Dolmen in Schleswig-Holstein

Dolmen in Schleswig-Holstein

Die Dolmen in Schleswig-Holstein entstanden zwischen 3500 und 2800 v. Chr. als Megalithanlagen der Nordgruppe der Trichterbecherkultur (TBK). Bei ihrer Verbreitung gibt es Zentren, allerdings keine deutliche Verbreitungsgrenzen, wie es sie z.B. bei den Typen der Ganggräbern gibt.

Nach Kriterien, die auf E. Aner, Ewald Schuldt und Ernst Sprockhoff zurückgehen, sind alle nordischen Dolmen, also auch die in Schleswig-Holstein, in vier Typen zu unterteilen:

  • Großdolmen - (nur wenige Exemplare in Schleswig)
  • Polygonaldolmen
  • Rechteckdolmen, - (E. Schuldt spricht hier von „erweiterten Dolmen“, da der Grundriss auch trapeziod oder unregelmäßig sein kann)
  • Urdolmen - (nach E. Aner die „Dolmen vom 1. Haupttyp“)

Inhaltsverzeichnis

Urdolmen

Blockkiste

Urdolmen bei Grevesmühlen,
Beispiele für Zugangsformen von Urdolmen
Schema: Längs- oder Parallellieger und Querlieger
Hockergrab

Innerhalb der Nordgruppe der gesamten Trichterbecherkultur stellt der Urdolmen die Urform der Megalithanlage [1]schlechthin dar. Der älteste Typ ist der allseits geschlossene, zuganglose Urdolmen (auch Blockkiste genannt). Nach ihrer Form, der Größe (und der Lage im Langbett), dürften geschlossene Urdolmen für die einmalige Nutzung bestimmt gewesen sein. E. Schuldt stellt fest, dass die Tragsteine der Langseiten bei Urdolmen auf der Seite liegen (statt auf ihrer kleinsten Fläche zu stehen).

Die starke Verbreitung auf der dänischen Insel Seeland stellt das Frühstadium der nordischen Steingrabsitte dar. Auf Nordseeland sind die Urdolmen nur 0,5-0,6 m breit, in Schleswig-Holstein mindestens 0,8 m. Während die Kammern in Nordseeland so kurz sind, dass die Hockerbestattung angenommen werden muss, setzen die schleswig-holsteinischen erst bei 1,75 m Länge ein und erreichen vereinzelt mehr als 2,4 m. Die kleine Kammer von Dobersdorf, Kreis Plön, stellt mit 1,8 x 0,5 m eine absolute Ausnahme dar. In aller Regel reichte ein Deckstein aus, um die Kammer zu bedecken. An den Langseiten waren indes zu 80% zwei Tragsteine und ggf. oft ein Zwischenmauerwerk erforderlich.

In Schleswig-Holstein liegen Urdolmen zumeist im Langhügel und zwar parallel zur Längsachse (so genannte Parallel- oder Längslieger). Dies ist für das nördlichste Bundesland typisch. Nördlich der Eider aber vereinzelt auch südlich (Frestedt, Papenbusch), waren etwa 20 % der Anlagen von Rundhügeln bedeckt (in Mecklenburg-Vorpommern waren es etwa 60 %). Die zeitliche und räumliche Parallelität von runden und eckigen Hügeln, die es ansonsten im Megalithraum nicht gibt, ist ein Phänomen.

Urdolmen mit Zugang

Als die kollektive Nutzung der Anlagen zugängliche Kammern erforderte, wurde bei der nächsten Urdolmengeneration ein Zugang obligatorisch. Zugänge belegen, dass es sich um Anlagen handelt die wieder verwandt werden sollten und wurden. Den ursprünglich trägerhohen Endstein einer Schmalseite ersetzte man in Schleswig-Holstein, z.B. durch einen niedrigeren "Eintrittstein". Der verbleibende Zugang dürfte mit Steinplatten verschlossen worden sein. Der Urdolmen mit Zugang ist mit 2,2 bis 2,6 m Länge und 1,0 m bis 1,8 m Breite auch großräumiger als der allseits geschlossene.

Von den nur noch 20 Urdolmen im Land können 12 dem allseits geschlossenen, fünf dem an der Schmalseite geöffneten zugerechnet und drei nicht näher bestimmt werden. Die Verbreitung des Typs zeigt eine Verbindung des Urdolmens mit der Ostküste sowie sein Vordringen über die Nordschleswiger Landbrücke auf die nordfriesischen Inseln. In Archsum auf Sylt liegen z.B. zwei Urdolmen im selben Hünenbett. Mit Ausnahme der Anlage von Dobersdorf, tritt der offene Urdolmen in Schleswig-Holstein nur im Sachsenwald und auf Sylt auf.

Rechteckdolmen bzw. erweiterte Dolmen

Mit etwa 145 Kammern (davon 58 erhalten) steht der Rechteckdolmen in Schleswig-Holstein an der Spitze der Großsteingräber [2] das schließt sogar Ganggräber und Steinkisten ein. In Mecklenburg-Vorpommern ist es der Großdolmen, in Niedersachsen das Ganggrab und in Schweden die Steinkiste.

Der Rechteckdolmen hat stets zwei Tragsteine an jeder Langseite und besitzt zwei quer oder einen längs liegenden Deckstein. Der ebenfalls an einer Schmalseite öffnende Typ liegt in Schleswig-Holstein in der Regel in Langhügeln, quer zur Achse (Querlieger). Rundhügel sind mit 27 % bei diesem Typ seltener. Die weitere Unterteilung bezieht sich allein auf die Zugangskonstruktionen:

  • mit kammerbreitem, niedrigem (halbhohen) Eintrittstein (43%),
  • mit trägerhohem Halbstein (Schwellenstein - und ggf. vorgesetztem Gang 10 %))
  • mit eingewinkelten Tragsteinen (und ggf. vorgesetztem Gang)
  • den Zugang von oben gibt es bei Anlagen in Mecklenburg, der Kampener Dolmen (Spr.-Nr. 2) könnte auch einen solchen besessen haben.

Polygonaldolmen

Der Polygonaldolmen, wird durch ein mehr oder minder starkes Auswinkeln der fünf oder mehr Tragsteine charakterisiert. Im Allgemeinen entspricht die Kammerbreite der Länge (etwa 2 x 2 m), so dass der Grundriss einem unregelmäßigen Fünf- oder Sechseck ähnelt und annähernd die Form eines "Runddolmens" besitzt. In Schleswig- Holstein kommen auch ovale Polygonaldolmen von etwa 2,5 x 1,8 m vor. Zugänge sind ausweislich der dänischen Kammern für den Typ kennzeichnend, in Schleswig-Holstein allerdings, anders als der Deckstein, mit seinen gewaltigen Ausmaßen (Brutkamp), nur selten erhalten. Der häufiger im Rundhügel bezeugte Polygonaldolmen hat Merkmale, wie im Langhügel die Querlage, gemeinsam mit den anderen Typen (in Kampen liegen drei Polygonaldolmen im Hünenbett vereint). [3]. Südwärts von Mitteljütland wird seine Verbreitung indes schwächer, so dass die geringe Anzahl in Schleswig-Holstein nicht verwundert. Mit 11 Kammern ist der Polygonaldolmen, der auch in den südlichen Nachbarregionen Schleswig-Holsteins nur vereinzelt belegt ist, der am wenigsten verbreitete Dolmentyp in Deutschland. Die schleswig-holsteinischen Fundorte liegen im Osten des Landes zwischen der Flensburger und der Kieler Förde, im Westen auf Sylt und in Dithmarschen, wohin der Typ offenbar über die nordfriesischen Inseln gelangte.

Die ältesten, in Polygonaldolmen gefundenen Beigaben, gehören in die Übergangsphase vom Früh- zum Mittelneolithikum. Doch ist das Fundmaterial zu dürftig, um daraus folgern zu können, dass der Kammertyp erst am Ende der Stufe C im Norden erschien. Vielmehr geht die Vorstellung dahin, dass der in die Urdolmengebiete vordringende Polygonaldolmen die Wende vom Einzel- zum Kollektivgrab auslöste und die Ganggrabform wesentlich beeinflusste.

In welchem Umfang Rechteck- und Polygonaldolmen im Mittelneolithikum errichtet wurden, lässt sich nicht bestimmen, auch wenn Beigaben aus dieser Zeit vorliegen, ältere dagegen fehlen. Seit der Frühphase der Megalithik darf, anders als früher gedacht, mit der Koexistenz von Dolmen und Ganggräbern gerechnet werden. Dolmen wie die Kammer von Hemmelmark mit der ungewöhnlichen Größe von 2,8 x 2,25 m und die von Süderende, mit ihrer von Ganggräbern (insbesondere in Mecklenburg und Schweden) bekannten Abtrennung der Bodenflächen (der Kammer) durch lotrechte Platten in so genannte (Quartiere) wird man als zeitgleich einstufen können.

Großdolmen

Der von E. Sprockhoff herausgestellte und von E. Schuldt eingehend untersuchte Großdolmen, mit drei bis vier Tragsteinen an jeder Langseite und einer entsprechenden Anzahl von (mind. drei) Decksteinen erreicht im äußersten Norden, in Wees, Kreis Schleswig-Flensburg (Spr.-Nr. 16) und in Nebel auf Amrum (Spr.-Nr. 12) eine Länge von vier Metern. Er ist für Mecklenburg-Vorpommern, insbesondere für Rügen charakteristisch. In Schleswig-Holstein spielt der Typ eine geringe Rolle.

Die Zugänge

Bei etwa 20 % der Rechteckdolmen wird ein Zugang von 1,0-1,5 m Länge und eins bis zwei Steinpaaren vor die Kammeröffnung gesetzt. Er ist oftmals so kurz, dass er die Hügeleinfassung nicht erreicht. Sie ist dort, wo man eine Lücke für den Gang erwarten würde, geschlossen. Aufgrund gleichartiger dänischer Befunde scheint es gang und gäbe gewesen zu sein, einen Zugang zu ermöglichen, jedoch die Grenze zum Bereich der Toten mit nur schwer überbrückbaren Hindernissen zu versehen.

Der zumeist über 2,0 m lange und über 0,9 m breite Rechteckdolmen, der 3,8 m Länge und 1,5 m Breite erreichen kann, belegt auch die Tendenz zur Kammervergrößerung, wobei E. Aner eine von Seeland nach Schleswig-Holstein gerichtete Entwicklung zu erkennen glaubt. In der Höhe variieren die Anlagen, deren Tragsteine bereits auf ihrer kleinsten Fläche stehen, zwischen 0,8 und beachtlichen 1,75 m. Rechteckdolmen kommen häufiger im Hinterland und in Südholstein bis nahe der Elbe vor. Der Typ hat zwei Decksteine. Ab dem dritten Deckstein spricht man von Großdolmen. Er tritt auf den nordfriesischen Inseln und als erste Megalithanlagenform im westlichen Teil von Schleswig und Holstein auf. Weite Teile des Landes wurden offenbar erst mit Aufkommen des Rechteckdolmens in die Megalithgrabsitte einbezogen.

Siehe auch

Literatur

  • E. Aner: Die Großsteingräber Schleswig-Holsteins In: Führer zu vor- und frühgeschichlichen Denkmälern 9 1968 S.46-69
  • V. Arnold: Kleine Gräberkunde der Vorgeschichte Teil 1 Großsteingräber aus der Bauernzeit. In: Blätter zur Heimatkunde 1 Beilage der Zeitschrift „Ditmarschen“ 1977
  • H.-J. Beier: Die megalithischen, submegalithischen und pseudomegalithischen Bauten sowie die Menhire zwischen Ostsee und Thüringer Wald. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 1, Wilkau-Haßlau, 1991
  • E. Schuldt: Die mecklenburgischen Megalithgräber. Deutscher Verlag der Wissenschaft, Berlin 1972.
  • J. Ross: Megalithgräber in Schleswig-Holstein. Hamburg 1992 ISBN 3-86064-046-1

Einzelnachweis

  1. Hans-Jürgen Beier 1991 zählt diese oft kleinen Anlagen zur „Submegalithik“
  2. „Schleswig-Holstein ist“ lt. Sprockhoff „das klassische Land der Dolmen in Norddeutschland“
  3. E. Aners Ansicht, dass er von Westeuropa über den Limfjord nach Nordjütland vorgedrungen ist, wo er auf der Halbinsel Djursland massenhaft auftritt und von hier den Weg zur schwedischen Westküste und zu den dänischen Inseln gefunden hat, ist durch Schuldts neuere Untersuchungen widerlegt

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