- Siegel
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Das Siegel (von lat. sigillum, Bildchen) ist eine Form der Beglaubigung von Urkunden oder Sicherstellung (Verschluss) der Unversehrtheit von Gegenständen oder Behältnissen (Briefumschlag, Tür) mithilfe eines Siegelstempels oder, sphragistisch (siegelkundlich) korrekt, eines Typars, der in eine weiche, erhärtende Masse (Siegelklumpen aus Siegellack, Wachs, früher Ton etc.) gedrückt wird. Oft wird zwischen „Siegel“ als Abdruck und „Siegelstempel“ als Prägewerkzeug begrifflich nicht unterschieden. Für „Siegelstempel“ kann auch der aus dem Slawischen stammende Begriff Petschaft (n. oder f.) benutzt werden.
Inhaltsverzeichnis
Rechtliches
Rechtlich ist jedes dienstliche „Siegel“ einzigartig (gegenüber beliebig herstellbaren „Stempeln“ – es verhält sich hier ähnlich wie bei dem Unterschied zwischen Fahne und Flagge). Wer es führen darf, ist eigens geregelt. Der Siegelbruch, das unberechtigte Zerstören eines Siegels, das durch eine Behörde, einen Amtsträger oder sonst dienstlich angebracht wurde, ist in Deutschland strafbar (§ 136 Abs. 2 StGB). Ein unbrauchbar gewordener Siegelstempel einer Behörde darf nur unter Hinzuziehung eines Zeugen und mit einem entsprechenden Protokoll vernichtet werden.
Historisches
Die frühesten Stempelsiegel sind im Vorderen Orient nicht vor der Tell Halaf-Zeit nachzuweisen. Rollsiegel sind erstmals in Sumer zwischen 3200 und 3100 v. Chr. in der Uruk IV-Schicht belegt. Dies sind kleine Steinzylinder aus Onyx, Lapislazuli, Achat oder anderen Stoffen, in die Figuren und Inschriften eingraviert wurden. Die Größe schwankt zwischen 0,15 und 10 Zentimetern. Durch das Abrollen des Zylinders in eine weiche Masse (zum Beispiel Ton) entsteht der charakteristische Siegelabdruck. Etwa zeitgleich tauchten zwischen 1600 v. Chr. und 1500 v. Chr. im Alten Ägypten, in Ugarit sowie bei den Hethitern die Siegelringe auf, wobei der Siegelring in Mesopotamien nicht in Gebrauch war.
Siegelabdrücke in Ton findet man außer bei den Sumerern, Assyrern und Babyloniern (Rollsiegel), später auch bei Griechen und Römern, von denen sie die Herrscher des Frühmittelalters übernahmen. Siegel führten zunächst Einzelpersönlichkeiten, später auch Körperschaften. Kaisersiegel gab es in Byzanz bereits seit dem 6. Jahrhundert, Papstsiegel seit dem 9. Jahrhundert. Im frühen und hohen Mittelalter siegelten Kaiser, Könige, Angehörige des Adels sowie die Hohe Geistlichkeit. Etwa seit dem 13. Jahrhundert machten auch Bürger von dieser Art der Beglaubigung Gebrauch. Siegel geistlicher Korporationen sind schon seit dem 11. Jahrhundert, Städtesiegel seit dem Anfang des 12. Jahrhunderts (Trier 1113, Köln 1149) zu finden. Metallsiegel, die sogenannten Bullen, waren aus Gold, Blei oder (seltener) aus Silber. Sie waren im Heiligen Römischen Reich hauptsächlich den Päpsten (siehe Goldene Bulle Karls IV.) oder den byzantinischen Kaisern für Dokumente besonderer politischer und verfassungsrechtlicher Bedeutung vorbehalten.
Wesentliche Dokumente und Urkunden des Mittelalters wurden mit Wachs gesiegelt. Sowohl die römisch deutschen Kaiser und Päpste als auch untergeordnete Reichsstände verwendeten farbige Wachssiegel mit folgender Kennzeichnung des Ranges:
- rotes Wachs: Kaiser, Könige, die das Recht auch anderen Fürsten verleihen konnten, grundsätzlich nur bei (staatsrechtlichen) „Souveränen“;
- grünes Wachs: Stifte und Klöster;
- weißes Wachs: Freie Reichsstädte;
- schwarzes Wachs: der Patriarch von Jerusalem und die Großmeister der geistlichen Ritterorden; heute noch gel. bei Trauerbriefen.
Seit dem 16. Jahrhundert wurde auch Siegellack verwendet, der hitzebeständiger als Wachs ist. Bereits seit dem 11. Jahrhundert wurden bildliche Darstellungen (z. B. Wappen) in Siegeln verwendet. Später verwendete man anstelle des Wachses sogenannte Oblaten (runde weiße Papierflächen), welche auf das Papier aufgeklebt und dann unter hohem Druck mit Hilfe von Hitze (wie beim Gaufrieren) zu einem Relief, dem Abdruck, verformt wurde.
Der Siegelmissbrauch wurde durch die Aufbewahrung bei eigens für diesen Zweck eingesetzten hohen Beamten verhindert, den Siegelbewahrern. Aus dieser Aufgabe wurde später ein Amt und ein Titel (siehe Lordsiegelbewahrer in England).
Formen von Siegeln
Mit einem Griff versehen, wird ein Siegel Petschaft genannt, gebräuchlicher und älter sind Siegelringe. Das Siegel kann auf die Urkunde gedrückt sein oder an einer Schnur oder einem Pergamentstreifen befestigt sein.
Andere Ausführungsformen mit Siegel-Funktion sind Aufkleber wie das Pfandsiegel (umgangssprachlich auch Kuckuck genannt), die an Kfz-Kennzeichenschildern angebrachte Zulassung-Prüfplakette, Plomben an Verschlüssen und Geräten, Sicherungsstempel an Meßgeräten.
Beispiele unterschiedlicher Siegel
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Siegel der Stadt Steyr, 1304
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Siegel der Universität zu Köln
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Großes Bonner Stadtsiegel
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Siegel Kaiser Heinrichs III.
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Rückseite einer Bulle Kaiser Friedrichs II. von 1246
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Siegel auf Adelsbrief Kaiser Karls VI.
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Siegel des Kayser Steinbruch, ab 1617
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Siegel Johanns III. von Straubing-Holland (1422)
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Siegel des Hochmeister des Deutschen Ordens
Spezielle Siegel
- Rollsiegel – erstmals in Sumer verwendet
- Rotsiegel – Siegel aus rotem Wachs waren im Heiligen Römischen Reich ein Privileg, das dem Kaiser, den Kardinälen und durch den Kaiser privilegierten Reichsstädten und reichsunmittelbaren Landesherren vorbehalten war (Rotwachsfreiheit oder auch Rotsiegelprivileg)
- Dienstsiegel – Amtliche Siegel zur rechtsverbindlichen Kennzeichnung von Dokumenten oder zum Verschluss
- Siegelring – im Fingerring untergebrachter Siegelstempel
- Fischerring – der päpstliche Siegelring
Siegel im ostasiatischen Kulturkreis
Die chinesische Bezeichnung für Siegel lautet yín (印) oder túzhāng (图章). Die japanische Bezeichnung für Siegel ist Inkan (印鑑) oder Hanko (判子). Diese Siegel werden geschäftlich und privat eingesetzt und sind oft wichtiger als die eigenhändige Unterschrift. In manchen Fällen wird gar nur das Siegel als Beglaubigung akzeptiert (siehe Artikel Chinesisches Siegel).
Verwandte Themen
- Sphragis – verschlüsselte Hinweise auf den Autor in einem literarischen Werk
- manu propria – die eigenhändige Unterschrift eines Herrschers
- Buch mit sieben Siegeln – die Symbole in der Bibel
- Tibetische Siegel
Literatur
- Handbücher
- Andrea Stieldorf: Siegelkunde. In: Hahnsche Historischen Hilfswissenschaften. 1, Hannover 2004, ISBN 3-7752-6132-X.
- Erich Kittel: Siegel. In: Bibliothek für Kunst- und Antiquitätenfreunde. 11, Braunschweig 1970 (mit umfangreicher Bibliographie S. 468–509).
- Wilhelm Ewald: Siegelkunde. In: Handbuch der mittelalterlichen und neueren Geschichte. 4, München-Berlin 1914 (Nachdruck München 1978).
- Egon von Berchem: Siegel. In: Bibliothek für Kunst- und Antiquitätensammler. 11, Berlin 1923.
- Michel Pastoureau: Les sceaux. In: Typologie des sources du moyen âge occidental. 36, Turnhout 1981, ISSN 0775-3381.
- Toni Diederich: Rheinische Städtesiegel. In: Jahrbuch Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V.. 1984/1985, Neuss 1984/1985, ISBN 3-88094-481-4, S. 25–149.
- Tafelwerke
- Otto Posse: Die Siegel der deutschen Könige und Kaiser von 751–1913. Dresden 1909–1913 (5 Bände: 1. 751–1347, 2. 1347–1493, 3. 1493–1711, 4. 1711–1806 1871–1913, 5. Textband, auf Wikisource).
- Friedrich Philippi: Siegel. In: Urkunden und Siegel in Nachbildungen. 4, Berlin 1914.
- Wilhelm Ewald: Rheinische Siegel. In: Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. 27, Bonn 1906–1941 (6 Bände).
- Aldo Martini: Die Goldsiegelsammlung aus dem Geheimarchiv des Vatikans: Katalog der Ausstellung in der Bayerischen Landesbank München. 1989 (ohne Jahr und Ort).
- Pietro Sella: I sigilli dell'Archivio Segreto Vaticano. In: Inventari dell'Archivio Segreto Vaticano: Bände 1–3. 1, Vatikan 1937, 1946, 1964 (3 Bände).
- Hilfsmittel und Bibliographie
- Vocabulaire international de la sigillographie. In: Pubblicazioni degli Archivi di Stato, Sussidi. 3, Rom 1990.
- Eckart Henning, Gabriele Jochums: Bibliographie zur Sphragistik. Schrifttum Deutschlands, Österreichs und der Schweiz bis 1990. In: Bibliographie der Historischen Hilfswissenschaften. 2, Köln 1995, ISBN 3-412-08695-9.
Weblinks
Commons: Beispiele Siegel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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