Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit

Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit
Gesellschaftshaus
Erinnerungstafel an die Gründung der Gesellschaft an Suhls Wohnhaus in der Großen Petersgrube 27

Die Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit ist Lübecks älteste Bürgerinitiative.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die „Gemeinnützige“, wie die Gesellschaft heute durchweg abgekürzt genannt wird, wurde von dem Prediger an der Petrikirche und späteren Advokaten Ludwig Suhl (1752–1819) mit seinen Freunden Christian Adolph Overbeck, Johann Julius Walbaum, Anton Diedrich Gütschow, Gottlieb Nicolaus Stolterfoth (1763–1806), Johann Friedrich Petersen (1760–1845) und Nicolaus Heinrich Brehmer (1765–1822) am 27. Januar 1789 ins Leben gerufen, zunächst als Literärische Gesellschaft zur wissenschaftlichen Unterhaltung und gegenseitiger Unterrichtung. 1791 wurde der Zweck der Gesellschaft um den gemeinnützigen Aspekt erweitert, und seit 1793 führt sie den Namen, der sich bis heute erhalten hat.

Die demokratisch aufgebaute und vom Bürgertum getragene Gesellschaft und ihr Gesellschaftshaus (ab 1826 in der Breiten Straße 33, seit 1891 in der Königstraße 5) wurden rasch zum Mittelpunkt praktischer Reformarbeit im Geist der Aufklärung. Die Gesellschaft wirkte an der Verbesserung der Verhältnisse in vielen Lebensbereichen mit, von der Rettungsanstalt für im Wasser Verunglückte bis zum Lehrerseminar. Über die der Gesellschaft schon damals nahestehenden Neue Lübeckische Blätter war sie der Erneuerungsbewegung Jung-Lübeck im Vormärz verbunden.

Die Gemeinnützige war Trägerin der Sparkasse zu Lübeck und bis 1934 auch des Museums für Kunst- und Kulturgeschichte. 1938 wurde ihr der Konzert-, Theater- und Veranstaltungssaal Kolosseum in der Kronsforder Allee übertragen.

1933 gab es eine durchgreifende Gleichschaltung der Gesellschaft unter dem Bruch ihrer bis dahin liberal-demokratischen Tradition: schon im Juli wurde das Führerprinzip eingeführt, und im Oktober gab sich die Gesellschaft eine neue Satzung auf der Grundlage des Nationalsozialismus; Mitglieder wie Moritz Neumark wurden zum Austritt gedrängt oder ausgeschlossen. Im Herbst 1945 kam es dann zu einem demokratischen Neuanfang unter Leitung des Rechtsanwalts Adolf Ihde, der bereits von 1927 bis 1930 ihr Direktor gewesen war.

Bereits zum 100. Jubiläum 1889 erhielt die Gesellschaft Lübecks höchste Auszeichnung, die Gedenkmünze Bene Merenti verliehen. Damit ist sie die einzige juristische Person als Inhaberin dieser Auszeichnung. Weiter wurden bislang acht Direktoren der Gesellschaft mit der Münze geehrt.

Gegenwart

Die Gesellschaft unterhält zur Erfüllung ihrer satzungsgemäßgen Aufgaben zahlreiche Einrichtungen, wie etwa die "Familienbildungsstätte Lübecker Mütterschule", die "Lübecker Knabenkantorei", die "Lübecker Musikschule", eine Bücherei usw. Darüber hinaus können Institutionen, deren Ziele denen der Gesellschaft wesensverwandt sind, auf Antrag den Status einer Tochtergesellschaft erlangen. Hierzu gehören beispielsweise die Geographische Gesellschaft zu Lübeck, die "Archäologische Gesellschaft" und die in den Bürgergärten gelegene benachbarte "Overbeck-Gesellschaft". Die Tochtergesellschaften werden von der "Gemeinnützigen" bei der Verfolgung ihrer Ziele unterstützt. Darüber hinaus verwaltet die Gesellschaft zahlreiche unselbständige Stiftungen Lübecker Bürger.

Direktoren der Gesellschaft

Name und Lebensdaten Amtszeit Ratslinie Nr. Besonderheiten und Anmerkungen Abbildung
Ludwig Suhl
(1752–1819)
1789–1790 Gründer; Archidiakon an der St. Petrikirche, in seinem Haus in der Großen Petersgrube 27 fand die Gründungsversammlung statt (heute Teil der Musikhochschule)
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Christian Adolph Overbeck
(1755–1821)
1791 949 Obergerichtsprokurator
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Adolph Friedrich Dehns
(1740–1806)
1792 Senatssekretär; Sohn des Predigers an St. Aegidien Johann Balthasar Dehns, Ratssekretär seit 1769.[1]
**Ludwig Suhl 1793 nunmehr: Assessor des Domkapitels
**Christian Adolph Overbeck 1794–1797 949 nunmehr: Zweiter Syndikus des Domkapitels
Gottlieb Nicolaus Stolterfoht
(1763–1806)
1798–1801 Er war der letzte Prediger an der Kirche des Burgklosters, zugleich nach dem Lübecker Adressbuch 1798 auch Prediger am Heiligen-Geist-Hospital und im Pockenhaus. Beim Einmarsch der Franzosen am Tag der Schlacht bei Lübeck wurde er durch eine französische Kugel auf der Diele seines Wohnhauses tödlich getroffen.
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Anton Diedrich Gütschow
1802–1803 Syndikus
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***Ludwig Suhl 1804–1808 nunmehr: Titular-Assessor
Johann Friedrich Petersen
(1760–1845)
1808–1814 Prediger am Dom. Erster Inhaber der Gedenkmünze Bene Merenti (1835).[2]
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Nicolaus Heinrich Brehmer
(1765–1822)
1814–1818 Dr. med., praktischer Arzt, Vater des Senators und Bürgermeisters Heinrich Brehmer
****Ludwig Suhl († 1819) 1818–1819 zuletzt: Dr. jur., Advokat, Titular-Assessor
**Nicolaus Heinrich Brehmer 1819–1821 Dr. med., praktischer Arzt
Bernhard Heinrich von der Hude
1821–1825 Pastor an der Marienkirche
Johann Friedrich Hach
1825–1830 955 Oberappellationsgerichtsrat, Inhaber der Gedenkmünze Bene Merenti (1850)
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Christian Gerhard Overbeck
(1784–1846)
1830–1833 Oberappellationsgerichtsrat, Mitglied der Jung-Lübeck genannten nationalliberalen Erneuerungsbewegung
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**Johann Friedrich Hach 1833–1836 Oberappellationsgerichtsrat
**Christian Gerhard Overbeck 1836–1839 Oberappellationsgerichtsrat
Heinrich von der Hude
1798–1853
1839–1842 Prokurator am Oberappellationsgericht, am Landgericht und Niedergerichtsprokurator, 1844 Dritter Ratssyndikus und 1852 Senator
Friedrich Boldemann
(1788–1865)
1842–1845 Assekuradeur, Schonenfahrer und Mitglied der Bürgerschaft
Johann Heinrich Behn
1845–1848 Wetteaktuar
Johannes Classen
1848–1851 Professor am Katharineum
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Hermann Wilhelm Hach
(1800–1867)
1851–1854 992 Senator, Sohn des Senators Johann Friedrich Hach.
Georg Friedrich Ludwig Oppenheimer
1854–1856 Oberappellationsgerichtsrat a.D.
Karl Martin Joachim Klug
1856–1859 Pastor an St. Jakobi
Friedrich Wilhelm Mantels
1859-1862 Professor am Katharineum, früher Mitglied der Jung-Lübeck genannten nationalliberalen Erneuerungsbewegung
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Wilhelm von Bippen (Arzt)
(† 1865)
1862–1865 Dr. med., praktischer Arzt
Heinrich Gustav Plitt
1865–1868 1002 Direktor des Untergerichts, ab 1868 Senator
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Wilhelm Brehmer
1868–1871 1005 Advokat, ab 1870 Senator, Inhaber der Gedenkmünze Bene Merenti (1901)
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Carl Alexander von Duhn
1871–1874 Mitglied des Obergerichts, vorher Mitglied der Jung-Lübeck genannten nationalliberalen Erneuerungsbewegung
Friedrich Adolph Hach
(1832–1896)
1874–1877 Aktuar des Polizeiamtes
August Sartori
1877–1889 Oberlehrer des Katharineums, 1880 dort Professor
Heinrich Klug
1886–1889 1012 Senator, Inhaber der Gedenkmünze Bene Merenti (1904)
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Johann Georg Eschenburg
1883–1886 1017 Senatssekretär, ab 1885 Senator, Inhaber der Gedenkmünze Bene Merenti (1910)
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**Heinrich Klug 1886–1889 1012 Senator
Ernst Christian Johannes Schön
1889–1892 1022 Erster Staatsanwalt
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Adolf Brehmer
1892–1895 Rechtsanwalt
Emil Ferdinand Fehling
1895–1898 1023 Rechtsanwalt, ab 1896 Senator, Inhaber der Gedenkmünze Bene Merenti (1917)
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Johannes Daniel Benda
1898–1901 Richter am Landgericht Lübeck, ab 1901 Erster Staatsanwalt, Inhaber der Gedenkmünze Bene Merenti (1919)
Ernst Julius Ludwig Müller
1901–1904 Direktor des Johanneums
**Ernst Christian Johannes Schön 1904–1907 1022 nunmehr: Senator
Johann Martin Andreas Neumann
1907–1910 1029 Senator
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Karl Friedrich Robert Dimpker
1910–1913 1037 Konsul und Präses der Handelskammer
Christian Reuter
1913–1915 Direktor des Katharineums
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Cay Diedrich Lienau
1915–1918 1034 Senator
HL Damals – Sen Lienau.jpg
Johann Hermann Friedrich Evers
1918–1921 Hauptpastor an St. Marien
Hermann Stodte
1921–1924 Oberstudiendirektor des Johanneums
Rudolf Keibel
(1872–1946)
1924–1927 Erster Syndikus der Handelskammer, Abgeordneter und stellvertretender Wortführer der Lübecker Bürgerschaft
Adolf Ihde 1927–1930 *1881 in Lübeck, † 1959 in Sierksdorf; Rechtsanwalt und Notar
Karl Utermarck
1930–1933 Landgerichtspräsident
Hans Sellschopp
1933–1938 Kaufmann
Bernhard Otto Clausen
1939–1945 Kreisleiter der NSDAP
**Adolf Ihde
1945–1949 Rechtsanwalt und Notar
Wilhelm Kusche
(† 1951)
1949–1951 Oberstudiendirektor der Oberschule zum Dom
Rolf Sander
1952–1958 Landgerichtsrat
Gerhard Gaul
1958–1961 Rechtsanwalt und Notar. Inhaber der Gedenkmünze Bene Merenti (1982)
Gerhard Schneider
1961–1964 Senator
**Rolf Sander
(1911–2009)
1964–1966 Richter am Landgericht Lübeck
Werner Dalstein 1967–1969 Baudirektor
Julius Edelhoff 1970–1972 Leitender Medizinaldirektor
Gerhard Lund 1973–1975 Rechtsanwalt und Notar
Christoph Deecke 1976–1978 Architekt
Boto Kusserow 1979–1984 Rechtsanwalt und Notar
**Christoph Deecke
(1924–2004)
1985 Architekt
Hans-Helmke Goosmann (1927) 1991–1996 Architekt
Renate Menken (1943) 1997–2002 Apothekerin
Helmut Wischmeyer (1935) 2003–2005 Whg.-Bau-Kfm.
Antje Peters-Hirt (1953) 2006–2011 Germanistin, Kauffrau

Anmerkung zur Tabelle: Die Amtszeit beträgt drei Jahre, sich unmittelbar anschließende weitere Amtszeiten sind in der Tabelle nicht gesondert markiert, sie ergeben sich aus der Zeitangabe. Weitere Amtsperioden, nach der Zäsur durch einen anderen Amtsinhaber, sind durch die Anzahl vorgesetzter Sternchen markiert, also ** für eine zweite weitere Periode (ursprünglich, um deutlich zu machen, das nicht wieder ein Portrait mit eingesetzt werden muss).

Ehrenmitglieder

Die Gesellschaft hat nach ihrer Satzung insgesamt 27 Ehrenmitglieder ernannt. Seit 1961 ist die Ehrenmitgliedschaft nicht mehr vorgesehen. Erstes Ehrenmitglied wurde 1792 der Maler Friedrich Carl Gröger. 1888 wurden Victor Böhmer, Rudolf von Gneist und August Lanners zu Ehrenmitgliedern ernannt.

Literatur

  • Friedrich Bruns: Die Lübecker Syndiker und Ratssekretäre bis zur Verfassungsänderung von 1851 in: ZVLGA Band 29 (1938), S. 91–168.
  • Hermann Stodte: Festschrift zur 150-Jahr-Feier der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit zu Lübeck, begründet 1789. Lübeck 1939.
  • Georg Behrens, 175 Jahre Gemeinnütziges Wirken, Lübeck 1964
  • Ahasver von Brandt: Das Lübecker Bürgertum zur Zeit der Gründung der "Gemeinnützigen" - Menschen, Ideen und soziale Verhältnisse. In: Der Wagen 1966, S. 18–33.
  • Emil Ferdinand Fehling, Lübeckische Ratslinie, Lübeck 1925.
  • Vorsteherschaft der Gesellschaft (Hrsg.), 200 Jahre Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit in Lübeck 1789-1989, Lübeck 1989.

Belege

  1. Friedrich Bruns: Die Lübecker Syndiker und Ratssekretäre bis zur Verfassungsänderung von 1851. In: ZVLGA Band 29 (1938), S.91 (163ff.).
  2. Ahasver von Brandt: Bene Merenti - Ein Lübisches Ehrenzeichen, seine Geschichte und seine Inhaber in: Der Wagen 1958, S. 58-64

Weblinks

 Commons: Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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