- Carl Schuricht
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Carl Adolph Schuricht (* 3. Juli 1880 in Danzig; † 7. Januar 1967 in Vevey, Schweiz) war ein deutscher Komponist und Dirigent. Er war einer der bedeutendsten deutschen Orchesterleiter in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Carl Schuricht entstammte väterlicherseits einer Familie angesehener Orgelbauer. Seine Mutter war eine polnische Oratoriensängerin. Er besuchte Realgymnasien in Berlin und Wiesbaden. Ab 1901 wirkte er als Korrepetitor am Staatstheater Mainz. Er erhielt den Kompositionspreis der Kuszynski-Stiftung und ein Stipendium von Franz von Mendelssohn. Damit studierte er von 1901 bis 1903 Klavier bei Ernst Rudorff und Komposition bei Engelbert Humperdinck an der Königlichen Hochschule für Musik in Berlin-Charlottenburg sowie bei Max Reger am Königliches Konservatorium der Musik in Leipzig.
1906 war er Kapellmeister in Dortmund und 1907 am Stadttheater Zwickau. 1908 arbeitete er in Goslar. 1909 wurde Carl Schuricht als Chorleiter Nachfolger von Siegfried Ochs des Rühl'schen Oratorienvereins in Frankfurt am Main. Von 1912 bis 1944 war er Musikdirektor des Sinfonieorchesters Wiesbaden und ab 1923 städtischer Generalmusikdirektor. Schuricht setzte romantische und moderne Musik von Claude Debussy, Maurice Ravel, Arnold Schönberg und Igor Stravinsky auf den Spielplan. Er wurde als Dirigent nach London, Mailand, St. Louis und Scheveningen eingeladen.
Von 1931 bis 1933 leitete er als Chefdirigent das Leipziger Rundfunkorchester. 1933 übernahm er den Philharmonischer Chor Berlin. 1934 dirigierte er erstmals die Wiener Philharmoniker. Zwischen 1937 und 1944 war er erster Gastdirigent des Frankfurter Rundfunkorchesters. Von 1943 bis 1944 war er dann erster Gastdirigent der Dresdner Philharmonie. 1944 wurde er dessen Musikdirektor. In der Endphase des Zweiten Weltkriegs (August 1944) wurde er in die von Adolf Hitler genehmigte Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Dirigenten aufgenommen, was ihn von einem Kriegseinsatz, auch an der Heimatfront, bewahrte.[1][2]
Im Herbst 1944 siedelte er aus Differenzen zum nationalsozialistischen Regime in die Schweiz über, wo er beim Lucerne Festival auftrat und mit dem Orchestre de la Suisse Romande zusammenarbeitete. 1946 eröffnete er mit den Wiener Philharmonikern die Salzburger Festspiele. 1956 tourte er durch die USA. 1957 wurde er Gastdirigent beim Ravinia Festival in Chicago und Berkshire Mountain Music Festival in Tanglewood, Massachusetts. 1958 trat er erneut mit den Wiener Philharmonikern bei Konzerten in der Schweiz, Frankreich, Österreich und Spanien auf. Er dirigierte das London Symphony Orchestra, London Philharmonic Orchestra und BBC Symphony Orchestra. In seinen letzten Jahren stand er den Berliner Philharmonikern und dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart vor. Schuricht gab 1965 sein letztes Konzert.
Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Nordfriedhof in Wiesbaden.
Ehrungen
- 1938: Orden von Oranien-Nassau
- 1948: Bruckner-Medaille
- 1950: Anton-Bruckner-Medaille der Internationalen Bruckner-Gesellschaft
- 1953: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
- 1953: Ehrenbürger der Stadt Wiesbaden
- 1957: Ehrenmitglied der Bruckner Society of America
- 1960: Ehrenmitglied der Wiener Philharmoniker
Werke
- Sonate in F-Moll Op. 1 für Klavier
- Herbststücke Op. 2 für Klavier und Orchester
- Fünf Lieder Op. 3
- Drei Präludien Op. 4 für Klavier
Weblinks
- Werke von und über Carl Schuricht im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Carl Schuricht Homepage (englisch)
- Carl Schuricht bei Bach Cantatas (englisch)
Einzelnachweise
- ↑ Oliver Rathkolb: Führertreu und gottbegnadet. Künstlereliten im Dritten Reich. Österreichischer Bundesverlag, Wien 1991, ISBN 3-215-07490-7.
- ↑ Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt/M. 2007, ISBN 978-3-596-17153-8.
Chefdirigenten des MDR SinfonieorchestersAlfred Szendrei (1924–1931) | Carl Schuricht (1931–1933) | Hans Weisbach (1934–1939) | Reinhold Merten (1939–1940) | Stilllegung des Rundfunksenders (1941–1945) | Heinrich Schachtebeck (1945) | Fritz Schröder (1945–1946) | Gerhart Wiesenhütter (1946–1948) | Hermann Abendroth und Gerhard Pflüger (1949–1956) | Herbert Kegel (1953–1977) | Wolf-Dieter Hauschild (1978–1985) | Max Pommer (1987–1991) | Daniel Nazareth (1992–1996) | Marcello Viotti, Fabio Luisi und Manfred Honeck (1996–1999) | Fabio Luisi (1999–2007) | Jun Märkl (2007–2012) | Kristjan Järvi (ab 2012)
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