- Deutschenschwemme
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Als Deutschenschwemme bezeichnet man das Phänomen des Andrangs von Numerus-clausus-Flüchtlingen aus Deutschland im Sektor der universitären Ausbildung besonders in Österreich und der Schweiz. Die Deutschen setzen die europaweiten Bestrebungen zu hoher Bildungsmobilität vergleichsweise intensiv um, üben dadurch aber auch starken Druck auf die Bildungssysteme ihrer Nachbarländer aus.
Das Problem besteht besonders in Österreich, das seit den 1970ern auf skandinavische Modelle vollkommen uneingeschränkten Zugangs zur Hochschulbildung setzt. Im Unterschied zu Österreich, wo sich deutsche Staatsbürger im Allgemeinen nur in Grenznähe auch niederlassen, wird der Ausdruck in der Schweiz ebenso in Bezug auf den gesamten Arbeitsmarkt verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Zur Begriffsgeschichte
Das Wort „Deutschenschwemme“ erscheint schon in den 1970ern, in einem anderem Zusammenhang, nämlich dem bundesdeutschen Urlaubsverhalten – seinerzeit wurde der Lido di Jesolo, der „Teutonengrill“,[1] wie auch der sommerliche Urlaubsstau der Alpenübergänge Inbegriff des an gewissen Orten übermäßig gehäuft auftretenden Deutschen.
Ein Wiederaufleben im Zusammenhang mit Bildung findet sich dann ab dem beginnenden 21. Jahrhundert – primär in der Presse Deutschlands, und erst in jüngster Zeit in Österreich und der Schweiz.[2]
Rahmenbedingungen
Im Unterschied zu Österreich und der Schweiz − wo es das nur vereinzelt gibt – setzt Deutschland schon seit den 1970ern (Numerus-clausus-Urteil 1972) auf eine Zugangsbeschränkung für Studienanfänger nach dem Notendurchschnitt der Studienberechtigung. Mit dem EU-Beitritt Österreichs (1995), und der zunehmenden Annäherung der Schweiz an EU-Freizügigkeiten (ab 2004), wie auch dem europaweiten Erasmus-Programm (ab 1987) zu Zusammenarbeit und Mobilität im Hochschulwesen, und dem Bologna-Prozess (ab 1999) zur Vereinheitlichung der nationalen Studiensysteme, und den dadurch in Aufbau befindlichen Europäischen Hochschulraum findet zunehmend ein Druck deutscher Migranten auf Bildungs- und Arbeitsmarkt in diese Länder statt.[3]
Hatte man gerade in Österreich in Kreisen der EU-Skeptiker vor einem „Ansturm aus dem Osten“ mit der EU-Erweiterung 2004 gewarnt, ist dieser weitgehend ausgeblieben. Auch im Europa der 27 ist für beide Staaten, Österreich wie Schweiz, der große Nachbar Deutschland das Problemland Nummer 1 geblieben, was Bildungs- und/oder Arbeitsmigration betrifft.
Von den knapp 2.000.000 Deutschen Studenten 2006 waren 83.000 an Hochschulen im Ausland angemeldet,[3] 2008 überschritt die Zahl der Auslandstudenten erstmals die Marke von 100.000[4] – im Vergleich dazu gibt es in Österreich etwas über 200.000, und in der Schweiz knapp 160.000 Studenten insgesamt (also etwa 2 bis 2½-mal so viele wie deutsche Auslandsstudierende). 1996 kamen auf 1000 deutsche Studierende an inländischen Hochschulen 26 im Ausland, 2006 waren es schon knapp doppelt so viele, nämlich 48 (0,5 %).[3] Hauptdestinationen waren mit 2006/07 noch die Niederlande, wo 16,8 % aller deutschen Studenten im Auslands verzeichnet waren, das Vereinigte Königreich mit 14,6 %, Österreich mit 14,4 % Anteil, die Schweiz mit 10,7 % der Auslandsstudenten, danach lag die USA auf Platz 5 (10,4 %) und Frankreich auf Platz 6 (8,4 %)[5], 2008/09 aber der Reihenfolge nach Österreich mit 19,5 %, Niederlande 18,5 %, Großbritannien 12,5 %, Schweiz weiter 10,7 %, dann USA, Frankreich, Australien.[4] Welche und wie stark diese und andere deutsche Nachbarländer konkret als Sprungbrett für eine Auslandskarriere dienen (Bildungsmigration), ein echtes Auswanderungs- oder zeitbegrenztes Gastland der Deutschen darstellen (Arbeitsmigration), und welche primär für Umgehung des Numerus clausus dienen, ist nicht näher statistisch erhoben.
Eine weitere Verschärfung der Deutschenschwemme wird für das Semester 2011/12 gesehen. Durch die Verkürzung der Sekundarstufe auf 8 Jahre (Abitur nach Klasse 12) in Bayern und Niedersachsen drängen nun in einem Jahr zwei Abiturentenjahrgänge auch auf den österreichischen und Schweizer Bildungsmarkt. Gleichzeitig fällt durch die Aussetzung der Wehrpflicht in Deutschland diese als Pufferung der Schulabgänger weg. Allein für Bayern rechnet man mit 76.000 Studienanfängern.[6] Da mit 2013 noch weitere deutsche Länder die verkürzte Schulzeit einführen, ist auch für die Zukunft die Prognose keinesfalls auf fallenden Zuwanderungsdruck ausgerichtet. So vermutet man bis 2015 etwa 35.000 bis 60.000 zusätzliche Studienanfänger deutschlandweit allein durch den Wegfall der Wehrpflicht.[6]
Entwicklung in den deutschen Nachbarländern
Österreich
Ein erster Ansturm fand sich schon direkt in den Jahren nach dem EU-Beitritt. Obschon damit und mit dem Anliegen von Bologna und Erasmus prinzipiell jedem EU-Ausländer der EU-15-Staaten das Studieren in Österreich frei stand, wurde naturgemäß nur der stetig zunehmende Andrang der deutschen Studenten zu einem Problem, das man so nicht als Folge der beiden Neuerungen erwartet hätte.[7][3][8] Hörsaäle wie Stand des Lehrkörpers waren auf den Schub an Immatrikulenten nicht eingerichtet. Das eher traditionelle Schulsystem in Österreich stellt die Weichen für hochschulische Bildung schon relativ früh, mit dem Wechsel Unter- zu Oberstufe mit rund 14 Jahren – ein Umstand, der schon immer kritisch gesehen wird, denn das unterscheidet die österreichische Bildung vom Leitbild der skandinavischen Modelle, erfordert dann aber wie dort keinerlei Hürden nach der Matura.
Schon 2001 führte man als Reaktion steigender Ausländerimmatrikulation – aber auch wegen der angespannten Budgetlage im Bildungssektor nach den Schüssel-Sparpaketen und dem Paradigma der Selbstfinanzierung der Universitäten als Entstaatlichungsmaßnahme – Studiengebühren ein (363,36 Euro/Semester). Das führte zwar mit zur Abwahl der schwarzen (konservativen) Regierung 2006 („Bildungsnotstand“-Debatte), zeigt aber bezüglich des Andrangs der deutschen Erstsemestrigen keinerlei Wirkung. Bis 2006 war Österreich nach den Niederlanden und Großbritannien EU-weit auf Platz 3 der deutschen Bildungflucht gewesen (14,4 % der deutschen Auslandsstudenten waren in Österreich immatrikuliert),[5] 2007 schon auf Platz 2 (16,4 % /14.789 Personen),[9] 2008 dann aber schon Primärziel mit 19,5 % (20.019 Personen).[4]
Man setzte auch auf einen Numerus clausus nach Herkunftslandprinzip, wo eine Studienzulassung in Österreich nur dann erteilt wird, wenn diese dem Inskribenten auch in seinem Heimatland erteilt würde, um zumindest die echten Numerus-clausus-Flüchtlinge aus dem österreichischen Bildungswesen fernzuhalten.[8] Diese Regelung wurde aber Juli 2005 vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als Verstoß gegen Unionsrecht verworfen.[7][10]
2006 führte man dann in Human- und Veterinärmedizin (Vetmeduni Vienna) – in denen es auch in der Schweiz einen Numerus clausus gibt – und später auch Psychologie und anderen Fächern eine Inländerquote ein, die auf 75 % Österreicher und Südtiroler, 20 % EU-Ausländer und 5 % Drittlands-Ausländer (nicht-EU-Angehörige) lautete (Landeskinderregelung).[8][11][12] Die wird von seiten der EU noch bis 2012 geduldet, und darüber hinaus, wenn Österreich nachweisen kann, dass ohne die Inländerquote ein nationaler Medizinermangel droht, weil die in Österreich studierenden Ausländer sich nicht in Österreich niederlassen.[10][11][8] Außerdem gibt es von seiten der MedUnis Wien und die Innsbruck seit 2006/07 das mit der Schweiz gemeinsame Aufnahmeverfahren Eignungstest für das Medizinstudium (EMS), und in Graz eine Wissensprüfung des (österreichischen) Maturastoffes – für beide Zugangshürden gibt es inzwischen in Deutschland spezielle privatwirtschaftliche Vorbereitungstrainigs.[13] Psychologie wurde zum Hauptproblem, in Salzburg etwa waren 2009 drei Viertel aller Psychologie-Studenten Deutsche[14], Graz setzte 2010 das Fach überhaupt für 2 Jahre aus.[12] Mit der Novelle 2009 des Universitätsgesetzes wurde der § 124b Ergänzende Bestimmungen für die Zulassung zu den vom deutschen Numerus Clausus betroffenen Studien eingeführt, der sich konkret auf Medizin, Psychologie, Tiermedizin und Zahnmedizin bezieht.
Zu einem weiteren Schub kam es 2009/10, als die Studiengebühren 2008 kurz vor den Wahlen im September (SPÖ-„Fünf-Punkte-Programm“ gegen die Teuerung) per März 2009 wieder abgeschafft wurden.[15] Dies führte zu den Ereignissen um die Besetzung des Audimax Wien („Die Uni brennt!“) des Herbst 2009, als Reaktion auf völlig überfüllte Einführungsvorlesungen – wobei die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) tunlichst bemüht war, diese Demonstrationen nicht als Ausländer-feindlich oder gar Deutschen-feindlich, sondern als Protest über die mangelnde finanzielle Ausstattung der österreichischen Universitäten dastehen zu lassen. Seinerzeit wurde sogar über Forderung von Ausgleichszahlungen an die deutsche Regierung gesprochen,[16] Wissenschaftsminister Johannes Hahn, der über diese Studentenunruhe stürzte, lehnte das aber ab.[16] Mehrere Unis hatten beim Wissenschaftsministerium Anträge gestellt, um auf Basis des Notfallparagrafen (§ 124b Z.6 Univ.Gesetz 2002) Zulassungsbeschränkungen für besonders überlaufene Fächer einführen zu können.[17] Für Herbst 2010 wurde für Publizistik- und Kommunikationswissenschaftsstudien solche Beschränkungen verordnet.
Die Situation ist unvermindert prekär: Von 2001 bis 2008 hat sich die Zahl der Deutschen von 5000 auf über 17.000 mehr als verdreifacht, die Gesamtzahl der Studenten war aber um weniger als ein Viertel gewachsen.[7] Der Anteil der Deutschen an allen Studenten in Österreich war von 2,6 Prozent im Jahr 2000 auf 7,3 Prozent im Jahr 2009 angestiegen.[16] Im Vergleich zu 2004 hatte sich 2009 die Zahl deutscher Studierender in nur fünf Jahren wieder verdreifacht, von 7.700 auf 24.000.[18] Allein 2008 gab es einen Anstieg um 35,4 Prozent (5200 Personen) im Vergleich zum Vorjahr.[6] Dabei hat sich in den letzten Jahren der Druck von den Gesundheitsberufen zunehmend auf wirtschaftliche Fächer (insbesondere BWL), das Jus-Studium[14] und Architektur[17]) verlagert, aber auch Modefächer wie Publizistik, Theaterwissenschaften[12] – die Medizinstudenten waren wegen der Zugangsregelungen in Österreich und der Schweiz nach Ungarn „abgewandert“, ein Land, das mit recht hohen Studiengebühren über Studentenzulauf erfreut ist.[3][14]
Man rechnet für das Semester 2011/12 mit zum gewohnten Anstieg zusätzlichen 10.000 Erstzulassungen.[18][19] Die WU Wien etwa verzeichnete schon im Juli 200 % Zuwachs deutscher Anmeldungen gegenüber dem Vorjahr,[18] bei den Masterstudiengängen sind fast ein Drittel der Angemeldeten aus Deutschland.[20] Allein die Uni Salzburg rechnet mit 20.000 Neuanfängern.[6] In Innsbruck kommen auf 17.500 Österreicher und Südtiroler heute 3600 deutsche Studierende.[6]
Österreich hat bisher keinerlei wirksames Konzept gefunden, mit der Verschärfung der Deutschenschwemme dieses und der folgenden Jahrgänge umzugehen. Eingeführt wurde eine Voranmeldung, um die Zahl der Immatrikulenten und Belegung der Einführungsvorlesungen zumindest vorausplanen zu können. Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle forderte mehr Kompetenz für die Uni, ihre Aufnahmekapazität auch tatsächlich einhalten zu können.[18] Die ÖH betonte weiterhin, dass Österreich im OECD- und auch EU-Durchschnitt zu wenig Studienanfänger hat, und nicht Zugangsbeschränkungen, sondern Ausbau des Hochschulsektors Mittel der Wahl wäre.[21]Genauere Auswertung über die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt liegen nicht vor. Die Frage, welcher Anteil der deutschen Stundenanfänger echte Arbeitsmigranten sind, also in Österreich studieren, um sich hier niederzulassen und zu integrieren, wie viele als hoch berufsmobil anzusehen sind, also nach Hochschulabschluss eine Anstellung in Österreich nur als erste Gelegenheit ergreifen, um von diesem schnell in anderes Land zu wechseln, wer nur das Studium in Österreich als Sprungbrett für eine Auslandskarriere nutzt (Akademikerflucht stellt in Österreich insgesamt ein gewisses Problemfeld dar), und wie viele von vorneherein beabsichtigen, direkt nach Studienabschluss wieder in ihr Heimatland zurückkehren, also echte Numerus-clausus-Flüchtlinge auf Zeit darstellen, ist noch unbeantwortet. Auch das Verhältnis der Studienanfänger, die während des Studiums zurück nach Deutschland oder in anderes Ausland wechseln, also die die in Bologna und Erasmus angestrebte echte Bildungsmobilität nutzen, ist nicht näher bekannt.
Schweiz
Das Bildungssystem in der Schweiz ist, trotz der kantonalen Eigenständigkeiten, sehr überschaubar strukturiert, und bietet für Schweizer Schüler aus nahezu jeder Schulform den Wechsel in die Hochschulbildung an. An allen Schweizer Hochschulen sind Studiengebühren zu bezahlen.[22]
Von den 36 Schweizer Universitäten und Fachhochschulen, durchwegs von hohem Ansehen und bestens ausgestattet,[23] sind nur etwas mehr als die Hälfte primär deutschsprachig, und Destination der deutschen Bildungsmigration. Insgesamt studierten 1997 erst 12'400 internationale Studenten,[24] 2003 etwa 22'000,[22] 2009 schon etwa 30'000 (22 % der gut 130'000 Studierenden) an schweizerischen Hochschulen.[24] Die Schweiz liegt seit mehreren Jahren auf Platz vier der Zielländer der Deutschen, mit etwas über 10 % Anteil der deutschen Auslandsstudierenden (2007: 10,7 % bzw. 11'005 Studenten),[4] doch sind die Absolutzahlen wie in allen anderen Staaten steigend: 2008 waren es schon 12'388 Studenten, eine Steigerung von 12,6 Prozent zum Vorjahr.[4] Favorisierte Fachgebiete waren dabei Wirtschaftswissenschaften (22,3 %), Mathematik und Naturwissenschaften (18,2 %) sowie Ingenieurwissenschaften (13 %).[4]
2008 wurde daher speziell für deutsche Studenten der – in der EU untersagte[10] – Numerus Clausus nach Herkunftsland eingeführt, die Regelung wurde von der Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten CRUS für 2011/12 schweizweit vereinheitlicht: Deutsche Studenten müssen – über sonstige Zugangsbeschränkungen hinaus – prinzipiell einen Nachweis über einen Studienplatznachweis in ihrem Heimatland erbringen, wobei Zürich und Bern einen Abiturnotendurchschnitt von 2,0, übrigen Unis der Schweiz 2,5 voraussetzen.[25][26]
Als nachteilig erweist sich aber das Schweizer kantonalpartnerschaftliche Lastenausgleichssystem. Da die Studiengebühren den Aufwand weitaus nicht decken, trägt für Schweizer Studenten der Heimatkanton (und analog das assoziierte Liechtenstein) den Großteil Kosten. In der interkantonalen Bildungsmobilität gleichen die Heimatkantone den Hochschultragenden die Bildungskosten mit zwischen 8.000–40.000 Franken je nach Standort und Studiengang ab (Prinzip des mitwandernden Geldes).[24] Das entfällt bei ausländischen Studenten, dadurch entstehen den vom deutschen Bildungsemmigrationsdruck betroffenen Kantonen zunehmend große Budgetlücken, die nur teilweise vom Bund gedeckt sind. Im Besonderen betrifft das Zürich mit der UZH und der ETH,[23] aber auch Sankt Gallen mit der FH Ostschweiz und den Aargau mit der FH Nordwest.
Bis 2010 betrug die Studiengebühr kantonal zwischen 425 (Neuenburg) bis 1040 (St. Gallen) Franken pro Semester (ca. 400–1000 Euro). Um auf den vorauszusehenden Massenandrang mit 2011/12 auch in der Schweiz reagieren zu können (die ETH hatte schon 2010 den Zustrom als „nicht mehr steuerbar“ bezeichnet),[24] werden die Gebühren für Ausländer teils drastisch angehoben (so von 653 auf 994 Euro an der Uni Zürich, von 969 auf 1.770 Euro in St. Gallen) – für Schweizer Studierende bleiben die Sätze gleich.[24]
Schon Mitte der 2000er gab es in der Schweiz eine sozialpolitische Diskussion um die Zunahme von Deutschen Staatsbürgern als Dozenten und Professoren in der Schweiz, die sich auf andere Führungspositionen, wie auch den Sektor der Medizin ausweitete.[27] In dieser Zeit wurden Deutschenschwemme und Lohndumping zu politischen Schlagbegriffen.[28][29] Trotzdem wurde im Februar 2009 das Votum zu Erweiterung und Fortführung des freien Personenverkehrs mit der EU (Personenfreizügigkeit) überraschend deutlich mit 60 % Ja vom Schweizer Stimmvolk angenommen.[30]
Niederlande und Ungarn
Die Niederlande sind über das letzte Jahrzehnt die Vorzugsdestination der deutschen Bildungsmigration gewesen.[5][9] Im Unterschied zu Österreich und der Schweiz bewirbt man aber deutsche Studenten explizit. Dort beträgt die Studiengebühr (Stand 2011/12) 1538 Euro im Jahr,[31] dafür werden kleine Lerngruppen, ein guter Betreuungsschlüssel und eine gute Ausstattung geboten.[31] In den Niederlanden ist Bildungsflucht im eigentlichen Sinne auch kein wirkliches Problem, dort bleiben die Hälfte aller deutschen Studenten auch nach Abschluss ansässig.[32]
Auch in Ungarn bewirbt man deutsche Studenten intensiv,[3] hier werden sogar zahlreiche spezialisierte deutschsprachige Studiengänge angeboten, etwa Internationales Unternehmensrecht, Elektrotechnik, Bauwesen und BWL, und zahlreiche medizinische Fächer – letztere nehmen einen gewichtigen Anteil deutscher Studenten in Ungarn ein.[14] Das hat dort vorwendezeitliche Tradition, und wurde schon 1983 zwecks Devisenbeschaffung eingeführt,[33] eine medizinische Ausbildung in Ungarn kann sich heute auf bis zu 80.000 Euro belaufen. Die Semmelweis-Universität Budapest hat 2008 sogar eine Filiale in Hamburg eröffnet, die – den deutschen Numerus clausus umgehend – Studienplätze in Deutschland anbietet.[33]
Einzelnachweise
- ↑ Beide Wortzitate in: Oft nur Attrappen. Eine unveröffentlichte Studie des Neckermann-Reise-Konzerns beurteilt einstige Lieblingsziele des deutschen Massentourismus: Die Zensuren sind miserabel. In: Der Spiegel. Nr. 1974 /42, 14. Oktober 1974, Tourismus, S. o.A. (Webauszug, spiegel.de, abgerufen am 1. August 2011).
- ↑ Der Begriff findet sich in Bezeichnung des Phänomens im Bildungswesen in der gehobenen Presse und Medien etwa in: Die Zeit online 13. Dezember 2006, 17. April 2009; Der Spiegel online 21. Dezember 2009; FOCUS online 4. August 2010; NZZ online 8. März 2011; ORF ZIB 24, 29. Juli 2011; das herabsetzendere Piefkeschwemme findet sich als Selbstbezeichnung etwa: Der Spiegel online 18. Oktober 2007; Süddeutsche online 8. Juli 2010 (Auswahl willkürlich google.at/Wikipedia);
eine sprachwissenschaftliche Studie dazu ist nicht bekannt; journalistischer Beiträge zum Thema des Sprachgebrauchs findet sich in:
Brunhilde Bergmann: Das Klima ist rauher geworden. Sulgen. «Invasion der Deutschen?» hiess der Titel der jüngsten Diskussionsrunde der Gruppe neu/ALT. Das Thema stiess erwartungsgemäss auf grosses Interesse. In: Neuer Anzeiger. Die Zeitung für das AachThurLand und die Region Bürgeln. Nr. 17, Sulgen 29. Februar 2008 (Webarchiv, neueranzeiger.ch).
Magnus Klaue: Bildungsflüchtlinge: Bitte nicht aufregen! Österreich und Schweiz wollen nur noch gute deutsche Studenten - und weisen Anwärtern mit einem Vokabular die Tür, das man aus den hauseigenen Einwanderungsdebatten kennt. In: der Freitag. 3. September 2011, abgerufen am 3. Oktober 2011. - ↑ a b c d e f cpa/AP/AFP: Auslandsstudium. Wachsendes Fernweh. In: SPIEGEL ONLINE. 17. September 2008, abgerufen am 30. Juli 2010.
- ↑ a b c d e f Statistisches Bundesamt Wiesbaden. Zitiert in: Wohin deutsche Studenten abwandern. In: TagesAnzeiger. Aktualisiert am 17. November 2010, abgerufen am 2. August 2011.
- ↑ a b c Daten nach Erasmus. Angegeben in: Auslandsstudium. SPIEGEL ONLINE 17. September 2008.
- ↑ a b c d e Julia Neuhauser: Uni-Zugang: Kontroverse um die „Deutschenflut“. In: DiePresse.com. 26. Dezember 2010, abgerufen am 3. August 2010.
- ↑ a b c Susanne Dreisbach: Studienreform. Gleichberechtigung sieht anders aus. In: FOCUS-Online. 4. August 2010, abgerufen am 4. August 2011.
- ↑ a b c d Benedikt Mandl: Deutsche NC-Flüchtlinge. Österreich darf auf die Piefkebremse treten. In: SPIEGEL ONLINE. 18. Oktober 2009, abgerufen am 8. August 2010.
- ↑ a b Statistik Austria. Angegeben in: Susanne Dreisbach. Studienreform. FOCUS-Online, 4. August 2010
- ↑ a b c nach einer Klage in Belgien, das eine ähnliche Regelung gegen den französischen Andrang in der Wallonie eingeführt hatte. Die Toleranzregelung bei nationalem Mangel wurde als dem Sinne von Bologna widersprechend bezeichnet: „ Genau genommen konterkariert das Urteil die seit zwei Jahren anhaltenden Bemühungen der 27 Bologna-Bildungsminister, die ‚Grundfreiheit des Wissens‘ in die EU-Verträge aufzunehmen und ‚damit die Hindernisse der grenzübergreifenden Mobilität von Forschern, Studenten und Hochschullehrern zu beseitigen‘.“ Zitat Susanne Dreisbach. Studienreform. FOCUS-Online, 4. August 2010
- ↑ a b Benedikt Mandl: Numerus-Clausus-Flüchtlinge. Wie Österreich deutsche Uni-Anwärter vergrätzt. In: SPIEGEL ONLINE. 9. Juli 2009, abgerufen am 30. Juli 2010.
- ↑ a b c Michael Frank: Deutsche Studenten in Österreich. Die Piefkeschwemme. In: sueddeutsche.de. 8. Juli 2010, abgerufen am 8. August 2010.
- ↑ Neue deutsche Welle. Im März wurden die Studiengebühren in Österreich abgeschafft. Jetzt grassiert dort die Angst vor einer neuen Deutschenschwemme. In: DIE ZEIT. Nr. 2009 /03, 15. April 2009, Österreich (Webauszug, zeit.de, abgerufen am 1. August 2011).
- ↑ a b c d Susanne Dreisbach: Studienreform. Österreich und die Piefkes. In: FOCUS-Online. 4. August 2010, S. 2, abgerufen am 4. August 2011.
- ↑ cht/AP/dpa: Österreich kippt Studiengebühren. Seltsame Koalition beschenkt Studenten. In: SPIEGEL ONLINE. 26. September 2008, abgerufen am 30. Juli 2010.
- ↑ a b c otr/cht/jol/dpa: Alpiner Alarm. Österreicher fühlen sich von deutschen Studenten überrannt. In: SPIEGEL ONLINE. 13. Oktober 2009, abgerufen am 30. Juli 2010.
- ↑ a b cht/dpa: Weihnachts-Protestpause. Audimax der Uni Wien geräumt. In: SPIEGEL ONLINE. 21. Dezember 2009, abgerufen am 30. Juli 2010.
- ↑ a b c d Die Deutschen kommen (02:40). In: ZIB 24, 29. Juli 2011 (Weblink Sendungsarchiv, TVthek des Sendung)
- ↑ Schätzung des Centrum für Hochschulentwicklung Gütersloh, zitiert in Philipp Hacker: Ansturm von Studenten aus Deutschland. Die Abschaffung der Wehrpflicht und ein doppelter Matura-Jahrgang in Bayern sind Auslöser eines weiteren Anstiegs der Voranmeldungen. In: KURIER online. 29. Juli 2011, abgerufen am 30. Juli 2011.
- ↑ Michaela Seiser: Freier Hochschulzugang. Deutsche Studenten drängen nach Österreich. Freier Hochschulzugang ohne Studiengebühren: Seit dem Jahr 2000 hat sich die Zahl deutscher Studenten in Österreich vervierfacht. Die österreichischen Universitäten werden deshalb nervös - der Platz wird langsam knapp. In: FAZ.NET. 1. August 2011, abgerufen am 4. August 2011.
- ↑ Angelika Brunner, Vizechefin der ÖH. Studiengespräch mit Angelika Brunner (03:23). In: ZIB 24, 29. Juli 2011 (Weblink Sendungsarchiv, TVthek des Sendung)
- ↑ a b Oliver+Katrin Iost: Auslandsstudium. Studieren in der Schweiz. In: Studis Online. Abgerufen am 3. August 2011 (mit einer Einführung in das Schweizer Hochschulwesen aus deutscher Sicht).
- ↑ a b Per Hinrichs: Studium in der Schweiz. Der Berg ruft. In: SPIEGEL ONLINE. 13. Oktober 2009, abgerufen am 2007.
- ↑ a b c d e Johannes Schneider: Universitäten: Schweiz will Zustrom deutscher Studenten eindämmen. Für Ausländer wird das Studium in der Schweiz teurer – auch eine Reaktion auf viele Deutsche an den Unis. In: ZEIT ONLINE. 13. Juli 2011, abgerufen am 3. August 2011.
- ↑ Zulassung aufgrund deutscher Reifezeugnisse: Was hat sich wirklich verändert seit dem Anmeldungstermin Sommer 2010? In: crus.ch → news. Rektorenkonferenz der Schweizer Universitäten, 26. August 2011, abgerufen am 30. August 2011 (deutsch). ; Zulassungsbestimmungen für die einzelnen Länder: Deutschland
- ↑ Hochschulzulassung: Schweiz will deutsche Studienbewerber mit Numerus clausus ausbremsen. In: ZEIT ONLINE. 22. August 2011, abgerufen am 3. Oktober 2011.
- ↑ Felicitas Witte: Deutsche Mediziner in der Schweiz. Wo lauern die Fettnäpfchen? In: viamedici online. Thieme, 27. April 2007, abgerufen am 1. August 2011.
- ↑ Christian Raaflaub: Schweizer Presse begrüsst Ja einhellig. In: swissinfo. 9. Februar 2009, abgerufen am 1. August 2011.
- ↑ Ethik vor Ökonomie im Spitalalltag. Warum die deutsche Ärztin Katharina Schiessl nach Zürich gekommen ist. In: NZZ Online. Neue Zürcher Zeitung, 28. März 2011, abgerufen am 1. August 2011 (Artikel nicht mehr online).
- ↑ Andreas Keiser: Überraschend klares Votum für den bilateralen Weg. In: swissinfo. 8. Februar 2009, abgerufen am 1. August 2011.
- ↑ a b Susanne Dreisbach: Studienreform. „Duitse“ in den Niederlanden begehrt. In: FOCUS-Online. 4. August 2010, S. 3, abgerufen am 4. August 2011.
- ↑ Julia Neuhauser: Deutsche Studenten: Fleißige Numerus-clausus-Flüchtlinge. In: DiePresse.com. 3. September 2011, abgerufen am 4. Oktober 2011.
- ↑ a b Christoph Titz: Ungarische Uni in Hamburg. Wie sich Numerus-Clausus-Flüchtlinge Studienplätze in Deutschland kaufen. In: SPIEGEL ONLINE. 9. September 2008, abgerufen am 30. Juli 2010.
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