- Wolfgang Rosenthal
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Wolfgang Rosenthal (* 8. September 1882 in Friedrichshagen; † 10. Juni 1971 in Berlin) war ein deutscher Konzertsänger und Kieferchirurg.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Rosenthal wurde 1882 als Sohn des Rektors Max Friedrich Karl Martin Rosenthal und seiner Frau Johanna von Zeuner in Berlin geboren. Er wuchs in Weißenfels auf. Er war Mitglied des Thomanerchors und legte 1902 an der Leipziger Thomasschule sein Abitur ab. Im Anschluss studierte er zunächst bis 1903 Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München und reiste nach Südafrika. Von 1904 bis 1910 studierte er gleichzeitig Gesang und Medizin an der Universität Leipzig. Er promovierte zum Dr. med. mit der Dissertation Über Lues congenita tarda an der Hand eines Falles von Gumma hepatitis. 1911 folgte die Approbation und 1918 die Habilitation für Chirurgie mit der Arbeit Erfahrungen auf dem Gebiet der Urano-Plastik. Von 1914 bis 1918 war er Leiter des Kieferlazaretts des Sächsischen Korps in Leipzig. 1918 wurde er Privatdozent für Chirurgie an der Medizinischen Fakultät der Leipziger Universität. Seine Gesangsausbildung schloss er bei Karl Scheidemantel in Weimar ab. Unter dem Künstlernamen Wolfgang Zeuner-Rosenthal gehörte er in Leipzig zu den gefragtesten Konzert- und Oratoriensängern im Fach Bass-Bariton. Von 1919 bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten war er neben seiner ersten Frau Ilse Helling-Rosenthal (Sopran), seiner späteren zweiten Frau Marta Adam (Alt) und dem Tenor Hans Lissmann Mitglied des bekannten Rosenthal-Quartetts. 1930 bis 1936 war er außerplanmäßiger Professor für Chirurgie. 1931 bis 1933 folgte ein Studium der Zahnheilkunde in Leipzig. Sein zahnärztliches Staatsexamen legte er in Erlangen ab. Er promovierte zum Dr. med. dent. 1933 trat er in die NSDAP und als förderndes Mitglied in die SS ein.[1] Von 1936 bis 1937 wirkte er als Professor und kommissarischer Leiter der Kieferklinik der Hamburger Universität. 1937 wurde er wegen „jüdischer Abstammung“ (ein Großvater) als Hochschullehrer und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Kieferchirurgie entlassen. Bis 1943 war er dann selbstständiger Chirurg und Orthopäde.
Er setzte sich zeitlebens für die Belange von Betroffenen mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten ein. Er entwickelte im Laufe der Jahre neue Operations- und Behandlungstechniken, um Funktionalität und das Aussehen der betroffenen Bereiche zugleich möglichst optimal wiederherzustellen. Sie tragen den Namen Schönborn-Rosenthal. Rosenthal forderte deshalb bereits in den 1920er Jahren eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Chirurgen, Zahnärzten, Kieferorthopäden, HNO-Ärzten und Logopäden, um neben der funktionalen Rekonstruktion auch eine normale Sprach- und Schluckentwicklung zu gewährleisten. Eine enge Zusammenarbeit mit Spezialisten für Plastische Chirurgie soll auch eine optisch ansprechende Rekonstruktion ermöglichen. Gleichzeitig wehrte er sich bereits damals gegen Diskriminierung und Verunglimpfung der Betroffenen, deren Fehlbildung abwertend in der Fachwelt bis heute als „Wolfsrachen“ oder „Hasenscharte“ bezeichnet wird.
Rosenthal gründete 1943 erneut eine eigene Fachklinik, nachdem die schon 1921 eröffnete 1943 durch Bombenangriffe zerstört wurde, im Schloss Thallwitz (von Prinz Reuß überlassen) bei Leipzig, in der er Betroffene nach diesen Prinzipien behandelte und bis 1962 leitete. Von 1950 bis 1957 war er an der Humboldt-Universität ordentlicher Professor für Kieferchirurgie und wirkte von 1952 bis 1954 als Dekan der Medizinischen Fakultät. Nach dem Krieg war Rosenthal Mitglied der SPD und seit der Zwangsvereinigung von SPD und KPD 1946 Mitglied der SED.
Er war Träger der Nationalpreises der DDR (1955), wurde 1951 als Verdienter Arzt des Volkes und 1962 als Hervorragender Wissenschaftler des Volkes ausgezeichnet und war ordentliches Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina. Die Medizinische Fakultät der Universität Leipzig verlieh ihm 1955 die Ehrendoktorwürde. 1962 wurde er Ehrenbürger der Gemeinde Thallwitz. Wolfgang Rosenthal starb in Berlin und wurde im Grab seiner ersten Frau, der Sängerin Ilse Helling-Rosenthal, auf dem Leipziger Südfriedhof bestattet.
Wolfgang-Rosenthal-Gesellschaft
Rosenthal ist der Namensgeber der 1981 in Hüttenberg (Hessen) gegründeten Selbsthilfevereinigung für Betroffene und Angehörige von Menschen mit Lippen-Kiefer-Gaumenspalten. Der Verein setzt sich im Sinne der Prinzipien von Wolfgang Rosenthal für die Belange der Betroffenen ein. Neben der Beratung kämpft sie u. a. gegen die diskriminierende Verwendung der o. g. Begriffe in Medien, Öffentlichkeit und Fachwelt oder hilft bei der Suche nach Ärzten, die interdisziplinäre Kooperationen praktizieren bzw. die Techniken von Rosenthal anwenden.
Berufliches Schulzentrum für Gesundheit "Wolfgang Rosenthal"
In der Berufsschule Neukirchen/Erzgebirge werden Lehrlinge in den Bereichen Zahntechnik, Zahnmedizinische Fachangestellte, Heilpädagogik, Gesundheit und Pflege ausgebildet.
Werke
- (Hrsg.) Zentralblatt für die gesamte Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde.
- Lehrbuch der Mund- und Kieferchirurgie, Leipzig 1930.
- Spezielle Zahn-, Mund- und Kieferchirurgie. Missbildungen, Entzündungen, Geschwülste, Leipzig 1951.
Literatur
- DBE, Bd. 8, 1998, S. 401.
- Kürschner 1931, Sp. 2426.
- Lambrecht, R., Politische Entlassungen in der NS-Zeit, Leipzig 2006, S.157-158.
Weblinks
- Literatur von und über Wolfgang Rosenthal im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurze Zusammenfassung des Lebens von Wolfgang Rosenthal, www.lkg-selbsthilfe.de
- Wolfgang Rosenthal im Professorenkatalog der Universität Leipzig
- Die „Wolfgang-Rosenthal-Klinik“ Thallwitz/Sachsen in den zwei deutschen Diktaturen (PDF)
Einzelnachweise
- ↑ Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16048-8, S. 508.
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