Hans Jauch

Hans Jauch

Hans Jauch, eigentlich Johannes Franz Friedrich Jauch, (* 20. Juli 1883 auf Gut Wellingsbüttel; † 24. Juli 1965 in Wesel) war ein deutscher Offizier und Freikorpsführer.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Familie und Ausbildung

Jauchs Geburtshaus:
Das Herrenhaus von Gut Wellingsbüttel

Jauch entstammt dem hanseatischen Geschlecht Jauch. Er war der Sohn des Herrn auf Krummbek Robert Jauch (1859-1909). Jauch war mit Elsa von Othegraven (1889-1948) verheiratet, mit der er sechs Kinder hatte. Seine Frau war Nichte von Hermann Pünder und Franz Weißebach sowie Großnichte der Philanthropin Anna Weißebach, in deren Elisabeth-Vereinen sie mitwirkte. Ihre Schwestern heirateten Hermann und Wilhelm Cornelius Werhahn, ihr Bruder eine Enkelin von Peter Wilhelm Werhahn.

Jauchs Cousin war der dem Widerstand nahestehende Gründer von Aon Jauch & Hübener, Walter Jauch. Sein Sohn war der katholische Journalist Ernst-Alfred Jauch, seine Enkel sind der Insolvenzverwalter Hans-Gerd Jauch und der Fernsehmoderator Günther Jauch.

Jauch verlebte seine Jugend zunächst auf dem großväterlichen Gut Wellingsbüttel, dann auf dem väterlichen Gut Krummbek bei Oldesloe. 1902 bestand er die Abiturprüfung an der Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg. Im selben Jahr trat er als Fahnenjunker in das 1. Westfälische Feldartillerie-Regiment Nr. 7 „Prinzessin Carl von Preußen“ in Wesel ein, dessen Einheiten bereits in der Völkerschlacht bei Leipzig und bei Waterloo gefochten hatten. Vor dem Ersten Weltkrieg war Jauch ein bekannterer Reiter von Jagdrennen und abkommandiert zum Königlich-Preußischen Militärreitinstitut in Hannover - das „beste und berühmteste Reitgelände der Monarchie. Sie ist das Paradies der Kavallerie-Offiziere, und was Heidelberg für die Studenten, das ist Hannover mit seiner Militärreitschule für die Leutnants.“[1]

Erster Weltkrieg

Im Ersten Weltkrieg wechselte Jauch mit der Mobilmachung zunächst als Oberleutnant und Regimentsadjutant in das vom Feldartillerie-Regiment Nr. 7 aufzustellende Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 13, in welchem er ab Ende 1914 als Hauptmann und Batteriechef diente. Zuletzt war er Hauptmann und Kommandeur der III. Abteilung des Feldartillerie-Regiments (3. Lothringisches) Nr. 69. Er kämpfte u.a. 1914 bei der Belagerung von Maubeuge, bei der er durch Granateinwirkung verschüttet wurde, 1916 in der Schlacht um Verdun, 1917 in der Schlacht an der Aisne und 1918 in der Großen Schlacht um Frankreich. In der Schlacht um Verdun nahm er u.a. teil am Kampf um Fort Vaux, am Kampf um Fort Douaumont und am Kampf um Fleury-devant-Douaumont. Er erhielt nach dem Eisernen Kreuz II. und I. Klasse und dem Hamburgischen Hanseatenkreuz das Ritterkreuz mit Schwertern des Königlichen Hausordens von Hohenzollern verliehen.

Freikorpsführer

1920 führte Jauch bei der Niederschlagung des Ruhraufstands das Freikorps „Jauch“. [2] Anlässlich des Kapp-Putsches gegen die rechtmäßige Regierung kam es im März 1920 im Ruhrgebiet zur Bildung einer Roten Ruhrarmee, die zeitweilig das Gebiet von Wesel bis Remscheid unter ihre Kontrolle brachte. Gegen sie wurden vier Divisionen zusammengezogen. Die in und um Wesel versammelten Kräfte wurden als Division Wesel zusammengefasst. Daran schlossen sich die 3. Kavallerie-Division bei Dorsten und die Division Münster an. Zur Division Münster gehörten die sogenannten Westfälischen Batterien. Diese waren fünf Batterien des Freikorps Lichtschlag und sechs weitere Batterien, darunter das Freikorps Jauch. [3] Jauch hatte es in Stärke von gut einer Artillerie-Batterie aus regulären Truppen des 1. Westfälischen Feldartillerie-Regiments Nr. 7 aufgestellt. Da Artillerieeinheiten unter den Freikorps die Ausnahme bildeten, wurden die Batterien den einzelnen Formationen der Division Münster zur Feuerunterstützung zugeteilt. Mit Rückendeckung der Reichsregierung wurde der Aufstand von General Oskar von Watter von Norden her niedergeschlagen. Sein Stab führte im Auftrag der Reichsregierung von Münster aus den Bürgerkrieg im Ruhrgebiet, bei dem Verbände von Reichswehr und Freikorps die Rote Armee im Ruhrgebiet niederwarfen. Nachdem der Aufstand niedergeschlagen war, nahm Jauch Ende 1920 seinen Abschied mit dem Dienstgrad eines Majors.

Jauch, der früh zur Römisch-Katholischen Kirche konvertierte und tief religiös war, gehört zu jenen wenigen Freikorpsführern der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, die allein aus vaterländischer Gesinnung zu den Waffen griffen. Er schloss sich nicht, wie viele Freikorpsmitglieder, dem Stahlhelm der SA, der SS oder der NSDAP an und beteiligte sich nicht an Umtrieben gegen die Weimarer Republik oder an der Verfolgung politischer Gegner.

Bis zu seiner Reaktivierung war Jauch Inhaber der Weseler Zementwarenfabrik und bis 1933 Vorstand des nach dem Freikorpsführer Ferdinand von Schill benannten Reitvereins „v. Schill“ in Wesel. Er stellte die Vereinstätigkeit ein, als die Reiter, ohne dass er diesen Schritt mitging, in die Reiter-SA überführt wurden.

Zweiter Weltkrieg

1939 wurde Jauch zunächst Kommandeur der II. Abteilung im Artillerie-Regiment 26 und der I. Abteilung im Artillerie-Regiment 253, seit September 1940 Kommandant des Frontstalags 205, seit März 1941 Dulags 205 in Donges, Ingrandes, Berditschew, Kiew und Poltawa. Nachdem seine vier Söhne, sämtlich Artillerie-Offiziere, im Zweiten Weltkrieg gefallen [4], vermisst [5] oder schwerverletzt [6] waren, wurde er vom Frontdienst abgezogen und im Mai 1942 heimatnah als Kommandant des Kriegsgefangenenlagers Stammlager VI F in Bocholt abkommandiert. Hier erwarb er sich Anerkennung für seine menschliche Behandlung der ihm anvertrauten Kriegsgefangenen. Das Dulag 205 erlangte später bei Stalingrad traurige Bekanntheit als „Vernichtungslager“. [7] Nach Feststellung des Befehlshabers rückwärtiges Heeresgebiet Süd vom 21. Dezember 1941 starben indes schon zu dieser Zeit im Dulag 205 rechnerisch 82,06% der Gefangenen jährlich. [8] Jauch hatte als Kommandeur des Dulag bereits am 28. September 1941 darum ersucht, dem Lager wegen Überfüllung keine weiteren Gefangenen zuzuführen.[9] Jauch erhielt das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwertern (1941) und I. Klasse mit Schwertern (1944) verliehen. 1944 nahm er seinen Abschied als Oberst. Jauch war in seiner Eigenschaft als Kommandant des Stalag VI F nach dem Krieg Zeuge der Verteidigung in dem Strafverfahren (Krupp-Prozess) gegen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach wegen des rechtswidrigen Einsatzes von Kriegsgefangenen zur Rüstungsproduktion. Die Gefangenen des Stalags wurden in der Essener Region eingesetzt. Er vertrat den Standpunkt, dass im Zeichen des totalen Krieges in Firmen wie Krupp eine strikte Trennung des Einsatzes von Kriegsgefangenen in der Zivilproduktion statt in der Kriegsproduktion objektiv unmöglich war. Er war der Auffassung, dass das Oberkommando der Wehrmacht generell davon hätte absehen müssen, Kriegsgefangene Firmen wie Krupp zur Verfügung zu stellen. [10][11]

Jauchs Familie wurde in der Vorkriegszeit von den Nationalsozialisten angeprangert, weil sie trotz Aufforderung nicht davon abließ, bei jüdischen Kaufleuten einzukaufen. Seine Frau Elsa nahm 1944 an der Trauerfeier für den mit der Familie befreundeten katholischen Märtyrer Heinz Bello teil.

Vor dem Zweiten Weltkrieg als Führer der Ortsgruppe Wesel des Reichsverbandes Deutscher Offiziere tätig, war Jauch nach dem Zweiten Weltkrieg Vorsitzender des Offiziersvereins Wesel, Kirchenvorstand von St. Martini zu Wesel und Vorsitzender des Kirchbauvereins für den Wiederaufbau sowie erneut Vorstand des neubegründeten Reitvereins Wesel. Er war zudem langjähriger Vorsitzender und 1946 Wiederbegründer der I. Bürger-Sozietät von 1790 in Wesel.[12]

Literatur

  • Henke, Carl: Das 1. Westfälische Feldartillerie-Regiment Nr. 7 1816 - 1919. Nach amtlichen Unterlagen und Berichten von Mitkämpfern. Berlin 1928
  • Meißner u.a., Geschichte des Reserve-Feldartillerie-Regiments Nr. 13 im Weltkriege 1914/18, Gelsenkirchen 1926

Anmerkungen und Quellen

  1. Wilhelm Meyer-Förster: Heidenstamm, 1903
  2. Quelle: Die Militär-Personalakte Hans Jauch bei der Zentralnachweisstelle; Ferdinand Maria Senger und Etterlin, „Soldaten zwischen Rhein und Weser: Heeresgeschichte in Nordrhein-westfalen von D. Anfängen d. Stehenden Heere bis zur 7. Panzergrenadierdivision d. Bundeswehr“, 1980, ISBN 9783803302878, S. 61f, 64
  3. Ferdinand Maria Senger und Etterlin, „Soldaten zwischen Rhein und Weser: Heeresgeschichte in Nordrhein-westfalen von D. Anfängen d. Stehenden Heere bis zur 7. Panzergrenadierdivision d. Bundeswehr“, 1980, ISBN 9783803302878, S. 64
  4. Hermann Jauch (1914-1943), Hauptmann und Adjutant im Stab des Art.-Regts. 69 sowie Hans Günther Jauch (1919-1942), Oberleutnant im Stab des Art.-Rgts 227
  5. Robert Jauch (1913–2000), Oberleutnant und Batteriechef im Panzer-Art.-Rgts 16, 1943 nach der Schlacht um Stalingrad in sowjetischer Kriegsgefangenenschaft im Offiziersgefangenenlager Jelabuga
  6. Ernst-Alfred Jauch
  7. Frank Ellis, „Dulag-205: The German Army's Death Camp for Soviet Prisoners at Stalingrad“, in: The Journal of Slavic Military Studies, Band 19, Nummer 1, März 2006 , S. 123-148; Norbert Frei, „Transnationale Vergangenheitspolitik: Der Umgang mit deutschen Kriegsverbrechern in Europa nach dem zweiten Weltkrieg“, 2006, ISBN 9783892449409, S. 217ff - Das Beispiel Dulag 205
  8. Alfred Streim, „Die Behandlung sowjetischer Kriegsgefangener im Fall Barbarossa: Eine Dokumentation unter Berücksichtigung der Unterlagen deutscher Strafverfolgungsbehörden und der Materialien der zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung von NS-verbrechen“, 1981, ISBN 9783811422810, S. 208
  9. Klaus Jochen Arnold, „Die Wehrmacht und die Besatzungspolitik in den besetzten Gebieten der Sowjetunion: Kriegführung und Radikalisierung im Unternehmen Barbarossa“, 2005, ISBN 9783428113026
  10. United Nations War Crimes Commission: Law reports of trials of war criminals , 1997, ISBN 978-1-57588-403-5, S. 94
  11. US Military Tribunal Nuremberg, judgment of 31 July 1948, in Trials of War Criminals Before the Nuremberg Military Tribunals, Vol. IX, S. 1379 und 1385
  12. Rudolf Haffner, Sozietät: 220 Jahre Bürgerstolz, in: rp-online vom 22. Oktober 2010

Weblinks


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