- Herzöge
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Herzog, von althochdeutsch: herizogo – „der vor dem Heer zieht“, ist ein Adelstitel. In Frankreich entspricht er dem duc, in Großbritannien dem duke, in Spanien dem duque, in Italien dem duca und im Portuguiesischem dem duque. Letztere gehen etymologisch auf den lateinischen Titel dux („Anführer“) zurück.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Ursprünglich waren Herzöge germanische Heerführer, die für die Dauer eines Kriegszuges von den freien Männern eines Stammes durch Wahl während eines Things bestimmt wurden. Üblicherweise wurden Krieger gewählt, die große Erfahrung und hohes Ansehen im Gemeinwesen vorweisen konnten, meist spielte auch die Größe und die Kampfkraft der Gefolgschaft eine wichtige Rolle. Bekannte germanische Herzöge waren Ariovist, Segimerus, Arminius, Marbod und Widukind. In der Merowingerzeit waren Herzöge königliche Amtsträger mit vorwiegend militärischen Aufgaben in den von den Franken eroberten germanischen und romanischen Stammesgebieten, die von den merowingischen Königen nicht ohne Anerkennung einer einheimischen Zwischenmacht ihrer direkten königlichen Herrschaft unterworfen werden konnten. Dazu gehören Alemannien, Baiern, Franken (um Würzburg), Aquitanien, Bretagne.
Frühmittelalter
Im Frühmittelalter entstanden im Raum des fränkischen Reiches erbliche Stammesherzogtümer, die von den Karolingern aufgehoben wurden, mit dem Niedergang der königlichen Zentralgewalt Ende des 9. Jahrhunderts aber wieder auflebten. Die Stammesherzöge im Ostfrankenreich zu Zeiten Heinrichs I. waren in der Regel Mitglieder regionaler Herrscher-Dynastien, die in einem auf den jeweiligen Stamm bezogenen Gebiet über die dortigen Grafen und Edelherren stellvertretend für den König dessen Rechte ausübten, z.B. den Heerbann führten oder Landtage einberiefen und Gericht hielten.
Mittelalter
Im 12. und 13. Jahrhundert verwandelten sich die Stammesherzogtümer des Heiligen Römischen Reichs durch Aufspaltung zunehmend in Territorial- und Titular-Herzogtümer. Ein Herzog war danach Herrscher über bestimmte, räumlich oft zerrissene Territorien oder Träger des vom König verliehenen Adelstitels. Welche Grafen und Edelherren seine Oberherrschaft anerkannten, war v.a. von der Durchsetzungskraft des jeweiligen Herzogs abhängig. Die Herzogswürde wurde vom König als Lehen vergeben und konnte auch wieder entzogen werden (siehe Heinrich der Löwe und dessen Absetzung in Sachsen und Bayern 1180).
Den Anfang machte das Herzogtum Bayern, das schon 976 in die Herzogtümer Baiern und Kärnten geteilt wurde. Schwaben folgte 1079 bzw. 1098 und wurde unter die Dynastien der Zähringer und Staufer aufgeteilt. Dann wurde 1156 die Markgrafschaft Österreich zum Herzogtum erhoben und 1180 auch noch das Herzogtum Steiermark abgetrennt. In diesem Zusammenhang ist auch das Herzogtum Meranien zu sehen. Auch der ursprünglich auf ein Stammesgebiet bezogene Titel eines „Herzogs von Sachsen“ wurde auf diese Weise nach 1180 aufgespalten und regional neu zugeordnet: Der Erzbischof von Köln erhielt vom deutschen König den Titel eines Herzogs von Westfalen (einer bis dahin zu Sachsen gehörigen Region, quasi West-Sachsen), während das Fürstenhaus der Askanier den Titel eines Herzogs von Sachsen für den Ostteil des bisherigen Stammesherzogtums erhielt, ohne sich in diesem Gebiet gegen die örtlichen Grafen durchsetzen zu können. Lediglich für ihre älteren Lehen und für die Neulehen um Lauenburg und Wittenberg setzten sie sich mit diesem Titel durch und wurden seit 1356 dafür Kurfürsten von Sachsen mit Sitz in Wittenberg) genannt. Durch Aussterben der Wittenberger Askanier 1423 ging der Kurfürsten- und sächsische Herzogstitel an die noch viel weiter östlich sitzenden Wettiner, die Markgrafen von Meißen über, wodurch der ursprünglich auf das heutige Niedersachsen zentrierte Herzogstitel und Landesname in das heutige Land Sachsen um Dresden und Meißen geriet, mit dem er bis dahin überhaupt nichts zu tun hatte.
Während sich in Bayern der stammesbezogene Herzogstitel seit 1180 auf die Ländereien der Wittelsbacher beschränkte, die ihn seither führten, kam der Titel eines Herzogs von Schwaben seit dem Aussterben der Hohenstaufen 1268 völlig außer Gebrauch. Den Ehrentitel „Herzog von Franken“ erhielten die Fürstbischöfe von Würzburg 1168 und führten ihn bis 1802/03 für ihre fürstbischöflichen Territorien.
Spätmittelalter
Zugleich aber traten im Spätmittelalter durch Rangerhebungen verschiedener Fürsten neue dynastisch-territorial definierte Herzogtümer hinzu: Den Anfang machten die 1180 der von ihnen früher besetzten Stammesherzogtümer Sachsen und Bayern verlustig gegangenen Welfen, die 1235 für ihre Erbbesitzungen in Norddeutschland den Titel eines Herzogs von Braunschweig-Lüneburg erhielten. Im 14. Jahrhundert wurden auch die slawischen Fürsten von Mecklenburg, 1495 der Graf von Württemberg vom Kaiser zu Herzögen erhoben. In der Frühen Neuzeit ebbte diese Form der Rangerhöhung ab; statt dessen versuchten seither einige Herzöge, den höherwertigen Kurfürsten-Titel (mit dem Recht der Teilnahme an der Kaiserwahl) zu erlangen, was dem Herzog von Braunschweig-Lüneburg 1692 gelang, dem konkurrierenden Herzog von Württemberg erst 1803.
Neuzeit
Mit der Zerschlagung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation zwischen 1801 und 1806 und der Herrschaft Napoleons I. über Deutschland erfolgte eine weitere Folge von Rangerhöhungen für anpassungsbereite deutsche Fürsten: Bisherige Herzöge wurden - wie der von Württemberg - erst zu Kurfürsten, dann zu Königen befördert, bisherige Fürsten - wie die diversen Linien von Anhalt - stiegen zu Herzögen auf. Nach dem Sieg über Napoleon führte 1815 der Wiener Kongress der Siegermächte zu einer weiteren, letzten Welle solcher Rangerhöhungen. Meist bedingt durch Verwandtschaft mit mächtigen Monarchen Europas, insbesondere mit dem russischen Kaiser oder dem König von Preußen, stiegen in Deutschland einige bisherige Herzöge 1815 zu Großherzögen auf (Sachsen-Weimar-Eisenach, Oldenburg, Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz, Luxemburg). Auch der Landgraf von Hessen-Darmstadt und der Markgraf von Baden wurden 1806 zu Großherzögen mit den u.a. Eigenschaften erhöht. Großherzöge zeichnete vor allem das Recht aus königliche Privilegien wahrzunehmen (etwa Nobilitierungen). Ihre Titulatur war demnach auch königliche Hoheit. Heute führt nur noch der Monarch von Luxemburg den Titel eines Großherzogs.
Als Besonderheit existierte bis 1918 in Österreich die Titulatur eines Erzherzogs. Diese wurde ab 1359 geführt (gefälschtes Privilegium maius) und sollte die hervorgehobene Stellung der Herzöge von Österreich gegenüber den anderen Reichsfürsten symbolisieren und diente als Pendant zur Würde eines Kurfürsten (jedoch ohne Königswahlrecht). Zunächst führten nur die jeweiligen Vorsteher des Hauses Habsburg diesen Titel; nachdem es aber Usus wurde einen Habsburger zum deutschen König und römischen Kaiser zu wählen, führten fortan alle habsburgischen Prinzen den Titel eines Erzherzogs.
Regierende Herzöge in Deutschland (mit dem Prädikat Hoheit) waren zwischen 1815 und 1918: der Herzog von Braunschweig (Linie Wolfenbüttel bis 1886, Linie Hannover ab 1913), der Herzog von Anhalt (ab 1863, davor mehrere Teil-Herzogtümer), der nur bis 1866 regierende Herzog von Nassau, der 1890 das souveräne Großherzogtum Luxemburg erbte, der bis 1864 als Herzog von Schleswig, Holstein und Lauenburg regierende König von Dänemark (der in diesen drei Staaten vom König von Preußen abgelöst wurde, welcher zugleich Nassau annektierte) sowie die wettinischen Herzöge von Sachsen-Coburg und Gotha, Sachsen-Meiningen und Sachsen-Altenburg.
Regierende Monarchen von höherem Rang konnten auch Adelige in den Herzogstand erheben (Titularherzöge). Während es häufiger vorkam, dass niedrigerer Adel gegraft oder gefürstet wurde, ist die bekannteste Erhebung zum Herzog diejenige Otto von Bismarcks zum Herzog von Lauenburg durch Wilhelm II.; ein Titel, den er jedoch - aus Protest gegen den Verleiher - nicht führte. Daneben wurden in Preußen 1840 Fürst Victor zu Hohenlohe-Schillingsfürst zum Herzog von Ratibor und 1861 Fürst Hugo zu Hohenlohe-Oehringen zum Herzog von Ujest erhoben.
Herzogtümer
Außerhalb Deutschlands existierten in Europa ab 1815 souveräne Herzogtümer auch in Italien - Modena, Parma und Piacenza, Lucca, Guastalla, Massa und Carrara. Alle diese Staaten verschwanden 1859/60 im Zuge der italienischen Einigung.
Das 1815 anstelle der einstigen Adelsrepublik Genua geschaffene Herzogtum Genua war von vornherein unselbständiger Bestandteil des Königreiches Sardinien.
In vielen europäischen Monarchien wurden bzw. werden königlichen Prinzen zusätzlich historische Herzogstitel verliehen (mit Ländereien und Einkünften, aber ohne Herrschaftsrechte). Dies galt für Frankreich bis zum Ende der Monarchie 1848/70 und für Italien entsprechend bis 1946, es gilt heute noch für Spanien, Schweden und Großbritannien und Luxemburg.
Literatur
- Matthias Becher: Rex, Dux und Gens: Untersuchungen zur Entstehung des sächsischen Herzogtums im 9. und 10. Jahrhundert, Husum 1996, ISBN 3-7868-1444-9.
- Hans-Werner Goetz: "Dux" und "Ducatus". Begriffs- und verfassungsgeschichtliche Untersuchungen zur Entstehung des sogenannten "jüngeren" Stammesherzogtums, Bochum 1977, ISBN 3-921543-66-5.
- Herfried Stingl: Die Entstehung der deutschen Stammesherzogtümer am Anfang des 10. Jahrhunderts, Aaalen 1974, ISBN 3-511-02839-6.
Siehe auch
- Liste der Stammes-, Territorial- und Titularherzogtümer im Heiligen Römischen Reich
- Herzogsstuhl
- Woiwode
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