- Rolf Gröschner
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Rolf Gröschner (* 4. Dezember 1947 in Nürnberg) ist ein deutscher Jurist, Universitätsprofessor für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie; er war Schlagzeuger der Band Improved Sound Limited.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Schule
Gröschner besuchte in Nürnberg-Erlenstegen von 1954 bis 1958 die Gebrüder-Grimm-Schule. Von 1958 bis 1967 war er Schüler des Willstätter-Gymnasiums in Nürnberg, wo er als Schulsprecher das Abitur ablegte.
Akademische Laufbahn
Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre an den Universitäten Erlangen-Nürnberg und München, welches er mit dem Diplom-Kaufmann abschloss, studierte Gröschner Rechtswissenschaft, ebenfalls in Erlangen-Nürnberg und München. Nach der Ersten juristischen Staatsprüfung folgte 1981 die Promotion mit der Schrift „Dialogik und Jurisprudenz: Die Philosophie des Dialogs als Philosophie der Rechtspraxis“, 1985 die Zweite juristische Staatsprüfung. 1990 habilitierte sich Gröschner mit der Arbeit „Das Überwachungsrechtsverhältnis: Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel“. Nach Lehrstuhlvertretungen in Würzburg und Münster erhielt er 1991 einen Ruf nach Mainz. 1993 wurde er an die Friedrich-Schiller-Universität Jena berufen, wo er seitdem Ordinarius des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie ist.[1] 1998 bis 2000 war er Dekan seiner Fakultät, 2009 und 2010 Fellow am Max-Weber-Kolleg für kultur- und sozialwissenschaftliche Studien in Erfurt[2]. Seit 2004 ist er Vorsitzender des Hellmuth-Loening-Zentrums für Staatswissenschaften Jena e.V.[3]
Ehe und Familie
Am 9. Dezember 1971 heiratete Gröschner die Orthoptistin Annette Kumm. Das Ehepaar hat zwei Töchter.
Schlagzeuger
Gröschner war Schlagzeuger der Band Improved Sound Limited, welche insbesondere von Mitte der 1960er bis Mitte der 1970er erfolgreich war. Sie begleitete für eine Zeit auch Roy Black und schrieb die Musik für „Ezra Pound“, „Der 6. Tag“, „Die Spielschule“, „Der Kommissar“, „Krempoli“ und „Im Lauf der Zeit“ (von Wim Wenders).
Wirken
Tag des Erinnerns
2010 forderte Gröschner, den 9. November als „Tag des Erinnerns“ in die Feiertagsgesetze der Länder aufzunehmen, da dieser aufgrund seiner Geschichte wie kein anderer Tag geeignet sei, sowohl an die nationalsozialistische Vergangenheit, aber vor allem auch an die Revolutionen von 1918 und 1989 zu erinnern, die wesentlich für die Demokratieentwicklung Deutschlands waren.[4][5][6][7] Diese Forderung begründete er u.a. in dem mit Wolfgang Reinhard zusammen herausgegebenen Band „Tage der Revolution – Feste der Nation“ und warb für sie im Thüringer Landtag.
Rechtschreibreform
Gröschner wurde der breiten Öffentlichkeit erstmals durch seine ablehnende Position bei der sog. Rechtschreibreform bekannt.[8][9][10][11][12][13][14]
Schon lange vor dem Gymnasiallehrer Friedrich Denk aus Weilheim in Oberbayern versuchten Gegner der Rechtschreibreform, diese mit verschiedenen Argumenten, unter anderem auch rechtlichen, zu verhindern. Das führte ab November 1996 zu vielen Volksinitiativen, Volksbegehren und einem Volksentscheid gegen die Rechtschreibreform („Volksentscheid in Schleswig-Holstein - Das Volk als Souverän und Untertan: Im Namen des Volkes gegen das Volk!“ ) und zu rund 40 Klageverfahren. Gröschner spielte dabei seit 1995 eine führende Rolle. Sein Widerstand gegen die Rechtschreibreform führte jahrzehntelang zu vielen Schlagzeilen und Berichten in in- und ausländischen Medien.
Verfassungswidrigkeit der Rechtschreibreform
Bei Gröschner an der Universität Jena arbeitete Wolfgang Kopke an einer Doktorarbeit, die bereits im Dezember 1995 unter dem Titel „Rechtschreibreform und Verfassungsrecht - Schulrechtliche, persönlichkeitsrechtliche und kulturverfassungsrechtliche Aspekte einer Reform der deutschen Orthographie“ erschien. Diese Arbeit wurde dann im Dezember 1996 von einer Reihe namhafter Rechtsprofessoren als eines der „Juristischen Bücher des Jahres“ ausgezeichnet.[15]
In seinem Aufsatz „Rechtschreibreform auf dem Erlaßwege?“ vom 15. September 1995[16], einer Kurzfassung der wichtigsten Gedanken seiner Dissertation, zeigte Wolfgang Kopke auf wenigen Seiten auf, warum es ein Grundrechtsverstoß ist, wenn man die Rechtschreibreform über die Köpfe der Bevölkerung und der Volksvertreter hinweg durchsetzen wolle.
Verfassungsbeschwerde Mai 1996
Gröschner erhob im Mai 1996 beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Rechtschreibreform. Sie wurde von den Richtern mit dem Argument nicht zugelassen, dass die Rechtschreibreform an den bayerischen Schulen noch nicht eingeführt sei.
Klage Friedrich Denks beim Verwaltungsgericht München
Nachdem sie in Bayern eingeführt war, klagte Friedrich Denk beim Verwaltungsgericht München gegen die Rechtschreibreform. Die Klageschrift Denks hatte Gröschner verfasst. Die beiden Reformgegner argumentierten, dass die Volksvertretung als Gesetzgeber übergangen worden sei und es daher für die Einführung der Rechtschreibreform keine gesetzliche Grundlage gebe. Denk sei als Vater einer schulpflichtigen Tochter und als Lehrer doppelt betroffen.
Gernot Holstein gegen die Rechtschreibreform
In Berlin beriet Gröschner den Kläger Gernot Holstein und war auch erfolgreich. Der greifbare Erfolg einer Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht in Berlin wurde aber durch eine Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht verhindert.
Gröschner war 1998 als Prozessbevollmächtigter am Verfahren des Juristenehepaares Dr. jur. Thomas Elsner und Rechtsanwältin Gunda Diercks-Elsner aus Lübeck mit RA Thomas Schüller vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Reform beteiligt.
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde am 14. Juli 1998 verkündet. Die Verfassungsrichter erlaubten die Einführung der Rechtschreibreform an Schulen durch Kultusministererlasse. Die Grundrechte von Eltern und Schülern würden nicht verletzt.
Herausgeberschaften
Zusammen mit Oliver W. Lembcke[17] gibt Gröschner im Verlag Mohr-Siebeck die Reihe POLITIKA[18] heraus. Bislang sind darin erschienen:
- Band 1 (2008): Des Menschen Würde - entdeckt und erfunden im Humanismus der italienischen Renaissance;[19]
- Band 2 (2009): Das Dogma der Unantastbarkeit. Eine Auseinandersetzung mit dem Absolutheitsanspruch der Würde;[20][21]
- Band 3 (2010): Tage der Revolution – Feste der Nation.[22]
- Band 4 (2011): Law and Method[23]
- Band 5 (2011): Rom, Recht, Religion. Symposion für Udo Ebert zum siebzigsten Geburtstag[24]
- Band 6 (2011): Freistaatlichkeit. Prinzipien eines europäischen Republikanismus[25]
Habilitierte Schüler
- Claus Dierksmeier (Philosoph), wissenschaftlicher Assistent 1998-2002, Habilitationsschrift: Der absolute Grund des Rechts. Karl Christian Friedrich Krause in Auseinandersetzung mit Fichte und Schelling, 2002[26][27]
- Michael Henkel (Politikwissenschaftler), 1993-2002 wissenschaftlicher Assistent, Habilitationsschrift: Die Geburt der Politikwissenschaft aus dem Geiste der Soziologie, Tübingen 2011[26][27]
- Katharina Gräfin von Schlieffen (vorm. Sobota, Staatsrechtslehrerin), 1993-1995 wissenschaftliche Assistentin , Habilitationsschrift: Das Prinzip Rechtsstaat, Tübingen 1997[26][27]
Publikationen (Auswahl)
Eine vollständige Publikationsliste findet man auf der Homepage des Lehrstuhls.
- Dialogik und Jurisprudenz. Die Philosophie des Dialogs als Philosophie der Rechtspraxis. XI, 254 S., zugl. Diss. Universität Nürnberg-Erlangen 1981. Mohr, Tübingen 1982 ISBN 3-16-644518-8[28]
- Das Überwachungsrechtsverhältnis. Wirtschaftsüberwachung in gewerbepolizeirechtlicher Tradition und wirtschaftsverwaltungsrechtlichem Wandel. XIV, 376 S., zugl. Habil.-Schr. Universität Nürnberg-Erlangen 1990, Mohr, Tübingen 1992 ISBN 3-16-145980-6 (Jus publicum Bd. 4)[29]
- Menschenwürde und Sepulkralkultur in der grundgesetzlichen Ordnung. Die kulturstaatlichen Grenzen der Privatisierung im Bestattungsrecht. 80 S., Boorberg, Stuttgart 1995 ISBN 3-415-02026-6[30]
- Rechts- und Staatsphilosophie. Ein dogmenphilosophischer Dialog. XIV, 333 S., Springer, Berlin 2000 ISBN 3-540-64628-0[31]
- Reichweite richterlicher Inamovibilität im Verfassungsstaat des Grundgesetzes. XII, 81 S., BWV Berliner Wiss.-Verl., Berlin 2005 ISBN 3-8305-1008-X
- Die Lage als weinrechtliches Qualitätskennzeichen. 65 S., BWV Berliner Wiss.-Verl. 2010, ISBN 978-3-8305-1828-0[32]
Weblinks
- Literatur von und über Rolf Gröschner im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie, Jena
- Hellmuth-Loening-Zentrum für Staatswissenschaften Jena e.V.
- Improved Sound Limited
Einzelnachweise
- ↑ Rechtswissenschaftliche Fakultät Jena, Universitätsprofessoren
- ↑ Max-Weber-Kolleg, Gröschner
- ↑ Hellmuth-Loening-Zentrum für Staatswissenschaften Jena e.V., Vorstand
- ↑ MDR, Deutschland erinnert an 9. November
- ↑ taz, Festtag ohne Glanz
- ↑ dpa, Plädoyer für den 9. November als Feiertag
- ↑ Uniprotokolle, 1999
- ↑ Focus Magazin, 49/1995
- ↑ Focus Magazin, 11/1996
- ↑ Focus Magazin, 22/1997
- ↑ Focus Magazin, 32/1997
- ↑ Der Spiegel, 32/1997
- ↑ Focus Magazin, 34/1997
- ↑ Focus Magazin, 30/1998
- ↑ NJW 1996, 3256, 3259
- ↑ Kopke, Wolfgang: Rechtschreibreform auf dem Erlaßwege?, in: JZ Nr. 18, 15. September 1995, S. 874 ff.
- ↑ Mitherausgeber, Politika-Reihe
- ↑ Politika-Reihe
- ↑ Politika-Reihe, Band 1
- ↑ Politika-Reihe, Band 2
- ↑ FAZ vom 6. November 2010, Seite 34: Abwehr der Verrohungen
- ↑ Politika-Reihe, Band 3
- ↑ Politika-Reihe, Band 4
- ↑ Politika-Reihe, Band 5
- ↑ Politika-Reihe, Band 6
- ↑ a b c NürnbergWiki, Artikel zu Rolf Gröschner
- ↑ a b c Lehrstuhlhomepage, Betreuungen der Habilitationsverfahren
- ↑ Mohr Siebeck, Artikelübersicht, Dissertation
- ↑ Mohr Siebeck, Artikelübersicht, Habilitation
- ↑ Richard Boorberg Verlag, Artikelübersicht
- ↑ Springer, Artikelübersicht
- ↑ Berliner Wissenschafts-Verlag, Artikelübersicht
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