- Philipp Jenninger
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Philipp-Hariolf Jenninger (* 10. Juni 1932 in Rindelbach/Jagst) ist ein deutscher Politiker (CDU). Er war von 1982 bis 1984 Staatsminister im Bundeskanzleramt und von 1984 bis 1988 Präsident des Deutschen Bundestages.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Beruf
Jenninger stammt aus einem katholischen und zentrumsnahen Elternhaus. Sein Vater, ein Buchdruckermeister, war daher während der Zeit des Nationalsozialismus häufig Schikanen ausgesetzt. Seine Brüder Walter und Wilhelm fielen im Zweiten Weltkrieg[1][2]. Sein Bruder Alfred (* 3. März 1921; † 24. Mai 2007) war Oberst in der Luftlande- und Lufttransportschule in Altenstadt in Oberbayern.
Nach dem Abitur 1952 am Peutinger-Gymnasium Ellwangen absolvierte Jenninger ein Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen, welches er 1955 mit dem ersten und 1959 mit dem zweiten juristischen Staatsexamen beendete. Er ist Mitglied der K.D.St.V. Staufia Bonn im CV. Schon 1958[3] erfolgte seine Promotion zum Dr. iur. mit der Arbeit Die Reformbedürftigkeit des Bundesverfassungsgerichts. 1960 trat er als Dezernent in den Dienst der Wehrbereichsverwaltung V in Stuttgart ein. 1963 wechselte er als Referent in das Bundesministerium der Verteidigung und wurde 1964 persönlicher und Pressereferent des Bundesministers für Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates Heinrich Krone. Nach der Auflösung des Ministeriums war er von 1966 bis 1969 politischer Referent des Bundesministers der Finanzen Franz Josef Strauß. Philipp Jenninger gehört zum Präsidium des Studienzentrums Weikersheim.
Philipp Jenninger ist verheiratet und hat einen Sohn, er lebt mit seiner Frau in Stuttgart.
Abgeordneter
Von 1969 bis 1990 war Jenninger Mitglied des Deutschen Bundestages. Hier war er vom 19. September 1973 bis zum 4. Oktober 1982 Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Am 30. März 1976 entfernte Jenninger in der Parlamentarischen Gesellschaft in Bonn das dort in einer Ausstellung gezeigte Plakat des Grafikers Klaus Staeck mit der Aufschrift „Seit Chile wissen wir genauer, was die CDU von Demokratie hält“ [4]. Staeck spielte damit auf eine Aussage von Jenningers Fraktionskollegen Bruno Heck an, der nach verknappter Darstellung der Süddeutschen Zeitung unmittelbar nach dem Putsch des chilenischen Diktators Augusto Pinochet 1973 die Zustände im als Konzentrationslager und Folterstätte genutzten Sportstadion von Santiago de Chile mit den Worten „Das Leben im Stadion ist bei sonnigem Wetter recht angenehm“[5] kommentiert hätte. Die Ausstellung wurde noch am selben Abend auf einstimmigen Beschluss des Vorstandes der Parlamentarischen Gesellschaft geschlossen [6]. Im Juni 1976 wurde Jenninger zur Zahlung von DM 10,- Schadensersatz an Staeck verurteilt [7].
Am 5. November 1984 wurde Jenninger nach dem Rücktritt von Rainer Barzel zum Präsidenten des Deutschen Bundestages gewählt.
Jenninger ist stets als direkt gewählter Abgeordneter, bis 1976 des Wahlkreises Crailsheim und danach des Wahlkreises Schwäbisch Hall, in den Bundestag eingezogen. Zuletzt erreichte er bei der Bundestagswahl 1987 im Wahlkreis Schwäbisch Hall 50,1 % der Erststimmen.
Rede am 10. November 1988 im Deutschen Bundestag
- → Hauptartikel Rede am 10. November 1988 im Deutschen Bundestag
In seiner Funktion als Bundestagspräsident hielt Jenninger zum 50. Jahrestag der Novemberpogrome 1938 am 10. November 1988 bei einer Gedenkstunde des Deutschen Bundestages eine Rede, die versuchte, die Ursachen der Begeisterung der Deutschen für den Nationalsozialismus (Jenninger: „Faszinosum“) zu erklären. Seine Rede trug er, wie er Jahre später selbst einräumte, insoweit falsch vor, als aufgrund von Sprechlage und Betonung der Eindruck entstehen konnte, Jenninger würde sich nicht ausreichend vom nationalsozialistischen Gedankengut distanzieren. Hierzu trug vor allem das eingesetzte Stilmittel der erlebten Rede bei, mit der Jenninger eine angeblich passive bis einschränkend zustimmende Stimmungslage im deutschen Volk dem Nationalsozialismus gegenüber wiederzugeben versucht hatte. Nach erheblichen Protesten (einige Abgeordnete hatten noch während der Rede den Bundestag verlassen) trat er am 11. November 1988 zurück und kandidierte auch bei der Bundestagswahl 1990 nicht erneut für ein Mandat. Am 9. November 1989 hielt Ignatz Bubis eine Rede, in der er Passagen aus der umstrittenen Rede Jenningers wörtlich übernahm. Bubis wollte damit demonstrieren, dass die Rede Jenningers nicht inhaltlich verkehrt, sondern nur wenig überzeugend vorgetragen worden war.
Heute wird die Rede im Studium der Sprachwissenschaft oft herangezogen, um aufzuzeigen, in welchem Ausmaß der Sprachgebrauch beeinflusst, was als transportierter Inhalt verstanden wird.
Öffentliche Ämter
Jenninger wurde am 4. Oktober 1982 zum Staatsminister im Kanzleramt ernannt. Dieses Amt gab er nach seiner Wahl zum Bundestagspräsidenten 1984 wieder ab.
Von 1991 bis 1995 war Jenninger Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Österreich und von 1995 bis 1997 Botschafter beim Heiligen Stuhl.
Philipp Jenninger war von 1985 bis 1990 Präsident des Deutschen Rates der Europäischen Bewegung und ist heute Ehrenpräsident.[8]
Auszeichnungen (Auszug)
Kabinette
Literatur
- Jürgen Mittag: Vom Honoratiorenkreis zum Europanetzwerk. Sechs Jahrzehnte Europäische Bewegung Deutschland. In: 60 Jahre Europäische Bewegung Deutschland. Berlin 2009; Seite: 12-28. Online
Weblinks
Wikiquote: Philipp Jenninger – ZitateCommons: Philipp Jenninger – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien- Literatur von und über Philipp Jenninger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biographie beim Deutschen Bundestag
- Vollständige Rede vor dem Bundestag am 10. November 1988 (Text und Ton)
- Kommunikationsanalyse am Beispiel der Jenninger-Rede: Holger Sievers, Der Fall Jenninger
Einzelnachweise
- ↑ http://www.cdu-sha.de/download/CDU_Intern_07_06.pdf Mitteilungsblatt des CDU-Kreisverbandes Schwäbisch-Hall Nr. 6/Juni 2007
- ↑ http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/1995/0826/reporter/0022/index.html Berliner Zeitung Online vom 26. August 1995
- ↑ Online-Katalog Universitätsbibliothek Tübingen [1]
- ↑ DER SPIEGEL 22/1976, S. 200f.; DER SPIEGEL 25/1976, S. 10
- ↑ Süddeutsche Zeitung, 18. Oktober 1973
- ↑ DER SPIEGEL 25/1976, S. 10
- ↑ DER SPIEGEL 27/1976, S. 156
- ↑ Mittag 2009: 29
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