Schloss Tambach

Schloss Tambach
Schloss Tambach: Innenhof mit Schlosskirchturm

Das barocke Schloss Tambach ist der Ende des 17. Jahrhunderts errichtete Wohnsitz der Grafen zu Ortenburg. Das in seiner Anlage außergewöhnliche Schloss mit seinem angrenzenden Wildpark liegt im Ortsteil Tambach westlich der Gemeinde Weitramsdorf in der bayerischen Region Oberfranken-West an der Bundesstraße 303 CoburgSchweinfurt, elf Kilometer von Coburg entfernt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entstehung

Gesamtansicht von Schloss Tambach

Der Ursprung von Schloss Tambach rührt von der Errichtung eines Klosterhofes im beginnenden 12. Jahrhundert nahe dem kleinen Ort Tambach her, dessen Name erstmals 1156 in einer Urkunde erschien. Knapp zwei Kilometer nordöstlich von Tambach befand sich bereits zu dieser Zeit in Altenhof eine Außenstelle des Zisterzienserklosters Langheim bei Lichtenfels, dessen Mönche in der Gegend des Klosterhofes Tambach schon lange Karpfenzucht betrieben und eine Kette von Teichen angelegt hatten, die heute noch bestehen. Der unmittelbar neben den Fischteichen errichtete Klosterhof entwickelte sich schneller als der ältere in Altenhof und stieg im 13. Jahrhundert zum Klosteramt auf, das rund 100 Jahre später die niedere Gerichtsbarkeit und sogar die Hohe Gerichtsbarkeit zugesprochen bekam. An der Westseite des nunmehr schlossähnlichen Klosterhofes wurde eine Brauerei angebaut, in der die Zisterzienser-Mönche unter der Leitung eines nicht zum Kloster gehörenden Braumeisters, der seinen Wohnsitz zusammen mit dem Wildmeister im Forsthaus hatte, ihr eigenes Bier brauten.

Zerstörung und Neubau

Schloss Tambach: Nord-West Fassade

Sowohl im Bauernkrieg (1524 bis 1525) als auch im Dreißigjährigen Krieg (1618 bis 1648) wurden der Klosterhof und die Brauerei fast völlig zerstört. Das reiche Mutterkloster Langheim trug maßgeblich zum raschen Wiederaufbau bei, und am Ende des 17. Jahrhunderts begann man unter dem Abt Gallus Knauer, einem Verwandten des Mauritius Knauer (* 1612, † 1664), vormals ebenfalls Abt von Langheim und der Autor des bekannten Hundertjährigen Kalenders, den ehemaligen Hof nun als mächtiges Barockschloss neu zu errichten.

Zunächst wurde der östliche, von der Straße aus linke Flügel des Schlosses 1698 fertiggestellt. Der architektonische Entwurf wird dem damals viel beschäftigten Langheimer Klosterbaumeister Leonhard Dientzenhofer zugeschrieben, was aber nicht gesichert ist. Ungewöhnlich für ein Barockschloss ist der zur Parkseite gewandte Hof. Dies erklärt sich daraus, dass der schlichtere Westflügel als Wirtschaftstrakt nicht zur Repräsentationsseite, der Straßenseite zeigen sollte. Nach einem halben Jahrhundert gänzlicher Bauruhe ließ Abt Stephan Mösinger 1746 den Pavillon rechts neben dem Einfahrtstor an der Straße errichten. Über der Tür prangt das Wappen dieses Abtes. 1777 bis 1786 wurden Mitteltrakt und Westflügel vom Abt Johann Nepomuk Pitius vollendet. Sein Wappen schmückt den nördlichen Mittelrisalitgiebel.

Die Grafen zu Ortenburg

Blick vom Tierpark/früherem Landschaftsgarten auf das Schloß

Während der Säkularisierung wurden das Kloster Langheim und das Klosteramt im Schloss Tambach aufgelöst. Es wurde seitens der Wittelsbacher das Angebot gemacht, die Grafschaft Ortenburg (bisher eine protestantische Insel inmitten ihres Herrschaftsgebietes, welche ein permanentes Ärgernis bedeutete) gegen den ehemaligen kirchlichen Besitz in Franken einzutauschen. Mit Vertrag vom 14. August 1805 wurde dann die Reichsgrafschaft Ortenburg gegen die nun neue Grafschaft Ortenburg-Tambach getauscht. Am 20. Januar 1806 nahm Graf Joseph Carl zu Ortenburg-Tambach das neue Herrschaftsgebiet in Besitz. Die Regierung dauerte allerdings nur wenige Monate. Schon im Oktober 1806 wurde die Grafschaft in Erfüllung des Reichsdeputationshauptschluss mediatisiert und von Bayern wieder an sich gezogen. Somit wurde die Reichsgrafschaft zu einer Standesherrschaft mit einigen Sonderrechten herabgestuft. Auf Schloss Tambach lebt die Grafenfamilie bis heute.

Dem Schlossbau, im Wesentlichen bereits durch die Langheimer abgeschlossen, fügten im 19. und 20. Jahrhundert die neuen Besitzer noch einiges hinzu. So ließen die von Ortenburg 1892 die Außenfronten des Wirtschaftstrakts mit seinen schmalen Fenstern der Lagerräume und Stallungen dem Wohnteil angleichen und auch im Innern bewohnbare Räume einbauen. Hinter dem kleinen Barockgarten auf der Hofseite entstand ein weitläufiger Landschaftsgarten im englischen Stil. 1910 wurde das westliche Heinrichstor als Gegenstück zum östlichen Tor von 1698 mit gebrochenem Giebel und Figurennische eingefügt. Es ist bekrönt von einer Kartusche mit Inschrifttafel und dem Ortenburger Wappen.

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 wurde ein Teil des Archivs des Reichsluftfahrtministeriums von Berlin ausgelagert und nach Schloss Tambach überführt. Die als Tambach-Archiv bekannt gewordene Dokumentensammlung beschlagnahmten die Amerikaner und verbrachten sie in die USA. Inzwischen lagert das Tambach-Archiv wieder unbearbeitet in Freiburg.

Nach dem Zweiten Weltkrieg, 1947, wurde im Westflügel des Schlosses vorübergehend eine Keramikfabrik eingerichtet, die schlichtes Tongeschirr herstellte.

Ausstattung

Straßen- wie parkseitig ist die mehr als 100 Meter lange Front des Querflügels durch die Fensterreihen dreier Geschosse horizontal und den Mittelrisalit, der durch sechs Pilaster in fünf Achsen geteilt wird, vertikal gegliedert. Auf die drei mittleren Achsen des Risalits ist ein auf Simsbögen gestelzter Dreiecksgiebel mit Relieffüllung gesetzt. Der Dachfirst darüber trägt einen schlanken Dachreiter mit Zwiebelkuppel und laternenartigem Aufsatz mit goldenem Kreuz. Den Schlosshof zierten bis 1806 zwei Brunnen mit Figuren des Bamberger Bildhauers Michael Trautmann. Die Ortenburger ließen nach ihrem Einzug in das Schloss beide entfernen und durch ein ovales Wasserbecken mit Springbrunnen ersetzen. Der Brunnen mit der Figurengruppe Jesus und die Samariterin schmückt heute das malerische Zentrum des Neundorfer Hauptplatzes, während der andere, von dem nur der Obelisk übrig blieb, nach Hattersdorf gelangte und dort in der Mitte des Dorfes wieder errichtet wurde.

Von der alten Innenausstattung des Schlosses sind nur einige Stuckdecken und Fayenceöfen erhalten. Einer davon, er sieht aus wie ein Schrank, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als vom Nebenraum beheizbarer Keramikofen. Der größte Teil des meist barocken und RokokoInventars wurde von den Ortenburger Grafen aus ihrem aufgegebenen Stammschloss bei Passau mitgebracht. Neben zum Teil kostbaren Möbeln gibt es beachtliche Stücke alten Kunsthandwerks und Altmeißner Porzellan, darunter einige Kaendler–Figuren, und eine vielfigurige Serie von Tafelaufsätzen aus Sèvresporzellan, ein Geschenk Napoléon Bonapartes an die Ortenburger.

Schlosskirche

Dem Abt des Klosters Langheim, Johann Nepomuk Pitius, verdankt Schloss Tambach den Bau der Schlosskirche in den Jahren 1777 bis 1786. Sie stellt durch ihren reinen Louis-XVI.-Stil eine große Seltenheit dar. Die durch zwei Geschosse des Mitteltraktes gehende Kirche ist von außen nicht als solche erkennbar und liegt dem Treppenhaus gegenüber an der östlichen Seite der Haupteinfahrt. Ihr Schöpfer ist Lorenz Fink aus Würzburg, damals kaum 30 Jahre alt. Abt Pitius weihte das Gotteshaus 1786 gegen den Willen des Bamberger Fürstbischofs, fiel in Ungnade und wurde 1788 wegen Verschwendung seines Amtes enthoben.

Der an sich rechteckige Kirchenraum erhält durch einen oval angeordneten Pfeilerkranz den Eindruck eines Zentralraums mit einem Umgang im Erdgeschoss und darüber liegender Empore. Der weißgoldene Stuck, der, typisch für den Louis-XVI.-Stil, in den Flächen zu schweben scheint, ist eine Arbeit von Heinrich Seelmann. Die hellgrünen Füllungen schaffen einen heiteren, lichten Raum. Den Kirchenraum schmückten bis 1806 einige Plastiken des Bildhauers Trautmann, der Hauptaltar trug eine Figurengruppe Maria Himmelfahrt und zwei Nebenaltäre Figuren der Heiligen Bernhard und Johann Nepomuk und die Verkündigungsgruppe mit Anbetungsengel.

Der erste in Tambach ansässige Graf, Josef Carl zu Ortenburg, ließ das Gotteshaus 1806 dem evangelischen Ritus anpassen. An Stelle des Hauptaltars wurde ein Kanzelaltar eingefügt und Trautmanns Heiligenfiguren sowie die Nebenaltäre entfernt. Allein die von Stuckputten gehaltenen Reliefmedaillons mit Szenen aus dem Marienleben blieben der Schlosskirche erhalten. Die Maria Himmelfahrt des Hauptaltars steht heute in der Kirche des ebenfalls zu Weitramsdorf gehörenden Ortsteils Neundorf, die Nebenaltäre kamen nach Autenhausen und Witzmannsberg.

1954 kehrte die Familie zu Ortenburg zum katholischen Glauben zurück[1]. Die Kirche wurde 1956 bis 1965 vorbildlich renoviert und wieder dem ursprünglichen Ritus angepasst. Die Kanzel wurde durch eine Madonnen-Plastik ersetzt. Diese Darstellung der Heiligen Jungfrau mit dem Kind auf dem Schoß und einer Traube in der Hand aus der Mitte des 18. Jahrhunderts stammt aus dem Tessin und erinnert durch ihren renaissancenahen Stil an italienische Vorbilder.

Heutige Nutzung

1970 legte der damalige Schlossherr Alram Graf zu Ortenburg (1925-2007) in dem im vorigen Jahrhundert geschaffenen englischen Landschaftsgarten einen 50 Hektar umfassenden Wildpark an, dessen abwechslungsreiche Anordnung großzügiger Gehege mit europäischem Hoch- und Niederwild, Fischereimöglichkeiten, Kinderspielplätzen, Reitgelegenheiten und einem Naturlehrpfad seither Besucher auch aus der weiteren Umgebung von Tambach anzieht, besonders zur herbstlichen Hirschbrunft. Im Wildpark befinden sich ein Jagd- und Fischereimuseum und der Bayerische Jagdfalkenhof.

Gegenüber von Schloss Tambach entstand 1995 die weitläufige Anlage des Coburger Golfclubs, dessen Gründungsmitglied Alram Graf von Ortenburg war. Die Anlage mit zunächst neun Bahnen wurde 1997 auf 18 Bahnen erweitert.

Das Schloss selbst wird weiterhin von der Familie zu Ortenburg, Heinrich Graf zu Ortenburg, dessen Frau und seiner Mutter Agathe Gräfin zu Ortenburg geb. Gräfin von Schaesberg, bewohnt und ist im Regelfall nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Es beherbergt auch die durch jüngere Verkäufe überwiegend in alle Welt zerstreute Adelsbibliothek der Grafen zu Ortenburg, aus der die Staatsbibliothek zu Berlin einige mittelhochdeutsche Handschriften über den Antiquar Jörn Günther erwerben konnte [2].

Im Rahmen des Tambacher Sommers findet im Schlosshof eine Reihe bedeutender Konzerte statt. Jeden zweiten Sonntag im September, dem Tag des Offenen Denkmals, sind einige Räume des Schlosses und die Schlosskirche zu besichtigen. Am dritten Adventswochenende eines jeden Jahres findet im Schlosshof ein traditioneller Weihnachtsmarkt statt, bei dem ein Teil der privaten Räume für Besucher geöffnet wird. Ausstellungen und Konzerte zur Weihnachtszeit runden das Marktgeschehen ab.

Bildergalerie

Nachweise

  1. Friedrich Hausmann: Die Grafen zu Ortenburg und ihre Vorfahren im Mannesstamm, die Spanheimer in Kärnten, Sachsen und Bayern, sowie deren Nebenlinien - Ein genealogischer Überblick, 1994 S. 41
  2. http://projekte.geschichte.uni-freiburg.de/mertens/graf/privbib.htm http://www.ub.uni-dortmund.de/Listenarchive/LIB-L/199911/19991103.html

Literatur

  • Fritz Mahnke: Schlösser und Burgen im Umkreis der Fränkischen Krone, Druck- und Verlagsanstalt Neue Presse GmbH, Coburg 1974, S. 137–141
  • Heinz Pellender: TAMBACH vom Langheimer Klosteramt zur Ortenburg´schen Grafschaft, 1985

Weblinks

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