Die Schweiz in den Vereinten Nationen

Die Schweiz in den Vereinten Nationen

Die Schweiz ist erst seit dem 10. September 2002 offizielles Mitglied der Vereinten Nationen, obwohl zahlreiche UN-Organisationen schon lange ihren Sitz in der Schweiz haben, vor allem in Genf. Die Schweiz bleibt auch als UNO-Mitglied neutral.

Inhaltsverzeichnis

Die Schweiz als UNO-Gastgeber

Historisch gesehen ist die Schweiz die Wiege der UNO, da der eigentliche UNO-Vorgänger, der Völkerbund, während seines Bestehens zwischen 1920 und 1946 seinen Sitz in Genf hatte.

Folgende Organisationen der Vereinten Nationen haben gegenwärtig ihren Sitz in der Schweiz:

Der Beitritt zur UNO

Für jede Beteiligung der Schweiz an einer internationalen Organisation ist eine Volksabstimmung nötig. Die Schweiz ist somit das einzige Land, das per Volksbeschluss den Vereinten Nationen beigetreten ist.

Die erste UNO-Abstimmung

Am 16. März 1986 hat das Schweizer Volk in einer Volksabstimmung entscheiden müssen, ob die Schweiz der UNO beitreten soll. Diese Abstimmung war auf einen Bundesbeschluss vom 14. Dezember 1984 zurückzuführen. Eine Volksabstimmung war zwingend, weil der Beschluss gemäß Bundesverfassung dem obligatorischen Staatsvertrags-Referendum unterstand. Mit einer Stimmbeteiligung von 51% und einem Nein-Anteil von 75,7% (und einem Nein aller Stände) wurde die Vorlage abgelehnt.[1]

Pro-Argumente

Seit Ende der 1970er Jahre setzte sich der Bundesrat für einen UNO-Beitritt der Schweiz ein. In einem Schreiben, das 1981 der Bundesversammlung übergeben wurde, führte der Bundesrat folgende Pro-Argumente auf:

  • Normalisierung, Festigung und Ausbau der Beziehungen zur Staatengemeinschaft
  • Mitspracherecht bei wichtigen internationalen Problemen
  • die Schweiz darf sich als Mitverantwortliche nicht vor der Lösungsfindung dispensieren
  • mehr Solidarität mit der übrigen Welt
  • ein Beitritt ist mit der traditionellen Neutralität vereinbar

Contra-Argumente

Viele Beitrittsgegner führten als Hauptargument den Verlust der traditionellen Neutralität der Schweiz an. Es existierte die Angst, dass nach einem UNO-Beitritt Schweizer Soldaten als Blauhelme in fremden Kriegen eingesetzt werden könnten.

Die zweite UNO-Abstimmung

Am 3. März 2002 ist bei einer Stimmbeteiligung von 57,6% der UNO-Beitritt mit 54,6% Ja-Stimmen angenommen worden. Im Gegensatz zur ersten Vorlage handelte es sich hierbei um eine Volksinitiative. Zwölf Kantone befürworteten die Vorlage, elf lehnten sie ab.[2]

Pro-Argumente

Die Schweiz zahlt der UNO schon viel Geld, kann aber nicht mitentscheiden oder mitgestalten.

Contra-Argumente

Die oft genannten «Vorteile» wie Mitentscheidungs- und Mitgestaltungsrecht verlieren ihre Wirkung angesichts der Stärke der 5 Vetomächte.

Das Contra-Argument von 1986, wonach die Schweiz mit einem Beitritt Soldaten ins Ausland entsenden müsse, war inzwischen hinfällig geworden, da mit der Beteiligung der Schweiz an der KFOR-Mission im Kosovo (Swisscoy) dies bereits Realität war. Mehrere Volksabstimmungen im Jahr 2001 hatten auch eine überraschend deutliche Zustimmung der Schweizer zu Friedensförderungseinsätzen und zur Armee im allgemeinen gezeigt.

Beteiligung an der UNO

Vor dem Beitritt

Die Schweiz wurde 1945, wie auch die anderen im Zweiten Weltkrieg neutral gebliebenen Staaten, nicht an der Konferenz von San Francisco zur Gründung der UNO beteiligt.

Allerdings wurde die Eidgenossenschaft ab 1948 bis zu ihrem Beitritt zur UNO im Jahr 2002 Beobachterin bei den Hauptorganen der Vereinten Nationen. Ebenfalls war sie bereits Mitglied aller UNO-Spezialorganisationen, vieler Fonds, Programme und Institute.

Seit 1953 arbeiten Schweizer in der Waffenstillstandskommission in Korea (heute fünf Schweizer in Panmunjeom). Auch sind sie als Militärbeobachter oder Gelbmützen in Ägypten, im Kongo, im Nahen Osten, auf Zypern, in der Westsahara und in Namibia. Von der Schweiz wurde dort vor allem personelle, materielle und finanzielle Hilfe geleistet, insbesondere durch logistische Unterstützung zur Verbesserung der Transport- und medizinischen Kapazitäten.

Im Kosovo war die Schweiz mit der SWISSCOY vertreten, die logistische Unterstützung des österreichischen Bataillons AUCON in den Bereichen Campbau/Genie, Verpflegung, Trinkwasseraufbereitung, Spezialtransporte und Sanität lieferte.

Im Bereich des Umweltschutzes war die Schweiz von 1996 bis 1999 Mitglied der Kommission der Vereinten Nationen für Nachhaltige Entwicklung (CSD) und hatte 1997 deren Präsidentschaft.

Seit dem Beitritt

Frieden und Sicherheit

Neben dem jährlichen Rapport im 1. Ausschuss der Generalversammlung hat die Schweiz alle ihr zugänglichen multilateralen Rüstungskontroll- und Abrüstungsabkommen unterzeichnet und ratifiziert. Schweizer Experten haben an zahlreichen UNSCOM-Missionen teilgenommen und diese zum Teil geleitet. Das AC-Laboratorium Spiez ist eines der Referenzlabors der UNO für chemische Analysen. Die Schweiz ist Mitglied der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO) und der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW). Sie wird durch deren Inspektoren auch selbst inspiziert. Sie arbeitet mit in der Vorbereitungskommission der künftigen Organisation des Vertrags über das umfassende Verbot von Nuklearversuchen (CTBTO) und stellt eine seismische Station für deren globales Überwachungssystem zur Verfügung.

Rund 35 Schweizerinnen und Schweizer sind für die UNO in Georgien, im Kosovo, im Nahen Osten, im Kongo und in Äthiopien/Eritrea tätig. Auch übernehmen Schweizer oft Vermittlungsaufgaben für die UNO. Finanziell beteiligt sich die Schweiz an den Themen Präventivdiplomatie, der Kontrolle von Kleinwaffen oder der Kindersoldaten. Auch ist sie oft Gastland von Treffen im Zusammenhang mit der UNO.

Im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus hat die Schweiz an der Erarbeitung von vierzig Empfehlungen der Arbeitsgruppe „Finanzielle Maßnahmen gegen die Geldwäsche“ (FATF) mitgewirkt.

Die UNHCR und die UNRWA werden von der Schweiz nicht nur mitfinanziert, sondern auch durch Schweizer Flüchtlingsexperten unterstützt.

Entwicklungs- und humanitäre Hilfe

Die Schweiz zählt zu den zwölf wichtigsten Geldgebern der gesamten UNO-Entwicklungsaktivitäten. Unterstützt werden hauptsächlich

  • das Entwicklungsprogramm UNDP,
  • das UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge UNHCR,
  • das Welternährungsprogramm WFP,
  • das Kinderhilfswerk der UNO UNICEF und
  • der Bevölkerungsfonds der UNO UNFPA.

Umwelt

Die Schweiz ist Vertragspartei aller wichtigen internationalen Umweltübereinkommen und wirkt in deren Gremien aktiv mit. Bergbelange wurden auf Initiative der Schweiz in den Aktionsplan (Agenda 21) aufgenommen.

Internationales Recht

Die Kodifizierung und die Entwicklung des Völkerrechts gehören zu den vorrangigen Aktivitäten der Schweiz in der UNO. Sie nimmt an den Verhandlungen der 6. Kommission der Generalversammlung teil und kann die Wahl der Themen mitbestimmen, die Gegenstand von Kodifizierungen sind. Durch die Initiative zur Weiterentwicklung des internationalen Rechts in Sachen Wirtschaftskriminalität, Korruption und Geldwäscherei will die Schweiz dem Vorwurf begegnen, ihr würde es auf diesem Gebiet an internationaler Solidarität fehlen. Die Schweiz kann sich auch rühmen, eine Tradition von großen Völkerrechtlern zu besitzen, die bis auf Emer de Vattel, einen der Begründer des Völkerrechts, zurückgeht.

Im Laufe der letzten 20 Jahre hat die Schweiz nach und nach die wichtigsten Abkommen zum Schutz der Menschenrechte ratifiziert. Sie ist Mitglied der Dritten Kommission der Generalversammlung in New York und der Menschenrechtskommission in Genf. Letzterer kann sie auf eigene Initiative rechtliche und politische Textentwürfe unterbreiten. Sie entsendet Beobachter für UNO-Missionen vor Ort.

Weblinks

Nachweise

  1. Volksabstimmung vom 16. März 1986 (Schweizerische Bundeskanzlei)
  2. Volksabstimmung vom 3. März 2002 (Schweizerische Bundeskanzlei)

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