne Öfen hergestellt.

Während des Dreißigjährigen Krieges wurden auch die Bewohner und Gebäude des Dorfes in Mitleidenschaft bezogen. Neben der Einäscherung ihrer Heime hatten die Oberschelder auch die Pest zu ertragen, die viele Opfer forderte. Während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) wurde auch das Dillenburger Schloss zerstört, die Oberschelder Bevölkerung wurde geplündert und zwangsrekrutiert.

Wirtschaftsgeschichte

Doch die Entwicklung der Eisenindustrie in Oberscheld ging weiter. Aus den kleinen Schmelzbetrieben wurden Eisenhütten. Die Entwicklung der Dampfmaschine und der Eisenbahn hatten auch für Oberscheld große wirtschaftliche Vorteile. Um den großen Bedarf, vor allem an Herden und Öfen im Dillgebiet zu decken, wurde in Oberscheld bereits 1910 der zweite Hochofen eingeweiht. Die Schließung der beiden größten Gruben, der Grube „Königszug“ und der Grube „Falkenstein“, brachte dann einen tief greifenden industriellen Schnitt in die Bergbaugeschichte Oberschelds. Das Dorf wandelte sich von einem Berg- und Hüttenleutedorf in eine Wohngemeinde.

Gruben

Grube Falkenstein

Auf dem südwestlichen Teil des Lagerzuges der „Eisernen Hand“ bei Oberscheld wurde Anfang 1958 mit dem Abteufen eines neuen Schachtes begonnen, nachdem zuvor die Bauwürdigkeit des anstehenden Roteisensteinlagers durch Tiefbohrungen nachgewiesen worden war. Neben dem Förderschacht der Grube Falkenstein wurde auch ein Wetterschacht bis zur 350-m-Sohle niedergebracht und Ende 1961 eine untertägige Verbindung zwischen den beiden Schächten hergestellt.

Nach der Stilllegung der Grube Königszug ging die Grube Falkenstein ab April 1968 zum Zwei-Schicht-Betrieb über und hatte in der Zeit von 1968 bis 1971 eine Jahresförderung von jeweils über 140.000 Tonnen. Obwohl das Erz einen Eisengehalt von etwa 40 Prozent hatte, entstanden ab 1971 zunehmende Absatzprobleme, die am 31. August 1973 zur Einstellung der Erzgewinnung führten.

Grube Auguststollen

Im Bereich der Eisernen Hand gab es im 19. Jahrhundert verschiedene fiskalische und private Grubenbetriebe, die gemeinschaftlich zunächst den „Auguststollen“ (ab 1831) und seit 1889 den „Burgerstollen“ auffuhren. 1912 ging der Großteil der Grubenfelder in den Besitz von J.C. Grün über. Die Burger Eisenwerke, in denen 1920 der Grubenbesitz von J.C. Grün aufgegangen war, errichteten 1920/1921 eine Aufbereitung, in der Temper- und Hüttenerz aufbereitet wurde. Bis 1936 galten noch die alten Grubenfeldernamen für die einzelnen Betriebe. Seitdem galt der Grubenname Auguststollen für den Gesamtbetrieb.

Ebenfalls 1936 übernahm Buderus die Grube als Pachtbetrieb. Wegen der absehbaren Erschöpfung der bisherigen Betriebspunkte begann das Unternehmen 1938 mit der Erschließung eines neuen Tagebaus im Osten der Eisernen Hand und mit der Errichtung einer neuen Aufbereitung für Temper- und Hüttenerz.

Während der Tagebau 1956 stillgelegt wurde, kam die untertägige Erzgewinnung 1959 zum Erliegen. Tempererz wurde hier noch bis Ende 1975 aufbereitet, mit Temperroherzen der Gruben Königszug und Falkenstein und in der letzten Betriebsphase mit Fremderzen.

Grube Königszug

Als Geburtsstunde der Grube Königszug kann der 30. Juni 1819 gelten; unter diesem Datum legt eine Urkunde fest, dass die vier im Bergfreien liegenden Gruben „Stollenhecke“, Königszug“ und „Schlitz“ in den Gemarkungen Eibach und Nanzenbach dem nassauischen Fiskus als konsolidierte Grube „Königszug“ verliehen wurden. Die namensgebende Grube wurde allerdings bereits um 1650 betrieben.[1]

In der wechselvollen Geschichte entwickelte sich dieses Bergwerk zur größten Eisenerzgrube in Hessen. Seine höchste Jahresförderung erreichte es 1957 mit 142.249 Tonnen Eisenerz. Nach der Annexion des Herzogtums Nassau durch die Preußen im Jahre 1866 wurde die Grube von der preußischen Berginspektion Dillenburg verwaltet.

Eine Inschrift aus dem Jahre 1939 über dem Füllort des Schachtes der 400-m-Sohle lautet:

„Es halt der Knappe in schwieliger Hand,
die Waage für Heer und Vaterland,
Das Erz, das er bricht und fördert hinauf
wird oben zu Panzer und Stahl
Glück auf!“

Grube Amalie

Das 1823 verliehene Grubenfeld „Amalie“ ging durch die Übernahme des Hessen-Nassauischen Hüttenvereins 1935 in den Besitz von Buderus über. Durch die bereits 1933 erfolgte Zusammenlegung der Bergverwaltungen der beiden Unternehmen lag die Betriebsverwaltung faktisch seitdem schon in den Händen von Buderus. Noch 1933 wurde die Förderung zur Erzversorgung des Hochofenwerkes Oberscheld erhöht und überstieg erstmals in der Geschichte des Bergwerkes die 50.000-Tonnen-Grenze.

Die Grube Amalie war über eine 1,1 Kilometer lange Seilbahn mit der Grube Neue Lust verbunden. Die geringmächtigen Lagerstättenteile zwangen zu einer forcierten Ausrichtung der Lagerstätte in die Teufe. Dabei wurde deutlich, dass der gesamte Erzkörper nach unten zunehmend auskeilte. Im September 1951 musste die Erzgewinnung wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt werden.

Sehenswertes

Besucherstollen Ypsilanta

Die 140 m lange Grube Ypsilanta, die einmal ein Wasserlösungsstollen war, kann man heute durch ein restauriertes Mundloch begehen. Der Bergbau- und Feldbahnverein Schelderwald e. V. hat damit ein kleines Denkmal der Baugeschichte des Schelderwaldes geschaffen.

Schaulustige und Schulklassen können in dem Besucherstollen bei einer Führung in völliger Dunkelheit unter Zuhilfenahme des „Geleucht und des Gezähe“ wahrnehmen, unter welchen Bedingungen die Bergleute damals unter Tage arbeiten mussten. Zu sehen sind die typischen Werkzeug der damaligen Bergleute sowie eine Sammlung unterschiedlicher Erze. Darüber hinaus gibt es Fotos und grafische Schautafeln über geologische Formationen, die von Erzadern durchzogen sind.

Städtische Einrichtungen

Schelderwald-Schule
  • Glück-Auf-Halle
  • Dorfgemeinschaftshaus
  • Schelderwald-Schule (Grund und Hauptschule)
  • Ev. Kindergarten
  • Jugendraum (zusammen mit dem „Jugend-Arbeits-Kreis Oberscheld“ - JAKOb e.V.)

Waldschwimmbad Oberscheld

Das im Irrscheldetal gelegene beheizte Freibad bietet für den Sommer Freizeitmöglichkeiten. Ein Bistro steht Schwimmbadbesuchern, aber auch Wanderern usw. zur Verfügung. In allen Jahreszeiten ist das Waldschwimmbad ein Ausgangspunkt für Spaziergänge, Wander- und Fahrradtouren. Der Schelderwald mit seinen historischen Gruben bildet dafür einen Rahmen. In der Nähe des Schwimmbades befindet sich auch der Besucherstollen Ypsilanta.

Kirchen

Die Evangelische Kirche ist ein kleiner Saalbau von 1692. Das Erdgeschoss ist in Bruchstein und das Obergeschoss ist in Fachwerkbauweise errichtet. Im Inneren eine rundumlaufende Emporen auf Holzsäulen. An der Decke ein Stuckrelief mit Pelikan.

Sonstiges

Am 17. September 2006 kam es aufgrund eines mehrstündigen Gewitters in Oberscheld zu einer Flutkatastrophe. Allein in Oberscheld waren etwa 400 Haushalte betroffen. Die schlimmsten Schäden gab es in den Straßen „Bahnhofsstraße“, „Marburgerstraße“ (Hier fließen Schelde und Irrschelde unterirdisch zusammen), „Bienengarten“, „Am Gahlert“ und „Schelde-Lahn-Straße“. Außerdem ist im Bereich des Hans-König-Wegs ein Hang des Ortsberges hinabgestürzt. Die Gesamtschäden für Dillenburg und Ortsteile bezifferten sich auf etwa 25 Millionen Euro.

Einzelnachweise

  1. Horst G. Koch: Bevor die Lichter erloschen. Verlag Gudrun Koch, Siegen 1982, S. 143.

Weblinks


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