Weihnachtsmärkte in Berlin

Weihnachtsmärkte in Berlin
Weihnachtsmarkt in Berlin
von Franz Skarbina, 1892

Unter dem Namen Berliner Weihnachtsmarkt gibt es nachweislich seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts Verkaufsangebote und Fahrgeschäfte in der Adventszeit in Alt-Berlin.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Im Köllnischen Stadtbuch und in späteren Berichten finden sich erste Hinweise auf weihnachtsmarktähnliche Verkaufsveranstaltungen um 1530 in Alt-Berlin, zuerst in den Straßenzügen PetriplatzGertraudenstraße – Köllnischer Fischmarkt – MühlendammMolkenmarkt – Poststraße und Heiligegeiststraße abgehalten:

„[…] reellen Krämern (sei) der Handel mit Honigkuchen und anderen Syrupteiggebäcken gegen ein Stättegeld von zwei Mariengroschen pro Tag zur Weihnachtszeit auf dem Petriplatz und dem Köllnischen Fischmarkt ausdrücklich gestattet.“

Ab 1750 verlegte man den Handel in die Breite Straße. Der Zeitraum des „Feilbietens“ von Honigkuchen, Kerzen, Spielsachen usw. reichte anfangs vom 11. Dezember bis zum 6. Januar des Folgejahres (sogenanntes Hohes Neujahr). In der Innenstadt von Berlin verblieb der Weihnachtsmarkt – später noch erweitert in Richtung Schlossplatz – bis 1873, nachdem ab 1872 das Ende der Verkaufszeit auf den 27. Dezember vorgezogen worden war. Immer wieder gab es allerdings auch Versuche, die Durchführung des Marktes zu untersagen, weil er den Verkehr in der Innenstadt erheblich beeinträchtigte und die Geschäftsleute in der Breiten Straße ihre Umsätze durch den Weihnachtsmarkt gefährdet sahen:

„[…] (es ist) in der That (eine) gänzlich veraltete, den Verhältnissen und der Würde der Reichs-Hauptstadt in keiner Weise mehr entsprechende Krämereieinrichtung.“

Verkauf von Christbaumschmuck auf dem Weihnachtsmarkt am Alexanderplatz (1923)

1873 wurde als neuer Standort der Lustgarten festgelegt. Später wegen des Dom-Baus und polizeilicher Bedenken ab 1891 die Arkonastraße. Während des Ersten Weltkriegs gab es keinen Weihnachtsmarkt, danach fanden sich wieder Verkäufer und Kaufwillige. 1937 kamen die Marktbuden in den Lustgarten zurück, wo das vorweihnachtliche Verkaufen bis kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs stattfand.

In der Hochzeit dieses Marktes gab es bis zu 2000 Händler.[1]

Im ersten Friedenswinter 1945 wurde wieder ein Weihnachtsmarkt am Lustgarten abgehalten, aber mit Ruinen und Schutthalden rings herum und dem durch Lebensmittelmarken eingeschränkten Kauf von Genussmitteln.[2]

Durch die Teilung der Stadt Berlin infolge des Potsdamer Abkommens etablierten sich ab etwa 1950 weitere Weihnachtsmärkte im amerikanischen, britischen und französischen Sektor mit Standorten an der Gedächtniskirche, in Spandau und am Rathaus Wedding.

Im Ostteil Berlins hielten die Organisatoren bis 1974 im Wesentlichen am alten Standort fest. Dann diente der gesamte frühere Schloßplatz (nun umbenannt in Marx-Engels-Platz) als Veranstaltungsort, auch nach Fertigstellung des Palastes der Republik. Zusätzlich wählte man einen großen Parkplatz am Alexanderplatz, zeitweilig auch eine kleine Fläche neben der Sporthalle in der Karl-Marx-Allee. Außer im Stadtbezirk Mitte gab es bald in jedem der ehemaligen Stadtbezirke, meist um das jeweilige Rathaus herum, kurzzeitige Weihnachtsmärkte.

Im Westteil Berlins wurde bis 1983 ein Weihnachtsmarkt auf dem Messegelände veranstaltet, der die Hälfte der Messehallen belegte. Dieser Weihnachtsmarkt unterm Funkturm fand ausschließlich in den Hallen statt und hatte eher den Charakter einer Weihnachts- und Spielzeugausstellung. Durch die wetterunabhängige Unterbringung konnten besondere Weihnachtsattraktionen geboten werden wie ein Kindertheater, eine ganze Ausstellungshalle voll Krippen aus aller Welt oder eine Halle mit Modelleisenbahnen. Der Weihnachtsmarkt auf dem Messegelände wurde zugunsten des Weihnachtsmarktes an der Gedächtniskirche abgeschafft.

Aktuelle Weihnachtsmärkte

Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz

Von den inzwischen mehr als 45 Weihnachtsmärkten in den Berliner Bezirken findet sich im Folgenden eine kleine Übersicht, die nur einige langfristige, also mehrwöchige Märkte, berücksichtigt (Stand: November 2009).[3]

Dauerhafte Weihnachtsmärkte in den Bezirken

Charlottenburg-Wilmersdorf

  • Wintertraum Weihnachtsmarkt Wilmersdorfer Straße: Seit 2004 werden in 30 geschmückten Holzhütten Kunsthandwerkserzeugnisse, Getränke, Mandeln und andere Süßigkeiten angeboten.[6]

Friedrichshain-Kreuzberg

  • Weihnachtsmarkt am Platz der Vereinten Nationen: Seit etwa 1995 werden in Holzhütten Glühwein, weihnachtliches Gebäck und geröstete Mandeln sowie Erzeugnisse von Kunsthandwerkern angeboten, Kinderfahrgeschäfte sind aufgebaut. Ein Stück des östlichen Straßenbereichs wird dafür total für den Durchgangsverkehr gesperrt.[7]

Mitte

Weihnachtsmarkt vor dem Roten Rathaus 2008
  • Berliner Weihnachtszeit am Roten Rathaus: Seit 2008 unter der Regie von Hans-Dieter Laubinger realisiert. Alt-Berliner Marktgassen werden durch bedruckte Planen und einem Grundgerüst nachgestaltet, sie sind rund sechs Meter hoch. Unten befinden sich die Marktstände, die Fenster der ersten Etage sind beleuchtet. Außer den Verkaufshäuschen gibt es kleine historische Kinderkarussells sowie ein Riesenrad an der Spandauer Straße und eine Eisbahn rund um den Neptunbrunnen. Standort: Rathausstraße, Marienplatz, Neptunbrunnen[8][9]
  • WeihnachtsZauber auf dem Gendarmenmarkt: Kunsthandwerker, Händler, Schausteller in Form einer kleinen Zeltstadt, zusätzlich Kulturprogramm mit wechselnden Angeboten. Standort: Gendarmenmarkt rund um das Schauspielhaus[5]
  • Nostalgischer Weihnachtsmarkt: Kunsthandwerker wie Besenbinder, Kerzenzieher, Holzschnitzer u. a. führen vor Interessenten ihre Arbeiten in kleinen Holzhäuschen vor und verkaufen die Produkte. Ein Überraschungsbasar sowie Kleinkunstdarbietungen umrahmen den Markt. Standort: zwischen Staatsoper, ehemaligem Prinzessinnenpalais und dem Boulevard Unter den Linden
  • Umwelt-Weihnachtsmarkt: Kunsthandwerk- und ökologische Produkte werden angeboten. Standort: Sophienstraße, nahe der Hackeschen Höfe[5]
  • Winterwelt am Potsdamer Platz und traditioneller Weihnachtsmarkt: Ein künstlicher schneebedeckter Berg und eine Eisbahn laden seit einigen Jahren Besucher zum Rodeln, Tubing, Schlittschuhlaufen; österreichische Gerichte werden geboten; Händlerangebote. Standort: um den Potsdamer Platz[5]

Pankow (Prenzlauer Berg)

Reinickendorf

  • Nordischer Weihnachtsmarkt in Tegel: Seit 1973, Standort: Brunnenplatz (2008 ausgefallen)[10]

Spandau

Der Weihnachtsmarkt im Bezirk Spandau ist mit 1,8 Millionen Besuchern (Stand: 2004) einer der großen Weihnachtsmärkte Deutschlands. Er findet seit dem 1. Advent 1974 jährlich in der Altstadt Spandau statt. Im Jahr 1977 wurden Teile des Kulturprogramms im Fernsehen übertragen, was zu einer gesteigerten Popularität des Marktes beitrug. Seit 1983 öffnet der Markt seine Buden an allen Adventswochenenden, dabei umfasst er über 400 Stände, die einen großen Teil der Altstadt einnehmen. An Wochentagen gibt es rund 200 Stände von Markthändlern, Kunsthandwerkern und Schaustellern in den größeren Straßen der Altstadt. Auf einer Bühne am Marktplatz findet ein Kulturprogramm mit täglichen Aufführungen statt, darunter die Freitagskonzerte und der WinterZauberBerlin. Bemerkenswert sind ferner eine Weihnachtskrippe mit lebenden Tieren vor der Nikolaikirche auf dem Reformationsplatz sowie der Basar der Spandauer Schulen auf dem alten Posthof an der Carl-Schurz-Straße.[11] Als Teil des adventlichen Marktgeschehens findet am Gotischen Haus in der Breite Straße unter dem Slogan „Lebendiges Handwerk im Advent“ eine Verkaufsschau von Kunsthandwerkern aus Berlin und Brandenburg statt. Vor allem Korbflechter, Kerzenzieher, Glasbläser, Porzellanmaler zeigen ihr Handwerk vor Ort.

Darüberhinaus gibt es einen Kinderweihnachtsmarkt Am Juliusturm auf der Zitadelle. Eine weihnachtlich geschmückte Stadt ist nachgestaltet. Spiel-, Aktions- und Bastelzelte, Ponyreiten, Märchenstunden und andere Aktivitäten laden die Kinder zum Mitmachen ein.

Sonstiges

In den Jahren 1952 und 1953 gab es auf dem Weihnachtsmarkt auf dem Schlossplatz eine Liliputbahn (Spurweite 381 mm), die von der Arbeitsgemeinschaft Junge Eisenbahner, einem Vorläufer der Pioniereisenbahn Wuhlheide, betrieben wurde.[12]

Um 1960 herum wurden die kleinen Gassen des Weihnachtsmarktes auf dem Marx-Engels-Platz mittels Infrarot-Langfeldstrahlern angenehm erwärmt.

Ein Unfall mit einem Fahrgeschäft überschattete am 27. November 1995 den Weihnachtsmarkt am Platz der Vereinten Nationen: ein neuartiges mobiles Gerät, genannt Top of the World, deren Ringgondel mit 100 Besuchern besetzt war, rutschte die letzten Meter ungebremst herunter. Dabei gab es 60 Verletzte.[13] [14]

In den zurückliegenden Jahren gab es öfter Probleme mit den gelieferten Weihnachtsbäumen, die unzufriedenen Berliner sprachen von „Hungerharke“, „Krüppelkiefer“ oder griffen sogar eigenhändig zur Säge, um die Bäume zu zerlegen.[15] Inzwischen achten die Veranstalter auf gut gewachsene Bäume, die dann meist von Einzelpersonen oder Gemeinden gespendet werden.[16]

Es werden touristische Stadtführungen angeboten, die unter dem Motto „Warmbier und Mohnpielen“ die Geschichte des Berliner Weihnachtsmarktes nachzeichnen.[17]

Berliner Weihnachtsmarkt in Kunst und Literatur

Berliner Junge vom Weihnachtsmarkt
von Franz Skarbina, um 1890

Folgende Künstler zeichneten u. a. das vielfältige Treiben auf dem Berliner Weihnachtsmarkt:

  • Ludwig Burger, Dreierschäfken, Walddeibel- und Pyramidenverkäufer auf dem Berliner Weihnachtsmarkt, Holzschnitt, um 1865
  • Carl Rechlin, Weihnachtsmarkt in Berlin, Zeichnung, 1865
  • Theodor Hosemann, Kinder verkaufen Pyramiden, Schäfchen und Waldteufel (Anmerkung: „Waldteufel“ hießen die großen Brummkreisel), Holzstich, 1869
  • H. Lüders, Zeichnung Weihnachtsleben in den Straßen Berlins, 1871
  • H. Henseler, Berliner Weihnachtsmarkt, Zeichnung, um 1890
  • D. Nitschke, Weihnachtsmarkt im Lustgarten vor dem Dom, Zeichnung um 1900
  • Hans Baluschek, Weihnachtsmarkt auf dem Arkonaplatz, Zeichnung, 1910
  • Heinrich Zille, Weihnachtsmarkt auf dem Arkonaplatz, Kreidezeichnung um 1912
  • Paul Adolf Hauptmann, Weihnachtsmarkt vor dem Dom im Lustgarten, Ölbild, um 1930


Der historische Berliner Weihnachtsmarkt fand auch seinen Niederschlag in zahlreichen Gedichten, Reportagen, Erzählungen von Schriftstellern wie:

In zahlreichen Memoiren erinnern sich die Autoren an ihre liebgewordenen Geschichten auf dem Berliner Weihnachtsmarkt.

Literatur

  • Gustav Sichelschmidt (Hrsg.): Weihnachten im alten Berlin, arani Verlag, 1995, ISBN 3-7605-8971-5

Weblinks

 Commons: Berliner Weihnachtsmarkt – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jutta Schneider: Weihnachtsmarkt in der Breiten Straße. In: Berlinische Monatsschrift 12/1999 beim Luisenstädtischen Bildungsverein
  2. Deutsches Historisches Museum mit einer Passage Weihnachtsmärkte gab es weiterhin …
  3. Alle Weihnachtsmärkte in Berlin im Jahr 2009
  4. Markt mit 2,3 Millionen Gästen. In: Berliner Zeitung, 27. Dezember 2004
  5. a b c d e f g h Berlin-Programm – November 2008; Rimbach Verlag, Berlin
  6. Info zum Weihnachtsmarkt Wilmersdorfer Str.
  7. Bezirksinfo Friedrichshain-Kreuzberg
  8. Uwe Aulich:Weihnachtsmarkt vergeben., aus dem Archiv der Berliner Zeitung
  9. Info des Veranstalters zum Markt am Roten Rathaus
  10. Infoseite Historische Weihnachtsmärkte
  11. Anne Vorbringer: Wilde Mäuse und kandierte Äpfel. In: Berliner Zeitung, 22. November 2004
  12. Geschichtsübersicht der Parkeisenbahn Wuhlheide
  13. Katrin Zimmermann, Fred Hasselmann: Nach dem Unfall tobte noch die „Grüne Hölle“. In: Berliner Zeitung, 27. November 1995
  14. Matthias Frankenstein: Das Publikum wünscht sich Weltneuheiten. In: Berliner Zeitung, 28. November 1995
  15. Bloß keine Hungerharke. In: Berliner Zeitung, 31. Juli 2001
  16. Gendarmenmarkt 2008, Blick auf den „schönsten Baum“
  17. Homepage von Frauentouren, abgerufen am 25. November 2008

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