Friedrich Wilhelm Quadflieg

Friedrich Wilhelm Quadflieg
Will Quadflieg, Zeichnung 2003.

Will Quadflieg (* 15. September 1914 in Oberhausen; † 27. November 2003 in Osterholz-Scharmbeck; eigentlich Friedrich Wilhelm Quadflieg) war ein bedeutender deutscher Theaterschauspieler.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Schon während der Schulzeit nahm Will Quadflieg Schauspielunterricht. Nach dem Abitur 1933 wurde er Eleve am Stadttheater Oberhausen. Über Umwege kam er 1936 nach Berlin, wo er an der Volksbühne bei Eugen Klöpfer und am Schiller-Theater unter anderem bei Heinrich George zu einem prägnanten Bühnendarsteller avancierte.

Die Intendanten, unter denen er tätig war, sahen sich zum Teil gezwungen, mit dem Naziregime zu kollaborieren. Will Quadflieg selbst teilte nicht die Ansichten der Nationalsozialisten, genoss aber durch seine Bühnentätigkeit Vorteile, indem er nicht gezwungen war, Kriegsdienst zu leisten. Doch war auch er an zwei Propagandafilmen „zur Hebung der Moral“ beteiligt, was er später bereute. Quadflieg blieb einer der wenigen Künstler, der sich nach dem Krieg mit dem Nationalsozialismus selbstkritisch auseinandersetzte und sich um Aufklärung und Versöhnung bemühte; schon im fortgeschrittenen Alter engagierte er sich noch in der Friedensbewegung und für die Grünen. Seiner eigenen Ansicht nach hatte sein größter Fehler während der Zeit des Nationalsozialismus darin bestanden, ein unpolitisches Privatleben zu führen, ohne sich hinreichend um das Geschehen und die politischen Entwicklungen um sich herum zu kümmern. Quadflieg war außerdem Mitglied der Tierschutzpartei.[1]

Während der Neuetablierung der Theaterkultur in Hamburg war Quadflieg ab 1947 am Deutschen Schauspielhaus engagiert und zugleich auch in Zürich sowie bei den Salzburger Festspielen als „Jedermann“ in Hugo von Hofmannsthals gleichnamigen Parabelspiel. Von 1956 bis 1962 arbeitete er unter der Intendanz von Gustaf Gründgens. In dessen erfolgreicher Kinoverfilmung des Faust I von Goethe spielte er 1957 die Titelrolle, die ihn auch einem internationalen Publikum bekannt machte. 1964 spielte er am Wiener Burgtheater in Shakespeares Macbeth die Titelrolle.

In den 1960er und 1970er Jahren wurde es ruhiger um Will Quadflieg, der aus seiner traditionellen, den Autoren verpflichteten, Theaterauffassung kein Hehl machte. Dies brachte ihn in den späten 1960er Jahren in Gegnerschaft zu der sich etablierenden neuen Generation von Theatermachern, die die konventionelle, klassische Theaterkultur politisierten und bis dahin geltende Bühnentraditionen bewusst konterkarierten, um sie in gegenwärtige gesellschaftliche Kontexte zu setzen. Erst ab Mitte der 1970er Jahre trat Quadflieg wieder auf der Bühne auf, zu dieser Zeit und auch später immer wieder in Produktionen des Regisseurs Rudolf Noelte, dem er sich menschlich und auch konzeptionell in der Theaterarbeit verbunden fühlte. Bei Noelte war er u.a. als Alceste in Molieres Menschenfeind, als Thomas Payne in Georg Büchners Dantons Tod und in Gerhart Hauptmanns Michael Kramer auf der Bühne zu sehen. Ab 1983 war er immer wieder am Thalia Theater in Hamburg tätig, wo er bis zu seinem Tod auftrat.

Will Quadflieg war ein Theater- und Bühnenkünstler, der einer wohlmodulierten und ausdrucksvollen Sprechweise neben der schauspielerischen Darstellung große Bedeutung einräumte. Während er in jüngeren Jahren zunächst vor allem durch klassische Rollen wie Romeo, Hamlet, Othello, Macbeth, Faust, Mephisto, Tasso, Don Carlos und Nathan zu großer Bekanntheit gelangte, so wandte er sich in seiner zweiten Lebenshälfte ebenso erfolgreich zeitgenössischen Autoren zu (wie Sartre, John Osborne, Botho Strauß u.a.). Daneben machte er sich als Rezitator mit zahlreichen Sprechplatten und Vortragsabenden einen Namen. Auch in Film- und Fernseh-Produktionen war er zu sehen, so unter anderem in Dieter Wedels Vierteiler Der große Bellheim, aber auch in diversen Krimiproduktionen. Dem Theater als seiner eigentlichen Wirkungsstätte blieb er aber stets verbunden.

Will Quadflieg besprach in den 80er Jahren auch Musikkassetten über klassische Komponisten (Wir entdecken Komponisten, darunter über Johannes Brahms, Ludwig van Beethoven und Johann Sebastian Bach, in denen sich Quadflieg den Hörern jeweils als Erzähler der Rahmenhandlung und der übergeordneten Zusammenhänge präsentierte, während die handelnden Personen mit anderen Sprechern, wie zum Beispiel Helmut Zierl als Johannes Brahms, besetzt waren).

Quadflieg lebte die letzten Jahrzehnte in seinem Haus in Heilshorn. 89-jährig starb er an einer Lungenembolie im Krankenhaus Osterholz-Scharmbeck. Auf dem kommunalen Friedhof Werschenrege wurde er bestattet. Er war Vater von fünf Kindern, darunter Christian Quadflieg, der als einziger in seine Fußstapfen trat und ebenfalls ein bekannter Schauspieler wurde. Seine Tochter Roswitha Quadflieg ist Schriftstellerin und Buchkünstlerin. Quadflieg war in erster Ehe mit der schwedischen Gräfin Benita von Vegesack und seit 1963 in zweiter Ehe mit der Schauspielerin Margarete Jacobs verheiratet.

Filmografie

  • 1938: Der Maulkorb
  • 1940: Das Herz der Königin
  • 1940: Kora Terry
  • 1941: Mein Leben für Irland
  • 1942: Schicksal
  • 1942: Der große Schatten
  • 1942: G.P.U.
  • 1944: Philharmoniker
  • 1944: Die Zaubergeige
  • 1945: Solistin Anna Alt / Symphonie dreier Herzen
  • 1950: Die Lüge / Mörder ohne Mord
  • 1951: Schwarze Augen
  • 1951: Das ewige Spiel
  • 1951: Die tödlichen Träume / Liebestraum
  • 1952: Die Försterchristl
  • 1953: Moselfahrt aus Liebeskummer / Verlobung an der Mosel
  • 1953: Vergiß die Liebe nicht
  • 1955: Lola Montez (Lola Montès)
  • 1955: San Salvatore
  • 1958: Jedermann (TV)
  • 1960: Faust
  • 1960: Ein Monat auf dem Lande (TV)
  • 1961: Rosmersholm (TV)
  • 1962: Annoncentheater - Ein Abendprogramm des deutschen Fernsehens im Jahre 1776
  • 1966: Die Fliegen (TV)
  • 1970: Puppen reden nicht (TV-Serie Dem Täter auf der Spur)
  • 1973: Der Sieger von Tambo (TV)
  • 1975: Warum es ein Fehler war, Beckmann zu erschießen (TV-Serie Der Kommissar)
  • 1976: Der Menschenfeind (TV)
  • 1976: Als wär's ein Stück von mir (TV)
  • 1977: Die Ratten (TV)
  • 1979: Kümmert euch nicht um Sokrates (TV)
  • 1979: Ein Kongreß in Berlin (TV-Serie Derrick)
  • 1980: Ein Mann von gestern (TV)
  • 1981: Dantons Tod
  • 1984: Michael Kramer (TV)
  • 1986: Die Reise
  • 1993: Der gute Merbach (TV)
  • 1993: Der große Bellheim (TV-Serie)
  • 1994: Eine Endstation (TV-Serie Derrick)
  • 1994: Die Wildente (TV)
  • 1999: Musica - Dr. Robert Schumann, Teufelsromantiker (TV)

Auszeichnungen

Quellen

  1. tigerfreund.de

Literatur

  • Jürgen Flimm (Hrsg.): Will Quadflieg: Ein Leben für das Wort in Texten und Bildern. Die Arche, Hamburg 1999, ISBN 3-716-02181-4.
  • Minu Shareghi, Fredi Böhm: Will Quadflieg. Ingrid Kampfer, Hamburg 1997, ISBN 3-932-20800-5.
  • Will Quadflieg: Will Quadflieg. Johannes Maria Hoeppner, Hamburg-Volksdorf 1957.
  • Amadeus Gerlach: Inszenierungen in Moll. Der Regisseur Rudolf Noelte. Edition Hentrich, Berlin 1996, ISBN 3-89468-210-8.

Autobiographie

  • „Wir spielen immer. Erinnerungen.“, Fischer-TB.-Vlg.,Ffm (1979), ISBN 3-596-22134-X

Weblinks


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