Tupolew SB

Tupolew SB
Tupolew SB-2 (ANT-40)
SB-2 im Fliegermuseum Monino
SB-2 im Fliegermuseum Monino
Typ: Bomber
Entwurfsland: UdSSR UdSSR
Hersteller: Tupolew / ZAGI
Erstflug: 7. Oktober 1934
Indienststellung: 1935
Produktionszeit: 1935 bis 1941
Stückzahl: 6.466

Die Tupolew SB-2 (Werksbezeichnung ANT-40) war ein in den späten 1930er Jahren und im Zweiten Weltkrieg eingesetztes zweimotoriges sowjetisches Bombenflugzeug.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

Bei ihrem Erscheinen in der ersten Hälfte der 1930er Jahre war sie aufgrund ihrer Konstruktion eines der modernsten Flugzeuge ihrer Art. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von über 400 km/h flog sie schneller als die meisten Jagdflugzeuge jener Zeit. Einige der 6466 gebauten Exemplare dienten im Zweiten Weltkrieg noch bis 1943 im Fronteinsatz, bis sie danach für Schulungs- und Verbindungszwecke in die hinteren Linien verlegt wurden. Die ČSR baute ab 1938 unter der Bezeichnung Avia B.71 dieses Muster in wenigen Exemplaren in Lizenz; es wurde teilweise auch bei der Wehrmacht eingesetzt.

Geschichte

Entwickelt wurde sie ab 1933 von einem Konstruktionsteam unter der Leitung von Alexander Archangelski, das dem OKB Tupolew unterstellt war, welches wiederum eine Abteilung des ZAGI war. Die beiden Prototypen erhielten deshalb traditionsgemäß das Kürzel „ANT“, was den Initialen von Andrei Nikolajewitsch Tupolew entsprach. Die als ANT-40.1 bezeichnete Maschine bekam als Antrieb zwei amerikanische Wright Cyclone-Sternmotoren, während die ANT-40.2 mit französischen Hispano Suiza 12Ybrs-V12-Triebwerken ausgestattet war.

Das Erprobungsprogramm mit dem Prototyp Nr.1 begann am 7. Oktober 1934 unter der offiziellen Bezeichnung SB-1 (Skorostnyi Bombardirowschtschik = schneller Bomber), Nr.2 folgte am 30. Dezember als SB-2. Nach den Tests entschied man sich für das zweite Versuchsmuster SB-2, welches von Februar bis August 1935 die staatliche Abnahme absolvierte und anschließend sofort in die inzwischen vorbereitete Serienproduktion gegeben wurde. Eingebaut wurde nun der Klimow M-100, eine Lizenzausführung des Hispano-Suiza 12Ybrs, etwas später folgte der in Eigenregie verbesserte M-100A.

Als der spanische Bürgerkrieg ausbrach, lieferte die UdSSR 210 SB-2 ab Oktober 1936 zur Unterstützung an die republikanischen Streitkräfte, die zum Teil von sowjetischen Freiwilligen geflogen wurden. In diesem Krieg erhielt sie von den Spaniern den Spitznamen Katjuschka. Aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu einem US-amerikanischen Bomber, wurde die SB-2 oft mit dieser identifiziert und deswegen Martin bezeichnet.

Den Erfahrungen aus diesem Konflikt Rechnung tragend konstruierte Alexander Archangelski 1938 die SB-2 zum sturzflugfähigen Bomber um. Dazu verkleinerte er die Flügelfläche sowie das Leitwerk, stattete den Rumpf mit einer neuen, spitz zulaufenden Bugkanzel aus und montierte Sturzflugbremsen unter den Tragflächen. Die Triebwerke erhielten aerodynamisch günstigere Verkleidungen. Dieser als Ar-2 bezeichnete Typ flog erstmals 1939 und wurde bis 1941 in einer Stückzahl von 200 Maschinen gebaut.

Ebenfalls eingesetzt wurde die SB-2 ab Juli 1937 im zweiten japanisch-chinesischen Krieg, 1938/1939 im japanisch-russischen Grenzkonflikt sowie 1939/1940 im sowjetisch-finnischen Winterkrieg.

Es existierten auch einige als Passagier- und Postflugzeuge benutzte Maschinen unter der Bezeichnung PS-40, die fünf Passagiere befördern konnten. Eine Schulversion wurde unter den Namen USB oder SB-2U eingesetzt.

Die SB-2 diente auch als Versuchsträger in zahlreichen Experimenten. So wurde zum Beispiel an einer SB-2bis ein Bugradfahrwerk mit verstellbarer Geometrie angebracht und erprobt. Diese Maschine erhielt von den Piloten die inoffizielle Bezeichnung „Pterodaktyl“ (Pterodactylus).

Von der Tupolew SB-2 wurden in der Sowjetunion insgesamt 6466 Exemplare gebaut.

Heute ist noch eine aus Originalteilen rekonstruierte Tupolew SB-2 im russischen Luftfahrtmuseum in Monino bei Moskau erhalten.

Varianten

Bezeichnung Merkmale
ANT-40    Bezeichnung des Entwicklungsbüros, auch als ZAGI-40 betitelt.
SB-2    Grundserienversion ausgerüstet mit M-100 oder M-100A Motoren sowie mit zweiblättrigen WISch-2 Propellern. Die Passagierausführung hieß PS-40 (Passaschirskij Samoljot).
SB-2bis    Leistungsstärkere Weiterentwicklung von 1936 mit M-103 Triebwerk und dreiblättrigen WISch-22 Luftschrauben. Eine zivile Passagierausführung wurde als PS-41 bezeichnet.
SB-3    Schnellere Version von 1937 mit M-103A Antrieben.
Archangelski
Ar-2
   
Weiterentwicklung von 1938, siehe Text. Hatte gegenüber der herkömmlichen SB-2 einen höheren Kraftstoffvorrat und höhere Bombenlast. Projektbezeichnung SB-RK
Avia B.71    Tschechoslowakische Lizenzproduktion, 66 Stück gebaut.

Einsatz

Im spanischen Bürgerkrieg erwiesen sich die 210 ab Oktober 1936 an die Republikaner gelieferten SB-2, die zum Teil von sowjetischen Freiwilligen geflogen wurden, als zu Beginn recht effektiv, da sie in den meisten Fällen schneller als die gegnerischen Jagdflugzeuge der Nationalisten waren. Allerdings relativierte sich dieser Vorteil ziemlich schnell, da die Maschinen für das Wartungspersonal einen Alptraum darstellten und zudem immer häufiger an Motorproblemen litten, was zu hohen Ausfallzahlen führte. Außerdem besaßen die Nationalisten kurze Zeit später mit der italienischen SM.79 ebenfalls einen Bomber, der wiederum schneller war als die republikanischen Jäger. Spätestens als bei der Legion Condor die damals sehr modernen Jagdflugzeuge Messerschmitt Bf 109 zum Einsatz kamen, war jeder Vorteil der SB-2 dahin. Letzten Endes konnte die Maschine in diesem Krieg die in sie gesetzten Erwartungen nicht annähernd erfüllen. Etwa 18 Exemplare sind nach dem Bürgerkrieg von den Nationalisten erbeutet und bis 1948 bei der spanischen Luftwaffe geflogen worden.

Im zweiten japanisch-chinesischen Krieg ab Juli 1937 war die SB-2 einigermaßen erfolgreich, da die eingesetzten japanischen Jäger nicht die modernsten bzw. schnellsten waren. aber auch die Bombenangriffe mit den SB-2 konnten den japanischen Vormarsch in China nicht aufhalten. Auch in diesem Fall erwies sich die SB-2 als schwierig zu warten und wies hohe Ausfallzahlen aus.

Während des japanisch-russischen Grenzkonfliktes 1938/1939 kam die SB-2 erneut zum Einsatz, hatte es aber diesmal gegen die neueren japanischen Jäger schon schwerer, sodass die Sowjets am Ende gezwungen waren Begleitjäger einzusetzen. Die Effektivität der SB-2 war in diesem kurzen Konflikt für die Sowjets im Ergebnis nicht überwältigend, aber noch akzeptabel.

Im sowjetisch-finnischen Winterkrieg von 1939 bis 1940 war die SB-2 nur noch mäßig erfolgreich. Den Finnen gelang es, nicht zuletzt wegen des am Anfang völlig fehlenden Jagdschutzes der Sowjets, zahlreiche Maschinen abzuschießen. Schon einer der ersten Bombenangriffe auf Helsinki wurde zum Desaster, da die Sowjets vom zähen Widerstand überrascht wurden. Ein einzelner finnischer Pilot schoss dabei über der Hauptstadt innerhalb von fünf Minuten vier dieser Bomber ab. Die SB-2 wurden bis zum Ende der Feindseligkeiten eingesetzt, obwohl mit dem Zulauf modernerer Jagdflugzeuge nach Finnland die Verluste weiter anstiegen.

Im Zweiten Weltkrieg war die SB-2 schon überholt und hatte gegen die Jagdflugzeuge der deutschen Luftwaffe praktisch keine Chance. Es war daher kaum noch möglich, Einsätze mit Erfolg durchzuführen und von den Maschinen, die aufstiegen, kehrten nur wenige zu ihren Flugplätzen zurück. Die deutschen Truppen erbeuteten auf ihrem Vormarsch jedoch zahlreiche Flugzeuge diese Typs. Auch waren einige Avia B.71 bei der Besetzung der ČSR 1938 übernommen, beziehungsweise unter deutscher Aufsicht weiter gebaut worden, wobei die Luftwaffe einige für kurze Zeit selbst zum Einsatz brachte und andere an die Verbündeten Bulgarien und Finnland weitergab. Bei der Luftwaffe wurden alle Flugzeuge als Avia B.71 bezeichnet, egal ob es ehemals tschechische oder sowjetische Exemplare waren. Im Fortsetzungskrieg Finnlands an der Seite von Deutschland ab 1941 spielte die SB-2 praktisch keine Rolle mehr. Im Gegenzug setzten die Finnen die von Deutschland gelieferten erbeuteten SB-2 wieder gegen die Sowjetunion ein. Auf sowjetischer Seite blieben einige der insgesamt 6466 gebauten Exemplare trotzdem noch bis 1943 im Fronteinsatz, bis sie danach für Schulungs- und Verbindungszwecke in die hinteren Linien verlegt wurden.

Technische Daten

Kenngröße SB-2 SB-2bis Ar-2
Spannweite 20,33 m 20,44 m 18,50 m
Länge 12,27 m 12,50 m
Höhe 4,78 m 4,20 m
Flügelfläche 51,95 m² 43,95 m²
Leermasse 4.430 kg
Startmasse 6.650 kg
Antrieb zwei flüssigkeitsgekühlte 12 Zylinder V-Motoren M-100
zwei flüssigkeitsgekühlte 12 Zylinder V-Motoren M-103
zwei flüssigkeitsgekühlte 12 Zylinder V-Motoren M-105R
Startleistung je 552 kW (750 PS) je 707 kW (960 PS) je 735 kW (1.000 PS)
Höchstgeschwindigkeit 424 km/h 450 km/h 480 km/h in 4.700 m
Gipfelhöhe 9.500 m 10.500 m 10.100 m
Reichweite 1.000 km 1.600 km 1.500 km
Bewaffnung drei 7,62-mm-MG SchKAS
Bombenlast 500 kg 1.000 kg 1.500 kg
Besatzung 3

Literatur

  • Wilfried Kopenhagen: Sowjetische Bombenflugzeuge, transpress Berlin, 1989, ISBN 3-344-00391-7



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