- Tetrachlorethen
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Strukturformel Allgemeines Name Tetrachlorethen Andere Namen - Tetrachlorethylen
- Per
- Ethylentetrachlorid
- Perchlorethylen
- Perchlorethen (PCE)
Summenformel C2Cl4 CAS-Nummer 127-18-4 PubChem 31373 Kurzbeschreibung farblose, chlorartig riechende Flüssigkeit[1]
Eigenschaften Molare Masse 165,83 g·mol−1 Aggregatzustand flüssig
Dichte 1,62 g·cm−3 (20 °C)[2]
Schmelzpunkt Siedepunkt 121 °C[2]
Dampfdruck Löslichkeit Brechungsindex 1,5059[1]
Sicherheitshinweise GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [3] Achtung
H- und P-Sätze H: 351-411 EUH: keine EUH-Sätze P: 273-281 [2] EU-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [3] Gesundheits-
schädlichUmwelt-
gefährlich(Xn) (N) R- und S-Sätze R: 40-51/53 S: (2)-23-36/37-61 MAK nicht vergeben da Verdacht auf karzinogene Wirkung[1]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen. Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C Tetrachlorethen (Trivialname: Perchlorethylen, Perchlor, PER, PCE) ist eine farblose, nicht brennbare, flüchtige Flüssigkeit, deren Dämpfe viel schwerer als Luft sind. Es lässt sich formal vom Ethen ableiten, bei dem alle vier Wasserstoffatome durch Chloratome ersetzt wurden, daher gehört es zu den leichtflüchtigen Chlorkohlenwasserstoffen. Tetrachlorethen löst Polyolefine und chemisch verwandte Kunststoffe an und macht sie weich und undurchsichtig.
Aufgrund seiner weiten Verbreitung in Industrie und Gewerbe und einer hohen Umweltmobilität gehört Tetrachlorethen zu den Hauptkontaminanten des Grundwassers.[4]
Inhaltsverzeichnis
Gewinnung und Darstellung
Michael Faraday synthetisierte Tetrachlorethen zuerst 1821 durch thermische Zersetzung von Hexachlorethan.
Heute wird Tetrachlorethen meist durch Hochtemperatur-Chlorolyse von leichten Kohlenwasserstoffen produziert, wobei die Methode der von Faraday verwandten ähnelt.[5] Nebenprodukte der Reaktion sind Tetrachlormethan, Chlorwasserstoff und Hexachlorbutadien.
Einige weitere Verfahren wurden entwickelt. So die Reaktion von 1,2-Dichlorethan bei 400 °C mit Chlor:
Die Reaktion wird mit einem Gemisch von Kaliumchlorid und Aluminiumchlorid als Katalysator durchgeführt. Das als Nebenprodukt entstehende Trichlorethen wird durch Destillation abgetrennt.
Verwendung
Tetrachlorethen ist ein Lösungsmittel, das in der Textil-, Film-, optischen, und in der Metallindustrie Anwendung findet. Wegen seines hohen Fettlösevermögens wird es dort als Entfettungsmittel verwendet. In der optischen Fertigung werden Linsen und Prismen vor der Verbindung zu optischen Elementen durch Verkittung oder Ansprengen mit Tetrachlorethen gereinigt (auch manuell). Die heute gebräuchlichen Anlagen haben mehrere Fluttanks sowie die Möglichkeit der Dampfentfettung (Kondensation von Lösemitteldampf auf den zu reinigenden Teilen), so dass eine praktisch fettfreie Oberfläche erhalten wird. Das Lösemittel wird anlagenintern durch Destillation aufgearbeitet. Da chlorierte Kohlenwasserstoffe bei Säureeintrag zur autokatalytischen Zersetzung (Bildung von HCl) neigen, wird Tetrachlorethylen für die Metallreinigung mit speziellen Stabilisatoren (Amine, Epoxide) angeboten. Ein weiteres bedeutendes Anwendungsgebiet ist die chemische Reinigung. Daher rührt auch das „P“ („Perchlorethylen“) auf dem Pflegesymbol der Textiletiketten.
Eine ungewöhnliche Verwendung fand Tetrachlorethen in den 1960'er Jahren in dem Homestake-Experiment, einem Pionierexperiment der Elementarteilchenphysik. Hier wurden 615 t des Stoffes in einer Goldmine eingelagert, um mit Hilfe einer Kernreaktion das lange postulierte, aber sehr schwer nachzuweisende Neutrino zu finden.[6]
In der Tierkörperverwertung und Dampfentfettung findet Tetrachlorethen heute keine Verwendung mehr.[7]
Sicherheitshinweise
Tetrachlorethen ist als krebserzeugender Gefahrstoff der Kategorie drei eingestuft. Die chronische Aufnahme führt zu Leber- und Nierenschäden. Es steht in Verdacht, reproduktionstoxisch und karzinogen zu sein.
Tetrachlorethen zersetzt sich durch Licht, Feuchtigkeit und Hitze (Zersetzungstemperatur: ab 150 °C). Dabei setzt es u. a. eine Reihe gefährlicher Zersetzungsprodukte frei, wie z. B. Chlorwasserstoff, Phosgen, Chlor, polychlorierte Dibenzodioxine (PCDD) oder polychlorierte Dibenzofurane (PCDF).
Tetrachlorethen reagiert mit einer Reihe von anderen Chemikalien (vor allem mit Metallen und Metallverbindungen) teils sehr heftig, dabei kann es zur starken Hitzeentwicklung bis hin zur Explosion kommen. Auch dabei können gefährliche Produkte und Dämpfe entstehen oder freigesetzt werden.
Tetrachlorethen als Gefahrstoff
Bei der Verwendung von Tetrachlorethen sind Arbeitsplatzbelastungen in der Metallindustrie und in Chemischen Reinigungen möglich. Belastungen der Anwohner in der Nähe von Betrieben, die mit Tetrachlorethen arbeiten, für die ein Grenzwert von 0,1 mg pro Kubikmeter Raumluft gilt[8] und die Anreicherung von Tetrachlorethen im Grundwasser sind die häufigsten Umweltbelastungen. Das Referenzverfahren, um Belastungen in der Umgebung von Tetrachlorethenemitenten zu ermitteln, sind Raumluftanalysen mit Hilfe sogenannter Passivsammler die nach dem Diffusionsprinzip arbeiten[9]. Wobei die durchschnittliche Tetrachlorethenbelastung in ländlichen Regionen weniger als 1 µg pro Kubikmeter Luft und in Ballungsgebeiten zwischen 2 und 5 µg pro Kubikmeter Luft beträgt, was der Größenordnung nach 1/100 des Grenzwertes entspricht[10].
Stand der Technik ist seit geraumer Zeit die Verwendung in geschlossenen Anlagen, deren Luft- Emissionen durch verschiedene Maßnahmen wie Vakuum und Aktivkohlefilter in der Abluft, minimiert werden. Jedoch ist der Betrieb solcher Anlagen in Altbauten mit Balkendecken nach wie vor kritisch[11]. Chemische Textilreinigungen werden teils aus diesen Gründen auf nichthalogenierte Kohlenwasserstofflösemittel umgestellt (d.h. Kohlenwasserstoffe, bei denen kein Wasserstoffatom durch eines der Halogene Fluor, Chlor oder Brom ersetzt ist).
Bodenkontamination durch Tetrachlorethen werden im Altlastenkataster erfasst.
Für Trinkwasser ist laut Trinkwasserverordnung ein Grenzwert von 10 µg pro Liter für die Summe von Trichlorethen und Tetrachlorethen festgelegt.[12]
Einzelnachweise
- ↑ a b c d Felix Geldsetzer, in: Roempp Online - Version 3.5, 2009, Georg Thieme Verlag, Stuttgart.
- ↑ a b c d e f Eintrag zu Tetrachlorethen in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA, abgerufen am 13.12.2007 (JavaScript erforderlich)
- ↑ a b Eintrag zu CAS-Nr. 127-18-4 im European chemical Substances Information System ESIS (ergänzender Eintrag)
- ↑ Silke Granzow; Isolierung und Charakterisierung eines neuen Tetrachlorethen dechlorierenden strikt anaeroben Bakteriums; ISBN 978-3896753885
- ↑ M. Rossberg et al. “Chlorinated Hydrocarbons” in Ullmann’s Encyclopedia of Industrial Chemistry 2006, Wiley-VCH, Weinheim. doi:10.1002/14356007.a06 233.pub2
- ↑ Sterne und Weltraum, Februar 2010; Astrophysik mit Neutrinos
- ↑ Reinhard Matissek,Gabriele Steiner,Markus Fischer; Lebensmittelanalytik, S.334; ISBN 978-3540922049
- ↑ Bundesrecht.juris.de: § 15 Allgemeine Anforderungen, Zweite Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes.
- ↑ http://www.innenraumanalytik.at/Newsletter/merkblatt_tce.pdf
- ↑ [1] Umweltlexikon
- ↑ Luftreinhaltung bei Chemischen Reinigungen. Umweltportal auf Berlin.de, abgerufen am 9. Dezember 2010.
- ↑ Bundesrecht.juris.de: Anlage 2 (zu § 6 Abs. 2) der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001), abgerufen am 15. Dezember 2010.
Weblinks
- Stoffdossier beim Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung
- Einsatz von PER in der chemischen Reinigung
- Bericht der WHO über Tetrachlorethen und seine gesundheitlichen Auswirkungen. (Englisch)
Kategorien:- Stoff mit Verdacht auf krebserzeugende Wirkung
- Umweltgefährlicher Stoff
- Chloralken
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