- Dirichletreihe
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Dirichletreihen, benannt nach Peter Gustav Lejeune Dirichlet, sind Reihen, die in der analytischen Zahlentheorie verwendet werden, um zahlentheoretische Funktionen mit Methoden aus der Analysis, insbesondere der Funktionentheorie, zu untersuchen. Viele offene zahlentheoretische Fragestellungen sind durch diesen Zusammenhang einer „Näherungslösung“ (durch Abschätzungen) zugänglich geworden, etwa Fragen nach der Verteilung von Primzahlen.
Konvergente Dirichletreihen sind als analytische Funktionen auch losgelöst von zahlentheoretischen Problemen als Untersuchungsgegenstand interessant, da sie in engem Zusammenhang mit Potenzreihen stehen und eine ähnlich „natürliche“ Darstellung von analytischen Funktionen erlauben.
Inhaltsverzeichnis
Definition und formale Eigenschaften
Eine Dirichletreihe ist eine Reihe der Form
-
- mit
Diese Reihe konvergiert absolut für gewisse Koeffizientenfolgen f(n) und komplexe Zahlen s. Das Produkt von zwei solchen absolut konvergenten Dirichletreihen ist wieder eine absolut konvergente Dirichletreihe, die Koeffizienten ergeben sich durch Faltung der Koeffizientenfolgen als zahlentheoretische Funktionen. Damit entspricht die Multiplikation von absolut konvergenten Dirichletreihen der Faltung ihrer Koeffizienten.
Gelegentlich findet man in der Literatur (etwa bei Zagier) auch die allgemeinere Definition
- mit
Mit ergibt dies wieder die erste Definition, mit λn = n erhält man
- mit z = e − s,
also eine gewöhnliche Potenzreihe.
Der Raum der formalen Dirichletreihen wird mit einer Multiplikation versehen, indem man die für absolut konvergente Reihen gültige Multiplikationsregel auf beliebige (auch nichtkonvergente) Dirichletreihen überträgt (zu dieser Konstruktion vergleiche auch die analoge Begriffsbildung formale Potenzreihe).
Dadurch wird der Raum der formalen Dirichletreihen mit der punktweisen Addition, der Skalarmultiplikation und der Faltung isomorph (als Ring und Algebra) zu den zahlentheoretischen Funktionen und erbt alle Struktureigenschaften dieses Raumes.
Der Isomorphismus ordnet jeder zahlentheoretischen Funktion f(n) die formale Dirichletreihe zu, deren Koeffizientenfolge sie ist. Diese Dirichletreihe F(s) heißt dann die von f(n) erzeugte Dirichletreihe.
Konvergente Dirichletreihen
Zu jeder Dirichletreihe, die irgendwo aber nicht überall konvergiert, existiert eine reelle Zahl σ0, so dass die Reihe in der Halbebene konvergiert ( ist der Realteil von s) und in der Halbebene divergiert. Über das Verhalten auf der Geraden lässt sich keine allgemeine Aussage machen. Falls die Dirichletreihe überall bzw. nirgends konvergiert, wird bzw. gesetzt und man nennt in allen Fällen die Konvergenzabszisse der Dirichletreihe.
Ähnlich, wie man im Falle von Potenzreihen den Konvergenzradius berechnen kann, kann man auch im Falle von Dirichletreihen die Konvergenzabszisse mit einem Limes superior aus ihrer Koeffizientenfolge bestimmen, es gilt:
Ist divergent, so ist
- .
Ist hingegen konvergent, so ist
- .
Analytische Eigenschaften
In ihrer Konvergenzhalbebene ist die Dirichletreihe kompakt konvergent und stellt dort eine holomorphe Funktion F(s) dar.
Die Ableitungen der so bestimmten holomorphen Funktion F können durch gliedweise Differentiation gewonnen werden. Ihre kte Ableitung ist die Dirichletreihe
- .
Eulerprodukte
Dirichletreihen mit multiplikativen zahlentheoretischen Funktionen als Koeffizienten lassen sich als Eulerprodukt darstellen. Ist f(n) eine multiplikative zahlentheoretische Funktion und konvergiert die von ihr erzeugte Dirichletreihe F(s) für die komplexe Zahl s absolut, dann gilt
- .
Im Falle einer vollständig multiplikativen Funktion vereinfacht sich dieses Produkt zu
- .
Diese unendlichen Produkte über alle Primzahlen heißen Eulerprodukte. Der Wert dieser Produkte ist definiert als Grenzwert der Folge endlicher Produkte PN, die entsteht, indem man das Produkt nur auf Primzahlen unterhalb einer Schranke N erstreckt.
Wichtige Dirichletreihen
Riemannsche Zetafunktion
Die berühmteste Dirichletreihe ist die Riemannsche Zetafunktion
- .
Sie wird von der zahlentheoretischen 1-Funktion I0(n) (mit I0(n) = 1 fur alle n) erzeugt. Da diese Funktion vollständig multiplikativ ist, hat die Zeta-Funktion die Eulerproduktdarstellung
→ Siehe auch Riemannsche Vermutung.
Dirichletreihe der Teilerfunktion
Die Teilerfunktion (auch genauer Teileranzahlfunktion) d(n), die einer natürlichen Zahl n die Anzahl ihrer positiven Teiler zuordnet, ist das „Faltungsquadrat“ der 1-Funktion.
- ,
die ihr zugeordnete Dirchletreihe ist also das Quadrat der Zetafunktion:
- .
Dirichletreihe der Möbiusfunktion
Die Möbiusfunktion μ(n) ist multiplikativ mit μ(pk) = 0 für k > 1. Also hat die von ihr erzeugte Dirichletreihe M(s) das Eulerprodukt
- .
Die Relation M(s)·ζ(s)=1 überträgt sich auf die zugehörigen zahlenthoretischen Funktionen und bedeutet dort:
- .
Dirichletsche L-Reihen
Die ebenfalls von Dirichlet eingeführten L-Reihen
werden von einem Dirichlet-Charakter χ erzeugt. Diese Reihen spielen eine wichtige Rolle beim Beweis des Dirichletschen Satzes über die Existenz unendlich vieler Primzahlen in arithmetischen Progressionen. Da Dirichletcharaktere vollständig multiplikativ sind, kann man die L-Reihen als Eulerprodukte darstellen
und für χ = χ1, den Hauptcharakter modulo k gilt:
Die L-Reihen verallgemeinern die Riemannsche Zetafunktion. → Über die Nullstellen von L-Reihen gibt es die bis heute unbewiesene verallgemeinerte Riemannsche Vermutung.
Dirichletreihe der Λ-Funktion
Die von Mangoldtsche Funktion Λ(n) spielt eine Rolle beim Beweis des Primzahlsatzes. Diese zahlentheoretische Funktion ist definiert als
- ,
die von ihr erzeugte Dirichletreihe lässt sich durch die Zeta-Funktion ausdrücken:
- .
Dirichletreihe der Eulerschen φ-Funktion
Die Eulersche φ-Funktion ist multiplikativ mit
- φ(pk) = pk − pk − 1 für .
Das Eulerprodukt der von ihr erzeugten Dirichletreihe ist
- .
Dirichletreihe der verallgemeinerten Teilersummenfunktion
Die verallgemeinerte Teilersummenfunktion σk(n) ist multiplikativ und für Primzahlpotenzen ist
- .
Daher hat die Dirichletreihe von σk die Eulerproduktdarstellung:
Siehe auch
Weblinks
- Dirichlet Series auf PlanetMath
- Eric W. Weisstein: Dirichlet series. In: MathWorld. (englisch)
Literatur
- Tom Mike Apostol: Modular Functions and Dirichlet Series in Number Theory. Springer Verlag New York u. a. 1990, ISBN 0-387-97127-0
- Jörg Brüdern: Einführung in die analytische Zahlentheorie. Springer Verlag, Berlin u. a. 1995, ISBN 3-540-58821-3
- Graham James Oscar Jameson: The Prime Number Theorem. Cambridge University Press, Cambridge u. a. 2004, ISBN 0-521-89110-8
- Konrad Knopp: Theorie und Anwendung der unendlichen Reihen. 2. Auflage. In: Die Grundlehren der mathematischen Wissenschaften in Einzeldarstellungen mit besonderer Berücksichtigung der Anwendungsgebiete. Springer Verlag , Berlin u. a. 1996, ISBN 3-540-59111-7
- Max Koecher, Aloys Krieg: Elliptische Funktionen und Modulformen, 2. Aufl., Springer, Berlin (2007) ISBN 978-3-540-49324-2
- Don Zagier: Zetafunktionen und quadratische Körper. Springer Verlag Berlin u. a. 1981, ISBN 3-540-10603-0
Kategorien:- Folgen und Reihen
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