- Philippe Noiret
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Philippe Noiret (* 1. Oktober 1930 in Lille; † 23. November 2006 in Paris) war einer der beliebtesten französischen Schauspieler. Er spielte zunächst im Theater und später in 150 Kino- und Fernsehfilmen. Noiret spielte unter der Regie bedeutender internationaler Filmregisseure und war an der Seite von nahezu allen französischen Schauspielern von Rang zu sehen. Besonders häufig arbeitete er mit dem Regisseur Bertrand Tavernier zusammen.
Inhaltsverzeichnis
Leben und Werk
Noiret war der Sohn eines kleinen Textilkaufmanns, der eine Leidenschaft für die Literatur und Poesie hegte. Seine Kindheit verbrachte er in Toulouse. (Später sollte er wieder in die Region Languedoc-Roussillon zurückkehren und ein kleines Landhaus bei Carcassonne als Zweitwohnsitz nehmen.) Mit seinen ersten Schritten in die Unabhängigkeit tat er sich zunächst schwer. Dreimal scheiterte er in der Baccalauréats-Prüfung (Abitur, Matura). Mit einer Nebenrolle debütierte er 1949 in einer Verfilmung des Kurzromans Gigi von Colette. Ab 1950 machte Noiret dann eine Schauspielausbildung bei Roger Blin am Centre Dramatique de l'Ouest in Paris.
1953 wurde er auf Vermittlung von Jean-Pierre Darras in Jean Vilars Ensemble des Théâtre national populaire in Paris aufgenommen, wo er sieben Jahre blieb. Während dieser Zeit trat er mit Darras auch als Unterhalter und Komödiant in einem Pariser Nachtklub auf. Am Theater lernte er seine spätere Frau kennen, die Schauspielerin Monique Chaumette, und heiratete sie 1962.
Noch vor seinem großen Durchbruch verkörperte Noiret unter der Regie von Alfred Hitchcock in Topas eine prägnante Nebenrolle. Bekannt wurde er 1968 mit der Hauptrolle im Film Alexander, der Lebenskünstler (Alexandre le bienheureux), in dem – den Zeitgeist treffend – die Leistungsfixierung der Gesellschaft in Frage gestellt wurde.
Seine ausdruckvollsten Rollen spielte er in Louis Malles „Zazie“ (1960), „Das große Fressen“ (1973) und in „Cinema Paradiso“ (1988). An Noirets Schauspielkunst wurde vor allem seine große Wandlungsfähigkeit hervorgehoben. Er stellte häufig Bösewichter in vielen Schattierungen dar. Die Charakterdarstellungen waren nicht selten ironisch gebrochen. Wegen seines eher durchschnittlich wirkenden Gesichts wurde Noiret anfangs nicht für romantische Rollen besetzt, sondern zunächst nur für gutmütige Charaktertypen. Erst nach seinem Auftritt in der Farce „Das große Fressen“ erhielt er auch Angebote für komplexe und in sich widersprüchliche Rollen. Eine große Intensität ergab sich bei seinen Rollendarstellungen häufig aus dem Spannungsfeld von gutmütigem, weichem Habitus und brüskierenden Handlungsweisen und zynischen verbalen Attacken. Ein Paradebeispiel hierfür ist seine Darstellung des populären Showmasters und vermeintlichen Wohltäters Christian Legagneur in dem Kriminalfilm Masken (Masques) (1987) von Claude Chabrol, der sich jedoch in Wirklichkeit insgeheim über seine Zuschauer lustig macht und seinen Zynismus dabei genießt.
In der Öffentlichkeit pflegte Noiret dagegen gern das Image des eleganten Dandys, Gourmets und humorvollen Bonvivants mit Hut, weißem Anzug und Zigarre; er liebte Pferde und trug teure Schuhe.
Noiret starb nach einer langen schweren Krebserkrankung am 23. November 2006 in seinem Haus in Paris. Er hinterließ seine Frau Monique Chaumette, die gelegentlich auch beruflich seine Partnerin war, und ihre gemeinsame Tochter Frédérique. Philippe Noiret fand seine letzte Ruhestätte auf dem Cimetière de Montparnasse in Paris.[1]
Filmografie (Auswahl)
- 1956: La Pointe-Courte; Regie: Agnès Varda
- 1960: Zazie (Zazie dans le métro); Regie: Louis Malle
- 1962: Die Tat der Thérèse D. (Thérèse Desqueyroux); Regie: Georges Franju
- 1966: Die Nacht der Generale (La nuit des Généraux); Regie: Anatole Litvak
- 1966: Leben im Schloß (La vie de château); Regie: Jean-Paul Rappeneau
- 1967: Alexander, der Lebenskünstler (Alexandre le Bienheureux); Regie: Yves Robert
- 1969: Topas; Regie: Alfred Hitchcock
- 1971: Murphy’s War; Regie: Peter Yates
- 1973: Berühre nicht die weiße Frau (Touche pas à la femme blanche); Regie: Marco Ferreri
- 1973: Das große Fressen (La grande bouffe); Regie: Marco Ferreri
- 1974: Der Uhrmacher von St. Paul (L’horloger de Saint-Paul); Regie: Bertrand Tavernier
- 1975: Das alte Gewehr (Le vieux fusil); Regie: Robert Enrico
- 1975: Der Richter und der Mörder (Le juge et l'assassin); Regie: (Bertrand Tavernier)
- 1977: Das malvenfarbene Taxi (Un Taxi Mauve); Regie: Yves Boisset
- 1978: Die Schlemmer-Orgie (Who is killing the great chefs of Europe?); Regie: Ted Kotcheff
- 1980: Ferien für eine Woche (Une semaine de vacances) – Regie: Bertrand Tavernier
- 1980: Eine verrückte Hochzeit, auch "Wer hat Jupiters Po gestohlen?" oder "Wer hat den Schenkel von Jupiter geklaut?" (On a volé la cuisse de Jupiter) – Regie: Philippe de Broca
- 1981: Der Saustall (Coup de torchon); Regie: Bertrand Tavernier
- 1982: Das Geheimnis des Rubins (L’étoile du Nord); Regie: Pierre Granier-Deferre
- 1983: Der Buschpilot (L’africain); Regie: Philippe de Broca
- 1984: Fort Saganne; Regie: Alain Corneau
- 1984: Die Bestechlichen (Les ripoux); Regie: Claude Zidi
- 1985: Hoffen wir, daß es ein Mädchen wird (Speriamo che si femmina); Regie: Mario Monicelli
- 1985: Die Familienpyramide (L’été prochain); Regie: Nadine Trintignant
- 1987: Die Familie (La famiglia); Regie: Ettore Scola
- 1987: Brille mit Goldrand (Gli occhiali d’oro); Regie: Giuliano Montaldo
- 1987: Der Mann, der Bäume pflanzte (L’Homme qui plantait des arbres); Regie: Frederic Back
- 1987: Masken (Masques); Regie: Claude Chabrol
- 1988: Cinema Paradiso (Nuovo cinema Paradiso); Regie: Giuseppe Tornatore
- 1988: Il giovane Toscanini; Regie: Franco Zeffirelli
- 1989: Das Leben und nichts anderes (La Vie et rien d'autre); Regie: Bertrand Tavernier
- 1990: Uranus; Regie: Claude Berri
- 1994: Der Postmann (Il postino); Regie: Michael Radford
- 1994: D’Artagnans Tochter (La fille de d’Artagnan); Regie: Bertrand Tavernier
Dokumentation
- Philippe Noiret - Grand Seigneur des Kinos. Dokumentation, Frankreich, 2009, 52 Min., Regie: Antoine de Meaux, Produktion: ARTE France, Cinétévé, deutsche Erstausstrahlung: 17. Mai 2009, Inhaltsangabe von arte
Auszeichnungen
- 1991 in der Kategorie Bester Schauspieler (für Cinema Paradiso)
- 1976 in der Kategorie Bester Hauptdarsteller (für Abschied in der Nacht)
- 1990 in der Kategorie Bester Hauptdarsteller (für Das Leben und nichts anderes)
- 1976 in der Kategorie Bester ausländischer Schauspieler (für Abschied in der Nacht)
- 1990 in der Kategorie Bester ausländischer Schauspieler (für Das Leben und nichts anderes)
- 1989 in der Kategorie Bester Schauspieler (für Cinema Paradiso)
London Critics Circle Film Awards
- 1991 Auszeichnung als Schauspieler des Jahres (für Cinema Paradiso)
- 1970 NBR Award in der Kategorie Bester Nebendarsteller (für Topas)
Nastro d’Argento des Sindacato Nazionale Giornalisti Cinematografici Italiani
- 1986 in der Kategorie Bester ausländischer Schauspieler (für Der Saustall)
Weblinks
- Literatur von und über Philippe Noiret im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Philippe Noiret in der deutschen und englischen Version der Internet Movie Database
- Hommage an Philippe Noiret auf ARTE vom 12. Juli bis 28. August 2007
- Nachrufe
- „Philippe Noiret, acteur et comédien, est mort“, Le Monde, 24. November 2006
- „Philippe Noiret, an Actor of Elegance and Dry Humor, Dies at 76“, New York Times, 25. November 2006
- „Der geborene Antiheld“, NZZ, 25. November 2006
Einzelnachweise
- ↑ knerger.de: Das Grab von Philippe Noiret
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