- Rechtsstreitigkeit
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Das Gerichtsverfahren oder kurz „Verfahren“ ist die gerichtliche Überprüfung eines Sachverhalts auf seine Rechtsfolgen. Der Begriff „Prozess“ umschreibt das Gerichtsverfahren nur unzureichend, da er stets auf eine Rechtsstreitigkeit abstellt.
Inhaltsverzeichnis
Gerichtsverfahren in Deutschland
Keine Gerichtsverfahren sind die Verhandlungen bei Gütestellen, Schiedsstellen oder Mediatoren. Auch wenn Schiedsverfahren vor sogenannten Schiedsgerichten stattfinden, und diese ebenfalls einen Instanzenzug eröffnen (Bsp.: Parteigerichtsbarkeit), kann nicht von Gerichtsverfahren im engeren Sinne gesprochen werden.
Jedermann steht das Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes in seiner Sache zu. Wegen der unterschiedlichen Regelungsmaterien hat der Bundesgesetzgeber für die Verfahrensarten verschiedene Gesetze erlassen:
- Zivilrecht: Für zivilrechtliche Streitigkeiten gilt grundsätzlich das Zivilprozessrecht, sie werden nach der Zivilprozessordnung (ZPO) entschieden. Für Grundbuchsachen, Nachlasssachen, Betreuungssachen, Vormundschaftssachen, Unterbringungssachen, vereinsrechtliche und bestimmte familienrechtliche Angelegenheiten findet das Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) Anwendung.
- Strafrecht: Im Strafrecht wird das Verfahren nach den Vorschriften des formellen Strafrechts, dem Strafprozessrecht (geregelt vor allem in der Strafprozessordnung (StPO)), betrieben. (Die Zivil- und Strafgerichte bilden zusammen die ordentliche Gerichtsbarkeit.)
- Verwaltungsrecht: Die verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten werden nach den Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung verhandelt. Die Länder haben teilweise eigene Ausführungsgesetze zum Verwaltungsgerichtsgesetz erlassen oder die Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes adaptiert. Sie sind jedoch vom behördlichen Verwaltungsverfahren abzugrenzen, das keine gerichtliche Überprüfung darstellt. Ebenfalls von der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind die Verfahren nach dem
- Verfassungsrecht abzugrenzen: Das Bundesverfassungsgericht und die Landesverfassungsgerichte / Staatsgerichtshöfe üben die Gerichtsverfahren in Verfassungsfragen und im Grundrechtschutz aus. Für sie sind eigenständige Gesetze erlassen worden.
- Arbeitsrecht: Als Fachgerichtsbarkeit aus der ordentlichen (Zivil-)Gerichtsbarkeit herausgelöst finden die Verfahren des Arbeitsrechtes nach den Vorschriften des Arbeitsgerichtsgesetzes statt, das jedoch in § 46 weitgehend auf die Bestimmungen der Zivilprozessordnung verweist.
- Steuerrecht: Der Bundesgesetzgeber hat für das Steuer- und Abgabenrecht die Finanzgerichtsordnung erlassen. Das Verwaltungsverfahren ist in der Abgabenordnung geregelt.
- Sozialrecht: Wie beim Arbeitsrecht existiert eine eigene Sozialgerichtsbarkeit nach dem Sozialgerichtsgesetz. Die Bestimmungen über das Verwaltungsverfahren enthält weitgehend das Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
- Wehrrecht: Das Verfahren in truppendienstlichen Angelegenheiten vor den Truppendienstgerichten und – in den Fällen der § 18 Abs. 4 und §§ 21, 22 WBO – vor den Wehrdienstsenaten des Bundesverwaltungsgerichts läuft nach den Regeln der Wehrbeschwerdeordnung (WBO) sowie der Verwaltungsgerichtsordnung ab, soweit diese Ausdruck allgemein anerkannter Prozessgrundsätze sind; für die Besetzung des Truppendienstgerichts und die Durchführung einer Beweisaufnahme gelten die Vorschriften der Wehrdisziplinarordnung (WDO) und ergänzend dazu der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes. Das gerichtliche Disziplinarverfahren vor den Truppendienstgerichten und den Wehrdienstsenaten beim Bundesverwaltungsgericht läuft nach den Regeln der WDO ab, wiederum – soweit die Eigenart des gerichtlichen Disziplinarverfahrens dem nicht entgegensteht – ergänzt um die Vorschriften der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes, § 91 WDO.
- Disziplinarrecht: Das Bundesdisziplinargericht ist inzwischen ebenfalls in das Bundesverwaltungsgericht eingegliedert worden, sodass auch hier die Verwaltungsgerichtsordnung für das Verfahren gilt.
Jede Verfahrensordnung kennt Prozessmaximen, also Grundsätze, auf denen das Verfahren aufbaut.
Die jeweilige Zuordnung der Streitigkeiten zu den Verfahrensarten erfolgt nach Maßgabe des jeweiligen Gesetzes und des Gerichtsverfassungsgesetzes.
Jedes Gerichtsverfahren eröffnet in der Regel auch den Weg über die Instanzen (Ausnahmen z. B. § 511 ZPO, Gesetzeskraft der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts). Dabei stehen Rechtsmittel (meist Berufung, Beschwerde oder Revision) zur Verfügung.
Das Verfahren bzw. der Prozess wird mit der Rechtskraft des Urteils abgeschlossen. Weitere Beendigungsmöglichkeiten sind die Klagerücknahme, die Erklärung, dass das Verfahren in der Hauptsache erledigt ist (mit nachfolgender Kostenfestsetzung) oder der Vergleich. Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit enden mit einem Beschluss.
Siehe auch
- Kurzer Prozess – Tierprozess – Prozessökonomie
Literatur
- Heinrich Hannover: Die Republik vor Gericht. 1975–1995. Erinnerungen eins unbequemen Rechtsanwaltes. Aufbau Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-351-02481-9.
- Otto Kirchheimer: Politische Justiz. Verwendung juristischer Verfahrensmöglichkeiten zu politischen Zwecken. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg 1993, ISBN 3-434-46203-1.
- Niklas Luhmann: Legitimation durch Verfahren. Luchterhand, Neuwied; Berlin 1969.
- Gerhard Mauz: Die großen Prozesse der Bundesrepublik Deutschland. Zu Klampen, Springe 2005, ISBN 3-934920-36-5.
Weblinks
- Gesetzestexte:
- Art. 103 GG (Grundgesetz)
- ArbGG (Arbeitsgerichtsgesetz)
- BVerfGG (Bundesverfassungsgerichtsgesetz)
- FGO (Finanzgerichtsordnung)
- SGG (Sozialgerichtsgesetz)
- StPO (Strafprozessordnung)
- VwGO (Verwaltungsgerichtsordnung)
- ZPO (Zivilprozessordnung)
- FGG (Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit; bis 31. August 2009)
- FamFG (Gesetz über das familiengerichtl. Verfahren und die freiwillige Gerichtsbarkeit; ab 1. September 2009)
- Statistik der Gerichtsverfahren in Deutschland
- Famous Trials Berühmte Prozesse (englisch)
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