- Exportweltmeister
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Mit dem Schlagwort „Exportweltmeister“ wird allgemein der Staat bezeichnet, der innerhalb eines Jahres weltweit den höchsten Gesamtwert an Waren exportiert. Die Ermittlung des Exportweltmeisters erfolgt üblicherweise in US-Dollar, in Euro oder in zu Kaufkraftparitäten umgerechneten Wechselkursen.
In der Währung Euro wurde im Jahr 2009 erstmals die Volksrepublik China mit Exporten im Wert von 840 Milliarden Euro Exportweltmeister, während Deutschland an zweiter Stelle mit Exporten im Wert von 816 Milliarden Euro folgte[1][2].
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
In den Jahren 1986 bis 1988, 1990 und 2003 bis 2008 war jeweils die Bundesrepublik Deutschland Exportweltmeister (siehe Welthandel/Tabellen und Grafiken).[3]
In der Abbildung sind für die Vereinigten Staaten, Japan und Deutschland die Exporte im Verhältnis zum jeweiligen Bruttoinlandsprodukt (BIP) dargestellt, außerdem der Nettoexport im Verhältnis zum BIP.
Bewertung
Allgemeine Bewertungen
Von Ökonomen und Politikern werden sehr unterschiedliche Bewertungen zu den ansteigenden Warenexporten vorgenommen. Während insbesondere Regierungspolitiker in den Zahlen eine Bestätigung für eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik sehen, relativieren Oppositionspolitiker und manche Ökonomen die Daten. Korrekterweise müsse die Handelsbilanz beziehungsweise die Leistungsbilanz im Zusammenhang mit der Kapitalbilanz gesehen werden.
Einerseits suggerieren die starken Exportzuwachsraten der letzten Jahre, dass insbesondere die großen deutschen Unternehmen ihre Produkte erfolgreich auf dem Weltmarkt absetzen können. Die deutsche Bundesregierung führt dies nicht zuletzt auf die von ihr durchgeführten Gesetzesänderungen zurück (beispielsweise die Ökosteuer oder die Reform der Unternehmensbesteuerung), die zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen geführt habe.
Kritiker entgegnen dem, die Außenhandelsbilanz dürfe nicht als alleiniger Erfolgsmesser für eine Volkswirtschaft angesehen werden. Zum einen, da Deutschland mit seiner Exportorientierung stark von der Entwicklung im Ausland abhängig ist.[4] Zum Anderen wird kritisiert, dass die deutsche Wirtschaft durch dieses Leistungsbilanzungleichgewicht eine nachhaltige Entwicklung in Europa verhindere. Deutschland profitiert mit seinem Handelsüberschuss mit Lohnsenkungen davon wenn europäische Nachbarländer ihre Binnenwirtschaft stärken, aber umgedreht können die Nachbarn nicht vermehrt nach Deutschland exportieren.[5]
Als wesentliche Einflussfaktoren auf den Export lassen sich aber auch einige triviale Umstände nennen:
- Die geografische Lage: Deutschland ist regelrecht von Handelspartnern umringt. Über 95 % des Staatsgebietes liegen nicht mehr als 200 km von einer Staatsgrenze entfernt. Das macht einen Vergleich mit Inselstaaten (Japan, GB) oder großen Staatsgebieten (USA, Kanada) schwierig.
- Innerhalb der EU gibt es kaum noch Handelshemmnisse. In vielen Fällen gibt es sogar Handelsförderungen.
- Ein Mangel an Inlandsnachfrage „erzwinge“ quasi den Export.
Leistungsbilanz und Kapitalbilanz
Im Rahmen des magischen Vierecks stelle es ein Ziel der Wirtschaftspolitik dar, ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht, das heißt eine ungefähr gleiche Höhe von Ein- und Ausfuhren, zu erreichen.
Exportüberschüsse gehen mit einem gestiegenen Nettokapitalexport einher. 2007 betrug dieser laut Deutscher Bundesbank 236 Milliarden Euro.[6] Entsprechend nimmt das Auslandsvermögen der deutschen Volkswirtschaft laufend zu.
Gemäß der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung besteht folgender Zusammenhang: Zahlungsbilanzsaldo = 0 = Leistungsbilanzsaldo + Kapitalbilanzsaldo + Devisenbilanzsaldo. Sofern also die Notenbank Differenzen zwischen Leistungsbilanzsaldo und Kapitalbilanzsaldo nicht durch Devisentransaktionen ausgleicht, sind Leistungs- und Kapitalbilanzsaldo gegengleich. Daher bedeutet ein hoher Nettoexport (die Differenz zwischen Export und Import) zugleich einen starken Kapitalabfluss. Solche „Nettoexporterfolge“ deuten daher unter Umständen auf einen unattraktiven Investitionsstandort hin. Die Nettoinvestitionen Deutschlands, welche die Grundlage wirtschaftlichen Wachstums bilden, sind bereits 2004 auf ein historisches Tief von 2 bis 3 % gefallen (siehe Grafik). Allerdings liegt die Nettoinvestitionsquote auch in den USA, ein Land, das seit längerem einen negativen Außenbeitrag aufweist, niedrig.
Folgendes Beispiel stellt den Zusammenhang dar: Nehmen wir vereinfachend an, die Kapitalbilanz (KB) sei gegengleich zur Leistungsbilanz (LB) (stimmt nur bedingt da die Devisenbilanz berücksichtigt werden müsste). Außerdem gilt S (Sparen) = I (Investition) und des weiteren gilt für Nettoinvestitionen (NI) = Bruttoinvestitionen (BI) − Abschreibungen (D) + Kapitalbilanzsaldo (KB). Wird Kapital exportiert, so sinken - bei gegebenen Ersparnissen S - die Nettoinvestitionen. Wenn aber LB = -KB, dann kann man auch schreiben: NI = BI − D − LB. In Worten formuliert heißt das, ein Leistungsbilanzüberschuss senkt ceteris paribus die Nettoinvestitionen. Die Höhe der Nettoinvestitionen bestimmt aber zum Wesentlichen den eingeschlagenen Wachstumspfad.
Bewertet man nun die Frage der Kausalität zwischen Leistungsbilanz und Kapitalbilanz im Sinne einer Henne-Ei-Problematik, so stellen sich zwei mögliche Sichtweisen dar:
- Exporterfolge führen zu einer negativen Kapitalbilanz, niedrigen Nettoinvestitionen und in Folge dessen zu schwachem Wachstum.
Oder entgegengesetzt:
- Der Abzug von Kapital führt zu geringer Inlandsnachfrage und zugleich erhöhter Auslandsnachfrage. Der Absatz folgt der Nachfrage was zu Exportüberschüssen führt. Die Nettoinvestitionen sind gering, ebenso wie das Wachstum.
Die zugrunde liegende Problematik wurde schon von Eugen Böhm von Bawerk vor über 100 Jahren analysiert: Die Kapitalbilanz regiert die Handelsbilanz. Bawerk war als Finanzminister wegen einer negativen Handelsbilanz besorgt - weniger wegen eines Verlustes an Devisen, sondern wegen einer steigenden Auslandsverschuldung.
Dienstleistungen
Es sei außerdem bemerkt, dass das Schlagwort „Exportweltmeister“ Dienstleistungen unberücksichtigt lässt. Allerdings war Deutschland zwischenzeitlich auch unter Einbeziehung der Dienstleistungen laut Internationalem Währungsfonds (IWF) Exportweltmeister.
Vorprodukte
Bei dem global zunehmenden Handel kommt es nicht nur zu einem Zuwachs von Exporten, sondern auch von Importen bzw. importieren Vorleistungen. Einige Ökonomen, wie zum Beispiel Hans-Werner Sinn, sind wegen dieses Zuwachses der importierten Vorleistungen der Ansicht, dass Deutschland zu einer Basarökonomie verkommt, was den Exporterfolg relativiere.
Dieser steigende Anteil importierter Vorleistungen an den Exporten lässt sich nach Lester C. Thurow über eine verstärkte internationale Arbeitsteilung auf die zunehmende weltwirtschaftliche Verflechtung zurückführen.
Empirisch lässt sich bestätigen, dass der Anteil der Importe an den deutschen Exporten in den letzten Jahren zugenommen hat; allerdings liegt er nach wie vor unter dem vergleichbarer Länder, so dass derzeit entweder (noch) nicht von einer Basarökonomie gesprochen werden kann, oder dies auf die im Zuge der Globalisierung zunehmende Handelsverflechtung als weltweite Erscheinung hinzunehmen ist.
Literatur
- Alexander Loschky, Liane Ritter: Konjunkturmotor Export (PDF). In: Wirtschaft und Statistik 05/2007, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2007.
Einzelnachweise
- ↑ China ist Exportweltmeister – die tageszeitung, 11. Januar 2010
- ↑ Deutschland abgehängt - China ist neuer Exportweltmeister – Spiegel Online, 6. Januar 2010
- ↑ Exportweltmeister Deutschland – Titel auf Zeit? – PDF des Statistischen Bundesamtes
- ↑ vgl. zur Finanzkrise tagesschau: Der Exportweltmeister spürt die Krise, 9. Oktober 2008 (nicht mehr online verfügbar)
- ↑ Financial Times Deutschland, David Milleker: Die Defizite der einen sind die Überschüsse der anderen 21. Januar 2009
- ↑ Zahlungsbilanzstatistik der DB
Siehe auch
- Wirtschaft Deutschlands - Außenhandel
- Welthandel/Tabellen und Grafiken
- Leistungsbilanzsalden nach Ländern
Weblinks
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