Bolschaja Poljana (Kaliningrad)

Bolschaja Poljana (Kaliningrad)
Siedlung
Bolschaja Poljana/Paterswalde
Большая Поляна
Föderationskreis Nordwestrussland
Oblast Kaliningrad
Rajon Gwardeisk
Gegründet 1363
Frühere Namen Allendorf, Paterswalde
Zeitzone UTC+3
Kfz-Kennzeichen 39, 91
OKATO 27 206 802 001
Geographische Lage
Koordinaten 54° 36′ N, 21° 13′ O54.621.216666666667Koordinaten: 54° 36′ 0″ N, 21° 13′ 0″ O
Bolschaja Poljana (Kaliningrad) (Russland)
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Lage in Russland
Bolschaja Poljana (Kaliningrad) (Oblast Kaliningrad)
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Oblast Kaliningrad

Bolschaja Poljana (russisch Большая Поляна, deutsch Paterswalde, lit. Petragirė) ist ein Dorf in der russischen Oblast Kaliningrad (Gebiet Königsberg (Preußen)) und gehört zur Snamenskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Snamensk (Wehlau)) im Rajon Gwardeisk (Kreis Tapiau).

Inhaltsverzeichnis

Geographische Lage

Bolschaja Poljana liegt zwei Kilometer südlich von Snamensk (Wehlau) an der russischen Fernstraße P 514 (Teilstück der früheren deutschen Reichsstraße 142), die von Matrossowo (Gilge) am Kurischen Haff über Saranskoje (Laukischken) nach Druschba (Allenburg) und weiter bis Prawdinsk (Friedland in Ostpreußen) führt. Die nächste Bahnstation ist Snamensk an der Bahnstrecke Kaliningrad (Königsberg (Preußen)) - Tschernyschewskoje (Eydtkuhnen, 1938–1946 Eydtkau) (ehemalige Preußische Ostbahn) zur Weiterfahrt nach Litauen.

Ortsname

Der Ort hieß bis ins 17. Jahrhundert hinein „Allendorf“ und war ein Kämmereidorf. Der Bezugspunkt zur Umbenennung in „Paterswalde“ war eine nahe gelegene Kapelle mitten im Wald, in der anlässlich von Prozessionen Gottesdienste gefeiert wurden, die ein Pater beaufsichtigte. Seit 1946 trägt der Ort den russischen Namen Bolschaja Poljana, der auch noch einmal in der Oblast Lipezk vorkommt.

Geschichtliches

Das einstige Allendorf wurde im Jahre 1363 gegründet, als der Ordensmarschall des Deutschen Ordens Henning Schindekopf dem Bauern Peter Emke hier einen beträchtlichen Landbesitz von sieben Hufen verlieh unter der Bedingung, das übrige Land mit Bauern zu besiedeln. 1699 wurde der 14 Kilometer weiter südlich gelegenen Stadt Allenburg (heute russisch: Druschba) das im Wald gelegene Dorf mit 13 Hufen und acht Freijahren verliehen.

Im Reiterkrieg 1520/21 war das Dorf erheblich zerstört. Am 13. Juni 1874 bildete sich aus den Landgemeinden Lindendorf (Jagodnoje) und Paterswalde sowie den Gutsbezirken Augken und Stanillien (beide nicht mehr existent) der Amtsbezirk Paterswalde. 1910 zählte der Ort 1353 Einwohner.

1928 wurde der Gutsbezirk Augken in die Stadtgemeinde Wehlau (Snamensk) umgegliedert und der Gutsbezirk Pinnau in die Landgemeinde Paterswalde eingemeindet. Der Gutsbezirk Stanillien wurde nach Frischenau (Jelnjaki) ausgegliedert. Im Jahre 1931 gehörten nur noch die beiden Gemeinden Lindendorf und Paterswalde zum Amtsbezirk Paterswalde, und das blieb bis 1945 so.

Im Jahre 1933 zählte Paterswalde 1186 Einwohner, 1939 waren es 1225. Das Dorf, zu dem auch das Gut Patershof gehörte, war bis 1945 Teil des Landkreises Wehlau im Regierungsbezirk Königsberg der preußischen Provinz Ostpreußen.

1945 kam Paterswalde unter sowjetische Verwaltung und erhielt 1946 den Namen Bolschaja Poljana. Es gehört zum Rajon Prawdinsk in der Oblast Kaliningrad und seit 2009 – aufgrund einer Struktur- und Verwaltungsreform[1] – als „Siedlung“ (russisch: possjolok) eingestufte Ortschaft zur Snamenskoje selskoje posselenije (Landgemeinde Snamensk (Wehlau)). Heute leben hier vorwiegend russlanddeutsche Familien.

Bolschepoljanskij Sowjet

Bolschaja Poljana bis zum Jahre 2009 der zentrale Ort für die umliegenden acht Orte (Bolschepoljanskij Sowjet):

Russischer Name Deutscher Name (bis 1946)
Гордое (Gordoje) Bürgersdorf
Ягодное (Jagodnoje) Lindendorf
Междуречье (Meschduretschje) Piaten
Ровное (Rownoje) --
Суходолье (Suchodolje) Klein Nuhr
Телманово (Telmanowo) Richau
Заветное (Sawetnoje) --
Знаменск (Snamensk) Wehlau

Kirche

Kirchengebäude

Die Kirche in Paterswalde stammt in ihrer Gründung aus der Ordenszeit und gin aus einer Wallfahrtskapelle südlich des heutigen Dorfes Bolschaja Poljana hervor. Im Reiterkrieg wurde sie Opfer eines Brandes. 1541/42 wurde sie neu erbaut, musste aber 1869 wieder geschlossen und abgebrochen werden.

Es entstand 1877 der neoromanische Neubau, dessen Turm im Zweiten Weltkrieg schwere Beschädigungen erlitt. Nach 1945 fungierte das Gebäude zweckentfremdet als Speicher. Das Dach deckte man mit Asbestzementplatten ab, die Fenster wurden zugemauert.

Erst 1993 wurde das Gebäude wieder ihrem kirchlichen Zweck zugeführt. War die Kirche vordem evangelisches Gotteshaus, so wurde sie jetzt der russisch-orthodoxen Kirche übereignet, die hier sporadisch Gottesdienste feiert.

Die sich in den 1990er Jahren hier ansiedelnden Russlanddeutschen hielten eigene evangelisch-lutherische Gottesdienste in Privathäusern. Mit Hilfe vor allem aus Deutschland wurde der verfallene einstige Kindergarten zu einem Gemeindehaus mit Kirchsaal hergerichtet, das 2002 eingeweiht werden konnte. Am 16. Juni 2003 wurde eine Glocke in einem hierfür hergerichteten Glockenstuhl ihrer Bestimmung übergeben. Sie wurde von dem Berliner Paul-Gerhardt-Stift sowie einem Förderkreis übergeben. Die Glocke stammte aus einer Berliner Kirche.

Kirchengemeinde

Evangelisch

Das alte Kirchdorf Paterswalde gehörte bis 1945 mit seiner seit der Reformation überwiegend evangelischen Bevölkerung zum Kirchenkreis Wehlau (heute russisch: Snamensk) in der Kirchenprovinz Ostpreußen der Kirche der Altpreußischen Union. Dem Paterswalder Kirchspiel waren auch die Orte Lindendorf (Jagodnoje) und Richau (Telmanowo) zugeordnet.

Nach 1945 kam das kirchliche Leben zum Erliegen. Erst nach dem Zerfall der Sowjetunion 1990/91 entstand hier durch neu angesiedelte russlanddeutsche Familien wieder neues kirchliches Leben. Es bildete sich 1994 eine feste Gemeinde, die sich in die neu errichtete Propstei Kaliningrad innerhalb der Evangelisch-Lutherischen Kirche Europäisches Russland (ELKER) eingliederte. Die zuständigen Geistlichen sind die Pfarrer der Auferstehungskirche in Kaliningrad.

Pfarrer (1550–1945)

Zwischen 1550 und 1945 amtierten in Paterswalde 31 evangelische Geistliche:

  • Albrecht Marckwart, ab 1550
  • Nicolaus Rohdius, bis 1588
  • Jacob Eichler, 1588–1592
  • Friedrich Sommer, 1593–1594
  • Johann Sperber, 1594–1604
  • Andreas Schilling, 1605–1614
  • Martin Potin, 1614–1623
  • Gregorius Vielstich, 1623–1629
  • Johann Lehmann, 1629–1639
  • Georg Mentus, 1639–1669
  • Sigismund Theodor Cuppius,
    1669–1698
  • Friedrich Wittich, 1694–1717
  • Andreas Költze, 1718–1727
  • David Schultz, 1728–1733
  • Conrad Wolfgang Schaar, 1734–1757
  • Johann Gotthard Hoffmann, 1757–1788
  • Christian Sigismund Siebrandt, 1788–1804
  • Carl Ludwig Hönke, 1804–1805
  • Johann Ludwig Böttcher, 1806–1818
  • Eduard Ludwig Ferdinand Krah, 1818–1824
  • Karl Friedrich Meißner, 1824–1838
  • Heinrich Christian Ziegler, 1838–1842
  • Johann Gallandi, 1842–1852
  • Carl Ferdinand Rockel, 1852–1873
  • Carl Ferdinand G. Zimmermann, 1873–1879
  • Hermann Adam F. Blaskowitz, 1880–1888
  • Martin Gotthilf Boit, 1889–1892
  • Rudolf Eduard Wilhelm Theel, 1892–1928
  • Paul Kaschade, 1928–1932
  • Kurt Steinwender, 1933–1935
  • Ernst Hermann Froese, 1935–1945
Kirchenbücher

Zahlreiche Kirchenbuchunterlagen aus der Zeit zwischen 1629 und 1843 sind erhalten. Sie befinden sich heute im Evangelischen Zentralarchiv in Berlin-Kreuzberg.

Russisch-orthodox

In Bolschaja Poljana lebende Angehörige der russisch-orthodoxen Kirche gehören zu deren Eparchie Kaliningrad und der Diözese Kaliningrad und Baltijsk (Königsberg (Preußen) und Pillau).

Persönlichkeiten des Ortes

  • Johannes Gallandi (* 15. Juni 1843 in Paterswalde), königlich- preußischer Oberstleutnant und Genealoge († 1917)
  • Johannes Blaskowitz (* 10. Juli 1883 in Paterswalde), deutscher Heeresoffizier († 1948)

Verweise

Fußnoten

  1. Nach dem Gesetz über die Zusammensetzung und Territorien der munizipalen Gebilde der Oblast Kaliningrad vom 25. Juni/1. Juli 2009, nebst Gesetz Nr. 502 vom 24. Februar 2005, präzisiert durch Gesetz Nr. 370 vom 1. Juli 2009

Literatur

  • Werner Lippke: Heimatbuch des Kreises Wehlau im Alle-Pregel-Deime-Gebiet. Band 1, Rautenberg, Leer 1988, ISBN 3-7921-0142-4.
  • Friedwald Moeller: Altpreußisches evangelisches Pfarrerbuch von der Reformation bis zur Vertreibung im Jahre 1945. Verein für Familienforschung in Ost- und Westeuropa e.V,, Hamburg 1968.
  • Christa Stache: Verzeichnis der Kirchenbücher im Evangelischen Zentralatrchiv in Berlin. Teil 1: Die östlichen Kirchenprovinzen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union. 3. Auflage. Evangelisches Zentralarchiv, Berlin 1992, ISBN 3-9801646-4-0.

Weblinks


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