- Bahngleis
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Als Gleis wird die Fahrbahn für Schienenfahrzeuge bezeichnet. Diese Fahrbahn besteht in der Regel aus hintereinanderliegenden Schwellen, auf denen zwei parallel liegende stählerne Schienen befestigt sind. Umgangssprachlich werden auch Bahnsteigkanten nach Gleisen benannt.
Inhaltsverzeichnis
Wortherkunft
Als Gleis, Gleise oder Geleise (von mhd.: Leis, Leise) wurden ursprünglich die von einachsigen Karren (u.A. Ochsenkarren) oder zweiachsigen Wagen (Pferdefuhrwerke) in den Boden eingedrückten parallelen Spurrillen bezeichnet. Im römischen Straßenbau und dann wieder seit dem Mittelalter kannte man die in den Fels eingehauenen Spuren, die den Fahrzeugen besonders im Gebirge eine sichere Fahrt auf dem exponierten Weg ermöglichten. Diese Karrengeleise bedingten eine wenigstens regional normierte Spurweite der Fuhrwerke. Vereinzelt kamen schon in antiken Straßen weichenähnliche Verzweigungen vor.
Die veraltete Form "Geleise" wird in der Bahnfachsprache bereits seit über 100 Jahren nicht mehr verwendet, kommt heute mundartlich aber noch in der Schweiz vor.
Aufbau
Die Schwellen aus Holz, Stahl oder Beton halten die Schienen im vorgesehenen Abstand, der so genannten Spurweite zueinander. Die Schwellen liegen in einem Gleisbett, das meist aus Schotter besteht. Diese Bauform wird als „Schotteroberbau“ bezeichnet.
Als weitere Bauform gibt es die so genannte Feste Fahrbahn bei der Schwellen oder andere Schienenbefestigungsträger in einer Oberbauplatte aus Beton oder Asphalt integriert sind. Diese wird in Deutschland bei Schnellfahr- und Hochgeschwindigkeitsstrecken verwendet.
Daneben gibt es auch Fahrbahnen, bei denen die Schienen ohne Schwellen mit Schrauben oder Klammerfedern direkt befestigt werden. Diese Art des Oberbaus wird als „direkte Auflagerung“ bezeichnet.
Die Schienen sind Stahlprofile, die zunächst mit Laschen verschraubt wurden, in moderneren Ausführungen aber lückenlos verschweißt sind. Für Eisenbahnen werden heute Vignolschienen verwendet, für Straßenbahnen auch Rillenschienen. Auf den Schienen laufen die Räder der Eisenbahnfahrzeuge. Ein Abrutschen vom Gleis wird beim Fahren durch den Spurkranz und Sinuslauf der Radsätze verhindert. Die Spurkränze gewährleisten an Weichen und Kreuzungen die Führung der Räder.
Die Gesamtheit von Schienensträngen, Schwellen und dem Gleisbett nennt man Gleiskörper, Gleis und Gleisbett werden mit dem Begriff Oberbau zusammengefasst. Dämme, An- und Einschnitte sowie Brücken gehören zum Unterbau von Gleisen, mit dem Unebenheiten des Geländes ausgeglichen werden.
Das Gleis mit der Gesamtheit seiner Bauteile nimmt die Kräfte auf, die durch das Gewicht, die postitive bzw. negative Beschleunigung (umgangssprachlich Verzögerung) genannt) und die Geschwindigkeit der Schienenfahrzeuge entstehen. Vom Ober- wie vom Unterbau hängen unter anderem die Höchstgeschwindigkeit einer Strecke und die mögliche Achslast der Fahrzeuge ab.
Gleisbau und -konstruktion
Die Projektierung und Verlegung von Gleisen einschließlich Ober- und Unterbau sowie auch deren Unterhaltung und Pflege werden als Gleisbau bezeichnet.
Berücksichtigung von Temperatur und geologischen Veränderungen
Neue Schienen werden vom Hersteller in Regellängen von 30, 45, 60, 120 oder 180 Meter gewalzt. Bei dem Einbau der Schienen in den Gleiskörper werden die Schienen daraufhin entweder zu einem so genannten Stoßlückengleis verschraubt oder zu einem lückenlosen Gleis verschweißt.
Beim Stoßlückengleis werden die Enden zweier Schienen mit einer gewissen temperaturabhängigen Verlegelücke, dem so genannten Schienenstoß, aneinandergesetzt und mittels Laschen verschraubt. Bei Verlegetemperaturen von mehr als 20 °C (bei 60-Meter-Schienenstücken) wird keine Verlegelücke verwendet, bei weniger als 20 °C eine Lücke bis zu 19 Millimetern. Bei Temperaturen von mehr als 20 °C verschwindet somit die Schienenlücke und es treten Temperaturspannungen auch im Stoßlückengleis auf.
Das Stoßlückengleis wird gemäß Oberbauvorschrift der Deutschen Bahn AG (DS 820) nur dann verwendet, wenn Gleise auf rutschgefährdetem oder ungleichmäßig nachgiebigem Untergrund verlegt werden müssen.
In allen anderen Fällen wird ein lückenloses Gleis, auch als durchgehend geschweißtes Gleis bezeichnet, verwendet. Hierbei werden die Enden zweier Schienen ohne eine Verlegelücke miteinander verschweißt. Damit mechanische Spannungen aufgrund von Temperaturschwankungen innerhalb beherrschbarer Grenzen gehalten werden können, werden im Bereich der Deutschen Bahn AG Schienen in einem Temperaturbereich von 20–26 °C verschweißt. Innerhalb dieses Temperaturbereiches sind die mechanischen Spannungen nahezu ausgeglichen.
Bei höheren oder niedrigeren Temperaturen treten jedoch aufgrund der Ausdehnung bzw. Schrumpfung der Schienen in Längsrichtung mechanische Spannungen im Gleis auf, so genannte „Längsverschiebungen“. So treten z. B. sowohl in einem Stoßlückengleis als auch in einem lückenlosen Gleis bei Schienentemperaturen von 60 °C (die auch in unseren Breiten im Sommer durchaus möglich sind) Druckkräfte von etwa 1500 kN (bei UIC-60-Schienen) auf.
Diese mechanischen Spannungen werden jedoch weder bei dem Stoßlückengleis durch den Schienenstoß, noch bei dem lückenlosen Gleis durch Ausgleichsvorrichtungen (außer bei extremen Bedingungen oder auf Brücken, s. u.) kompensiert. Vielmehr verbleiben die Druckkräfte im Gleis an Ort und Stelle. Ein horizontales Ausweichen der Schienen erfolgt nicht. Durch die Verspannung der Schienen mit den Schwellen, die großen Reibungskräfte zwischen Schienenfuß und Schienenbefestigung sowie die Einschotterung bzw. das Eingießen in Beton werden die Druckkräfte direkt in den Untergrund übertragen. Insbesondere muss der seitlich neben den Schwellen angeordnete Schotter eine gewisse Mindestbreite umfassen, damit das Gleis in seiner Lage verbleibt und die Druckkräfte zuverlässig abgeleitet werden können. Des Weiteren ist bei Schotteroberbau die Unterseite einer Schwelle besonders rau ausgeführt, um die Reibung zwischen Schotter und Schwellenunterseite zu erhöhen.
Bei besonders großen Temperaturunterschieden, betriebsbedingten Längskräften wie Bremsen oder Beschleunigen von Fahrzeugen und auf Brücken werden spezielle Gleiskonstruktionen eingebaut, sog. Schienenauszüge. Hierbei gleiten eine Backenschiene und eine Zunge in Längsrichtung gegeneinander, wobei die Ausziehlängen zwischen 200 mm und 830 mm betragen können.
Ein Gleislagefehler ist ein Fehler der Lage eines Eisenbahngleises in horizontaler oder vertikaler Richtung oder ein Fehler in der gegenseitigen Höhenlage beider Schienen, der beim Bau oder durch Veränderungen des Untergrunds entstehen kann.
Entgleisungsschutz
Zur gezielten Führung von Schienenfahrzeugen nach dem Entgleisen sind an vielen Engstellen – insbesondere auf und unter Brücken – Führungsschienen angebracht. Diese bestehen meist aus herkömmlichen Vignolschienen, sodass das Gleis wie ein Vierschienengleis aussieht. Die Führungsschienen sind meist etwa 10 Meter weiter als die Engstelle verlegt und als Fangvorrichtung ausgebildet.
Eine weitere Möglichkeit ist der Einsatz von Schutzschienen, die insbesondere in Kurven eingesetzt werden. Hierbei handelt es sich um spezielle Profile, die in einem Abstand von etwa 80 mm zur Innenschiene befestigt werden. Im Normalfall wird die Schutzschiene nicht vom Spurkranz des Rades berührt, jedoch wird durch die Wahl des Abstands das Aufsteigen des Spurkranzes auf der Außenschiene verhindert.
In noch engeren Kurven, meist bei Straßenbahnen, entlasten Leitschienen die Außenschienen, da an der Innenschiene die Innenseite des Spurkranzes an der Leitschiene ansteht. Das Risiko einer Entgleisung wird somit minimiert.
Verzweigungen und Kreuzungen
Verzweigungen von Gleisen werden mit Eisenbahnweichen realisiert. Ein weiteres wichtiges Konstruktionselement ist die Kreuzung. Trennt sich ein Schienenstrang vom anderen und wird einer über den anderen hinweggeführt, spricht man bei einem Kreuzungspunkt hier von einem Überwerfungsbauwerk.
Mehrschienengleise
Eine spezielle Variante des Gleises ist das Dreischienengleis. Es hat drei nebeneinander verlegte Schienen, um das Befahren mit Zügen unterschiedlicher Spurweite zu ermöglichen, wobei eine der äußeren Schienen von den Fahrzeugen beider Spurweiten genutzt wird. Dreischienengleise werden in Bahnhöfen verwendet, in denen Bahnen mit verschiedenen Spurweiten aufeinander treffen, aber auch auf Werksgeländen von Fahrzeugherstellern oder während der Umstellungsphase einer Eisenbahn auf eine andere Spurweite (z. B. bei den Stuttgarter Straßenbahnen bis Dezember 2007). Längere Dreischienenstrecken existieren vor allem in Australien.
Wegen der gemeinsam genutzten Schiene sind zum Ein- und Ausfädeln spezielle Weichen erforderlich. Eine Sonderform einer Weiche ist auch die sog. Gleisspurverziehung, bei dem die schmalere Spurweite sozusagen die Seiten wechselt, was vor Weichen oder von beiden Spurweiten gemeinsam genutzten Bahnsteigen notwendig werden kann.
Sind beide Spurweiten zu ähnlich, z. B. Meterspur und Kapspur, so ist ein Dreischienengleis nicht mehr möglich, weil die Differenz zwischen beiden Spuren geringer ist als die Breite einer Schiene einschließlich der Befestigungselemente. Deswegen werden in diesem Fall vier Schienen benötigt (Vierschienengleis). Mit vier Schienen lassen sich sogar drei Spurweiten auf einem Gleis unterbringen, z. B. Normalspur, Kapspur und Meterspur, was in einigen Teilen Afrikas in Zukunft notwendig werden könnte.
Vierschienengleise können auch so ausgeführt sein, dass die Spurmitten beider Spurweiten zusammenfallen. Dies erfordert eine ausreichend große Differenz der Spurweiten und hat den Vorteil, dass keine seitliche Erweiterung des Lichtraumprofils durch Seitenverschiebung erforderlich wird. Dies ist insbesondere wichtig, wenn auf dem Schmalspurgleis aufgebockte Normalspurwagen mittels Rollböcken oder Rollwagen transportiert werden. Auch in beengten Tunneln kann trotz 2 vorhandenen Normalspurgleisen ein weiteres spezielles Mittelgleis notwendig werden, wenn die Strecke auch für überbreite Großraumtransporte benutzt wird.
Ein weiterer Vorteil des Vierschienen- gegenüber dem Dreischienengleis ist, dass hier keine Weichen zum Zusammenführen der Spurweiten benötigt werden (potenzielle Unfallquellen!); es genügt eine sog. Gleisverschlingung. Eine solche kann auch bei nur einer Spurweite sinnvoll sein, beispielsweise vor schmalen Brücken oder Engstellen in einem Straßenbahnnetz.
Ein Sechsschienengleis muss eingesetzt werden, wenn auf einer eingleisigen Eisenbahnstrecke normalspurige, aber vom Wagenaufbau schmalere Straßenbahnen eingesetzt werden und auf beiden Seiten eine Haltestelle ist und außerdem Güterzüge mit dem Regellichtraumprofil eingesetzt werden. Durch das Sechsschienengleis wie auf der Lossetalbahn von Kassel über Kaufungen nach Hessisch Lichtenau kann die Straßenbahn jeweils nach rechts ausschwenken, um den Abstand zum Bahnsteig zu verringern. Der Güterzug kann in der Mitte fahren, ohne die Bahnsteigkanten zu gefährden. Ist nur auf einer Seite eine Haltestelle, reicht ein Vierschienengleis.
Zahnradgleise
Zahnradbahnen haben in der Gleismitte die so genannte Zahnstange, in die das Zahnradgetriebe der Lokomotive eingreift. Es gibt verschiedene Bauarten von Zahnstangen mit den Zähnen an der Oberseite (Systeme Abt und Strub), an den Seiten (System Locher) sowie mit einer Leiterzahnstange (System Riggenbach).
Begriffe im deutschsprachigen Raum
In Deutschland und in Österreich wird zwischen Haupt- und Nebengleis unterschieden. Hauptgleise sind von Zügen planmäßig befahrene Gleise. Die Gleise der freien Strecke und ihre Fortsetzung im Bahnhof werden als durchgehende Hauptgleise bezeichnet. Alle anderen Gleise werden als Nebengleise bezeichnet.
In der Schweiz bezieht sich das Hauptgleis auf das eine Gleis, in dem eine signalmäßige (nicht mit Rangiersignalen), gesicherte Zugfahrstraße eingestellt werden kann.
Streckengeher
Gleise wurden und werden teilweise noch von einem Streckengeher vor allem auf defekte Schienenbefestigung kontrolliert. Er führt entsprechende Schraubenschlüssel mit und passt seine Schrittweite dem Schwellenabstand von häufig 65 cm an, um wenig auf den unebeneren, groben Schotter zu treten.
Historischer Rückblick
In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts unterschied man noch 4 Gleistypen nach dem verwendeten Material:
- Englische Schienen: heutige Eisenschienen, teuer, aber dauerhaft, auf Steinblöcken oder Holzschwellen verlegt. Ersetzte bei Eisenbahnen bald die amerikanische Bauweise.
- Amerikanische Schienen: Holzschienen mit Metallbeschlag, billig beim Bau aber aufwändig im Unterhalt, wurden auf Holzschwellen verlegt. Wurden auch bei Pferdebahnen (z. B. Budweis–Linz) verwendet.
- Holzschienen: Aus Baumstämmen geschnitzte Schienen. Schon seit dem Mittelalter vor allem in Bergwerken in Gebrauch.
- Steinschienen: Steinschienen auf gesetzter Steinunterlage, wurden überwiegend nur auf Versuchsstrecken in Frankreich eingesetzt.
Literatur
- Simulation of the Dynamic Behavior of Bedding-Foundation-Soil in the Time Domain, Firuziaan, M., Estorff, o., Springer Verlag, 2002
- Ensinger, Erich: Der Gleisbau (=Leitfaden für Eisenbahner), Frankfurt a.M.: GdED-Verl.-Ges., 3. Aufl. 1962 – 219 S.
- Haarmann, August: Das Eisenbahn-Geleise. Geschichtlicher Teil, Leipzig, Engelmann 1891 - XL, 852 S. m. zahlr. Abb. - Das Standardwerk zum Thema.
- Hanker, Robert: Eisenbahnoberbau. Die Grundlagen des Gleisbaues, Wien: Springer. 1952 – VIII, 256 S. Mit 258 Textabb. 8°
- Knothe, Klaus: Gleisdynamik (=Bauingenieur-Praxis), Berlin: Ernst. 2001 (3-433-01760-3) – VIII, 221 S. Ill., graph. Darst. 24 cm – Literaturverz. S. 187 - 214
- Lichtberger, Bernhard: Handbuch Gleis. Unterbau, Oberbau, Instandhaltung, Wirtschaftlichkeit, Hamburg: Tetzlaff, 2. Aufl. 2004 (ISBN 3-87814-804-6)
- Schiemann, Wolfgang: Schienenverkehrstechnik: Grundlagen der Gleistrassierung, Stuttgart; Leipzig; Wiesbaden: Teubner, 1. Aufl. 2002 (ISBN 3-519-00363-5) – 334 S. graph. Darst. 25 cm
- Matthews, Volker: Bahnbau, Stuttgart; Leipzig: Teubner, 4. Aufl. 1998 (ISBN 3-519-30113-X) – 284 S., 55 Tabellen
Siehe auch
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