Günter Schmölders

Günter Schmölders

Günter Schmölders (* 29. September 1903 in Berlin; † 7. November 1991 in München) war ein deutscher Wirtschaftswissenschaftler, Finanzwissenschaftler, Finanzsoziologe und Sozialökonom.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schmölders wuchs als Sohn eines Juristen und Enkel des Breslauer Orientalisten August Schmölders auf, erlebte bewusst 1918 die Novemberrevolution, unternahm Studienreisen nach England, Frankreich, in die USA und in skandinavische Länder und hatte Heinrich Herkner, Ludwig Bernhard und Herbert von Beckerath als akademische Lehrer.

Wissenschaftliches Arbeiten

Seine ersten wissenschaftlichen Arbeiten behandelten das wiederholte Scheitern des Alkoholverbots in vielen Ländern als damals aktuelles politisch-soziologisches Problem, bei dem er "die Grenzen der Wirksamkeit des Staates" erreicht sah. Durch die Auseinandersetzung mit den politisch-psychologischen Kräften, die die Gesetzgebung beeinflussten, weitete er seine Interessen für diese Phänomene auf das Gebiet der Besteuerung, Währung und des Geldes aus. Er habilitierte an der Universität Berlin 1931 im Fach wirtschaftliche Staatswissenschaften, wie in Preußen die Finanzwissenschaft traditionell bezeichnet wurde.

Er erhielt einen Lehrstuhl an der Universität Breslau, wo er sich mit Fragen der Raumforschung und -ordnung beschäftigte, praktische wirtschafts- und währungspolitische Erfahrungen in der Preispolitik und der Wettbewerbsordnung sammelte und mit der Widerstandsbewegung Kreisauer Kreis in Berührung kam.

Kriegsdienst und wiederholte Ausbombung unterbrachen seine Lehrtätigkeit, die er erst 1947 in Köln wieder voll aufnahm. Schmölders gründete das Finanzwissenschaftliche Forschungsinstitut an der Universität und schuf durch seine umfangreiche Forschung auf dem Gebiet der Finanz- und Steuerpolitik die Voraussetzung für eine Steuerreform, die erstmals auch finanzpsychologische Aspekte einbezog.

Durch den amerikanischen Marshallplan und die Europäische Zahlungsunion (EZU) entstanden neuartige Instrumente internationaler Finanzsolidarität, die Schmölders Aufmerksamkeit auf die internationalen Zusammenhänge und die gemeinsamen Grundlagen der Geld- und Finanzpolitik lenkten.

1958 gründete Schmölders in Köln die Forschungsstelle für empirische Sozialökonomik, in der Theorien über ökonomisch relevantes Verhalten unter Rückgriff auf Erkenntnisse der Psychologie, Sozialpsychologie und Soziologie erstmals interdisziplinär mit den Mitteln der empirischen Sozialforschung überprüft und analysiert wurden. Mit diesen Studien etablierte er u. a. die Steuerpsychologie in der Finanzwissenschaft und verhalf ihr zu neuen Erkenntnissen über Verhalten, Einstellungen, Emotionen und Motivationen der Steuerzahler gegenüber der Besteuerung. 1960 veröffentlichte er in Das Irrationale in der öffentlichen Finanzwirtschaft erste empirische Befunde über Steuermoral und Steuerwiderstand in Deutschland. Schmölders begründete die sozialökonomische Verhaltensforschung als empirische Wissenschaft. Zu seinen Mitarbeitern gehörte in jener Zeit Guy Kirsch. 1960 gründete er mit dem Zentralarchiv für empirische Sozialforschung in Köln das erste Archiv für Umfragedaten in Europa, das heute noch als wichtigstes Dokumentationszentrum für deutschsprachige empirische Studien gilt. Als einer der ersten berücksichtigte Schmölders die Eigeninteressen der Beteiligten und den Einfluss der Parteien und Verbände auf die politische Willensbildung und damit die Wirtschaftspolitik.[1]

Mitgliedschaften und Auszeichnungen

Günter Schmölders gehörte seit 1959 der Akademie der Wissenschaften und der Literatur als ordentliches Mitglied an. Von 1965 bis 1966 war er Rektor und Prorektor der Universität zu Köln. Er erhielt die Ehrendoktorwürden der Universitäten Innsbruck und Gent. Der Bundespräsident verlieh ihm 1969 das Große Bundesverdienstkreuz.

Einzelnachweise

  1. Günter Schmölders: Die Politiker und die Währung : Bericht über eine demoskopische Untersuchung der Meinungsbildung in Finanz- und Währungsfragen im Dritten Deutschen Bundestag. F. Knapp Verlag, Frankfurt am Main 1959.

Werke

  • Die Prohibition in den Vereinigten Staaten. Leipzig 1930
  • Geld und Kredit. Probleme der Wirtschaftspolitik. Leipzig 1938
  • Der Wettbewerb als Mittel volkswirtschaftlicher Leistungssteigerung und Leistungsauslese. Berlin 1942
  • Allgemeine Steuerlehre. Berlin 1951
  • Organische Steuerreform. Berlin 1953
  • Zur Begriffsbestimmung der Verbrauchsteuern. Berlin 1955
  • Finanzpolitik. Berlin, Göttingen, Heidelberg 1955; Reprint der 3.neu bearbeiteten Ausgabe Heidelberg 2007
  • Konjunkturen und Krisen. Hamburg 1955
  • Ökonomische Verhaltensforschung. in: ORDO. Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft. Band V, Godesberg 1953, S. 203-244
  • Die Politiker und die Währung. Frankfurt/Main 1959
  • Das Irrationale in der öffentlichen Finanzwirtschaft. Probleme der Finanzpsychologie. Hamburg 1960
  • Geschichte der Volkswirtschaftslehre. Reinbek bei Hamburg 1962
  • Geldpolitik. Tübingen, Zürich 1968
  • Psychologie des Geldes. Rowohlts deutsche Enzyklopädie, Band 263 bis 265, Reinbek bei Hamburg 1966
  • Gutes und schlechtes Geld. Frankfurt/Main 1968
  • Finanz- und Steuerpsychologie. Rowohlts deutsche Enzyklopädie, Band 100/101, Reinbek bei Hamburg 1970
  • Der verlorene Untertan. Düsseldorf, Wien 1971
  • Die Unternehmer in Wirtschaft und Gesellschaft. Essen 1973
  • Sozialökonomische Verhaltensforschung. (mit G. Brinkmann), Berlin 1973
  • Einführung in die Geld- und Finanzpsychologie. Darmstadt 1975
  • Wirtschaft in Lehre und Leben. Essen 1975
  • „Gut durchgekommen“? Lebenserinnerungen. Berlin 1988

Weblinks


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