- Untersorbisch
-
Niedersorbisch Gesprochen in
Niederlausitz Sprecher 14.000 Linguistische
Klassifikation- Indogermanisch
- Slawisch
- Westslawisch
- Sorbisch
- Niedersorbische Sprache
- Westslawisch
- Slawisch
Sprachcodes ISO 639-1: -
ISO 639-2: dsb
ISO 639-3: dsb
Niedersorbisch (auch Niederwendisch; dolnoserbski [ˈdɔlnɔˌsɛrskʲi]) ist eine in der Niederlausitz gesprochene westslawische Sprache. Es ist eine der beiden sorbischen Schriftsprachen, die andere ist Obersorbisch.
Niedersorbisch wird in und um Cottbus in Brandenburg gesprochen. Straßenschilder in dieser Region sind normalerweise zweisprachig, und in Cottbus gibt es ein niedersorbisches Gymnasium, das sich für den Erhalt und die Pflege der niedersorbischen Sprache und Kultur einsetzt.
Inhaltsverzeichnis
Phonologie
Die Phonologie des Niedersorbischen ist stark durch Sprachkontakt mit dem Deutschen beeinflusst worden, besonders in Cottbus und den größeren Städten. Zum Beispiel neigt eine deutschbeeinflusste Aussprache dazu, einen stimmhaften uvularen Frikativ [ʁ] anstatt des alveolaren Vibranten [r] und ein nicht besonders palataliertes [l] anstatt [lʲ] zu haben. In Dörfern und ländlichen Gebieten ist der deutsche Einfluss weniger stark und die Aussprache eher „typisch slawisch“.
Konsonanten
Die konsonantischen Phoneme des Niedersorbischen sind wie folgt:
Im Niedersorbischen kommen sowohl Auslautverhärtung als auch regressive Assimilation der Phonation vor:
- /dub/ „Eiche“ wird [dup] ausgesprochen
- /susedka/ „Nachbarin“ wird [susetka] ausgesprochen
- /litsba/ „Nummer“ wird [lidzba] ausgesprochen
Der postalveolare Frikativ /ʃ/ wird vor /tɕ/ zu [ɕ] assimiliert:
Vokale
Die vokalischen Phoneme sind wie folgt:
Monophthonge Vorne Zentral Hinten Geschlossen i ɨ u Halboffen ɛ ɔ Offen a Diphthonge Zentrierend Auf /j/ endend Auf /w/ endend Geschlossen beginnend iɪ ij ɨj uj iw ɨw uw Mittel beginnend ej ɔj ɛw ow Offen beginnend aj aw Wortakzent
Der Wortakzent fällt im Niedersorbischen normalerweise auf die erste Silbe des Wortes(NSG):
- Łužyca /ˈwuʒɨtsa/ „Lausitz“
- pśijaśel /ˈpɕijaɕɛlʲ/ „Freund“
- Chóśebuz /ˈxɨɕɛbus/ „Cottbus“
In Lehnwörtern kann der Akzent auf eine der letzten drei Silben des Wortes fallen:
- internat /intɛrˈnat/ „Internat“
- kontrola /kɔnˈtrɔlʲa/ „Kontrolle“
- september /sɛpˈtɛmbɛr/ „September“
- policija /pɔˈlʲitsija/ „Polizei“
- organizacija /ɔrganʲiˈzatsija/ „Organisation“
Orthographie
Das sorbische Alphabet basiert auf dem Lateinischen Alphabet, verwendet aber diakritische Zeichen wie den Akut und das Caron. Die Standardzeichenkodierung für das Sorbische Alphabet ist ISO 8859-2 (Latin-2).
Derzeitige Sprachsituation
Seit 1998 ist Niedersorbisch, nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Europäischen Charta und Regionalsprachen des Europarates, eine eigenständige Sprache, die jedoch eng mit dem Obersorbischen verwandt ist. Ein Merkmal, um niedersorbisch als eigene Sprache anzuerkennen, ist die niedersorbische Schriftsprache, die sich von der obersorbischen Schriftsprache unterscheidet.
In den Jahren von 1993-1995 wurden Untersuchungen in Dörfern der Niederlausitz durchgeführt, da man wissen wollte, wie viele Menschen noch des Wendischen/Niedersorbischen mächtig sind und wie die Altersstruktur der Sprecher aussieht, also ob der Spracherhalt gut oder schlecht ist.
Einige Dörfer, die von 1993-1995 untersucht wurden:
- Dissen/Dešno: 28,9% Wendischsprachig (+)
- Fehrow/Prjawoz: 25,7% Wendischsprachig (+)
- Neuendorf/Nowa Wjas: 23,5% Wendischsprachig (+)
- Müschen/Myšyn: 21,4% Wendischsprachig (-)
- Preilack/Pśiłuk: 20,3% Wendischsprachig (+)
- Guhrow/Gory: 19,4% Wendischsprachig (-)
- Jänschwalde/Janšojce: 18,9% Wendischsprachig (+)
- Babow/Bobow: 16,6% Wendischsprachig (-)
- Tauer/Turjej: 16,3% Wendischsprachig (-)
- Drehnow/Drjenow: 16,0 % Wendischsprachig (+)
- Döbbrick/Depsk: 15,4% Wendischsprachig (+)
- Merzdorf/Žylowk: 5,7% Wendischsprachig (-)
+ = Guter Spracherhalt / − = Schlechter Spracherhalt
Zu beachten ist, dass in den Untersuchungen alle Personen auch mit geringeren Sorbisch-/Wendischkenntnissen als Wendischsprachige aufgenommen wurden.
Nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1900 sprachen im Kreis Cottbus (Provinz Brandenburg) noch 55,8% die wendische Sprache. Heute wird Niedersorbisch noch von 7.000-10.000 Menschen gesprochen, jedoch meist von den älteren Generationen, womitdas Niedersorbische schlechter dasteht als das Obersorbische, welches eher von jungen Leuten und Kindern verwendet wird.
Entwicklung des Prozentsatzes der Wenden in diversen Kreisen Landkreis Calau Cottbus Guben Luckau Lübben Sorau Spremberg 1843 30,8 71,1 1,1 0,05 3,6 5,4 64 1900 3,5 56 1,2 0 0,2 0,1 4 Zu erkennen ist, dass z.B. alle Dörfer (bis auf Neuendorf), die einen guten Erhalt des Wendischen aufweisen, in ihren Schulen das Wendische lehren bzw. lehrten. Auch wurde die wendische Sprache dadurch unterstützt, dass es bis 1941 wendische Gottesdienste in Dissen und bis 1894 in Jänschwalde gab.
Erziehung in der Niedersorbisch-wendischen Sprache
Die schulische Bildung in niedersorbisch-wendischer Sprache war zumeist auf den Religionsunterricht sowie als Hilfsmittel zur Vermittlung der deutschen Sprache beschränkt. Zur Zeiten des Nationalsozialismus wurde die niedersorbisch-wendische Sprache in allen Bereichen des Lebens verboten, egal ob auf der Straße, in den Schulen oder in den Messen. Ab 1945 wurde die Situation der Niedersorben-Wenden noch als sehr zwiespältig betrachtet, da man der Annahme war, dass man z. B. mit dem Sorbischunterricht nur etwas künstlich am Leben erhielt. Nachdem im Jahre 1952 ein Kurswechsel stattfand, sollte der sorbisch-wendischen Sprache ein höherer Stellenwert zugesichert werden. Somit wurden erstmals auch vom Staat unterstützte Schulen errichtet, in denen die niedersorbisch-wendische Sprache vermittelt wurde. Im Schuljahr 1954/55 existierten 22 Schulen des Types B. Jedoch wurde auch angedacht, die Schulen in den Ortschaften Döbbrick, Dissen und Drachhausen in A-Schulen umzuwandeln (siehe auch Sorbische Schulpolitik). Im Jahre 1952 wurde ebenfalls die niedersorbisch-wendische Oberschule Marjana Domaškojc gegründet. Die niedersorbisch-wendischen Schulen verteilten sich wie folgt:
- Kreis Cottbus = 19 Schulen (+ 1 Oberschule)
- Kreis Calau = 1 Schule
- Kreis Forst = 1
- Kreis Guben = 1
Trotz des Geburtenrückganges bleibt derzeit die Zahl der Schüler konstant, die in Brandenburg am Sorbischunterricht teilnehmen. Mit dem neuen Projekt Witaj, welches in Cottbus erstmals 1998 eingeführt wurde, besteht die Möglichkeit, den Kindern schon im Kindergarten die niedersorbisch-wendische Sprache per Immersion als „2. Muttersprache“ näher zu bringen. An etwa 30 Schulen besteht heute die Option Niedersorbisch-wendisch zu lehren und zu lernen.
Niedersorbisch-wendische Medien
Die erste Zeitung, die ihre Beiträge in niedersorbisch-wendischer Sprache veröffentlichte, war der Bramborski Serbski Casnik. Sie erschien erstmals im Jahre 1848 und wurde später vom Nowy Casnik abgelöst. Die Nowy Casnik wurde, nach dem Verbot, 1947 neu gegründet, jedoch vorerst als Wochenbeilage der Nowa Doba. Seit 1954 erschien sie wieder eigenständig als Wochenzeitung. Heute hat die Nowy Casnik deutsche und niedersorbisch-wendische Beiträge als Inhalt und es werden jährlich einige Bücher in Niedersorbisch abgedruckt. Die Nowy Casnik hat eine Auflagenstärke von ungefähr 1.100. Für Kinder erscheint monatlich die niedersorbisch-wendische Kinderzeitschrift Płomje mit einer Auflagenstärke von etwa 850 Stück.
Im Fernsehen gibt es seit 1992 das monatliche TV-Magazin Łužyca, welches im Wechsel von den beiden Moderatoren Anja Pohontsch und Christian Matthée moderiert wird. Alle 3 Monate wird eine monothematische Sendung ausgestrahlt.
Im Hörfunk werden vom RBB mehrstündige niedersorbisch-wendische Radiosendungen aufgenommen und ausgestrahlt. Die niedersorbisch-wendische Jugendsendung Bubak wird von jungen Niedersorben-Wenden selbst produziert und vom RBB ausgestrahlt. (siehe auch Sorbischer Rundfunk)
Zukunft
Die besten Aussichten, sich zu halten, hat die niedersorbische Sprache in der nördlichen Gegend um Cottbus (Chóśebuz) und im Westen ihres Sprachgebiets. Im Süden wird heute schon fast kein Wendisch mehr gesprochen, auch wenn z.B. in Bahnsdorf (südliche Niederlausitz, Landkreis Oberspreewald-Lausitz) noch vor ca. 70 Jahren nahezu alle Einwohner Sorbisch sprachen.
Quellen
- Faßke: Der Niedersorben Wendisch. Domowina-Verlag, Bautzen 2003, ISBN 3-7420-1886-8.
- Jodlbauer, Spieß, Steenwijk: Die aktuelle Situation der niedersorbischen Sprache. Domowina-Verlag, Bautzen 2001, ISBN 3-7420-1844-2.
Weblinks
Wikipedia auf Niedersorbisch- Niedersorbisch bei Ethnologue
- Wörterbuch Niedersorbisch
- Daten zu den Minderheitssprachen in Deutschland (1900)
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