St. Ulrich in Gröden

St. Ulrich in Gröden
St. Ulrich in Gröden
(lad.: Urtijëi, ital.: Ortisei)
Wappen von St. Ulrich in Gröden
St. Ulrich in Gröden (Südtirol)
St. Ulrich in Gröden
St. Ulrich in Gröden
Lage von St. Ulrich in Gröden in Südtirol
Bezirksgemeinschaft Salten-Schlern
Provinz: Bozen (Südtirol)
Region: Trentino-Südtirol
Staat: Italien
Einwohner (VZ 2001/31.12.2010): 4.484/4.636
Sprachgruppen
laut Volkszählung 2001:
12,1 % deutsch
5,6 % italienisch
82,3 % ladinisch
Koordinaten 46° 34′ N, 11° 40′ O46.57444444444411.6716666666671236Koordinaten: 46° 34′ N, 11° 40′ O
Meereshöhe: 1.125 - 2.518 m s.l.m. (Zentrum: 1.236 m s.l.m.)
Fläche/Dauer-
siedlungsraum:
24,3/2,8 km²
Fraktionen: St. Ulrich, St. Jakob
Nachbargemeinden: Kastelruth, Lajen, St. Christina in Gröden, Villnöss
Postleitzahl: 39046
Vorwahl: 0471
ISTAT-Nummer: 021061
Steuernummer: 00232480210
Politik
Bürgermeister (2010): Ewald Moroder (SVP)

St. Ulrich in Gröden (lad.: Urtijëi?/i, ital.: Ortisei) ist eine Marktgemeinde und der Hauptort des Grödnertals in Südtirol mit 4636 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2010).

Inhaltsverzeichnis

Geographie

St. Ulrich von Seceda aus gesehen (Richtung Westen).

Das Gemeindegebiet liegt am rechten Ufer des Grödnerbaches und breitet sich an dem zum Raschötzer Höhenrücken ansteigenden welligen Berghang aus. Raumgeographisch und kirchlich gehört auch Überwasser, die am linken Ufer des Grödnerbaches gelegene Fraktion der Gemeinde Kastelruth, zu St. Ulrich.

Der „ladinische“ (grödnerische) Name Urtijëi sowie die italienische Entsprechung „Ortisei“ gehen auf einen Meierhof im Siedlungszentrum namens Ortiseyt zurück, der seit dem 13. Jahrhundert urkundlich belegt ist. Der Hof erscheint in späteren Urkunden unter dem Namen „Mauriz“ und ist heute eines der ältesten Hotels im Tal. Die deutsche Bezeichnung St. Ulrich geht hingegen auf die katholische Pfarrei des Ortes zurück, die dem Hl. Ulrich, dem Schutzpatron des Ortes, aber auch der Erscheinung des Herrn, geweiht ist. Im Ulrichspatrozinium – ein typischer Besitzanzeiger – ist auch eine Reminiszenz an die mittelalterlichen Besitzungen der bischöflichen Kirche Augsburg im Eisacktaler und Grödner Gebiet enthalten.

Amtssprachen auf Gemeinde- und Talebene sind Ladinisch (Grödnerisch), Deutsch und Italienisch. Die große Mehrheit der Bewohner St. Ulrichs hat sich bei der Volkszählung (2001) als der ladinischen Sprachgruppe zugehörig erklärt.

Geschichte

St. Ulrich in Gröden um 1856 in einer Lithografie des Johann Burgauner, nachkoloriert von Josef Moroder Lusenberg

Seit dem 17. Jahrhundert ist in St. Ulrich ein Großteil der Bevölkerung im Bereich der Holzschnitzerei, der sakralen Bildhauerei, des Altarbaus und der Holzspielzeugindustrie tätig. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde St. Ulrich zuerst von Bergsteigern wie Paul Grohmann entdeckt. Dem Wintertourismus gab Emil Terschak, der von 1893 bis 1900 im Ort wohnte, entscheidende Impulse.

Bekannt ist das Grödner Kunsthandwerk, insbesondere die Holzschnitzerei. St. Ulrich galt über zwei Jahrhunderte als internationales Zentrum für Holzschnitzereien. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert erreichte die sakrale Holzschnitzkunst an der von Ferdinand Demetz gegründeten Kunstschule in St. Ulrich und auch wegen der Ausbildung mehrerer Grödner an den Akademien in Wien und München ihren künstlerischen und wirtschaftlichen Höhepunkt. Durch das Zweite Vatikanische Konzil erfuhr die sakrale Bildhauerei in St. Ulrich einen schweren Rückschlag. Nur noch zumeist maschinell geschnitzte Kleinplastiken fanden seit den 1960er Jahren Absatz, hauptsächlich in den deutschsprachigen Ländern und in den USA.

Bis 1960 war der Ort durch die Grödnerbahn mit Klausen verbunden. Die Grödnerbahn wurde hauptsächlich von russischen Kriegsgefangenen gebaut, die im Ersten Weltkrieg als Zwangsarbeiter eingesetzt wurden.

1970 war St. Ulrich Austragungsort der alpinen Ski-Weltmeisterschaften.

Wirtschaft

St. Ulrich bei Nacht

Holzschnitzereien

Kunsthandwerk (S. Bildhauer in Gröden), Holzindustrie (Maschinschnitzen), Fassmalerei

Tourismus

Hauptwirtschaftszweig ist seit einigen Jahrzehnten der Tourismus. St. Ulrich zählt zu den bekanntesten Wintersportorten der Alpen.

Der Fremdenverkehr begann in St. Ulrich um 1850.[1][2]

1873 beschrieb Amalia Edwards ihren Aufenthalt im Dörflein St. Ulrich.[3]

1885 wurde der "Verschönerungsverein St. Ulrich" gegründet. 1885 war auch das Gründungsjahr der Sektion Gröden des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins mit Sitz im Hotel Adler.

1896 wurde der erste Rodelklub von Emil Terschak im Hotel Post gegründet und auch der Skisport wurde durch Emil Terschak und den Gadertaler Kostner in jenen Jahren eingeführt. Um die Jahrhundertwende gab es auch schon einen Curling Club und 1907 wurde die erste Eisplatz geschaffen.

1927 wurde der erste Eishockeyclub gegründet und im selben Jahr ein neuer Eisplatz erstellt.

1935 wurde, in Anwesenheit des italienischen Kronprinzen Umberto di Savoia und Familie, die erste Seilbahn in Gröden von St. Ulrich auf die Seiser Alm feierlich eingeweiht.

Im selben Jahr wurde auch die erste Skischule in St. Ulrich gegründet während im Sommer schon 4 Bergführer in St. Ulrich zur Verfügung standen.

Um 1950 wurde die Skipiste "Standard" von der Seiser Alm bis ins Dorf eröffnet. 1950 entstanden auch 3 öffentliche Tennisplätze an denen ab 1952 jährlich internationale Tennisturniere ausgetragen wurden.

1952 wurde ein Sessellift auf die Raschötz gebaut. 1953 wurde der Verein der Bergführer und Bergretter "Catores" ins Leben gerufen. 1956 wurde das erste öffentliche Freibad gebaut. Auch das 1957 erschienene Buch "Gröden im Herzen der Dolomiten" des Luis Trenker trug dazu bei, die Anzahl von Anreisen deutscher Touristen zu erhöhen.

1961 wurde die Secedaalm durch eine Doppelseilbahn von St. Ulrich aus erschlossen.

1967 entstand ein Kunsteisplatz. Dieser wurde 1980 überdacht für die Eishockey-Weltmeisterschaften der B Klasse, die 1981 ausgetragen wurden.

Für die Alpine Skiweltmeisterschaft 1970 wurden im Dorfzentrum ein Kongresshaus, geplant von Architekt Hubert Prachensky, und ein neues Gemeindehaus gebaut. 1975 wurde das Finale für den Alpinen Skiweltcup mit einem Parallelslalom von Ingemar Stenmark und Gustav Thöni auf dem Ronc Hügel ausgetragen.

1976 entstand ein öffentliches Hallenbad mit Wellness Anlagen Mar-Dolomit. 1981 wurde die Langlaufloipe Minert geschaffen. 2001 entstand die Verbindung "La Curta", teils unterirdisch und zum Teil mit Lauftreppen, zwischen dem Dorfkern und der Aufstiegsanlage Seceda.

2004: durch den Bau einer unterirdischen Standseilbahn (Gardena Ronda Express) wurde St. Ulrich an die Skigebiete der Sellaronda direkt angebunden - nicht mehr über Busverbindungen.

2005: eine neue Fußgängerbrücke, welche die Talstrasse und den Grödner Bach überspannt, ermöglicht eine rasche Verbindung vom Dorfkern zur neuen Umlaufbahn auf die Seiser Alm.

2008 wurde auch die Fußgängerzone im Zentrum erneuert und dem durchfahrendem Autoverkehr ganz abgesperrt. Zugleich wurden Spazierwege in das Annatal und auf den Col de Flam Hügel ausgebaut.

Am 21. Mai 2005 war St. Ulrich, wiederum nach 1940, Endziel einer Etappe des Radrennens Giro d'Italia.

Jahr Gäste Übernachtungen Gastbetriebe Bettenzahl
1890 1130 146
1908 700
1934 220 2113 50% ca. in Privathäuser
1960 280414 455 3487
1984 599272 495 6127
2000 635845
2009 843463 5721
Blick auf St. Ulrich vom Berg Seurasass

Schulen

  • Kindergarten Salieta
  • Grundschule
  • Mittelschule St. Ulrich Ujep Anton Vian
  • Kunstgymnasium Cademia
  • Landesberufsschule für das Kunsthandwerk Gröden
  • Wirtschaftsfachoberschule Raetia
  • Musikschule Gröden

Bibliotheken

  • Bibliothek S. Durich
  • Ladinische Bibliothek Cesa di Ladins
  • Fachbibliothek für Kunst Kreis für Kunst und Kultur

Sehenswürdigkeiten

Hl. Christophorus aus dem 15. Jahrhundert an der St. Jakobskirche

Kirchen

Andere Sehenswürdigkeiten

Die Kirche von St. Jakob

Persönlichkeiten aus St. Ulrich

Künstler aus St. Ulrich

Literatur

  • Elfriede Perathoner, Albert Moroder: 100 Jahre Marktgemeinde Urtijëi - St. Ulrich - Ortisei. Ein Streifzug. Edition Raetia, Bozen 2007 ISBN 978-88-7283-301-8
  • Edgar Moroder, 150 ani stradon de Gherdëina. Union di Ladins de Gherdëina. St. Ulrich in Gröden 2006.
  • Margareth Runggaldier Mahlknecht, Karl Mahlknecht: St. Ulrich in Gröden – Kirchen und Kirchengeschichte. Eine Text- und Bilddokumentation. Athesia Verlag Brixen 1992.
  • Meinrad Demetz, Albert Moroder, Siegfried Comploj: Cherta dl Chemun de Urtijëi cun i inuemes ladins, Toponomastische Karte der Gemeinde St. Ulrich, Carta toponomastica del Comune di Ortisei. Lia per Natura y Usanzes Urtijëi, 1985.
  • Karl Mahlknecht, Margareth Runggaldier Mahlknecht: 1885-1985 Der Fremdenverkehr in St.Ulrich in Gröden, seine wechselvolle Geschichte in einem ereignisreichen Jahrhundert. Eine Ortskronik zum hundertjährigem Bestehen des Fremdenverkehrvereines. Verlagsanstalt Athesia Bozen, 1985
  • Thea Oschinksy: Das Urbar der St. Jakobskirche in Gardena von 1487. In: Bozner Jahrbuch für Geschichte, Kultur und Kunst 1934.
  • Bertha Richter-Santifaller: Das Urbar der St. Ulrichskirche in Gröden aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts. In: Leo Santifaller (Hrsg.): Festschrift zur Feier des zweihundertjährigen Bestandes des Haus-, Hof- und Staatsarchivs. Wien 1949.

Einzelnachweise

  1. Jolanda Senoner: 125 ani de Turism a Urtijëi, 1885-2010. Calënder de Gherdëina, Union di Ladins de Gherdëina Jahrgang 2011. S.115-124 (ladinisch).
  2. Mahlknecht Karl, Runggaldier Margreth: Der Fremdenverkehr in St. Ulrich / Gröden Seine wechselvolle Geschichte in einem ereignisreichen Jahrhundert. Eine Ortschronik zum hundertjährigen Bestehen des Fremdenverkehrsvereins 1885-1985 Athesia Verlag, 1985.
  3. Amalia Edwards in St. Ulrich 1873

Weblinks

 Commons: St. Ulrich in Gröden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Commons: Gebäude in St. Ulrich in Gröden – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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