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St. Ulrich in Gröden (lad.: Urtijëi, ital.: Ortisei) Bezirksgemeinschaft Salten-Schlern Provinz: Bozen (Südtirol) Region: Trentino-Südtirol Staat: Italien Einwohner (VZ 2001 / 31.12.2004): 4.484 / 4.604 Sprachgruppen
laut Volkszählung 2001:12,1 % deutsch
5,6 % italienisch
82,3 % ladinischKoordinaten 46° 35′ N, 11° 40′ O46.58333333333311.666666666667Koordinaten: 46° 35′ N, 11° 40′ O Meereshöhe: 1.125 - 2.518 (Zentrum 1.236) Fläche /
Dauersiedlungsraum:24,3 / 2,8 km² Fraktionen: St. Ulrich, St. Jakob Nachbargemeinden: Kastelruth, Lajen, St. Christina in Gröden, Villnöss Partnerschaft mit: Postleitzahl: 39046 Vorwahl: 0471 ISTAT-Nummer: 021061 Steuernummer: 00232480210 Politik Bürgermeister (2005): Ewald Moroder (SVP) St. Ulrich in Gröden (ital: Ortisei, lad.: Urtijëi) ist eine Marktgemeinde und der Hauptort des Grödnertals in Südtirol.
Inhaltsverzeichnis
Geographie
Das Gemeindegebiet liegt am rechten Ufer des Grödnerbaches und breitet sich an dem zum Raschötzer Höhenrücken ansteigenden welligen Berghang aus. Raumgeographisch und kirchlich gehört auch Überwasser, die am linken Ufer des Grödnerbaches gelegene Fraktion der Gemeinde Kastelruth, zu St. Ulrich.
Der „ladinische“ (grödnerische) Name Urtijëi sowie die italienische Entsprechung „Ortisei“ gehen auf einen Meierhof im Siedlungszentrum namens Ortiseyt zurück, der seit dem 13. Jahrhundert urkundlich belegt ist. Der Hof erscheint in späteren Urkunden unter dem Namen „Mauriz“ und ist heute eines der ältesten Hotels im Tal. Die deutsche Bezeichnung St. Ulrich geht hingegen auf die katholische Pfarrei des Ortes zurück, die dem Hl. Ulrich, dem Schutzpatron des Ortes, aber auch der Erscheinung des Herrn, geweiht ist. Im Ulrichspatrozinium - ein typischer Besitzanzeiger - ist auch eine Reminiszenz an die mittelalterlichen Besitzungen der bischöflichen Kirche Augsburg im Eisacktaler und Grödner Gebiet enthalten.
Amtssprachen auf Gemeinde- und Talebene sind Ladinisch (Grödnerisch), Deutsch und Italienisch. Die große Mehrheit der Bewohner St. Ulrichs hat sich bei der Volkszählung (2001) als der ladinischen Sprachgruppe zugehörig erklärt.
Geschichte
Seit dem 17. Jahrhundert ist in St. Ulrich ein Großteil der Bevölkerung im Bereich der Holzschnitzerei, der sakralen Bildhauerei, des Altarbaus und der Holzspielzeugindustrie tätig. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde St. Ulrich zuerst von Bergsteigern wie Paul Grohmann entdeckt. Dem Wintertourismus gab Emil Terschak, der von 1893 bis 1900 im Ort wohnte, entscheidende Impulse.
Hauptwirtschaftszweig ist seit einigen Jahrzehnten der Tourismus (5.900 Gästebetten mit ca. 640.000 Nächtigungen pro Jahr), sowohl wegen der landschaftlichen Schönheit des Ortes als auch der Wintersportarten und der ausgezeichneten Erholungsinfrastrukturen.
Bekannt ist das Grödner Kunsthandwerk, insbesondere die Holzschnitzerei. St. Ulrich galt über zwei Jahrhunderte als internationales Zentrum für Holzschnitzereien. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erreichte die sakrale Holzschnitzkunst an der von Ferdinand Demetz gegründeten Kunstschule in St. Ulrich und auch wegen der Ausbildungmehrerer Grödner an den Akademien in Wien und München ihren künstlerischen und wirtschaftlichen Höhepunkt. Durch das Zweite Vatikanische Konzil erfuhr die sakrale Bildhauerei in St. Ulrich einen schweren Rückschlag. Nur noch zumeist maschinell geschnitzte Kleinplastiken fanden seit den 1960er Jahren Absatz, hauptsächlich in den deutschsprachigen Ländern und in den USA.
Bis 1960 war der Ort durch die Grödnerbahn mit Klausen verbunden. Die Grödnerbahn wurde hauptsächlich von russischen Kriegsgefangenen gebaut, die im Ersten Weltkrieg als Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.
1970 war St. Ulrich Austragungsort der alpinen Ski-Weltmeisterschaften.
Sehenswürdigkeiten
- die St. Jakobskirche, der Überlieferung nach älteste Kirche des Tales mit einem schönen Freskenzyklus und einem barocken Hauptaltar mit Statuen der Künstlerfamilie Vinazer;
- die Pfarrkirche des Hl.Ulrich des Joseph Abenthung (Baujahre 1792-1796). Es finden sich hier sowohl Elemente aus Renaissance und Barock, als auch klassizistische Stilelemente (Nach Atz-Schatz ist der Baustil der Kirche der „gewöhnlich neuitalienische um 1800“). Die Kirche ist ausgestattet mit Werken des Johann Dominik Mahlknecht, Josef Moroder Lusenberg, Rudolf Moroder Lenert, Ludwig Moroder, Ferdinand Demetz, Johann Baptist Moroder, Anton Pitscheider, Vigil Dorigo, Anton Insam, Josef Mersa, Jakob Crepaz-Maidl und Vinzenz Peristi u.v.a. Die Fresken im Hauptschiff sind Werke des Tiroler Malers Franz Xaver Kirchebner und von dessen Bruder Josef;
- die Antoniuskirche mit zwei Bischöfen des Johann Vinazer, dem Hl. Franziskus des Ludwig Moroder, dem Hl. Antonius des Paul Moroder, der Dreifaltigkeit des Vinzenz Moroder und zwei Altarbildern des Josef Moroder Lusenberg und des Schweizer Malers Melchior Paul von Deschwanden, und der Bernadette und die Mutter Gottes in der Lourdes-Grotte, Skulpturen von Jakob Crepaz da Maidl;
- die Gefallenenkapelle auf dem Kirchplatz in St. Ulrich, im Jugendstil entworfen von Prof. Adolf Keim, mit der Pietà des Ludwig Moroder und der ältesten Glocke Grödens wahrscheinlich aus dem 13. Jahrhundert (siehe Bild);
- der Friedhof mit zahlreichen Skulpturen namhafter Grödner Künstler. Begraben sind hier auch der Filmregisseur Luis Trenker und der Bergsteiger Ludwig Norman-Neruda;
- das Paul Grohmann-Denkmal, errichtet 1898 unterhalb von St. Jakob für den Erschließer der Dolomiten;
- die mittelalterliche Burgruine Stetteneck;
- das Museum Gröden, lad.: Museum de Gherdeina, in der Cesa di Ladins besitzt eine reiche Sammlung von Grödner Holzschnitzereien vom 17. bis 20. Jahrhundert, altes Grödner Holzspielzeug, Fossilien und Mineralien aus den Dolomiten, archäologische Funde aus dem Grödner Raum von der Stein- Bronze- und Eisenzeit bis zur Römerzeit, über 30 Werke des Grödner Kunstmalers Josef Moroder Lusenberg und das originale Hauptaltarblatt der St. Jakobskirche vonFranz Sebald Unterberger. Einmalig im Alpenraum sind die Rötelzeichnungen auf einer spätmittelalterlichen Täfelung und das barocke Fastentuch von St. Jakob. Bekannt ist das Museum auch wegen des Nachlasses des Grödner Filmproduzenten, Bergsteigers und Architekten Luis Trenker.
Persönlichkeiten aus St. Ulrich
- Vinzenz Maria Demetz, Tenor
- Carolina Kostner, Eiskunstläuferin
- Isolde Kostner, Skifahrerin
- Norbert Kostner, Starkoch in Bangkok
- Adele Moroder, ladinische Autorin
- Franz Moroder, erster Bürgermeister
- Giorgio Moroder, Komponist und Oscar-Preisträger
- Ernst Prinoth, Industrieller und Autorennfahrer
- Luis Trenker, Filmregisseur, Bergsteiger, Architekt
- Johann Baptist Vinatzer, Bergsteiger
Künstler aus St. Ulrich
- Ferdinand Demetz, Bildhauer
- Johann Dominik Mahlknecht, Bildhauer
- Josef Mersa, Bildhauer
- Egon Moroder Rusina, Maler
- Johann Baptist Moroder-Lusenberg, Bildhauer
- Josef Moroder Lusenberg, Bildhauer und Maler
- Ludwig Moroder, Bildhauer
- Rudolf Moroder, Bildhauer
- Hans Perathoner, Bildhauer
- Bernardin Pitschieler, Maler
- Franz Tavella, Bildhauer
- Christian Trebinger, Bildhauer
- Markus Vallazza, Maler und Illustrator
- Martin Vinazer, Bildhauer
Literatur
- Elfriede Perathoner, Albert Moroder: 100 Jahre Marktgemeinde Urtijëi - St. Ulrich - Ortisei. Ein Streifzug. Edition Raetia, Bozen 2007 ISBN 978-88-7283-301-8
- Edgar Moroder, 150 ani stradon de Gherdëina. Union di Ladins de Gherdëina. St. Ulrich in Gröden 2006.
- Margareth Runggaldier Mahlknecht, Karl Mahlknecht, St. Ulrich in Gröden – Kirchen und Kirchengeschichte. Eine Text- und Bilddokumentation. Athesia Verlag Brixen 1992.
Weblinks
- Gemeinde St. Ulrich
- Val Gardena/Gröden (Offizielle Homepage Tourismusverband Gröden)
- Gebäude in St. Ulrich
Siehe auch: Liste der Gemeinden in Südtirol
Interessante Gebäude in St. Ulrich (Bildergalerie)
St. Ulrich erlebte in den Jahren 1860 bis 1914 einen erheblichen wirtschaftlichen Aufschwung, der auf die Eröffnung der Talstraße folgte. Die Entwicklung der sakralen Bildhauerei und auch des Tourismus ermöglichte den Bau schöner Villen, wie die Engelsburg, die Villa Martiner und das Hotel Stetteneck (1913 durch Architekt O. Tschugmall aus Innsbruck), wie aus folgenden Bildern ersichtlich.
An der Wende zum 20. Jahrhundert
Villa Sonnenburg vom Maler Josef Moroder Lusenberg erbaut
Haus Lusenberg, Wohnhaus des Malers Josef Moroder Lusenberg
Haus der Künstler Franz Tavella und Luis Insam
Höfe
Wertvolle Bausubstanz der Zwanziger Jahre des 20. Jahrhunderts
Villa Dr. Runggaldier des österreichischen Architekten Clemens Holzmeister
Villa Erika im Stil des Italienischen Rationalismus
Bautrakt des Hotel Adler von den Architekten Clemens Holzmeister und Luis Trenker gezeichnet
Bautrakt des Hotel Adler von den Architekten Clemens Holzmeister und Luis Trenker gezeichnet
Weitere Bauten
Kirchliche Gebäude
Pfarrkirche mit Terpsichore des Johann Dominik Mahlknecht.
Innenansicht mit Hl. Paulus des Ludwig Moroder
Gefallenenkapelle des Prof. Adolf Keim im münchner Jugendstil
Weblinks
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