9. Fallschirmjäger-Sturmregiment Col Moschin

9. Fallschirmjäger-Sturmregiment Col Moschin
Wappen des 9. Fallschirmjägerregiments

Das 9. Fallschirmjäger-Sturmregiment Col Moschin (it. 9º Reggimento d'Assalto Paracadutisti “Col Moschin”) ist ein Spezialkräfteverband des italienischen Heeres. Das Regiment hat seinen Sitz in Livorno und untersteht truppendienstlich der Fallschirmjägerbrigade Folgore. Daneben ist es in das Spezialkräftekommando (COFS) des italienischen Generalstabs eingebunden.

Inhaltsverzeichnis

Auftrag

Grundsätzlich werden dem Regiment nur Aufträge übertragen, die strategische Bedeutung haben. In der Praxis der Auslandseinsätze werden Teams des Col Moschin immer wieder normalen Verbänden zur Unterstützung in besonderen Situationen zugeteilt. Die wichtigsten Aufgaben sind:

Organisation

Regimentsemblem

Dem Regimentskommando unterstehen folgende Einheiten:

  • Stabs- und Versorgungskompanie
  • Fernmeldekompanie
  • Spezialkräftebataillon (1º Battaglione Incursori)
    • Stabszug
    • 110. Kompanie
    • 120. Kompanie
    • 130. Kompanie
    • 111. Kampfpionierkompanie
  • Ausbildungsbataillon (RAFOS)
    • Stabszug
    • 101. Ausbildungskompanie
    • Übungsplatzkommando (BAI, San Rossore an der Arno-Mündung)

Den Kompanien des Spezialkräftebataillons unterstehen die Einsatzteams (distaccamento operativo) unmittelbar. Die Teams bestehen aus zwei Trupps zu je vier Mann. Jedes Team wird von einem Offizier oder einem höheren Unteroffizier (Maresciallo) geführt, dem ein nur für Operationen zuständiger Stellvertreter beigeordnet ist. Von den anderen Mitgliedern sind drei auf Informations- und Fernmeldeaufgaben spezialisiert, einer auf Sanitätsaufgaben, einer auf Sprengstoffe und einer auf Waffen. Im Regelfall besteht ein Team aus einem höheren Unteroffizier, drei weiteren Unteroffizieren und vier Berufssoldaten, die neben ihren genannten Spezialkenntnissen auch sehr gute Fähigkeiten in den jeweils anderen Bereichen haben müssen. Die Kompanien kennen keine Zugebene. In den Spezialkräftekompanien wird fast die Hälfte der Teams von Offizieren geführt, während in der Kampfpionierkompanie die Teams ausschließlich höheren Unteroffizieren unterstehen. Obwohl alle Teams ein möglichst breites Einsatzspekturm abdecken sollen, ist es aus einsatzspezisfischen Gründen zu einer Spezialisierung auf HALO/HAHO-Fallschirmsprünge, amphibische Operationen und Einsätze in Eis und Schnee gekommen. Das Regiment ist mit einer fast unüberschaubaren Variation von Waffen ausgerüstet und weicht von der Ausstattung anderer Regimenter zum Teil erheblich ab.

Rekrutierung und Ausbildung

Soldaten des 9. Fallschirmjäger-Sturmregiment Col Moschin bei einer Parade am 2. Juni 2007

Das Personal wird bei Schulen und Ausbildungsregimentern des italienischen Heeres von besonderen Rekrutierungsteams des Regiments ausgewählt, die unmittelbar erste Tests durchführen. Verlangt werden hier unter anderem mindestens 10 Klimmzüge, 30 Liegestützen und 40 Sit-ups in jeweils einer Minute. 1.500 Meter sind in höchstens sechs Minuten zu laufen. Geeignete Soldaten absolvieren zunächst bei der 101. Kompanie eine dreiwöchige praktische Testausbildung, bei der unter anderem verschiedene Märsche mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad von bis zu 25 km mit 20 kg Marschgepäck zu bewältigen sind (darunter auch nächtliche Orientierungsmärsche im Apennin). Im Fall eines positiven Abschlusses der Probeausbildung beginnt eine elfmonatige, in verschiedene Ausbildungsabschnitte gegliederte Grundausbildung. Alle Abschnitte und die Abschlussprüfungen müssen bestanden werden. Bei erfolgreicher Beendigung der Grundausbildung folgt die Spezialausbildung, die zunächst bei der Gebirgs- und Winterkampfschule in Aosta, bei der Luftlandeschule in Pisa und bei den Kampfschwimmern der Marine durchgeführt wird. Der abschließende Teil findet wiederum beim Ausbildungsbataillon des Regiments statt und beschäftigt sich nur noch mit den spezifischen Einsatzmodalitäten der Spezialkräfte. Einige der oben genannten Ausbildungsabschnitte werden im Ausland unter zum Teil extremen Klimabedingungen durchgeführt. Insgesamt dauert die Ausbildung rund zwei Jahre.

Das Ausbildungsbataillon (Reparto Addestramento Forze per Operazioni Speciali) bildet nicht nur das Personal des Regiments aus, sondern auch andere Spezialeinheiten aus den italienischen Streitkräften und aus dem Ausland. Daneben gibt es eine ganze Reihe von Fortbildungskursen, zum Teil in Zusammenarbeit mit anderen Schulen in Italien und im Ausland (u.a. im deutschen Pfullendorf).

Ausrüstung

Die Bewaffnung der Truppe weicht vom Standard des italienischen Heeres ab. Was die Einheit benötigt, wird auch beschafft.

Die Standardpistole der Truppe ist die Beretta 92, sie verfügt aber auch über den Colt Python .357 Magnum für maximale Mann-Stopp-Wirkung. An automatischen Waffen führt das 9. Fallschirmjäger-Sturmregiment Col Moschin die H&K MP-5 und die SCP 70/90 5,56 mm in der Luftwaffenversion. Kürzlich wurde auch das STEYR AUG beschafft aus österreichischer Produktion. Die Scharfschützen des Regiments benutzen das H&K G3/SG1, das HK MSG90, das Mauser SP86, das Accuracy AWP und für extreme Reichweiten und Durschlagskraft das Barrett M82A1. Für den Häuserkampf stehen Flinten vom Typ SPAS-15 MIL und Beretta RS202 zur Verfügung. Des Weiteren sind das Maschinengewehr MG 42/59, das schwere MG Browning M2, die Panzerfaust 3, das Rakentensystem MILAN und der MK-19 Maschinengranatwerfer in Gebrauch. Neuere Ausrüstung umfasst dabei das Colt M4 mit angebauten Granatwerfer M203 aus amerikanischer Produktion.

Geschichte

Emblem IX Reparto d'Assalto
Emblem X Rgt. Arditi
Emblem Btl. "Col Moschin"

Das Regiment entstammt eigentlich nicht den Fallschirmjägern, sondern den 1917 aufgestellten Sturmtruppen (reparti d'assalto). Die jeweils aus etwa 600 Freiwilligen bestehenden Verbände der Sturmtruppen unterstanden im Regelfall den Armeekorps unmittelbar und wurden nur für Sonderaufgaben herangezogen. Hauptaufgabe war das Schlagen von Breschen und die Vorbereitung von Angriffen der Infanterie. Mitte 1918 wurden aus 18 (von gegen Kriegsende insgesamt 42) Verbänden dieser Art zwei Sturmdivisionen gebildet, die 1918 am Piave kämpften. Innerhalb der Heerestruppen hatten sie unter der Bezeichnung Arditi bald eine Sonderstellung. Ihre Waffenfarbe war schwarz, als Emblem hatten sie einen Dolch oder einen Gladius. Nach dem Krieg spielten sie zum Teil eine unheilvolle Rolle bei der Machtergreifung der Faschisten.

Das 9. Fallschirmjäger-Sturmregiment Col Moschin entstammt dem im Mai 1918 für das IX. Korps aufgestellten IX Reparto d'Assalto. Die Sturmtruppen dieses Verbandes verhinderten während der Zweiten Piaveschlacht am 15. und 16. Juni 1918 mit einer Reihe von Gegenangriffen bei den westlich des Monte Grappa gelegenen Höhen Col Fenilon, Col Fagheron und Col Moschin (sprich Moskin) einen österreich-ungarischen Durchbruch ins Tiefland. Die blitzartige, brillante Aktion auf dem Col Moschin gilt als eine der herausragendsten Einsätze der italienischen Sturmtruppen im Ersten Weltkrieg. Der IX Reparto d'Assalto kämpfte Ende Oktober 1918 erneut auf dem Monte Grappa und erlitt dabei schwere Verluste.

Bis Dezember 1919 wurden fast alle Arditi-Verbände aufgelöst, darunter auch der IX.

Am 20. Juli 1942 entstand in Santa Severa bei Civitavecchia ein neues Spezialkräfteregiment mit der Bezeichnung X Reggimento Arditi. Es unterstand dem Heeresgeneralstab unmittelbar und führte bis zum Waffenstillstand im September 1943 einige Einsätze in Tunesien, Algerien und im besetzten Sizilien durch. Am 20. März 1944 entstand aus dem seit Januar 1943 auf Sardinien stationierten I. Bataillon des Regiments wiederum ein IX Reparto d'Assalto, der als Teil der Division Legnano auf seiten der Alliierten am Befreiungskrieg gegen den Nazifaschismus teilnahm. 1946 löste man den IX Reparto d'Assalto wieder auf. 1953 gründete man an der Infanterieschule in Cesano bei Rom eine neue Spezialkompanie, die 1957 zur neuen Luftlandeschule nach Pisa verlegt wurde und dort bis 1961 zu einem Bataillon aufwuchs. Am 1. Oktober 1975 nahm es die Bezeichnung 9. Fallschirmjäger-Sturmbataillon Col Moschin (9º Battaglione Paracadutisti d'Assalto “Col Moschin”) an und erhielt zur eigenen Truppenfahne noch die des X Reggimento Arditi aus dem Zweiten Weltkrieg. Am 24. Juni 1995 nahm es den heutigen Namen an und wurde zu einem Regiment vergrößert.

In den letzten 25 Jahren haben Teams des Spezialverbandes an etlichen Einsätzen im Ausland teilgenommen, darunter 1982-1984 an der internationalen Mission im Libanon, 1991 im Nordirak (Kurdische Flüchtlinge), 1992-1993 in Somalia, 1994 in Ruanda (NEO), wiederholt im ehemaligen Jugoslawien, in Albanien, in Osttimor, im Irak und in Afghanistan.

Verweise

Literatur

  • Sören Sünkler: "Elite- und Spezialeinheiten Europas". Motorbuch Verlag 2008. ISBN 3-613-02853-0

Weblinks


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