- Landratsbezirk
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Landratsbezirke waren ab 1821 die unterste Stufe der Verwaltung in den rechtsrheinischen Teilen des Großherzogtums Hessen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der Landkreisbezirke
Im Großherzogtum Hessen waren zunächst die bestehenden Ämter in den rechtsrheinischen Teilen und die Kantone in Rheinhessen beibehalten worden. 1821/22 erfolgte eine grundsätzliche Neuorganisation, die in den rechtsrheinischen Gebieten zur Bildung von Landratsbezirken führte.
Ziel der Reform war zunächst einmal die Zusammenfassung und Straffung der Verwaltung und damit verbundene Kosteneinsparung. Zum anderen wurde mit der Reform die Trennung der Verwaltung und der Rechtsprechung auf der untersten Instanz vorgenommen. Für die Rechtsprechung wurden Landgerichte eingerichtet, die später in Amtsgerichte umbenannt wurden. Um die bestehenden Amtsgebäude besser nutzen zu können, wurde vielfach der Sitz des Landgerichtes an einem anderen Ort als dem Sitz des Landratsbezirk gelegt. Diese Aufteilung erwies sich jedoch oft als hinderlich, so dass mehrere Landratssitze im Laufe der Zeit wechselten.
Grund für die unterschiedliche Behandlung der links- und rechtsrheinischen Gebiete war das fortbestehen der standesherrlichen Rechte der ehemalig souveränen Fürsten und Grafen, die mit dem Reichsdeputationshauptschluss mediatisiert worden waren. Die Standesherren verfügten weiterhin sowohl in der Verwaltung als auch in der Rechtsprechung über Rechte. In den standesrechtlichen Landratsbezirken wurden die Beamte und Richter mit Zustimmung des Großherzogs durch die jeweiligen Standesherren ernannt. [1] In Rheinhessen bestanden keine standesrechtlichen Ansprüche.
Die Landratsbezirke mussten daher den Grenzen der gewachsenen ehemaligen Herrschaften folgen und waren kleinteiliger als die Landkreise in Rheinhessen. Es entstanden 2 Typen von Landratsbezirken: Domaniale Landratsbezirke in denen keine standesherrlichen Vorrechte bestanden (diese wurden 1821 gebildet) und standesrechtliche Landratsbezirke (die Bildung erfolgte 1822).[2]
Die Landgerichtsbezirke entsprachen nicht immer den Landratsbezirken.
1832 erfolgte eine Kreisreform.[3] Die domanialen Landkreisbezirke wurden aufgelöst und in Landkreise umgewandelt. In den Folgejahren kam es in einigen der verbliebenen Landkreisbezirken zum Erlöschen der standesrechtlichen Vorrechte und in der Folge zur Auflösung der Landkreisbezirke. Die verbleibenden (standesrechtlichen) Landkreisbezirke wurden nach der Märzrevolution 1848 aufgelöst und die verbleibenden standesherrlichen Vorrechte mit dem „Gesetz über die Verhältnisse der Standesherren und adeligen Gerichtsherren“ vom 15. April, verabschiedet am 9. August 1848 abgeschafft[4]. Sie gingen wie auch die Kreise in neu geschaffenen Regierungsbezirken auf. Als nach dem Sieg der Reaktion die Regierungsbezirke aufgelöst und die alten Kreise wieder eingerichtet wurden, wurden weder die standesherrlichen Vorrechte noch die Landkreisbezirke wieder hergestellt. Die Gebiete der ehemaligen standesherrlichen Landkreisbezirke gingen in neu geschaffenen Kreisen auf.
Liste der Landratsbezirke
Landratsbezirk Sitz Provinz Heutiger Kreis Bemerkungen Landratsbezirk Alsfeld Alsfeld Oberhessen bis 1829 Landratsbezirk Romrod Landratsbezirk Battenberg Battenberg Oberhessen Landratsbezirk Bensheim Bensheim Starkenburg Landkreis Bergstraße Landratsbezirk Breuberg Breuberg Starkenburg Landratsbezirk Büdingen Büdingen Oberhessen Landratsbezirk Butzbach Butzbach Oberhessen später Landratsbezirk Friedberg Landratsbezirk Darmstadt Darmstadt Starkenburg Landratsbezirk Dieburg Dieburg Starkenburg Landratsbezirk Dornberg Dornberg Starkenburg Landkreis Groß-Gerau Landratsbezirkes Erbach Erbach Starkenburg Landratsbezirk Friedberg Friedberg (Hessen) Oberhessen früher Landratsbezirk Butzbach Landratsbezirk Gießen Gießen Oberhessen Landratsbezirk Gladenbach Gladenbach Oberhessen Landratsbezirk Groß-Gerau Groß-Gerau Landratsbezirk Grünberg Grünberg Oberhessen Landratsbezirk Heppenheim Heppenheim Starkenburg Landkreis Bergstraße Landratsbezirk Herbstein Herbstein Oberhessen ab 1825 Landratsbezirk Lauterbach Landratsbezirk Hirschhorn Hirschhorn Starkenburg Landkreis Bergstraße Landratsbezirk Hungen Hungen Oberhessen Landratsbezirk Kirtorf Kirtorf Oberhessen Landratsbezirk Langen Langen Starkenburg Landratsbezirk Lauterbach Lauterbach Oberhessen bis 1825 Landratsbezirk Herbstein Landratsbezirk Lindenfels Lindenfels Starkenburg Landkreis Bergstraße Landratsbezirk Nidda Nidda Oberhessen Landratsbezirk Offenbach Offenbach am Main Starkenburg Landratsbezirk Reinheim Reinheim Starkenburg Landratsbezirk Romrod Romrod Oberhessen ab 1829 Landratsbezirk Alsfeld Landratsbezirk Schotten Schotten (Stadt) Oberhessen Landratsbezirk Seligenstadt Seligenstadt Starkenburg Landratsbezirk Schlitz Schlitz Oberhessen Landratsbezirk Vilbel Vilbel Oberhessen Landratsbezirk Vöhl Vöhl Oberhessen Landratsbezirk Wimpfen Wimpfen Starkenburg Landkreis Bergstraße Literatur
- Hans-Georg Ruppel: Historisches Ortsverzeichnis für ds Gebiet des ehem. Großherzogtums und Volksstaates Hessen, 1976, Seite ff..
- Michael Borchmann, Dankwart Breithaupt, Gerrit Kaiser: Kommunalrecht in Hessen, Ausgabe 3, 2006, ISBN 3555013521, Seite 24, Online
- Johann Andreas Demian: Beschreibung oder Statistik und Topographie des Grohßerzogthums Hessen, Band 1, Verlag Le Roux, 1824, Seite 13, Online ff.
Einzelnachweise
- ↑ „Edikt über die staatsrechtlichen Verhältnisse der Standesherren im Großherzogtum“ vom 17. Februar 1820 (Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1820, S. 125-160
- ↑ Entschliessung vom 14. Juli 1821; in:Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1821, Seite 403-415
- ↑ Edikt vom 6. Juni 1832; in:Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1832, Seite 365-376
- ↑ Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt 1848, S. 237-241
Kategorie:- Landratsbezirk (Großherzogtum Hessen)
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