- Marshallplan
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Der Marshallplan, offiziell European Recovery Program (kurz: ERP) genannt, war ein großes Wirtschafts-Wiederaufbauprogramm der USA, das nach dem Zweiten Weltkrieg dem kriegsgeschädigten Westeuropa zugute kam. Es bestand aus Krediten, Rohstoffen, Lebensmitteln und Waren.
Das 12,4-Milliarden-Dollar-Programm wurde am 3. April 1948 vom Kongress der Vereinigten Staaten verabschiedet und am selben Tag von US-Präsident Harry S. Truman in Kraft gesetzt und sollte vier Jahre dauern. Im gesamten Zeitraum (1948–1952) leisteten die USA den bedürftigen Staaten der Organisation for European Economic Co-operation (OEEC) Hilfen im Wert von insgesamt 13,1 Milliarden Dollar (entspricht im Jahr 2007 rund 75 Milliarden Euro).
Das Programm wurde benannt nach dem US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger des Jahres 1953 George C. Marshall (Amtszeit 1947–1949), auf dessen Initiative es zurückgeht. Ausgearbeitet wurde es vor allem von William L. Clayton und George F. Kennan im Außenministerium.
Für das Programm gab es drei Gründe:
- Hilfe für die notleidende und teilweise verhungernde Bevölkerung des durch den Krieg zerstörten Europas,
- Eindämmung (siehe: Containment-Politik) der kommunistischen Sowjetunion und
- Schaffung eines Absatzmarktes für die amerikanische Überproduktion.
Der Plan wurde ab Mai 1947 entwickelt, um die Konferenzteilnehmer im April 1948 einzuberufen und eine „Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa“ (OEEC) zu gründen. Die Sowjetunion und die osteuropäischen Staaten wurden ebenfalls zu den Beratungen über die Hilfe der USA eingeladen. Sie zogen sich jedoch bald daraus zurück und verboten auch den osteuropäischen Staaten, die unter ihrem Einfluss standen, jede Teilnahme.
Inhaltsverzeichnis
Bedeutung
Als das Programm auslief, war die Wirtschaft aller Teilnehmerstaaten, ausgenommen Deutschland, stärker als vor dem Krieg. Während der nächsten zwei Jahrzehnte kam es in ganz Westeuropa zu einem nie da gewesenem Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Zum Anschub dieses Aufschwungs trug der Marshallplan in nicht unbedeutendem, aber auch nicht besonders starkem Maße bei. Die Hilfsgelder machten weniger als drei Prozent des Nationaleinkommens der 16 unterstützten Länder aus. Der Wirtschaftshistoriker Barry Eichengreen berechnete eine Steigerung des Bruttoinlandsproduktes durch die ERP-Mittel um durchschnittlich 0,5 Prozent im Jahr in den Jahren von 1948 bis 1951.[1] Viele Forscher schreiben das schnelle Wachstum der westeuropäischen Länder nach dem Krieg vor allem einer Liberalisierungspolitik zu, die dafür sorgte, dass zwischenstaatliche Handelsbeschränkungen reduziert oder abgeschafft wurden.[2]
Der Marshallplan gilt auch als der erste Schritt zur europäischen Integration. Die Gründung einer gemeinsamen Institution (der OEEC) war eine Voraussetzung dafür, dass Zollbarrieren abgebaut wurden. Eine beabsichtigte Konsequenz war die systematische Übernahme des amerikanischen Führungsstiles in Unternehmen. Historiker haben die Gründe und Wirtschaftswissenschaftler die Effektivität sowie die Effizienz des Marshallplans hinterfragt; bei vielen gilt er als erfolgreich.
Einige glauben, dass die Erfolge des Marshallplans vor allem das Ergebnis der neuen Laissez-faire-Politik waren, die den Märkten erlaubte, sich durch wirtschaftliches Wachstum zu stabilisieren. Einige Amerikaner bedauern, dass mit ihm die Tradition begann, Probleme ausländischer, gescheiterter Volkswirtschaften mit Geld der USA zu beheben.
Geschichte
Zweiter Weltkrieg
21 Jahre nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde der Zweite Weltkrieg durch den Angriffskrieg Deutschlands auf Polen ausgelöst. Am Ende kämpften Deutschland und die anderen Achsenmächte gegen die Sowjetunion, die USA und die anderen Alliierten. Die Alliierten bildeten ein Zweckbündnis zwischen der kommunistischen Sowjetunion und den westlichen Alliierten mit ihrer marktwirtschaftlichen Ausrichtung, die im deutlichen Gegensatz zur Planwirtschaft der Sowjetunion stand. In dem sechs Jahre dauernden Krieg wurden große Teile Europas verwüstet und etwa 50 Millionen Menschen starben. Durch die Bombenangriffe wurden vor allem die großen Industriestädte zerstört, Millionen Menschen wurden obdachlos. Durch die Vernichtung der Landwirtschaft kam es in mehreren Teilen Europas zu einem Nahrungsmittelmangel, besonders schlimm war es in den schweren Wintern 1946 und 1947. Die kleineren Städte und Ortschaften in Westeuropa hatten weniger Schaden erlitten, waren aber durch die massive Zerstörung der Infrastruktur isoliert. In ihren Kriegskonferenzen hatten die Alliierten versucht, sich über die Behandlung Deutschlands nach dem Krieg zu einigen.
Entwicklung in Europa
Nach dem Ersten Weltkrieg war die europäische und vor allem deutsche Wirtschaft in eine Rezession gestürzt. Die damalige Politik, Deutschland durch die Forderung hoher Reparationen von einem erneuten Krieg abzuhalten, hatte die Machtübernahme Adolf Hitlers und damit den erneuten Weltkrieg mitverursacht. Die USA waren nach dem Ersten Weltkrieg zum Isolationismus übergegangen, auch wenn sie versuchten, das Wachstum in Europa zu unterstützen und sich teilweise in der Reparationsfrage für Deutschland einsetzten.[3]
Nach dem Zweiten Weltkrieg war man sich in Washington einig, dass sich eine derartige Krise nicht wiederholen dürfe. Das Außenministerium setzte sich unter Harry S. Truman für eine aktive Außenpolitik ein, traf damit beim Kongress aber eher auf Ablehnung. Anfangs hoffte man, dass für den Wiederaufbau Europas nicht viel getan werden müsse und dass Großbritannien und Frankreich mit Hilfe ihrer Kolonien ein schneller Wiederaufbau ihrer Volkswirtschaften gelingen würde. Bis 1947 gab es nur geringe Fortschritte; die kalten Winter hatten die Situation verschärft. Die europäischen Volkswirtschaften lagen 1947 noch unter ihrer Leistungsfähigkeit vor Kriegsbeginn. Sie zeigten nur wenig Zeichen eines Wachstums; eine hohe Arbeitslosenquote und Nahrungsmittelmangel führten in mehreren Staaten zu Streiks und Unruhen. Die landwirtschaftliche Produktion erreichte 83 %, die industrielle Produktion 88 %, die Exporte 59 % des Vorkriegsstandes.
Das dringendste Problem war der Nahrungsmittelmangel. Vor dem Krieg hatte Westeuropa Nahrungsmittel aus Osteuropa importiert; diese Quelle war jetzt durch den entstehenden Eisernen Vorhang abgeschnitten. Besonders schlimm war die Situation in Deutschland, wo jeder Bürger 1946/1947 im Durchschnitt nur unzureichende 1800 Kilokalorien pro Tag zu sich nehmen konnte.[4] William Clayton berichtete Washington, dass „Millionen von Menschen langsam verhungern“.[5] Ähnlich wichtig für den Niedergang der Wirtschaft war der Mangel an Kohle, der durch den schweren Winter 1946/1947 (in dem hunderte Deutsche erfroren) noch einmal verschärft worden war. Das humanitäre Ziel, diese Notlage zu beenden, war ein Grund für den Marshallplan.
Die einzige Großmacht, deren Infrastruktur den Krieg fast unbeschadet überstanden hatte, waren die Vereinigten Staaten. Sie beteiligten sich später mehr als die meisten europäischen Staaten am Krieg (ausgenommen die Sowjetunion) und hatten auf eigenem Territorium nur wenig Schaden erlitten. Die amerikanischen Goldreserven waren noch vorhanden, ebenso die große landwirtschaftliche und industrielle Produktionsbasis. Während der Kriegsjahre hatte das Land, da es für das eigene Militär, für die Verbündeten und auch für den Kriegsgegner produzierte, das schnellste Wirtschaftswachstum seiner Geschichte. Nach dem Krieg stellten die Fabriken die Produktion schnell auf Konsumgüter um, der Mangel der Kriegsjahre wurde durch einen Boom bei den Konsumgüterausgaben abgelöst. Trotzdem hing die Langzeitentwicklung der Wirtschaft am Handel, um durch den Export dauerhaften Wohlstand zu sichern. Mit den Geldern des Marshallplans konnten die Europäer Güter und Rohstoffe aus den Vereinigten Staaten kaufen.
Entwicklung der Amerikanisch-Sowjetischen Beziehungen
Auf der Potsdamer Konferenz, nach dem Ende des Krieges in Europa, wurden die gegensätzlichen Ansichten und Ziele sichtbar. Zu dieser Zeit bestand noch ein Konsens über die Forderung von Reparationen von Deutschland, deren Höhe aber umstritten war. Das Nachkriegsdeutschland war in vier Besatzungszonen aufgeteilt, der Alliierte Kontrollrat sollte Entscheidungen für Deutschland als Ganzes treffen. Der Nahrungsmangel im harten Winter 1946/1947 führte zu einem Umdenken der Amerikaner und Briten, da so die „Umerziehung“ (Reeducation) der Deutschen nicht möglich war. Dies wird zum Beispiel in der Vereinigung der Amerikanischen und der Britischen Zone zur Bizone sichtbar. Ein weiterer Grund für das Umdenken war vor allem für Großbritannien die Belastung durch die Besatzungskosten, in den USA kam es deshalb vor allem von Seiten der Republikaner zu Forderungen nach einer Rückkehr zum Isolationismus. Der demokratische Präsident Truman war hingegen der Ansicht, die USA müssten ihre weltpolitische Verantwortung wahrnehmen. Ein Grund für das amerikanische Interesse am Wiederaufbau Deutschlands war dessen wirtschaftliche Bedeutung für die USA.
Zu diesem Zeitpunkt waren Kommunistische Parteien in einigen Staaten Westeuropas noch enorm populär. Sowohl in Frankreich als auch in Italien brachte die Armut der Nachkriegsära den kommunistischen Parteien, die auch eine wichtige Rolle in den Widerstandsbewegungen während des Krieges gespielt hatten, neuen Zulauf. Die Parteien erzielten in den Wahlen bedeutende Erfolge; in Frankreich wurde die Kommunistische Partei stärkste Kraft. Obwohl die Möglichkeit, dass Frankreich und Italien kommunistisch hätten werden können, heute von Historikern als gering angesehen wird,[6] sahen einige Politiker der Westmächte darin eine reale Bedrohung. Die amerikanische Regierung unter Truman wurde sich 1946 dieser Entwicklung bewusst. Der Versuch, durch den Marshallplan einige osteuropäische Staaten dem kommunistischen Einfluss entziehen zu können, gelang nicht.
Schon vor Beginn des Marshallplanes investierten die Vereinigten Staaten viel Geld, 1945–1947 geschätzte neun Milliarden Dollar, für den Wiederaufbau Europas. Ein Großteil der Hilfe kam indirekt, noch als Teil des Leih- und Pachtgesetzes für die Kriegsalliierten oder durch den Versuch der amerikanischen Truppen, die Infrastruktur wieder aufzubauen oder Flüchtlingen zu helfen. Außerdem wurden einige bilaterale Verträge geschlossen, von denen der wichtigste der Vertrag zur militärischen Unterstützung Griechenlands und der Türkei im Rahmen der Truman-Doktrin war. Die gerade erst gegründeten Vereinten Nationen begannen ebenfalls mit humanitären Maßnahmen, die fast vollständig von den Vereinigten Staaten bezahlt wurden. Diese Anstrengungen hatten wichtige Effekte, ihnen fehlte aber eine zentrale Organisation und Planung und sie entsprachen nicht den wirklichen Bedürfnissen Europas.[7] Die Bedürfnisse Europas waren der Wiederaufbau der Infrastruktur und die Entwicklung der Wirtschaft.
Entwicklung des Plans
Schon vor der Bekanntgabe des Marshallplanes gab es Pläne zum Wiederaufbau Europas. US-Außenminister James F. Byrnes präsentierte in einer Rede in Stuttgart am 6. September 1946 eine frühe Version des Planes. 1947 bat General Lucius D. Clay den Industriellen Lewis H. Brown um einen Bericht über den Zustand und die Probleme Deutschlands nach dem Krieg und um Lösungsvorschläge.
Eine lange Zeit bevorzugte Alternative zum Aufbau Europas durch amerikanische Mittel war, die dafür notwendigen Mittel als Reparationen von Deutschland zu fordern. 1944 wurde der vom US-Finanzminister und nach ihm benannte Morgenthau-Plan entwickelt. Der Plan sah eine Teilung Deutschlands und den Abbau von Industrieanlagen vor, um für Deutschland einen erneuten Krieg unmöglich zu machen und mit den demontierten Anlagen die angegriffenen Staaten wieder aufzubauen. Einen ähnlichen Weg verfolgte der erste Plan des Franzosen Jean Monnet, nach dem Frankreich die Kontrolle über die deutschen Kohlegebiete im Ruhrgebiet und Saarland bekäme. Die Besatzungsmächte einigten sich 1946 auf einen strengen Zeitplan für die Deindustrialisierung Deutschlands; der Abbau von Industrieanlagen endete erst 1950. Es stellte sich heraus, dass die Armut in Deutschland sich negativ auf die Entwicklung von Europa auswirkte, die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit ausreichend Nahrungsmitteln stellte die Besatzungsmächte vor Probleme.
Wegen dieser Gründe und des öffentlichen Widerstandes, auf den die beiden Pläne stießen, nachdem sie von der Presse veröffentlicht wurden, wurden sie aufgegeben. Einige Ideen wurden aber in die Direktive JCS 1067 aufgenommen, die die Grundlage für die US-Besatzungspolitik bis Juli 1947 bildete. Das Saarland und Schlesien, an Bodenschätzen reiche Gebiete, wurden von Deutschland abgetrennt, zivile Industrieanlagen wurden zerstört, um die Produktion zu beschränken und auch das Ruhrgebiet war bis 1947 von Abtrennung bedroht. Ende April 1947 waren schließlich Präsident Truman und sein Außenminister Marshall überzeugt, dass die USA erheblich Hilfe leisten müssen.
Konfrontation, Truman-Doktrin und Marshallplan
Der Auslöser für die Entscheidung die europäischen Länder einschließlich Deutschland zu unterstützen war der beginnende Kalte Krieg. Als Reaktion auf die Situation in Griechenland verkündete Truman am 12. März 1947 die Truman-Doktrin, nach der die USA alle „freien Völker“ im Kampf gegen totalitäre Regierungsformen unterstützen werden. Griechenland war den Beschlüssen der Kriegskonferenzen zufolge britisches Einflussgebiet; trotzdem unterstützte die Sowjetunion die dortigen Kommunisten im Bürgerkrieg. Da Großbritannien sich nicht in der Lage sah, mit der Situation dort fertig zu werden, bat es um die Unterstützung der USA.
Am 5. Juni 1947 verkündete Marshall in einer zwölf Minuten langen Rede vor der Absolventenklasse der Harvard University:
„It would be neither fitting nor efficacious for this Government to undertake to draw up unilaterally a program designed to place Europe on its feet economically. This is the business of the Europeans. The initiative, I think, must come from Europe. The role of this country should consist of friendly aid in the drafting of a European program and of later support of such a program so far as it may be practical for us to do so. The program should be a joint one, agreed to by a number, if not all European nations.“
„Es wäre weder angebracht noch zweckmäßig, wenn die Regierung der Vereinigten Staaten von sich aus ein Programm entwerfen würde, um die wirtschaftliche Wiederaufrichtung Europas durchzuführen. Das ist Sache der Europäer selbst. Ich denke, die Initiative muss von Europa ausgehen. Unsere Rolle sollte darin bestehen, den Entwurf eines europäischen Programms freundschaftlich zu fördern und später dieses Programm zu unterstützen, soweit das für uns praktikabel ist. Das Programm sollte ein gemeinschaftliches sein, vereinbart durch einige, wenn nicht alle, europäischen Nationen.“
– George C. Marshall
George F. Kennan hatte schon im Mai 1947 die Grundzüge eines solchen Programms im Auftrag von Marshall ausgearbeitet. Ursprünglich war die Unterstützung für alle kriegsbeteiligten Länder geplant. Doch die Sowjetunion zwang einen Teil der Länder in ihrer Einflusssphäre, auf die Mittel zu verzichten. Auch die damals noch demokratische Tschechoslowakei musste auf Druck Moskaus verzichten. So konnten nur die westlichen Länder davon profitieren. Auch die neutralen Staaten wie die Schweiz und Schweden bekamen finanzielle Hilfe.
Nachdem die Details des Marshallplanes auf mehreren Konferenzen besprochen worden waren, wurde das Marshallplan-Gesetz am 3. April 1948 von Präsident Truman unterzeichnet. Zur Koordinierung der Finanzhilfen gründeten am 16. April 1948 zunächst 16 europäische Länder den Ausschuss für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC), den Vorläufer der heutigen OECD. Die USA garantierten diesen Ländern im Rahmen des Europäischen Wiederaufbauprogramms (ERP) bis zum Jahr 1952 finanzielle Unterstützung. Begleitet wurde dieses Programm von einer Informationskampagne für die Bevölkerung der beteiligten Staaten, die aus heutiger Sicht zwischen praktischen Ratschlägen, politischer Bildung und Propaganda anzusiedeln ist.
Nach dem Bruch Jugoslawiens mit der Sowjetunion im Sommer 1948 unterstützten die USA das Land mit Hilfslieferungen und großzügigen Krediten. Die erste von mehreren Hilfslieferungen im Rahmen des Marshallplans für Jugoslawien erfolgte am 23. November 1950 nach Belgrad.
Die Länder hatten allerdings auch Verpflichtungen einzugehen. Durch Währungsreformen mussten die jeweiligen Staatsfinanzen stabilisiert werden.
Leistungen aus dem Marshallplan
Im Rahmen des Marshallplans erhielten von 1948 bis 1952 16 europäische Länder insgesamt etwa 12,4 Milliarden US-Dollar, das George C. Marshall-Center geht sogar von 16,2 Milliarden US-Dollar aus.
ECA/MSA-Zuteilungen vom 3. April 1948 bis 31. Dezember 1952 in Millionen Dollar[8] Land 1948/49 1949/50 1950/51 1951/52 1952/53 Insgesamt Österreich 280 166,5 114,3 116,0 35 711,8 Belgien und Luxemburg 261,4 210,9 74,3 8,9 – 555,5 Dänemark 126,2 86,1 45,1 14,0 4,5 275,9 Frankreich 1313,4 698,3 433,1 261,5 100 2806,3 Deutschland 613,5 284,7 399,1 91,7 23,8 1412,8 Griechenland 191,7 156,3 167,1 178,8 – 693,9 Island 8,3 7,0 8,4 5,5 0,6 29,8 Irland 86,3 44,9 15,0 – – 146,2 Italien 668 403,7 244 159,3 40 1515 Niederlande (o. Indonesien) 507 268,3 101,9 100 – 977,3 Norwegen 101,1 89,5 46,1 16,8 – 253,5 Portugal – 38,8 11,7 – – 50,5 Schweden 45,4 51,9 21,2 -11,4 – 107,1 Jugoslawien – – 29 80,3 50,0 159,3 Türkei 49 58,5 45 70 20 242,5 Vereinigtes Königreich 1619,7 907,9 298,4 350 266,9 3442,8 Triest 17,9 12,5 2,1 – – 32,6 Indonesien 64,1 37,3 – – – 101,4 Allg. Frachtvorauszahlungen – – – 33,5 – 33,5 EZU-Kapitalfonds – – 350 11,4 – 361,4 Insgesamt 5953 3523 2405,9 1486,2 540,8 13908,9 Die Mittel
Die USA gewährten im Rahmen des Marshallplans Gelder in Höhe von insgesamt fast 14 Milliarden US-Dollar, Westdeutschland erhielt davon ca. 1,4 Milliarden. Die Gesamtsumme entspricht im heutigen Geldwert etwa 100 Milliarden USD.
Die Verwaltung der Mittel in Deutschland
Eine besondere Bedeutung bekam die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die am 16. Dezember 1948 in Frankfurt am Main ihre Arbeit aufnahm. Am 5. November 1948 hatte der Wirtschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes die Voraussetzungen geschaffen. Hermann Josef Abs wurde Vorstand.
Marshallplan in Deutschland heute
Zurzeit verwaltet die KfW-Bankengruppe im Auftrag des Bundeswirtschaftsministerium das Sondervermögen in Höhe von zwölf Milliarden Euro und finanziert damit Programme zur Wirtschaftsförderung. Immer wieder gibt es öffentliche Diskussionen darüber, ob eine Auflösung dieses Sondervermögens zur kurzfristigen Sanierung des Staatshaushaltes durch das Bundesministerium für Finanzen geplant sei.
In Österreich
Österreich gelang es als einzigem Land, das nicht nur von westlichen, sondern auch von sowjetischen Truppen besetzt war, an die Geldmittel des Marshallplans zu kommen. Das Abkommen zwischen den USA und Österreich wurde am 2. Juli 1948 geschlossen; danach erhielt Österreich die Mittel als Grants (Geschenk) in Form von Sachgütern. Im Gegenzug musste Österreich den Schilling stabilisieren und den Staatshaushalt möglichst ausgeglichen gestalten. Die Sowjetunion ließ sich die Zustimmung in der alliierten Kommission durch einen anderen Wechselkurs ihrer Barvermögen abkaufen.
Die erhaltenen Waren mussten zum Inlandspreis verkauft werden. Die erzielten Geldmittel mussten auf ein Counterpart-Konto eingezahlt werden. Warenlieferungen erfolgten bis 1953 und erreichten einen Wert von ungefähr einer Milliarde Dollar. Dieses Konto wurde am 12. Juli 1962 in die Verfügungsgewalt des österreichischen Staates übergeben, aus dem dann der privatwirtschaftlich geführte ERP-Fonds entstand. Seit 2002 wird der ERP-Fonds von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft (aws) verwaltet, der Förder- und Finanzierungsbank der Republik Österreich.
Die Förderungen für Österreich fielen relativ hoch aus. Dafür gab es zwei Gründe: Einerseits war Österreich vor dem Zweiten Weltkrieg sehr schwach industrialisiert und musste erst eine Industrie errichten, andererseits wurde die sowjetische Besatzungszone von den Sowjets wirtschaftlich ausgebeutet (die USIA-Betriebe lieferten keine Steuern an den Staat ab). Im Gegensatz zu Deutschland musste Österreich zwar offiziell keine Reparationszahlungen an die Sowjetunion zahlen (gemäß Artikel 21 des Staatsvertrags betreffend die Wiederherstellung eines unabhängigen und demokratischen Österreich), im Artikel 22 des Staatsvertrages heißt es aber: „Die Sowjetunion erhält für eine Geltungsdauer von dreißig Jahren Konzessionen auf Ölfelder, die 60 % der Ölförderung in Österreich im Jahre 1947 entsprechen […] Die Sowjetunion erhält Ölraffinerien mit einer jährlichen Gesamtproduktion von 420.000 Tonnen Rohöl […] Die Sowjetunion erhält die in Ungarn, Rumänien und Bulgarien gelegenen Vermögenswerte der DDSG“. Auch aufgrund der Kalten-Krieg-Propaganda galt Österreich als besonders förderungswürdig.
In Westeuropa
Der Marshallplan war zugleich auch ein Konzept gegen Krisen der Nachkriegszeit. Das britische Empire war durch Tendenzen der Entkolonisierung stark geschwächt, die innenpolitische Stabilität in Frankreich und Italien gefährdet, die Zukunft Deutschlands war offen und die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme harrten dringend einer Lösung.
Die wirtschaftliche Bedeutung für die USA
Nach dem Zweiten Weltkrieg befürchteten liberale amerikanische Wirtschaftskreise wegen des wirtschaftlichen Niederganges Europas den Verlust wichtiger Absatzmärkte bzw. Handelspartner. Das wirtschaftliche Erstarken Europas nützte auch dem amerikanischen Export.
Die politische Bedeutung für die USA
Daneben kam dem Programm jedoch auch eine wichtige Funktion im Rahmen der seit März 1947 von den USA verfolgten Eindämmungspolitik (Truman-Doktrin) gegenüber der Sowjetunion zu. Die Bindung der Regierungen und Volkswirtschaften der europäischen Länder an die USA wurde verstärkt. Obwohl das Angebot amerikanischer Wirtschaftshilfe offiziell auch an die Sowjetunion und andere kommunistische Länder gerichtet worden war, konnte aus ideologischen Gründen eine Annahme nicht erwartet werden. So gesehen war der Marshall-Plan auch ein „Kind des Kalten Krieges“.
Die Sowjetunion und der Marshallplan
Die Sowjetunion lehnte durch Außenminister Molotow anlässlich der Londoner Außenministerkonferenz (November und Dezember 1947) erwartungsgemäß eine Beteiligung am ERP als Einmischung in die Souveränität der europäischen Staaten ab. Die Sowjetunion hatte bereits im Juli 1947 mit dem „Molotow-Plan“ reagiert, wobei später der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) entstand.[9] Dieser verhinderte die Einbeziehung der in ihrem unmittelbaren Einflussbereich befindlichen Staaten Mittel- und Osteuropas in den Marshallplan. Interesse an einer Beteiligung bekundeten unter anderem Bulgarien, die Tschechoslowakei, Polen und Ungarn. Stattdessen initiierte die Sowjetunion die Gründung des Kominform und im Januar 1949 des RGW als politisch-wirtschaftliches Gegenstück zur Eindämmungspolitik und dem Marshallplan.
So wurde der Marshallplan in der DDR unter anderem beschrieben als „finanzpolitischer Plan, der die kapitalistischen Staaten Europas in noch stärkere wirtschaftliche und politische Abhängigkeit vom USA-Imperialismus gebracht hat“.[10]
Siehe auch
Weblinks
Commons: Marshallplan – Sammlung von Bildern, Videos und AudiodateienWiktionary: Marshallplan – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen- Originalton von George Marshalls Rede am 5. Juni 1947 an der Harvard University
- Film- und Tondokumente zum Marshallplan in Österreich
- US-Geschichte: Marshall Plan
- Marshallplan und Bundesbahn
- kalenderblatt.de: Marshallplan verkündet
- Marshallplan. In: Österreich-Lexikon, online auf aeiou.
- Truman Presidential Library: Marshal Plan 1946–1967 (englisch)
- Organisation for European Economic Co-operation (englisch)
- Die amerikanische Besatzung Direktive JCS 1067 (April 1945–Juli 1947) (englisch; PDF-Datei; 73 kB)
- Rede von George Marshall in Harvard am 5. Juni 1947
- Deutsche Wirtschaft 1947, Präsidentenreport. (en)
- Deutsches Bewirtschaften 1947, Präsidentenreport. (en)
- Der Marshallplan. Bundeszentrale für politische Bildung
- Susan Stern „Marshall Plan 1947–1997 A German View“ (en)
- Amerikanische Wirtschaftspolitik in Bezug auf besiegte Länder April 1946. (PDF; 1019 kB; engl.)
- Bildmaterial zum ERP im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek.
- Plakate zum ERP im Plakatarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek.
Einzelnachweise
- ↑ Aufbauhilfe für das zerstörte Europa. In: FAZ, 3. April 2008
- ↑ Vgl. z. B. Werner Bührer: Erzwungene oder freiwillige Liberalisierung? Die USA, die OEEC und die westdeutsche Außenhandeölspolitik 1949–1952. In: Ludolf Herbst (Hrsg.) et al.: Vom Marshallplan zur EWG – Die Eingliederung der Bundesrepublik Deutschland in die westliche Welt. Verlag Oldenbourg, 1990, S. 139 ff.
- ↑ Michael J. Hogan: The Marshall Plan, S. 30
- ↑ Alan S. Milward: The Reconstruction of Western Europe
- ↑ Gregory A. Fossedal: Our Finest Hour. Vom Kampf gegen den Hunger. In: Die Zeit, Nr. 11/1946
- ↑ John Lewis Gaddis: We Now Know.
- ↑ Tony Judt: The Marshall Plan: Fifty Years After. pg. 4
- ↑ Manfred Knapp: Deutschland und der Marshallplan. In: Hans-Jürgen Schröder (Hrsg.): Marshallplan und westdeutscher Wiederaufstieg. Stuttgart 1990, S. 35ff, hier S. 45. GoogleBooks
- ↑ Der Blick von Osten – Der Marshallplan. Bundeszentrale für politische Bildung, 31. Oktober 2005
- ↑ Horst Klien (Hrsg.): Der Große Duden. 16. Auflage. VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1970, S. 231 (5., verbesserter Nachdruck).
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