Begutachtung der Fahreignung

Begutachtung der Fahreignung

Die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (abgekürzt MPU) beurteilt die Fahreignung des Antragstellers. Im Volksmund mit dem diskriminierenden Begriff „Idiotentest“ belegt, lautet die offizielle gesetzliche Bezeichnung „Begutachtung der Fahreignung“ (entsprechend: Begutachtungsstelle für Fahreignung).

Die MPU als gesetzlich geregelte interdisziplinäre Hilfestellung für Fahrerlaubnisbehörden zur Vorbereitung ihrer Entscheidungen über die Entziehung und Neuerteilung der Fahrerlaubnis gibt es seit den 1950er Jahren nur in Deutschland. Im europäischen Ausland sind drakonische Strafen bei schwerwiegenden Verkehrsstraftaten oder gehäuften Verstößen üblich.

Inhaltsverzeichnis

Begriffe

Der Begriff „Fahreignung“ umfasst als unbestimmter Rechtsbegriff die körperliche Eignung, die geistige Eignung (z. B. Reaktionsfähigkeit) und Persönlichkeitsmerkmale wie die persönliche Zuverlässigkeit. Rechtssystematisch ist die MPU ein „Realakt” (vgl. auch schlichte Hoheitsverwaltung).

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Dabei wird der Begriff der Mobilitätskompetenz diskutiert, der den Aspekt der Verhaltensentwicklung deutlich stärker hervorhebt (vgl. Modell PASS). Verkehrspsychologen definieren Mobilitätskompetenz als die Gesamtheit überdauernder körperlicher, geistiger und verhaltens- bzw. einstellungsbezogener Voraussetzungen eines Fahrers zum sicheren und partnerschaftlichen Führen von Kraftfahrzeugen. Es stehen somit Fragen der Verhaltens- und Einstellungsänderung sowie Anpassungsleistungen an veränderte körperlich-geistige Bedingungen im Vordergrund, nicht intellektuelle Fähigkeiten. Mobilitätskompetenz ist nicht mit charakterlicher Eignung gleichzusetzen.

Aufgabenstellung

Zweck eines MPU-Gutachtens ist die Prognose der Verkehrsbewährung des Auftraggebers. Eine Prognose ist eine auf Fakten und Erfahrungswissen begründete Wahrscheinlichkeitsaussage über die Entwicklung des Verhaltens in der Zukunft. Die aktenkundigen Fakten sind im Verkehrszentralregister und in der Führerscheinakte dokumentiert. Können die Zweifel der Fahrerlaubnisbehörde durch die verkehrsmedizinischen und verkehrspsychologischen Befunde und Hinweise auf stabile Verhaltens- und Einstellungsänderungen ausgeräumt werden, ist die Prognose günstig (= „positives MPU-Gutachten”).

Vor einer rechtskräftigen Entscheidung über die Neuerteilung der Fahrerlaubnis muss die zuständige Fahrerlaubnisbehörde prüfen, ob ein Gutachten widerspruchsfrei und nachvollziehbar ist. Die festgelegten formalen und inhaltlichen Standards müssen erfüllt sein (Beachtung der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung und der Beurteilungskriterien).

Gutachten, die den Qualitätsstandards im Einzelfall nicht entsprechen oder bei denen begründete Zweifel an der Objektivität bestehen, können von der Fahrerlaubnisbehörde abgelehnt werden. Die Qualität der Gutachten wird aufwendig kontrolliert (vgl. Qualitätssicherung).

Seriöse Hilfsangebote

Wer seine Fahrerlaubnis verloren hat, muss in bestimmten Fällen (ab 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration, bei wiederholten Alkoholfahrten oder Fahrten unter Drogeneinfluss sowie bei einem Punktestand von mehr als 18 Punkten) durch ein MPU-Gutachten nachweisen, dass er wieder geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Die dafür ursächlichen Probleme dürfen also nach Ansicht der beiden Gutachter - Verkehrspsychologe und Verkehrsmediziner - nicht mehr bestehen.

Bei Informationsveranstaltungen im Vorfeld der MPU wird der allgemeine Ablauf erläutert. Die Erfolgskriterien werden benannt. Fragen der Vertraulichkeit und Schweigepflicht gegenüber Dritten (wie zum Beispiel den Mitarbeitern der Fahrerlaubnisbehörde, Angehörigen oder Verkehrsanwälten) werden angesprochen, ebenso die Probleme der MPU-Umgehung und der Führerscheintourismus. Häufig wird auch die Begutachtungsstelle gezeigt, und die Tests werden erläutert.

Sperrfristverkürzung

Neue Bestrebungen gehen dahin, in bestimmten Fällen die Sperrfrist abzukürzen (in der Regel um 1-2 Monate). Dies ist aber nur unter bestimmten Bedingungen möglich, z. B. bei erstmaligem Fahrt unter Alkoholeinfluss mit einer Blutalkoholkonzentration unter 2 Promille. Die Entscheidung trifft der zuständige Richter. Vorausgesetzt wird in der Regel eine frühzeitig verkehrspsychologische Beratung oder Therapie in der Sperrfrist.

Ziele der MPU-Beratung

In der individuellen verkehrspsychologischen Beratung steht die persönliche Problematik des Ratsuchenden im Vordergrund. Ziel einer seriösen Beratung durch Verkehrspsychologen ist nicht allein die Neuerteilung der Fahrerlaubnis, sondern vor allem die Zukunftsperspektive (Vermeidung neuer Verkehrsauffälligkeiten).

Geht es dagegen ausschließlich um das Bestehen der MPU durch Einübung einer geschickten Präsentation und Argumentation (´Schauspielunterricht´), kann dieses Ziel in der Regel nicht erreicht werden. Wenn grundlegende Problemlösungen und Änderungen in Einstellung und Verhalten fehlen oder nicht ausreichend stabil sind, sind die Rückfallquoten hoch.

Kriterien für seriöse Beratungsformen

  • Kostenlose Erstgespräche zum Kennenlernen
  • Durchschaubare und verständliche Qualifikationsnachweise (z.B. amtliche Anerkennung)
  • Keine Paketangebote und -preise, sondern individuelle maßgeschneiderte Angebote
  • Keine Werbung mit Erfolgsquoten (der „Erfolg” ist nicht das Bestehen der MPU, sondern der langfristige Erhalt der Fahrerlaubnis)
  • Keine Garantien (Geld-zurück-Garantie: Fällt die MPU negativ aus, wird der Preis zurückerstattet). Solche Garantien werden in der Regel durch stark überhöhte Preise finanziert. Das Geschäftsgebaren ist undurchschaubar, Notlagen werden ausgenutzt
  • Konsequente personelle Trennung von Beratung und Begutachtung
  • Keine Abwicklung über Kassenleistungen (mit seltenen begründeten Ausnahmen)
  • Seriöse Werbeauftritte. Vermeidung des diskriminierenden Begriffs „Idiotentest“
  • Keine Beratung in Privaträumen oder Hotels.
  • Kontrollen (Qualitätssicherung) durch neutrale Stellen
  • Realistische Preise (für eine Beratungsstunde bei akademisch ausgebildeten Verkehrspsychologen sind zwischen 80,- und 100,- € anzusetzen)
  • Keine gleichzeitige Vermittlungstätigkeit von Krediten zur Finanzierung der MPU und der Vorbereitungsmaßnahmen.

MPU-Beratung als verkehrspsychologische Beratung

MPU-Beratungen werden als verkehrspsychologische Beratungen in der Regel von Fachpsychologen für Verkehrspsychologie [1] oder verkehrspsychologischen Beratern durchgeführt[2]. Die Berufsbezeichnung Verkehrspsychologischer Berater ist durch eine amtliche Anerkennung gesetzlich geschützt (§ 71 Fahrerlaubnisverordnung). Anerkannte Verkehrspsychologen unterliegen strikten Fortbildungsverpflichtungen.

Viele MPU-Stellen [3] bieten ebenfalls MPU-Beratungen durch Verkehrspsychologen an. Das Ziel ist, die Zeit der Fahrerlaubnissperre sinnvoll zur Vorbereitung auf die MPU zu nutzen. In bestimmten Fällen - abhängig etwa von der Höhe der Blutalkoholkonzentration bei der Trunkenheitsfahrt - ist eine Verkürzung der Dauer der Sperrfrist möglich.

Verkehrspsychologische Beratung nach § 71 FeV

Im Gegensatz zu allgemeinen MPU-Beratungen, die gesetzlich nicht geregelt sind, ist die „verkehrspsychologische Beratung nach § 71 FEV” bis in die Details der Anerkennung und Umsetzung hinein durch die Verordnung geregelt. Sie dient als „Maßnahme mit Rechtsfolge” ausschließlich dem Abbau von Punkten (bei einem Punktestand zwischen 14 und 17) und ist damit Teil des staatlichen Verwaltungshandelns.

Verbraucherschutz

Mit der Angst vor der MPU werden Geschäfte gemacht. Verschiedene unseriöse Angebote sollen die Notlage der Betroffenen auszunutzen (Stichworte: EU-Führerschein, Geld-zurück-Garantien, Telefon-Abzocke mit 0900er-Nummern).

Empfehlungen des Berufsverbands

Dazu gibt der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen e.V. (BDP) detaillierte Hinweise zum Verbraucherschutz.[4]

Der Berufsverband verweist auf objektive und hilfreiche Ratgeberliteratur zur MPU und führt ein Register aller in Deutschland amtlich anerkannten verkehrspsychologischen Berater.

MPU-Foren

„Hilfe zur Selbsthilfe” gibt es in unabhängigen Foren, welche oft von Betroffenen betrieben und moderiert werden. Sie legen ihre persönlichen Probleme und Erfahrungen öffentlich dar und tauschen Informationen und Tipps aus, z.B. über besonders kundenfreundliche und fachlich kompetente Untersuchungsstellen. Argumentiert wird häufig, es sei letztlich egal, wohin man gehe, die Kriterien seien ohnehin gleich. Allerdings wird auch auf deutliche Unterschiede im Kundenservice und im Engagement der Mitarbeiter hingewiesen.

In manchen Foren engagieren sich Verkehrspsychologen und Gutachter und geben konkrete Ratschläge (vgl. die Hinweise zum Verbraucherschutz [4]). Auch persönlicher Rat von Betroffenen, die eine MPU bereits hinter sich haben, kann eine große Entscheidungshilfe für die weitere Vorgehensweise darstellen. Die Mitglieder helfen sowohl bei der Vorbereitung als auch bei der Nachbereitung (Online-Selbsthilfegruppe).

Qualitätssicherung und Akkreditierung

Die anerkannten Träger von Begutachtungsstellen für Fahreignung unterliegen regelmäßigen Überprüfungen durch die „Akkreditierungsstelle Fahrerlaubniswesen“ bei der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Diese überprüft, ob die interne Qualitätssicherung funktioniert.

Die Akkreditierung verpflichtet zur Einhaltung umfangreicher gesetzlicher und fachlicher Bestimmungen, etwa die Einhaltung der Schweigepflicht (Datenschutz), die Objektivität und Neutralität der Untersuchung und die Einheitlichkeit der Beurteilung (fachliche Begutachtungs-Leitlinien [5] und Beurteilungskriterien).

Eine ausreichende personelle Ausstattung (spezialisierte Ärzte und Psychologen) sowie geeignete räumliche und sachliche Voraussetzungen (behindertengerechte Ausstattung, Geräte zur psychologischen Testdiagnostik etc.) müssen vorhanden sein.

Auch die Erstellung der Gutachten ist in hohem Maße standardisiert (Aufbau, Kriterien, etc.). Über das Gespräch und alle anderen Befunderhebungen müssen Aufzeichnungen geführt werden. Am Ende des Gesprächs steht stets eine Sachstandsmitteilung, soweit dies nach dem Stand der Befunderhebungen möglich ist. Die korrekte Umsetzung durch die Anbieter wird regelmäßig von der Akkreditierungsstelle überprüft.

Wirkungsgeschichte

Darstellung in den Medien

In der Boulevardpresse und an Stammtischen wurde die MPU unter der Bezeichnung „Idiotentest“ bekannt, weil sie im Verkehrsrecht der 1950er und 1960er Jahre vor allem dann gefordert wurde, wenn ein Fahrerlaubnisbewerber zum dritten Mal die Prüfung nicht bestanden hatte (so genannte Prüfungsversager). Diese verwaltungsrechtliche Regelung wurde jedoch etwa zeitgleich mit der Theorie der „Unfallpersönlichkeit“ (so genannte „Konflikt-Unfäller“ und „Affekt-Unfäller“ mit ausgeprägter Veranlagung zu Unfällen) abgeschafft, da ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem tatsächlichen Unfallgeschehen statistisch nicht nachweisbar war. Da die Unfallzahlen mit zunehmender Motorisierung in Deutschland stark anstiegen (absoluter Höhepunkt 1973: ca. 20.000 Getötete im Straßenverkehr), verschob sich der Schwerpunkt der Untersuchungen auf die Hauptrisikofaktoren im Straßenverkehr: Alkohol, Drogen und andere Verkehrsauffälligkeiten wie überhöhte Geschwindigkeit.

Journalisten tragen auch heute noch zur Verbreitung des Begriffes „Idiotentest“ bei, indem sie Nachrichten über prominente Betroffene oder spektakuläre Ereignisse unter dem Deckmantel der Information in den Massenmedien platzieren [6]. In der Regel handelt es sich um Boulevardblätter.

Darstellung in Musik und Literatur

Ein populäre Aufbereitung des Themas erfolgte 2008 in einem Rap des Hiphoppers Jim Pansen speziell für die Zielgruppe der Cannabis-Konsumenten. Die Darstellung ist inhaltlich stark verkürzt und karikierend, aber für die Zielgruppe informativ („Du, du - du musst zur MPU“[7]).

Kim Fisher hat in ihrem Buch Im Zeichen der Jungfrau persönliche Erfahrungen mit der MPU dargelegt, die bei ihr wegen permanenten Falschparkens (236 mal) veranlasst wurde. [8]

Andrea Bongers, Gerburg Jahnke, Jutta Jahnke und Francesca De Martin haben in Ihrem Stück Lappen weg - Frauen ohne Regeln das Thema „Frauen, Regeln, Verkehr“ auf die Bühne gebracht und Sinn und Nutzen von MPU und verkehrspsychologischer Nachschulung bei dieser Zielgruppe kabarettistisch hinterfragt.[9]

Durchführung der MPU

Verteilung der MPU-Untersuchungsanlässe im Jahr 2006 (Quelle: BASt, 2007)

Veranlassung

Im Jahr 2006 wurde eine MPU für etwa 0,2 % aller Fahrer (bei ca. 50 Millionen Führerscheininhabern in Deutschland) gefordert, in der Regel nach Entzug der Fahrerlaubnis und Ablauf der Sperrfrist. Annähernd die Hälfte davon waren Wiederholungsuntersuchungen nach nicht bestandener MPU. Laut Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) wurden im Jahr 2006 insgesamt 105.470 MPU-Gutachten erstellt. Daraus ergibt sich gegenüber 2005 ein geringfügiger Anstieg von 1 %, nach einem Rückgang um ca. 6 % im Vorjahr.[10].

Meist lagen schwerwiegende Auffälligkeiten und/oder Regelverstöße im Straßenverkehr vor, die bei Gerichten oder Fahrerlaubnisbehörden zu erheblichen Zweifeln an der Eignung des betreffenden Kraftfahrers führten. Deutlich über 50 % aller Fragestellungen hatten Fahren unter Alkoholeinfluss zum Inhalt, ca. 20 % Fahren unter Drogeneinfluss bzw. Handel mit Drogen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr, der Rest auffälliges Verhalten im Straßenverkehr, Straftaten oder körperliche Gebrechen. Die Drogenfragestellungen stiegen weiter kontinuierlich an.

Die wichtigsten Untersuchungsanlässe sind (in der Reihenfolge der Häufigkeit):

Anlass / Fragestellung Beschreibung
Alkohol

(„Alkohol-MPU“)

Ein Kraftfahrer ist mehrfach mit Alkohol im Straßenverkehr aufgefallen, oder einmal mit einer Promillezahl von 1,6 Promille oder mehr (dieser Wert gilt auch für Fahren unter Alkoholeinfluss mit dem Fahrrad). Verkehrsauffälligkeiten unter Alkoholeinfluss stellen 58 % aller Begutachtungsfälle (Quelle: BASt, 2007).
Drogen

(„Drogen-MPU“)

Ein Kraftfahrer ist entweder unter Drogeneinfluss im Straßenverkehr aufgefallen, oder der Fahrerlaubnisbehörde liegen Hinweise vor, dass ein Kraftfahrer außerhalb des Straßenverkehrs gegen das Betäubungsmittelgesetz verstoßen hat (durch Drogendelikte oder Drogenmissbrauch).
Verkehrsrechtliche Auffälligkeiten

(„Punkte-MPU“)

Mehr als 18 Punkte beim Verkehrszentralregister in Flensburg oder besonders schwerwiegende Verkehrsverstöße.
Strafrechtliche Auffälligkeiten Der Kraftfahrer ist strafrechtlich mehrfach in Erscheinung getreten oder mit Straftaten aufgefallen, die auf eine besonders hohe Aggressivität oder geringe Impulskontrolle schließen lassen.

Weitere MPU-Untersuchungsanlässe können z. B. die vorzeitige Erteilung einer Fahrerlaubnis für Jugendliche ab 16 Jahren oder körperliche/psychische Erkrankungen/Behinderungen sein.

Nach dem Beantragen der Führerschein-Neuerteilung sendet die zuständige Fahrerlaubnisbehörde die erforderlichen Unterlagen und Dokumente an eine frei wählbare MPU-Stelle, die wiederum das fertige Gutachten an den Auftraggeber (also an den Führerscheinbewerber) schickt. Nach der Vorlage eines positiven Gutachtens bei der Führerscheinstelle wird der bereits beantragte Führerschein in der Regel unmittelbar ausgehändigt.

Ablauf der MPU

Die Durchführung der MPU dauert in der Regel drei bis vier Stunden, die Reihenfolge der Untersuchungsteile (Testdiagnostik, ärztliche Untersuchung, psychologisches Gespräch) kann variieren. Der aktuelle Sachstand wird im Regelfall am Untersuchungstag unter Vorbehalt mitgeteilt, da in der Regel noch nicht alle Befunde vorliegen. Das Gutachten wird dem Auftraggeber zugesandt, der es an die Fahrerlaubnisbehörde weitergeben kann. Die Führerscheinakte wird parallel an die Fahrerlaubnisbehörde zurückgeschickt. Der Zeitrahmen bis zur Zusendung des Gutachtens soll 14 Tage nach der Untersuchung nicht überschreiten.

Die MPU besteht aus folgenden Untersuchungsteilen:

Untersuchung Beschreibung
Verkehrsmedizin Im medizinischen Teil wird auf verkehrsrechtlich relevante Erkrankungen sowie Alkohol- oder Drogenmissbrauch bzw. -abhängigkeit geprüft. Dazu führt der Arzt ein Gespräch über die medizinische Vorgeschichte, eine körperliche Untersuchung sowie ggf. labormedizinische Verfahren (z. B. Blutabnahme, Urin-Drogenscreening) durch. Häufig geht es darum, einen angegebenen vollständigen Verzicht auf Alkohol oder Drogen verkehrsmedizinisch zu belegen. Hierfür werden Drogenscreenings (Haar- oder Urinanalysen), mit denen sich Spuren früheren Konsums teilweise noch nach Monaten nachweisen lassen, und Alkoholscreenings (Leberwerte, oft auch EtG und CDT) eingesetzt.
Verkehrspsychologie Im psychologischen Gespräch geht es um Einsicht in das frühere Fehlverhalten, die persönlichen Ursachen dafür, Konsequenzen für das aktuelle Verhalten und Vorsätze und Verhalten für die Zukunft, die eine erneute Verkehrsauffälligkeit zuverlässig verhindern. Dabei muss das zukünftig geplante Verhalten in der Regel seit mindestens sechs Monaten stabil gelebt werden. Das Gespräch muss für das Gutachten aufgezeichnet werden (dies erfolgt häufig am Computer). Untersuchungsstellen sollten dem Kunden die Möglichkeit bieten, die Aufzeichnungen gegenzulesen, um Missverständnisse zu vermeiden.
Leistungsdiagnostik Bei einem standardisierten Reaktionstest am Computer wird die körperliche Leistungsfähigkeit (Reaktionsfähigkeit, Konzentration und Aufmerksamkeit) getestet.

Viele MPU-Stellen bieten zusätzlich kostenlose Informationsabende an, um die Betroffenen aus erster Hand zu informieren und Spannungen und Ängste im Vorfeld einer MPU zu reduzieren. Eine Anmeldung ist in der Regel nicht erforderlich. Hierbei werden in der Regel auch zusätzliche Beratungsgespräche und Vorbereitungsmaßnahmen lokaler Institutionen vorgestellt.


Bestehensquoten und Wirksamkeit

Im Jahr 2006 führten 62,6 % aller Untersuchungen zur Erteilung der Fahrerlaubnis[10]. Der Anteil der positiven Gutachten lag dabei bei 46,4 %, weitere 16,2 % der MPU-Teilnehmer erhielten ihren Führerschein nach einem zusätzlichen §70-Nachschulungskurs zurück (offizielle Bezeichnung: „Kurs zur Wiederherstellung der Kraftfahreignung für auffällige Kraftfahrer“). Das Für und Wider von „zu viele kommen durch„ und „zu viele fallen durch” ist eine Frage persönlicher Wertmaßstäbe und gesellschaftlicher Sicherheitsbedürfnisse. Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes sind etwa 11 % der tödlichen Unfälle auf Alkoholeinfluss zurückzuführen.[11]. Vor dem Hintergrund obiger Zahlen sehen die MPU-Befürworter die Wirksamkeit der MPU als ausreichend belegt.

Quelle: BASt-Bericht (08´2007): „Begutachtung der Fahreignung 2006”

Eine Abkürzung der Sperrfrist geht nicht automatisch mit einem erhöhten Rückfallrisiko einher. Eine Studie aus dem Jahr 2001 [12] belegte, dass Rehabilitationsmaßnahmen innerhalb der Sperrfrist zu einer Senkung des Rückfallrisikos führen. Ungeklärt ist noch, ob sich diese Ergebnisse auf die gegenwärtige breite Palette unterschiedlicher Ansätze im Vorfeld der MPU - von intensiver Einzeltherapie bis hin zu „Schauspielschulen“ - übertragen lassen.

Vorbereitung

Eine Vorbereitung kann dazu beitragen, Ängste abzubauen und durch Kenntnis der Anforderungen die Voraussetzungen für eine günstige Fahreignungsprognose zu verbessern. Dies wird durch Studien belegt, bei denen die Bestehensquoten von qualifiziert vorbereiteten mit nicht vorbereiteten MPU-Absolventen verglichen wurde. Die Qualität der Vorbereitung ist uneinheitlich.

Dunkelziffer

Die Angaben zur Dunkelziffer bei alkoholauffälligen Fahrern schwanken zwischen 1:1000 und 1:60. Die Wahrscheinlichkeit, bei Fahrten unter Alkoholeinfluss oder anderen Verkehrsstraftaten und Ordnungswidrigkeiten entdeckt zu werden, ist aufgrund der geringen polizeilichen Kontrolldichte in Deutschland sehr niedrig. Jede Fahrt unter Alkoholeinfluss ohne Unfall und ohne Polizeikontrolle erhöht somit die Wahrscheinlichkeit der nächsten Fahrt; Alkohol am Steuer ist ein Seriendelikt [13].

Wirksamkeit/ Legalbewährung

Die Wirksamkeit („Legalbewährung“) der MPU hat sich seit Beginn der 1980er-Jahre verbessert. Eine bundesweite Untersuchung im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen [14] erfolgte anlässlich der erstmaligen Einführung von Rehabilitationskursen für alkoholauffällige Kraftfahrer (ab 1980). Wurden damals noch 18,8 Prozent positiv beurteilte MPU-Absolventen innerhalb von drei Jahren erneut auffällig (Kursteilnehmer: 13,4 Prozent), so lagen die Quoten erneut auffälliger Fahrer aus der Zeit von 1987-1990 nur noch bei 11,2 (bzw. Kursteilnehmer: 13,8 Prozent) [15]. Personen, die erst bei einer zweiten Untersuchung - ohne zwischenzeitliche verkehrspsychologische Maßnahme - ihre Fahrerlaubnis erneut erhalten hatten, wurden nach dieser Untersuchung im Untersuchungszeitraum von drei Jahren zu 21,2 Prozent erneut auffällig. Auch Aussagen, nach denen jeder dritte Alkoholfahrer nach einer positiven MPU erneut rückfällig wird [16], werden durch die Fachliteratur gestützt [17], wenn der Beobachtungszeitraum von drei auf zehn Jahre ausgedehnt wird.

Bei dem norddeutschen Projekt von 2001 (s.o. [12]) lagen die Werte für positiv Beurteilte bei 6,5 Prozent und für Kursteilnehmer bei 8,3 Prozent. Wurde der Führerschein erst nach therapeutischen Maßnahmen und einer weiteren Untersuchung wieder erteilt, lag das Wiederholungsrisiko bei 4,4 Prozent. Diese Zahlen sind vergleichbar mit den Ergebnissen anderer intensiver Verkehrstherapien (vgl. [18] - Evaluationsstudie nicht veröffentlicht).

Kosten der MPU

Die Kosten der medizinisch-psychologischen Untersuchung sind in der GebOSt[19] geregelt. Sie richten sich nach dem durchschnittlichen Aufwand der unterschiedlichen Fragestellungen. Im Februar 2008 wurden die Gebühren erstmals seit Einführung der Fahrerlaubnisverordnung im Jahr 1999 angehoben. Sie betragen für Alkohol- und Drogenuntersuchungen 338,00 € netto. Bei kombinierten Fragestellungen erhöht sich die Untersuchungsgebühr um die Hälfte der jeweils höchsten Teilgebühr. Drogenuntersuchungen sind deshalb am teuersten, weil ein Drogenscreening mit einer zusätzlichen Gebühr von 128,00 € abgerechnet wird. Hinzu kommen noch u.a. Kosten für Zweitschriften und Gutachtenversand. Vielfach liegen die gesamten Gebühren für die MPU über 500,00 €.

Teurer sind die vorbereitenden Angebote im Vorfeld einer MPU. Von Verkehrspsychologen werden in der Regel um die 90,00 € bis 100,00 € pro Sitzung zugrundegelegt.

Begutachtungsstellen in Deutschland

Eine Übersicht über sämtliche akkreditierten und amtlich anerkannten MPU-Stellen in Deutschland kann ebenfalls über eine Suchfunktion [3] des BDP abgerufen werden (siehe unten). Ihre Gutachten werden von den Fahrerlaubnisbehörden in Deutschland akzeptiert. Sie stehen untereinander im direkten Wettbewerb, der sich angesichts der geregelten Preise[19] vor allem über Kundenempfehlungen und kundengerechte Bearbeitung abspielt. In Großstädten wie Hamburg, Köln, München, Stuttgart und Frankfurt agieren zwischen vier und sechs Anbieter, in Berlin inzwischen sogar mehr als zehn. Derzeit sind 19 Organisationen akkreditiert, wobei verschiedene Anbieter in Firmenverbänden zusammenarbeiten.

Von dem meisten MPU-Stellen werden regelmäßig Informationsabende und individuelle Beratungen angeboten. Im Kunden-Service gibt es erhebliche Unterschiede - je nach Anbieter.

Hilfreiche Hinweise für eine kundenorientierte, fachkundige und menschliche Behandlung der betroffenen Antragsteller finden sich in den Erfahrungsberichten der einschlägigen MPU-Foren[20] .

Gesetzliche Grundlagen der MPU

§ 2 Straßenverkehrsgesetz (StVG) regelt die Erteilung einer Fahrerlaubnis, § 3 StVG die Entziehung. Ein Bewerber für eine Fahrerlaubnis muss – neben anderen Anforderungen wie Mindestalter etc. – zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Geeignet ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen oder Strafgesetze verstoßen hat (§ 2 Abs. 4 StVG). Begründen Tatsachen (Verkehrsauffälligkeiten, körperliche oder geistige Mängel) Bedenken gegen die Eignung, kann die Fahrerlaubnisbehörde anordnen, dass ein Gutachten einer Begutachtungsstelle für Fahreignung beigebracht wird (§ 2 Abs. 8 StVG).

Ist jemand ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, ist die Fahrerlaubnis zu entziehen. Mit der Entziehung erlischt die Fahrerlaubnis. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis kann das Recht aberkannt werden, von der Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen (§ 3 Abs. 1 StVG).

Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Wohnungswesen ist durch § 6 StVG ermächtigt, Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Bundesrates zu erlassen, die die Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, die Beurteilung der Eignung durch Gutachten und die Feststellung und Überprüfung durch die Fahrerlaubnisbehörde regeln. Diese Anforderungen sind in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) detailliert in § 11 (Eignung), § 13 (Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik) und § 14 (Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel) beschrieben. Auf der Basis der Verordnung fordert die Fahrerlaubnisbehörde eine MPU und legt die jeweilige Fragestellung für die Untersuchung fest. Die Auswahl der Begutachtungsstelle (siehe oben) erfolgt durch den Bewerber.

Kritik und Gerüchte

Angeblicher „MPU-Kugeltest”

Über den Ablauf einer MPU kursieren eine Vielzahl von Geschichten und Erzählungen, insbesondere über unlösbare Aufgaben oder absichtliche „Fallen“ während der Gespräche. Einige der häufigsten Falschmeldungen und MPU-„Mythen“ [21]:

  • „Kugeltest“: Angeblich muss der MPU-Kandidat versuchen, zwei Kugeln aufeinander zu stellen (was physikalisch unmöglich ist), und fällt durch, sobald er die Kugeln auch nur berührt. Einen solchen „Test“ hat es bei der MPU nie gegeben, er ist frei erfunden.
  • Persönlichkeitsfragebogen oder Aggressionsfragebogen: Angeblich muss ein MPU-Kandidat einen dieser Fragebögen ausfüllen, anhand dessen das Ergebnis der Untersuchung bereits vorab festgelegt wird. Derartige Fragebögen existierten lediglich während einer kurzen Versuchsphase in den 1970er-Jahren und wurden bald wieder abgeschafft. Es gibt bei einer MPU kurze Fragebögen, die sich auf die persönliche Lebenssituation beziehen (Beruf, biografische Angaben) oder auf die Verkehrsvorgeschichte und eventuelle Erkrankungen eingehen. Sie dienen aber vor allem als Leitfaden für das Gespräch, und die schriftlichen Angaben werden vor der Übernahme in das Gutachten noch einmal ausdrücklich besprochen.

Auch existiert entgegen Gerüchten kein fester Fragenkatalog, den ein Gutachter abfragt. Jeder Antragsteller wird individuell nach seiner Problematik auf selbstkritische Einsichtsfähigkeit, Glaubwürdigkeit und – je nach der Fragestellung der Fahrerlaubnisbehörde – auf seine Konsumgewohnheiten oder die Stabilität einer begonnenen Verhaltensänderung hin überprüft.

Derartige Gerüchte fördern die Verbreitung des Begriffs „Idiotentest“ im Volksmund. Weitere häufige Behauptungen und die Stellungnahmen der MPU-Befürworter dazu:

Kritische Argumente Stellungnahme der MPU-Befürworter
„Die Beurteilung ist reines Glücksspiel Die Begutachtungsstellen für Fahreignung sind an bundesweit einheitliche Beurteilungsmaßstäbe gebunden, die veröffentlicht und von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) verbindlich vorgeschrieben sind (siehe unten). Diese Akkreditierung trägt wesentlich dazu bei, dass die Begutachtung einheitlich und vergleichbar erfolgt. Da Menschen ihr Verhalten und ihre Einstellungen ändern können, ist es gerade keine Glücksache, ob ein Gutachten positiv ausfällt.
„Man darf nicht die Wahrheit sagen“ Zuverlässige Angaben sind für eine günstige Prognose notwendig. Mangelnde Glaubhaftigkeit muss im Gutachten dargestellt werden und kann nicht zu einem günstigen Gutachtenergebnis führen. Bei frei erfundenen Geschichten oder Bagatellisierung der Probleme fällt das Ergebnis meist negativ aus.

Glaubhaftigkeit setzt widerspruchsfreie und nachvollziehbare Aussagen voraus (sog. "Hypothese 0"). Günstigen Einfluss auf die Beurteilung der Glaubhaftigkeit haben:

  • Authentische, zutreffende Schilderungen
  • Widerspruchsfreiheit
  • konkrete detailreiche Informationen über Veränderungen
  • Vermeiden von Bagatellisierung und Fremdkritik.

Nicht relevant sind:

  • gepflegtes und modebewußtes Auftreten
  • Lernfähigkeit und Anpassungsfähigkeit
  • berufliche, familiäre und finanzielle Situation des Probanden
  • Pulsfrequenz während der Untersuchung.
„Man hat sowieso keine Chance durchzukommen“ Gutachter müssen neutral und objektiv beurteilen und sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen und den gültigen Beurteilungskriterien orientieren. Erforderlich ist aber die Mitwirkung des Betroffenen: Er muss die Ursachen der Verkehrsauffälligkeiten und die gezogenen Konsequenzen benennen und bei Bedarf objektive Nachweise (Leberwerte, Screenings) beibringen. Der hohe Anteil an erfolgreich bestehenden Probanden belegt dies.
„Die medizinische Untersuchung und der Reaktionstest sind wissenschaftlich fundiert und faktenorientiert, das Gespräch mit dem psychologischen Gutachter beruht dagegen nicht auf Erkenntnissen und ist von der Qualifikation und Tagesverfassung des Gutachters abhängig“ MPU-Gutachter entscheiden stets im Team (Arzt und Psychologe). Erkenntnisse ergeben sich zunächst aus der sorgfältigen Analyse der Vorgeschichte der früheren Verkehrsverstöße und den Forschungsergebnissen zur Wiederholungswahrscheinlichkeit nach gravierenden Verkehrsverstößen und Verkehrsstraftaten. Im zweiten Schritt müssen diese Erkenntnisse mit den individuellen Befunden abgeglichen werden, um das Wiederholungsrisiko im Einzelfall zu beurteilen. Die hohen Anforderungen an die Qualifikation der Gutachter und die Einheitlichkeit der Begutachtung werden im Rahmen der Qualitätssicherung regelmäßig überprüft.
„Auch jahrelange unauffällige Fahrpraxis zählt nicht“ Tests sind objektive und Zeit sparende Verfahren, um die aktuelle Leistungsfähigkeit zu belegen. Sie werden ausführlich erklärt und beginnen erst nach einer Übungsphase. Bei erkennbaren Leistungsdefiziten, z. B. im Bereich der Reaktionsschnelligkeit, kann aber auch durch eine zusätzliche Beobachtung des Fahrverhaltens (praktischer Fahrtest) festgestellt werden, ob der Betreffende diese durch seine Erfahrung im Straßenverkehr ausgleichen kann
„Psychologen sind Leute, die mit dem Ziel der Eigendiagnostik ihrer persönlichen Defizite das Studium der Psychologie gewählt haben. Sie benötigen MPU-Probanden zu ihrer permanenten Selbstbestätigung bzw. Selbstüberhöhung und sind daher grundsätzlich ungeeignet, ein objektives Urteil abzugeben“ Ein Psychologiestudium ist wissenschaftlich anspruchsvoll. Zur „Eigendiagnose und -therapie” ist es ungeeignet. Psychologen lernen im Studium, objektiv zu urteilen und ihre Entscheidungen wissenschaftlich zu begründen. In Gutachten zur Fahreignung kommt es in erster Linie auf die ´Verkehrsbiografie´ des Betreffenden an (die ´Aktenlage´). Diese ist in jedem Fall ausreichend für die wissenschaftlich fundierte Diagnose die Sicherheit gefährdender Krankheiten.

Kritik an der MPU-Vorbereitung

Niedergelassene Verkehrstherapeuten sehen die Objektivität der Begutachtung gefährdet, weil Trägerorganisationen Tochtergesellschaften gegründet haben, die vor oder nach einer Begutachtung weitere Produkte anbieten: Beratung, Kurse, oft auch ausdrücklich „MPU-Vorbereitung“. Dies gefährde die Neutralität der Begutachtung. Wirtschaftliche Interessen könnten gegenüber fachlichen Gesichtspunkten in den Vordergrund treten - zum Schaden für die Verkehrssicherheit und die Betroffenen.[22]

Dem wird entgegen gehalten, dass die Maßnahmen zur Vorbereitung auf eine MPU den Gesetzen des freien Marktes unterliegen, also keiner geregelten Qualitätskontrolle und keinen Eingangsvoraussetzungen unterworfen sind - anders als die streng regulierten und aufwendig überprüften Dienstleistungen der akkreditierten Träger von Begutachtungsstellen für Fahreignung und Anbieter von Kursen nach § 70 FeV („Kurse mit Rechtsfolge“).

„MPU-Vorbereitung“ kann jeder betreiben, der sich für kompetent hält, weshalb sich Friseure, Ex-Betroffene, Fahrlehrer, Juristen, Sozialarbeiter und andere Berufsgruppen in diesem umkämpften Markt tummeln. Es existieren weder einheitliche fachliche Standards, noch Qualitätskontrollen oder Anforderungen an die Qualifikation und Weiterbildung der MPU-Vorbereiter. Genau dies wird im Sinne des Verbraucherschutzes und zur Verbesserung der Reputation des Arbeitsgebietes seit Jahren vom Gesetzgeber gefordert.

Sonstiges

Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Anordnung

Seitens einiger Verkehrsjuristen wird argumentiert, die Entscheidung einer Fahrerlaubnisbehörde zu einer MPU müsse auf dem Rechtsweg überprüfbar sein. Die Überprüfung der Entscheidung sei auch aus verfassungsrechtlicher Sicht geboten, da es sich bei der MPU um einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht handle. Andere Positionen stellen die selbstständige Anfechtung einer MPU-Anordnung generell in Frage [23].

Die Kriterien für die Entscheidung zu einer Begutachtung sind so präzise und die Sachlage in der Regel so eindeutig, dass der Entscheidungsspielraum der Fahrerlaubnisbehörde vergleichsweise gering ist. Der Gesetzgeber bewertet eine MPU als eine vorbereitende, informationssammelnde Handlung im Rahmen einer Verwaltungsentscheidung, vergleichbar mit anderen (z. B. ärztlichen) Gutachten, und sieht somit bislang keine Veranlassung, die Entscheidung zur Durchführung auf dem Rechtsweg überprüfbar zu machen.

Gegen die auf der Grundlage des MPU-Gutachtens (in Ausnahmefällen auch gegen das Gutachten) getroffene Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde können Rechtsmittel eingelegt werden.

MPU-Umgehung

Polnischer Führerschein

Der Weg der MPU-Umgehung durch den Führerscheinerwerb im europäischen Ausland ist nach geltender Rechtslage noch möglich, kann aber nicht vor Ablauf der Sperrfrist beschritten werden (vgl. Führerscheintourismus).

Der Generalanwalt beim Europäischen Gerichtshof, Yves Bot, hat im Februar 2008 erklärt, dass deutsche Behörden den Führerscheintourismus unterbinden können[24]. Der Europäische Gerichtshof hat sich mit seiner Entscheidung vom 26. Juni 2008 entgegen seiner früheren Spruchpraxis dem Gutachten des Generalanwalts angeschlossen und die deutsche Verwaltungspraxis damit im Wesentlichen bestätigt [25]. Die Anerkennung eines im Ausland erworbenen Führerscheins kann nach Angaben des ADAC verweigert werden, wenn dieser während der Sperrfrist erworben wurde. Gleiches gilt für nach Ablauf der Sperrfrist erteilte Fahrerlaubnisse, wenn der Betroffene seinen Lebensmittelpunkt nicht im Ausstellerstaat hat[26].

Der MPU-Umgehung wird nach Ansicht des Bundesverkehrsministeriums ab dem 19. Januar 2009 mit Inkrafttreten der 3. europäischen Führerscheinrichtlinie der Boden entzogen. Die nach einer Entziehung der Fahrerlaubnis in Deutschland im Ausland erworbenen Führerscheine werden, so Minister Tiefensee "hier nicht mehr gültig sein". [27]. Ob damit auch nach Ablauf einer Sperrfrist, wie in vielen Presseberichten behauptet, im Fall einer polizeilichen Feststellung Strafbarkeit wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegeben ist bzw. eine Nutzungsuntersagung erteilt wird, ist noch nicht eindeutig geklärt.

Von anderer Seite wird bezweifelt, dass die Umsetzung der 3. europäischen Führerscheinrichtlinie in Deutschland vor dem EuGH bestand haben wird. Die Anwendbarkeit der Richtlinie lasse sich zudem auch dadurch leicht umgehen, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung kein Wohnsitz mehr in Deutschland unterhalten wird.

Angesichts der weiterhin umstrittenen Rechtslage, möglicher späterer Nutzungsuntersagungen und vieler betrügerischer Angebote mit "Erfolgsgarantien" ist eine vorherige Information z.B. bei Verkehrsanwälten sinnvoll.

Eignungsuntersuchungen für Berufskraftfahrer

Bewerber und Inhaber der Klassen D, D1, DE, DE1 oder einer Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung (z. B. Busfahrer) müssen sich ab Vollendung des 50. Lebensjahres alle fünf Jahre einer eingehenden verkehrsmedizinischen und -psychologischen Untersuchung unterziehen.

Der verkehrspsychologische Teil umfasst die Überprüfung besonderer Anforderungen wie Orientierungsleistung, Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeitsleistung, Belastbarkeit und Reaktionsfähigkeit. Diese Vorschriften sind seit dem 1. Januar 1999 gültig. Damit soll sichergestellt werden, dass Berufskraftfahrer die besonderen Anforderungen für diese Tätigkeit erfüllen.

Die Untersuchungen werden von Arbeits- und Betriebsmedizinern, sowie in amtlich anerkannten Begutachtungsstellen für Fahreignung angeboten.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Suchfunktion für Fachpsychologen für Verkehrspsychologie
  2. Suchfunktion für amtlich anerkannte verkehrspsychologische Beraterinnen und Berater
  3. a b Suchfunktion für amtlich anerkannte Begutachtungsstellen für Fahreignung
  4. a b BDP: Tipps und Hilfen zum Verbraucherschutz
  5. Jurathek: Begutachtungs-Leitlinien
  6. Aktuelle Berichterstattung zum Thema MPU und EU-Führerschein
  7. Du, du - du musst zur MPU. Rap Song des Hiphoppers Jim Pansen zum Thema MPU
  8. Inspirationsquelle Idiotentest
  9. Lappen weg - Frauen ohne Regeln
  10. a b BASt-Bericht 2007: Begutachtung der Fahreignung 2006
  11. Unfallgeschehen im Straßenverkehr 2005 - Presseexemplar des Statistischen Bundesamts S.33 (www.destatis.de, 610 KB)
  12. a b Wolfgang Jacobshagen (2001): Die Wirksamkeit des Modells BUSS – Beratung, Untersuchung und Schulung in der Sperrfrist – bei alkoholauffälligen Kraftfahrern. Blutalkohol 38, S. 233 – 248
  13. Wolfram Heinrich: Betrunken fahren? Das Phänomen des „Ewigen Alkoholfahrers“ (PDF-Datei)
  14. Werner Winkler, Wolfgang Jacobshagen und Wolf-Rüdiger Nickel (1988): Wirksamkeit von Kursen für wiederholt auffällige Kraftfahrer. Unfall- und Sicherheitsforschung Straßenverkehr 64
  15. Wolfgang Jacobshagen und Hans-Dieter Utzelmann (1996): Medizinisch-Psychologische Fahreignungsbegutachtungen bei alkoholauffälligen Fahrern und Fahrern mit hohem Punktestand. Empirische Ergebnisse zur Wirksamkeit und zu deren diagnostischen Elementen. Verlag TÜV Rheinland, Köln
  16. Vortrag Edzard Glitsch, zitiert nach Ärztezeitung
  17. Wolfgang Jacobshagen (1996): ALKOEVA und kein Ende? Blutalkohol 33, S.257–266
  18. Rüdiger Born (2006): [1]. 2. BNV-Kongress Kassel, 21.-22. September 2006. Verkehrstherapie als Best Practice – Alltag und Aussicht
  19. a b Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr - GebOSt
  20. MPU-Foren: Praktische Beispiele
  21. MPU-Mythen am Beispiel Alkohol
  22. www.bnv.de
  23. Klaus Weber (2006): Keine selbständige Anfechtbarkeit einer MPU-Anordnung, in: NZV 2006 Heft 8, 399 - 407.
  24. Fahrerlaubnis aus dem Ausland Urteil des Europäischen Gerichtshofs in einigen Monaten
  25. Schlechte Zeiten für MPU-Flüchtlinge - EuGH-Entscheidung zum Führerscheintourismus
  26. Urteil des europäischen Gerichtshofs vom 28. Juni 2008
  27. Tiefensee: "Führerscheintourismus" wird bekämpft

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