Schwarze Schar

Schwarze Schar
Standbild des „Schwarzen Herzogs“ Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg

Die Schwarze Schar, ursprünglich Herzoglich Braunschweigisches Korps genannt oder Schwarze Legion und später in englischen Diensten als Black Brunswickers („Schwarze Braunschweiger“) bekannt, war ein Freikorps, das am 1. April 1809, zur Zeit der Napoleonischen Kriege, vom „Schwarzen Herzog“ Friedrich Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg-Oels aufgestellt wurde, um auf verschiedenen europäischen Kriegsschauplätzen gegen Napoléon Bonaparte und die französische Besatzung Deutschlands zu kämpfen.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

In der Schlacht bei Jena und Auerstedt war Herzog Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, der Vater Friedrich Wilhelms, tödlich verwundet worden und starb wenige Tage später an den Folgen. Obwohl das Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel im Konflikt mit Napoleon neutral geblieben war (Karl Wilhelm Ferdinand war Oberbefehlshaber der preußischen Truppen in der Schlacht gewesen), erklärte der französische Kaiser 1807, das Haus Braunschweig habe aufgehört zu regieren, löste das Herzogtum auf und machte es zu einem Teil des von ihm neu geschaffenen Königreichs Westphalen. Braunschweig war fortan Hauptstadt des neuen „Département Oker“ genannten Teils innerhalb des Königreiches.

Friedrich Wilhelms Frau Marie war aufgrund des drohenden Einmarsches französischer Truppen in Braunschweig zusammen mit ihren beiden Söhnen Karl und Wilhelm zunächst nach Schweden geflohen. Friedrich Wilhelm selbst zog sich derweil auf seine schlesischen Besitzungen nach Oels zurück, wollte jedoch den Status quo nicht ohne Gegenwehr hinnehmen und begann ab September 1808 ein Korps aufzustellen, um das nunmehr von den Franzosen besetzte Herzogtum wieder in Besitz nehmen zu können.[1]

Konvention von Wien

Richard Knötel „Corps des Herzogs von Braunschweig-Öls, 1809“: Ulan und Husar der „Schwarzen Schar“.
Knötel „Corps des Herzogs von Braunschweig-Öls, 1809“: Infanteristen.

Im Winter 1808 reiste Friedrich Wilhelm nach Wien und verpflichtete sich am 25. Februar 1809 in der Konvention von Wien gegenüber Erzherzog Karl eine Truppe von knapp über 2.000 Mann aufzustellen, darunter 1.000 Husaren, 1.000 Mann leichte Infanterie und 125 Mann berittene Artillerie[2], die er auf eigene Kosten (durch Beleihung seines Besitzes im niederschlesischen Oels und in Bernstadt) ausrüsten wollte, woraufhin ihm Österreich versicherte, es werde ihn in diesem Falle als Alliierten betrachten.

Artikel III der Konvention besagte:

„Dieses Truppenkorps wird den Namen Herzoglich Braunschweigisches Korps führen.“

Artikel VII legte fest:

„Sobald dieses Corps formirt sein wird, verbindet sich der Herr Errichter, sogleich mit demselben von dem Sammelplatze aufzubrechen und seine Operationen gegen den Feind in Verbindung mit dem zunächst stehenden Österreichischen Corps d’Armée zu beginnen, sodann aber nach Möglichkeiten und Umständen gegen Magdeburg, Cassel, Braunschweig oder nach der Niederelbe vorzudringen, sein Corps so viel wie möglich zu verstärken, überhaupt aber mit allen Kräften auf die Communicationen, Magazine, Artillerieparks und Nachschubs-Transporte des Feindes vorzüglich zu wirken.“[3]

In Artikel X wurde geregelt, dass das neue Korps Waffen und Ausrüstungsgegenstände aus österreichischen Arsenalen erhielt.

Aufstellung

Der preußische König Friedrich Wilhelm III. hingegen versuchte – zwecks Beschwichtigung des verfeindeten Frankreichs – die Aufstellung des Freikorps aktiv zu verhindern, indem er die schlesischen Einkünfte des Herzogs zurückhalten ließ. Am 10. April 1809 ließ der preußische König verlauten:

„ … desgleichen ist zur Kenntnis Seiner Majestät gelangt, daß bei Nachod in Böhmen ein Frei-Corps errichtet wird … Seine Majestät finden Sich unter diesen Umständen veranlaßt, Ihren getreuen Unterthanen die nach den Landesgesetzen bestehenden Verbote wegen heimlichen Werbens hierdurch in Erinnerung zu bringen und dieselben darauf aufmerksam machen zu lassen, welche Ahndung sich diejenigen aussetzen würden, welche an Verbindungen Theil nehmen, wodurch die Ruhe benachbarter Staaten gefährdet werden könnte ...“[4]

Truppenstärke und -zusammenstellung

Am 25. Juli 1809 bestand die Schwarze Schar aus zwei Bataillonen Infanterie mit einem freien Jäger-Bataillon, einer Kompanie Scharfschützen, einem Husaren-Regiment, einer Eskadron Ulanen sowie einer reitenden Batterie. Neben dem Kommandeur der Truppe, dem Schwarzen Herzog, war eine weitere bedeutende Persönlichkeit Major Georg Ludwig Korfes, der u. a. stellvertretender Chef des Generalstabes war.[5]

Uniform

Soldat der Schwarzen Schar nach Adolf Beyer-Pegau

Wegen der hauptsächlich schwarzen Uniform wurde das Freikorps bald die „Schwarze Schar“ genannt. Die Infanterie trug einen schwarzen Polrock mit einfachem Besatz, einer schwarzen, manchmal auch grauen Leinenhose mit blauer Biese, Schuhe mit dunkelgrauen Gamaschen, einen Tschako mit schwarzem Federbusch (der später durch einen schwarzen Rossschweif ersetzt wurde), und schwarzes Lederzeug mit Patronentasche und Bajonettscheide, sowie braune Felltornister und graue Brotbeutel. Der Rock hatte einen Stehkragen, der von einer schwarzen Schnur eingefasst war, und hellblaue Aufschläge.

Die Kavallerie trug einen schwarzen Dolman mit hellblauem Kragen und Aufschlägen, gelbe Schärpe mit hellblauen Knoten und schwarze Reithose mit blauer Biese. Der schwarze Tschako hatte von Anfang an den schwarzen Rossschweif und dazu gelbe Sturmbänder aus Metall. Das übrige Lederzeug war ebenfalls schwarz.

Die Artillerie war ähnlich der Kavallerie gekleidet, hatte schwarze Collets mit langen Schößen, einen hellblauen, mit schwarzer Schnur besetzten Kragen und Aufschläge, eine schwarze Hose mit blauer Biese sowie einen Husaren-Säbel.[6]

Der Totenkopf

Braunschweiger Totenkopf von 1815

Das Freikorps, das sich selbst „Schar der Rache“ nannte und den Wahlspruch „Sieg oder Tod“ führte, trug als Zeichen einen silbernen Totenkopf mit zwei darunter gekreuzten Knochen am Tschako. Dieses Signet wurde bereits vom preußischen Schwarzen Husarenregiment unter General Daniel Friedrich von Lossow am Tschako getragen. Herzog Silvius Nimrod von Württemberg-Oels hatte 1652 den Ritterorden vom Totenkopf des Fürstentums Oels gestiftet. Beide Vorbilder mögen den Schwarzen Herzog dazu bewogen haben, dieses Zeichen für seine Truppe zu benutzen.[7]

Einsatz

Denkmal in Elsfleth

Die Schwarze Schar sammelte sich im März 1809 in Náchod und brach am 12. Mai auf. Bei Zittau erlebte sie am 30. Mai ihre Feuertaufe. Die Stadt musste nach großen Verlusten aufgegeben werden, konnte aber wieder eingenommen werden. Es folgten Gefechte in Rumburk und Peterswalde. Im Juni kämpfte die Schwarze Schar an der Seite der Österreicher in Sachsen und Franken. Nach der Niederlage der Österreicher in der Schlacht bei Wagram kämpfte sich die Schar auf eigene Faust durch Norddeutschland an die Nordseeküste. Dabei kam es zu Gefechten in Halberstadt und Ölper. Schließlich konnte die Schwarze Schar am 6./7. August in Elsfleth und Brake nach England eingeschifft werden.

Weitere Entwicklung

Ab 1810 kämpfte die Schar als Braunschweig-Lüneburgsche Jäger, auch Brunswick-Oels Jäger genannt, unter dem Oberbefehl Wellingtons in Portugal und Spanien, wo die Truppe auch westphälischen Truppen gegenüberstand. Nach der Niederlage Napoleons kehrten die Truppen nach Braunschweig zurück, wo sie den Kern des neuen Braunschweigischen Leibbataillons bildeten, das 1815 in der Schlacht bei Quatre-Bras und bei Waterloo kämpfte.

Nach mehreren Umbenennungen wurden die regulären Truppenteile, die aus der 'Schwarzen Schar' hervorgingen, schließlich 1886 in die Preussische Armee eingegliedert, und zwar als „Braunschweigisches Husaren-Regiment Nr. 17“ und „Braunschweigisches Infanterie-Regiment Nr.92“. [8]

Bekannte Angehörige der Schwarzen Schar

Rezeption

Die Schwarze Schar oder Black Brunswickers, wie sie im englischen Sprachraum genannt werden, wurden zu ihrer Zeit als Helden gefeiert. So war es eine Zeit lang Mode, sich à la Brunsvic zu kleiden, d.h. einen schwarzen Spenzer zu tragen, sogar ein im Stil der schwarzen Uniformen geschneidertes Taufkleid ist aus dieser Zeit überliefert[9]. Diese heute fast vergessenen Truppen waren zu ihrer Zeit in weiten Teilen Europas in aller Munde. Nach 1813 wurden die Schwarzen und ihr Heldenherzog in Gedichten, Liedern, Gemälden und Büchern glorifiziert.

Literatur

  • Horst-Rüdiger Jarck, Gerhard Schildt (Hrsg.): Braunschweigische Landesgeschichte. Jahrtausendrückblick einer Region, Braunschweig 2000
  • Gustav von Kortzfleisch: Geschichte des Herzoglich Braunschweigischen Infanterie-Regimentes und seiner Stammtruppen 1809-1902, 3 Bände, Braunschweig 1896-1903
  • Gustav von Kortzfleisch: Des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig Zug durch Deutschland im Jahre 1809, Berlin 1894
  • Fred Mentzel: Der Vertrag Herzog Friedrich Wilhelms von Braunschweig mit der britischen Regierung über die Verwendung des Schwarzen Korps (1809), in: Braunschweigisches Jahrbuch, Band 55, Braunschweig 1974, S. 230–239
  • Otto von Pivka: The Black Brunswickers, Osprey Men-at-Arms, Oxford 1973
  • Ludwig Ferdinand Spehr: Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Oels, Braunschweig 1861
  • Detlef Wenzlik: Unter der Fahne des Schwarzen Herzogs 1809, Hamburg 2002

Einzelnachweise

  1. Gustav von Kortzfleisch: Des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig Zug durch Norddeutschland im Jahre 1809, Berlin 1894, S. 1
  2. Spehr, Ludwig Ferdinand Spehr: Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Oels, 2. Auflage, Braunschweig 1861, S. 51
  3. Ludwig Ferdinand Spehr: Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Oels, Braunschweig 1861, S. 1
  4. Ludwig Ferdinand Spehr: Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Oels, Braunschweig 1861, S. 50
  5. Gustav von Kortzfleisch: Des Herzogs Friedrich Wilhelm von Braunschweig Zug durch Norddeutschland im Jahre 1809, Berlin 1894, , S. 74f
  6. Ludwig Ferdinand Spehr: Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Oels, Braunschweig 1861, S. 51f
  7. Ludwig Ferdinand Spehr: Friedrich Wilhelm, Herzog von Braunschweig-Lüneburg-Oels, Braunschweig 1861, S. 52
  8. Quelle: "Bredow-Wedell: Historische Rang- und Stammliste des Deutschen Heeres.1905.
  9. Ulrike Strauss:Die "Franzosenzeit" (1806-1815), in: Jarck/Schildt: Braunschweigische Landesgeschichte, S.706f.

Weblinks


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