Blockadeschiff

Blockadeschiff

Die Seeblockade ist eine wichtige Strategie in einem Seekrieg und auch in manchen Wirtschaftskriegen. Sie besteht darin, die Bewegungsfreiheit der gegnerischen Kriegsmarine oder seiner Handelsschifffahrt durch eine militärische Blockade seiner Küste oder wichtiger Zufahrtswege einzuengen oder zu unterbinden. Auch die vom Seerecht eingeräumte Möglichkeit, fremde Schiffe auf Feindesgut zu durchsuchen, kann das Motiv einer Seeblockade sein.

Inhaltsverzeichnis

Allgemein

Im Kriegsfall ist die Zielsetzung einer Blockade, die Verkehrswege des Gegners mit Kriegsschiffen, Unterseebooten oder Minensperren anzusperren, sodass seine Fähigkeit zur Kriegsführung stark eingeschränkt oder seine Nachschubwege bedroht werden.

Seeblockaden oder ihre Durchbrechung haben bereits im Altertum zahlreiche Kriege entschieden, u.a. in der Ägäis und den Perserkriegen, seitens der Phönizier, im Kampf zwischen Karthago und Rom, später teilweise durch die Wikinger und insbesondere seit den Seekriegen zwischen der spanischen Armada und der englischen Flotte.

Entscheidend für gelungene Seeblockaden sind oft die verschiedenen Meeresengen. Wie es oft der Ärmelkanal für die Kriege zwischen Britannien und Kontinentaleuropa war, spielte z.B. auch die Straße von Otranto zwischen Mittelmeer und Adria ene wichtige Rolle - etwa für die frühere Seemacht Venedig und für den Seekrieg gegen Österreich-Ungarn ab etwa 1916.

Wechselwirkungen der Politik vor dem ersten Weltkrieg

Im Schleswig-Holsteinischen Krieges (1848–1851) brachte innerhalb weniger Tage im April 1848 brachte die dänische Marine den deutschen Seehandel in Nord- und Ostsee zum Erliegen. Daraufhin wurde die Reichsflotte gegründet, die diese Blockade jedoch nicht brechen konnte.

Ende des 19. Jahrhunderts waren die Erfolge des 1871 gegründeten deutschen Kaiserreiches ein Dorn in manchem englischen Auge. Berüchtigt ist der britische Aufruf im Saturday Review von 1896: "Germania delenda est!".

Die um die Jahrhundertwende zunehmende Gegnerschaft zwischen England und Deutschland erhielt eine auf den möglichen Seekrieg bezogene Eigendynamik:

  • Das Deutsche Reich befürchtete - wie sich später zeigte, zu Recht - eine mögliche Seeblockade der Briten, und begann daher gemäß der Flottengesetze mit dem Bau einer eigenen Hochseeflotte als so genannte Risikoflotte, die zur Abschreckung aller anderen Seemächte dienen sollte.
  • Die Britische Marine-Doktrin war der so genannte Two-Powers-Standard, der forderte, dass die Royal Navy als "Herrscher der Weltmeere" immer mindestens so stark sein müsse wie die beiden nachfolgenden Flotten zusammen.
  • Es kam zum Deutsch-Britisches Wettrüsten, dieses steigerte das Gefühl der Feindschaft und beschleunigte vermutlich die Blockadepolitik.
  • Letztlich erwies sich der Ausbau der deutschen Kriegsmarine als nicht erfolgreich: Sie war zwar schon stark genug, um England herauszufordern, aber noch zu klein für eine ernsthaftere Gefährdung, abgesehen von den Achtungserfolgen bei Coronel und in der Skagerrakschlacht. Somit kam der Krieg für die Briten gerade rechtzeitig.

Entscheidende Seeblockaden im Ersten Weltkrieg

Blockade-Brecher

Auch im Ersten Weltkrieg war die britische bzw. alliierte Seeblockade des Deutschen Reichs in der Nordsee mitentscheidend, dass die Mittelmächte ab etwa 1916 ins Hintertreffen gerieten. Zu Kriegsbeginn 1914 standen sich auf den Weltmeeren hauptsächlich die Grand Fleet Großbritanniens und die Kaiserliche Marine Deutschlands gegenüber, die von der im Mittelmeer operierenden österreichischen Kriegsmarine unterstützt wurde.

Britische Seeblockade in der Nordsee

Wegen der Übermacht der britischen Flotte konnte das Deutsche Reich 1914 zur See keine Offensive starten, sodass die alliierte Schifffahrt im Ärmelkanal keinen großen Störungen ausgesetzt war. Hingegen war der deutsche Vorposten Helgoland mit einer starken Küstenverteidigung ausgestattet und sicherte somit die Deutsche Bucht.

Während aber die Mittelmächte dem Krieg auf den Schlachtfeldern Frankreichs den Vorrang gaben, konnten die Briten ungestört die Seeherrschaft über die Nordsee erringen und danach - trotz Helgoland - eine Seeblockade Deutschlands einleiten. Sie hatte das Ziel, den künftigen Gegner von der Zufahrt zu allen Seewegen abzuschneiden, was später auch die allgemeine Versorgung Deutschlands stark beeinträchtigte. Durch die Kontrolle der nord- und westeuropäischen Meere konnte aber auch das britische Expeditionskorps ungestört übersetzen.

Zum ersten Seegefecht kam es am 28. August 1914 vor Helgoland: Die deutsche Marine führte mit Torpedobooten und leichten Kreuzern regelmäßige nächtliche Aufklärungs-Fahrten durch. Diese Regelmäßigkeit erlaubte den Briten, dem deutschen Verband eine Falle zu stellen. Obwohl der Hinterhalt bemerkt wurde, konnte aufgrund der Flut Unterstützung aus der Jade nicht rechtzeitig eintreffen. So verlor die deutsche Hochseeflotte 3 leichte Kreuzer der „Ködergruppe“, und beim Eintreffen der schweren Einheiten waren die Briten verschwunden.

Die folgenden Seekämpfe in der Nordsee - und Ende 1914 im Südatlantik - hatten wechselseitigen Erfolg, doch schließlich konnte sich die britische Flotte auch in Westeuropa durchsetzen und die Nordsee abermals blockieren. Eine weitere Eskalation im U-Boot-Krieg änderte die Situation nicht mehr grundlegend und führte im Gegenteil zum Kriegseintritt der USA, nach dem Untergang der RMS Lusitania.

Dass im bevölkerungsreichen und importabhängigen Deutschland so bittere Not herrschte, war eine Folge der gelungenen alliierten Seeblockade, die die Versorgung mit Nahrungsmitteln, Chilesalpeter (der wertvolle Rohstoff für die Herstellung von Dünger und Sprengstoff wurde per Salpeterfahrt um Kap Hoorn herum transportiert) und Kolonialwaren im Allgemeinen unterbanden. Diese Blockade[1] wurde nach dem Waffenstillstand vom November 1918 fortgeführt und sollte die Zustimmung zur Unterzeichnung der so genannten Pariser Vorortverträge im Sommer 1919 erzwingen. Sie wurde erst danach aufgehoben und kostete mind. 750,000 Menschen das Leben.[2] [3] [4] Der britische General Herbert Plumer habe sich beschwert, seine Besatzungstruppen könnten nicht mehr den Anblick ertragen von "Horden von dünnen aufgedunsenen Kindern die um die Abfälle der britischen Unterkünfte betteln".[5]

Deutsche Seeblockade in der Ostsee

Erfolgreicher war die deutsche Kriegsmarine in der Ostsee. Obwohl die Russische Ostseeflotte weit überlegen war, gelang es dem Oberbefehlshaber Prinz Heinrich von Preußen, sie in die Defensive zu drängen. Dadurch kam es während des ganzen Weltkrieges zu keinem einzigen russischen Angriff auf deutsche Küsten, aber deren Marine konnte die Operationen im Baltikum unterstützen.

Gegen Kriegsende wollte Deutschland bessere Bedingungen beim bevorstehenden Waffenstillstand erreichen und es erging ein Flottenbefehl vom 24. Oktober 1918 zu einem Entlastungsangriff auf die britische Marine, um deren anhaltende Seeblockade am 28. Oktober zu durchbrechen. Die neue Revolutionsregierung war jedoch strikt gegen diesen Angriff und setzte sich durch, nachdem sie durch den in Kiel ausgebrochenen Matrosenaufstand Unterstützung erhielt. Die Meuterei der Matrosen gegen ein als bereits unnötig empfundenes Menschenopfer trug auch zur deutschen Novemberrevolution bei, verschärfte aber andererseits die von der Seeblockade ausgelöste Not im unterlegenen Staat.

Seesperre 1917/18 im Mittelmeer

Obwohl die Österreichische Marine damals die sechstgrößte Kriegsmarine der Welt war, konnte sie ihre Stärke nicht voll ausspielen:

Die Straße von Otranto begünstigte die Versuche einer alliierten Seeblockade entscheidend. Diese Blockadeversuche nach dem Seitenwechsel Italiens zur Entente konnten auf der mit Hilfe Frankreichs und Großbritanniens gestützten Vorherrschaft im westlichen Mittelmeer aufbauen. Von dieser gesicherten Basis aus gelang den 3 Ländern eine Seesperre aus Schiffen und schwerer Küstenartillerie bei Otranto. Zweimal versuchte die k.u.k. Kriegsmarine die Seesperre zu durchbrechen. Beim ersten Durchbruchsversuch im Sommer 1917 kam es zur größten Seeschlacht Österreich-Ungarns, bei der die Alliierten große Verluste verzeichneten, die Österreicher aber nur geringe Schäden erlitten. Dennoch mussten sie sich wieder zurückziehen, weil die topografisch begünstigte Seesperre immer noch zu stark war. Der zweite und letzte Versuch startete im Juni 1918, wurde aber abgebrochen, da der Überraschungseffekt misslang: Die Alliierten entdeckten eines der zwei Flottengeschwader vorzeitig und konnten die SMS Szent István versenken, sodass der Monarchie nur mehr drei Großschlachtschiffe verblieben.

Dieser misslungene Durchbruch führte zu einer politischen Pikanterie und danach zum Tode vieler Unschuldiger: Der Großteil der k.u.k.-Flotte überstand zwar den Krieg, wurde aber auf Befehl des scheidenden Kaiser Karl an Serbien bzw. den neuen Staat Jugoslawien übergeben. Einen Tag später wurde jedoch das größte k.k. Kriegsschiff, die SMS Viribus Unitis am 1. November 1918 im Hafen von Pula von italienischen Marineoffizieren versenkt und mit ihm die meisten der noch österreichischen Matrosen.

Seeblockaden in anderen Kriegen

Auch angesichts der Erfahrungen aus dem Weltkrieg forderte Hitler „Lebensraum im Osten“.[6]

Danzig ist nicht das Objekt, um das es geht. Es handelt sich für uns um Arrondierung des Lebensraumes im Osten und um Sicherstellung der Ernährung… In Europa ist keine andere Möglichkeit zu sehen.

Die angesprochene Ernährung der importabhängigen zahlreichen deutschen Bevölkerung war im und noch nach dem Weltkrieg aufgrund der britischen Seeblockade nicht gewährleistet gewesen und hatte zur militärischen und politischen Niederlage beigetragen. Der sowjetische Außenminister Molotow handelte mit Ribbentrop in Moskau zuerst den Deutsch-Sowjetischer Wirtschaftsvertrag aus, der die Kriegsführung auch unter Blockadebedingungen durch sowjetische Rohstofflieferungen ermöglichte, und am 23. August 1939 den deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt aus. Somit war der Weg zum Kriege frei.

  • Seeblockaden im zweiten Weltkrieg, Deutsche U-Boot-Blockade gegen England
  • Großmanöver und Seeblockaden nach 1945, Kuba-Blockade 1962
  • Blockadedrohungen und Wirtschaftskriege

Literatur und Quellen

  • Lexikon der Weltgeschichte, Kompakt-Verlag München 2002
  • Brockhaus 1959-1962 (5 Bände und Atlas)
  • The Treaty of Versailles: A Reassessment After 75 Years [6]
  • C. Paul Vincent, The Politics of Hunger: The Allied Blockade of Germany, 1915-1919, 1985 ISBN 0821408208 [7]
  • Erster Weltkrieg (Wikipedia)
  • The War at Sea: 1914 - 1918 (BBC)

Einzelnachweise

  1. [1]
  2. [2]
  3. The Reader's Companion to Military History [3]
  4. Christopher Birrer, A Critical Analysis of the Allied Blockade of Germany, 1914-1918 [4]
  5. John V. Denson. The Costs of War: America's Pyrrhic Victories [5]
  6. Holocaustreferenz: Lebensraum

Siehe auch


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