Guerrillas

Guerrillas
Ein FNL-Kämpfer 1973

Guerilla (veraltet: Guerrilla) steht wörtlich für einen „Kleinkrieg“.[1] Gemeint ist eine besondere Art der Kriegsführung, die auch als Guerillakrieg[2] bezeichnet wird. Der Begriff Guerilla meint dabei auch militärische, beziehungsweise paramilitärische Einheiten, die einen Guerillakrieg führen. Insbesondere im Plural, als Guerillas, sind Guerilla-Kämpfer angesprochen, für die im Deutschen auch die Synonyme „Freischärler“ und „Partisanen“ existieren.[3] Guerillero steht in diesem Zusammenhang für einen Untergrundkämpfer in Lateinamerika.[3]

Inhaltsverzeichnis

Begriff

Etymologie

Das Wort Guerilla wurde Anfang des 19. Jahrhunderts über das französische guérilla aus dem spanischen guerrilla einem Diminutivum (Verkleinerungsform) des spanischen guerra („Krieg“) entlehnt.[3] Das spanische guerra geht, wie das französische guerre, auf das altniederfränkische *werra („Streit“) zurück, mit dem auch das althochdeutsche werre („Verwirrung“, „Streit“) verwandt ist.[3]

Historischer Hintergrund war der Spanische Unabhängigkeitskrieg von 1807 bis 1814 gegen die französische Fremdherrschaft unter Napoleon. Als Ausgangspunkt für den späteren Gebrauch des Wortes wird das spanische partida de guerrilla genannt, das ungefähr „Spähtrupp“ bedeutet.[1]

Bedeutung erlangten die Begriffe Guerilla und Guerillakrieg insbesondere im 20. Jahrhundert, als Bezeichnung sozialer und nationaler Befreiungs- und Unabhängigkeitskriege in unterentwickelten Ländern.[2]

Begriffsgleichheit zu Partisan

Siehe auch Partisan

Das Wort „Partisan“ stammt aus dem Italienischen, während Guerrillero spanischen Ursprungs ist. Militärisch gesehen handelt es sich um Synonyme. Die in Europa gegen die faschistische Besatzung kämpfenden irregulären Einheiten werden gewöhnlich als Partisanen bezeichnet, während die Befreiungskämpfer der antikolonialen Bewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg in der Regel Guerilleros genannt werden.

Bedeutung und Geschichte

Das Wort „Guerilla“ bezeichnet

  • eine militärische Taktik: kleine, selbstständig operierende Kampfeinheiten, welche die taktischen Zielsetzungen der Armeeführung, meist im Hinterland des Gegners, unterstützen und dabei außerhalb ihrer Kampfeinsätze nicht als Soldaten erkennbar sind. Zur Guerillataktik gehören "nadelstichartige" militärische Operationen, die den Gegner nicht vernichten, sondern zermürben sollen.
  • den Guerillakampf als eine spezielle Form politisch motivierter, revolutionärer oder antikolonialer Kriege. Beim Guerillakampf handelt es sich um eine "Waffe der Schwachen" gegen einen militärisch, vor allem militärtechnologisch überlegenen Gegner. Voraussetzung für einen Guerillakampf ist die fehlende Hoffnung der Bevölkerung, ihre politischen und sozialen Forderungen mit politischen und rechtlichen Mitteln erreichen zu können, wie dies in einer Diktatur, einem von einer fremden Macht besetzten oder dominierten Land der Fall ist. Entscheidend für den Erfolg der Guerilla ist der gleichzeitige, dem militärischen Kampf gleichwertige politische Kampf. In einer offenen Feldschlacht müsste die Guerillatruppe notwendig unterliegen, weil ihr die Ausrüstung einer konventionellen Armee fehlt und ihre Kämpfer meist über keine ausreichende militärische Ausbildung verfügen.

Ein entscheidendes Kennzeichen der Guerilla ist ihre hohe Mobilität und Flexibilität, oft kombiniert mit dem Fehlen der Identifizierbarkeit als 'rechtmäßiger Kombattant'. Guerilla-Einheiten sind in ständiger Bewegung, um dem militärisch überlegenen Gegner auszuweichen. Ihr Erfolg ist davon abhängig, ob es ihr gelingt die Entscheidung darüber zu behalten, an welchem Ort und zu welcher Zeit und unter welchen Bedingungen die militärische Konfrontation mit dem Gegner stattfindet. Die klassische Landguerillatruppe operiert meist aus den Bergen heraus, welche optimales Rückzugsgebiet bilden. Sie ist auf die Unterstützung der Landbevölkerung angewiesen, die sie mit Nahrungsmitteln und Informationen versorgt.

Konfliktformen

Guerillakrieg

Guerillakrieg meint eine Kampfform irregulärer einheimischer Truppen gegen eine feindliche Armee beziehungsweise Besatzungsmacht oder aber - im Zusammenhang mit einem Bürgerkrieg - gegen die eigene Regierung.[2]Als typische Merkmale gelten in der Politikwissenschaft:[2]

  • Die Einheit von Guerillas und Teilen der Zivilbevölkerung. Die Bevölkerung billigt den Guerillakrieg, unterstützt diesen, oder nimmt aktiv daran teil.
  • Eine enge Verbindung von politischer und militärischer Zielsetzung.
  • Die Beschaffung von Waffen vor allem aus den Beständen des militärischen Gegners.
  • Die Basis und Hauptstützpunkte bilden meist ländliche Gebiete. Städte werden erst in einem fortgeschrittenen Stadium des Guerillakrieges in Kampfhandlungen einbezogen.
  • Traditionelle Kampfformen regulärer Streitkräfte bleiben weitgehend unwirksam. Daher können Guerillas auch einem zahlenmäßig und waffentechnisch überlegenen Feind gewachsen sein.

Der Guerillakrieg gilt als Kampfform von Befreiungsbewegungen. Als erfolgreiche Beispiele werden in der Politikwissenschaft genannt:[2]

Als bedeutende Theoretiker des Guerillakrieges und seiner Taktik gelten[2]

Ihren Überlegungen und Theorien liegen die jeweiligen Erfahrungen während des Guerillakrieges in ihren Heimatländern zugrunde. So bei Mao und Giap der Gedanke des Volkskrieges. Von Mao stammt das Bild des Volkes als Wasser, in dem die Guerilla wie ein Fisch schwimmen, die Feinde dagegen ertrinken sollten. Von Che Guevara stammt die Fokus-Theorie, nach der bewaffnete Guerillas einen quasi Brandherd bilden sollten, von dem aus die Revolution in die Bevölkerung hineingetragen werde.

Unter dem Begriff der Stadtguerilla versuchten in der Bundesrepublik der 1960er und 1970er-Jahre linksextremistische Gruppen an Terminologie und Taktik südamerikanischer Befreiungsbewegungen anzuknüpfen.

Militärische Auseinandersetzungen unter Parteien, die politisch, strategisch und waffentechnisch stark unterschiedlich ausgerichtet sind, werden heute auch als asymmetrische Kriegsführung bezeichnet.

Typische Eskalationsstadien

Guerilla-Kriege durchlaufen in der Regel folgende Phasen:

  • Der Guerillakampf beginnt als Aufstandsbewegung, also ohne oder mit nur schwacher eigener Bewaffnung. Die Waffenbeschaffung erfolgt durch Überfälle auf gegnerische Militäreinheiten oder -einrichtungen. Die Kämpfer sind keine Soldaten und verfügen häufig nicht einmal über eine militärische Ausbildung. Sie sind Teil der Zivilbevölkerung und werden aufgrund ihrer politischen Ziele durch diese unterstützt. Ohne diese Unterstützung ist die Guerilla zum Scheitern verurteilt. Das unterscheidet die Guerilla vom Terrorismus, der auch ohne Unterstützung der Bevölkerung auskommt. In dieser Phase können Guerilla-Einheiten keine strategischen Erfolge erringen, also etwa strategisch wichtige Gebiete dauerhaft besetzen, sondern müssen sich stets wieder zurückziehen.
  • Die offensive Phase des Guerillakampfes ist dadurch gekennzeichnet, dass die Mobilität des Gegners eingeschränkt ist. Die Regierungs- oder Besatzungstruppen verfügen nur noch über strategisch wichtige befestigte Stützpunkte und können sich außerhalb dieser nur noch eingeschränkt bewegen. In dieser Phase übernimmt die Guerilla-Bewegung die Initiative und organisiert sich in größeren Kampfeinheiten mit fester Struktur.
  • Zur Erreichung strategischer Ziele müssen die Guerilla-Einheiten die Form einer zentral gelenkten Armee annehmen. Sie treten damit aus der taktischen, defensiven Phase in eine strategisch offensive Phase ein. Es entsteht eine Revolutionsarmee.

Beispiele von Guerillakämpfen

  • Eine lange Zeit war der erfolgreiche Kampf der Geusen als niederländische Freiheitskämpfer gegen die spanische Herrschaft im Achtzigjährigen Krieg (1568-1648) eine Guerilla.
  • Der 30-jährige Unabhängigkeitskampf der kubanischen Mambises gegen die spanische Kolonialherrschaft 1868-1898 war in seinen militärischen Phasen Guerillakrieg und endete mit der Besetzung Kubas durch die USA.
  • Der dreijährige kubanische Revolutionskrieg gegen den Diktator Fulgencio Batista 1956-1959 endete mit der Flucht des Diktators und führte zu einer kubanischen Revolutionsregierung.
  • Die Huks kämpften auf den Philippinen zunächst gegen die japanische Besatzung und nach dem zweiten Weltkrieg bis 1954 für radikale Agrarreformen.
  • Der achtjährige algerische Unabhängigkeitskrieg der FLN gegen die französische Kolonialherrschaft 1954-1962 endete mit der Gründung der Demokratischen Volksrepublik Algerien.
  • Der Krieg der Việt Minh gegen japanische Besatzung, französische Kolonialmacht und später gegen US-amerikanische Besatzungstruppen 1941-1975 endete mit der Errichtung eines sozialistischen Staates.
  • Der Befreiungskampf der FRENTE POLISARIO gegen die spanische Kolonialmacht sowie anschließend gegen die marokkanischen Besatzungstruppen (Seit 1991 Waffenstillstand unter UNO-Vermittlung).
  • Der Guerillakampf der Gruppe um Che Guevara in Bolivien scheiterte 1967 an der fehlenden Unterstützung durch die Bevölkerung.
  • Der Kampf des maoistischen Sendero Luminoso kostete in Peru fast 70.000 Menschen das Leben.
  • Der Kampf der FMLN (El Salvador) und der Guerillagruppen in Guatemala enden mit Friedensabkommen.
  • Der Guerillakampf der Gruppe LTTE um Tamil Eelam, dauert schon seit 1986 an.
  • Der Guerillakrieg der nepalesischen Maoisten begann 1996 und ist seit 2006 vorerst eingestellt.
  • In Indien gibt es seit den 1960er Jahren Guerillaaktionen der maoistisch orientierten Naxaliten. Sie agieren zumeist im ländlichen Raum, mittlerweile nurmehr mit sporadischen Anschlägen. Ähnliche Guerillataktiken verfolgt die für ein eigenständiges Assam eintretende Separatistenorganisation United Liberation Front of Asom.
  • Der Befreiungskampf um Angola.
  • Der Befreiungskampf der SWAPO gegen die südafrikanische Fremdherrschaft in Namibia führte 1989/90 in die Unabhängigkeit. Namibia wird seitdem von der SWAPO regiert.
  • Die kurdische Guerilla-Bewegung, auch bekannt als PKK, kämpft gegen die türkische Armee.
  • Der Kampf der Irish Republican Army (IRA) um die Befreiung Irlands von der britischen Besatzung.
  • Die älteste, noch heute aktive Guerilla-Bewegung ist die FARC in Kolumbien.
  • Die libanesische Organisation Hisbollah führte, wie z.B. im Libanonkrieg 2006, dem Guerilla-Krieg nahestehende, paramilitärische Kampfhandlungen aus.
  • Die Ushtria Çlirimtare e Kosovës, auch UÇK genannt, gegen Einheiten der jugoslawischen Volksarmee und serbische Polizeieinheiten im Jahre 1996-1999.

Kleine Kriege

Im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg (1776-1783) entwickelte sich die Kampfesweise des kleinen Krieges erstmals nicht nur als Widerstandsoperationen kleiner bewaffneter Milizen gegen überlegene konventionelle Heere, sondern als umfassende strategische Antwort einer kriegführenden Partei. Die taktisch unflexiblen und schlecht motivierten britischen Truppen wurden in einen zermürbenden Abnutzungskrieg verwickelt, den sie schließlich verloren. Seitdem hat sich die Kleinkriegführung als asymmetrische Antwort auf die Stärke konventioneller Streitkräfte etabliert.

Als erste kriegerische Auseinandersetzung mit Guerilla-Charakter und mit diesem Namen gilt der spanische Unabhängigkeitskrieg gegen die französischen Besatzungstruppen 1807 bis 1814, der sich zum Volkskrieg ausweitete. Die regulären spanisch-englischen Truppen entschieden zwar den Krieg, irreguläre Freischärler oder Guerrilleros trugen jedoch erheblich zur Niederlage der Franzosen bei. Dies lag vor allem an der guten Organisation des Widerstands und der für einen Kleinkrieg günstigen Topographie der Berglandschaften, die gute Unterschlupfmöglichkeiten boten. Im offenen Gelände konnte sich die Guerillatruppe gegen konventionelle Truppen dagegen nicht behaupten.

Konventionelle Truppen waren damals in erster Linie auf intensive Gefechte und Schlachten im „großen Krieg“ ausgerichtet (Linientaktik). Sie übernahmen später allerdings die Kampfesweise der Guerilla, die sich durch Überfälle, Hinterhalte und Angriffe auf die Versorgungslinien im Rücken des eigentlichen Kriegsgeschehens auszeichnete. So wurde der Guerillakampf zu einer taktischen Variante, für die auch auf Einheiten mit speziell ausgebildeten Soldaten (meist so genannte Jäger) zurückgegriffen wurde, weil diese flexibler und mobiler waren als die konventionellen Linientruppen. Charakteristisch für den kleinen Krieg waren militärische Auseinandersetzungen, bei denen zahlenmäßig kleine Abteilungen Operationen zur Schwächung des Gegners unternahmen, ohne jedoch eine Entscheidung herbeiführen zu können. Sie konnte neben großen Operationen des Hauptheeres geführt werden. Typische Beispiele sind der Einsatz der Freikorps der Koalitionstruppen 1813 und der Franc-tireurs 1870. Eine wichtige Rolle spielte auch der Rückhalt der Bevölkerung für den Widerstandskrieg irregulärer Truppen und Banden, wie sich etwa im Tiroler Aufstand unter Andreas Hofer zeigte.

In Spanien hat das Wort „Guerrilla“ aufgrund seiner Verbindung mit dem Kampf gegen die französische Besatzungsmacht eine durchgehend positive Konnotation von Befreiung, ähnlich wie in Deutschland die „Befreiungskriege“ oder der Begriff „Volkskrieg“, wie er in den frühen Denkschriften von Gneisenau beschrieben ist.

Auch der polnische Aufstand 1863 und der Burenkrieg 1901 wurden mit der Guerilla-Taktik geführt.

Als Analytiker der Guerilla sind Carl von Clausewitz, T. E. Lawrence, Mao Zedong, Carl Schmitt und Ernesto Che Guevara hervorgetreten.

Anti-Guerilla-Kriegführung

Abbrennen eines Viet Cong Basis Camps durch US-Truppen, My Tho, Vietnam

Der Guerillakampf stellt eine konventionelle Armee vor Probleme, die es bei zwischenstaatlichen Kriegen nicht gibt:

  • Der Gegner ist nicht eindeutig zu identifizieren. Jede Person, etwa in einem besetzten Land, kann ständig oder zeitweise zur Guerilla gehören, diese militärisch, logistisch oder politisch unterstützen. Das gilt für Männer wie Frauen, auch für Kinder, Jugendliche und alte Menschen.
  • Es gibt keine Front, welche die Anhänger und Gegner des herrschenden Regimes voneinander trennt. So wird meist von Regionen gesprochen, die von der Regierung oder von der Guerillabewegung „kontrolliert“ werden. Ein Gebiet kann aber auch nachts von der Guerillabewegung und am Tag von der Regierung kontrolliert werden. Der Begriff der Kontrolle ist dabei sehr unbestimmt. So kann es vorkommen, dass derselbe Geschäftsmann sowohl an die Regierung als auch an die Guerillabewegung Steuern zahlt.

Durch den Einsatz von Kontraguerilla-Einheiten versucht die reguläre Armee sich der flexiblen Kriegführung der Guerilla anzupassen (Vietnam). (Nicht zu verwechseln mit der konterrevolutionären Guerilla, die von einer fremden Macht eingesetzt wird, um mit Mitteln der Guerilla-Taktik eine bestehende revolutionäre Regierung anzugreifen - siehe Contra (Organisation)).

Die konventionelle Armee ist durch das Kriegsrecht dazu verpflichtet, humanitäre Mindeststandards zu beachten und muß daher immer versuchen, Zivilbevölkerung und Guerillabewegung voneinander zu trennen. Das kann etwa durch Aufrufe an die Bevölkerung geschehen, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Gebiet zu verlassen. Alle nach diesem Zeitpunkt in diesem Gebiet befindlichen Personen werden dann als Guerilleros bezeichnet. Die Bevölkerung, die dieses Gebiet verlässt, muss untergebracht und versorgt werden, wozu sich das Militär meist weder personell, logistisch oder materiell in der Lage sieht. Die so entstandenen campos de reconcentración (Kubanischer Unabhängigkeitskrieg) oder concentration camps (Burenkrieg) sollten die Kämpfer von der übrigen Bevölkerung trennen und damit der konventionellen Armee ein klar umgrenztes Feindesland für den Angriff definieren. Die in den Lagern herrschende Not (Hunger, Krankheiten) führt jedoch in der Regel zur politischen Stärkung der Guerillabewegung. Eine freiwillige Aussiedlung von Zivilisten aus den von der Guerillabewegung kontrollierten Gebieten wird dadurch unwahrscheinlich.

Die Guerillabewegung setzt ihrerseits die Zivilbevölkerung gezielt unter Druck, sofern diese nicht freiwillig kooperiert. Dies geschieht durch gezielten Terror (Erschießungen, Folter und Vergewaltigungen), erzwungenen Geld-, Nahrungs- und Materialabgaben und durch Zwangsrekrutierungen. Dadurch ist die Zivilbevölkerung oft in der Situation, von beiden Seiten verdächtigt zu werden, die jeweils andere zu unterstützen. Die FNL im Vietnamkrieg operierte zum Beispiel häufig auf diese Weise. Da die Trennung und Evakuierung der Zivilbevölkerung aus den genannten Gründen oft nicht möglich war, führte das zur unvermeidlichen und unterschiedslosen Bombardierung von Guerillagebieten durch die reguläre Armee, der alle in dem Gebiet befindlichen Personen zum Opfer fielen. Der Zivilbevölkerung bleibt in einer solchen Situation oft gar keine Wahl mehr neutral zu bleiben und entscheidet sich dann aus Not heraus für die eine oder andere Seite. Allerdings kommt es nicht selten vor, dass die Regierungsvertreter oft selbst korrupt sind und die Kommandeure und Soldaten ihrer offiziellen Streitkräfte persönliche (kriminelle) Ziele verfolgen. Dies führt meist dazu, dass die Zivilbevölkerung sich auf die Seite der Guerillabewegung schlägt.

Erfolgreichere Anti-Guerilla-Strategien versuchen, die Guerillabewegung politisch zu isolieren. Das kann auf unterschiedliche Weise geschehen:

  • Für einzelne Bevölkerungsgruppen wird eine verbesserte wirtschaftliche Lage erreicht (z. B. Unterstützung der Rauschgiftproduktion und -vermarktung in Kolumbien oder Afghanistan).
  • Es wird eine der Guerilla ähnliche Kontraguerilla geschaffen, die im Namen der Guerilla Taten begeht, die der Guerilla angelastet werden und sie in den Augen der Bevölkerung diskreditiert (Vietnam, Kuba).
  • Da die Guerilla-Einheiten, besonders in ihrer Entstehungsphase, meist dezentralisiert kämpfen, entstehen häufig kämpfende Einheiten, die nicht die politischen Ziele der Bevölkerung teilen, sondern persönliche Bereicherung oder Macht gewinnen wollen (Caudillismo). Diese können von dem herrschenden Regime oder einer fremden Macht leicht für ihre Ziele eingesetzt werden. Zahlreiche Aufstände in Lateinamerika und Afrika nahmen diesen Weg und führten über eine Volksbewegung zu einer Bereicherungsdiktatur, die schließlich mit dem ursprünglichen militärischen Gegner zusammenarbeitet und die Revolution durch einen Austausch von Herrschaftseliten ersetzt.

Ein Anti-Guerillakampf ist mit militärischen Mitteln nur schwer zu gewinnen, weil es aufgrund der fehlenden Unterscheidbarkeit der Guerillakämpfer von der übrigen Bevölkerung nicht möglich ist, die jedenfalls in den frühen Phasen eines Konfliktes überlegene militärische Macht einzusetzen, ohne gleichzeitig Unschuldige zu treffen. Weiter kann sich die Guerillabewegung immer wieder aus der Bevölkerung verstärken, solange sie deren Unterstützung genießt bzw. über ausreichende Mittel zur Zwangsrekrutierung verfügt.

Die meisten Guerillakämpfe wurden daher nur politisch gelöst, das heißt durch teilweises oder völliges Nachgeben gegenüber den Zielen der Guerillabewegung.

Rechtliche Bewertung

Unter dem Vorwand, dass man die Guerilla nach Guerillaart bekämpfen müsse, bestand die Antwort angegriffener konventioneller Streitkräfte immer wieder darin, selbst mit einem eigenen Kampfverhalten zu reagieren, das nicht mehr den Normen regulärer Kriegführung entsprach. Nicht nur die Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg ist dafür ein Beispiel, auch in der jüngeren Geschichte gingen sogar demokratische Staaten angesichts massiver Guerillaangriffe auf die eigenen Truppen dazu über, die Zivilbevölkerung in den entsprechenden Ländern zu schädigen. Im Algerienkrieg griff die französische Regierung zur routinemäßigen Folter von Inhaftierten und summarischen Exekutionen (sogenannte Französische Doktrin), im Vietnamkrieg gehörte die Entwaldung ganzer Landstriche durch Chemikalien, die Zerstörung von Ernten, Säuberungen und vereinzelte Massaker zu den Maßnahmen der US-Streitkräfte und der südvietnamesischen Armee. Darüber hinaus initiierte die CIA das sogenannte Phoenix-Programm, die gezielte Tötung kommunistischer Kader des Vietcong.

Die Kampfesweise der Guerilla wird mit Blick auf die Genfer Konventionen und die Haager Landkriegsordnung als unkonventionelle Kriegführung bezeichnet. Diese internationalen Verträge regeln die rechtliche Basis zwischenstaatlicher bewaffneter Konflikte. Die Guerilla entspricht in ihrer Entstehungsphase eher dem Begriff der levée en masse, wie er in der Haager Landkriegsordnung definiert ist (daher auch "Volkskrieg"). Erst wenn die Guerilla den letzten Schritt zur Befreiungsarmee vollzogen hat, entsprechen ihre Kämpfer als Teil einer militärischen Befehlsstruktur den Kombattanten der Haager Landkriegsordnung. Solange ihr aber die Ausrichtung auf eine Staatsregierung fehlt, gelten Guerilla-Kämpfer als Nichtkombattanten und werden meist als kriminelle Aufständische behandelt.

Dazu gehört die Einrichtung tatsächlicher oder scheinbarer politisch-demokratischer Strukturen (Asamblea de Guaímaro im kubanischen Unabhängigkeitskrieg oder das Parlament der palästinensischen PLO) sowie von politischen Auslandsvertretungen in unterstützenden Staaten oder in internationalen Organisationen wie der UNO. Die Einführung von klaren Befehlsstrukturen, einer hierarchisch-militärischen Ordnung mit den dazugehörigen Rängen soll besonders in der letzten Phase, in der Entwicklung zur Revolutionsarmee, die Gleichwertigkeit der Guerilla gegenüber der konventionellen gegnerischen Armee herausstellen. Erst wenn der Gegner sich gezwungen sieht, mit der Guerilla offiziell zu verhandeln, ist die Anerkennung als kriegführende Partei hergestellt, die sogenannte „Belligerenz“. Die politische Anerkennung durch Staaten von internationaler Bedeutung oder die Anerkennung als Verhandlungspartner durch den Gegner bildet die Grundlage für die Erreichung der politischen Ziele der Guerilla (siehe die Diskussion um die Anerkennung der palästinensischen PLO). Erst als kriegführende Partei können Guerilla-Kämpfer nach einer Gefangennahme den Kriegsgefangenenstatus geltend machen.

Siehe auch

Literatur

  • Friedrich A. von der Heydte: Der moderne Kleinkrieg als wehrpolitisches und militärisches Phänomen. Executive Intelligence Review, Nachrichtenagentur GmbH, Wiesbaden, Neuausgabe 1986 ISBN 3-925725-03-2 (Erstausgabe: Holzner-Verlag, Würzburg 1972)
  • Herfried Münkler: Der Partisan. Theorie, Strategie, Gestalt. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Opladen 1990, ISBN 3-531-12192-8
  • Carl Schmitt: Theorie des Partisanen. Zwischenbemerkung zum Begriff des Politischen. Duncker & Humblot, Berlin 1963, ISBN 3-428-08439-X

Einzelnachweise

  1. a b Kluge Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, 24. Auflage, 2002
  2. a b c d e f Helga Jung-Paarmann: Guerillakrieg in Lexikon der Politik, München, 2003
  3. a b c d Duden «Etymologie» – Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache, 2. Auflage, Dudenverlag, 1989

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