Italianismus

Italianismus

Als Italianismus bezeichnet man eine Entlehnung in Form eines Fremd- oder Lehnwortes aus dem Italienischen. Das Deutsche weist zahlreiche Italianismen auf, die seit dem Spätmittelalter entweder direkt entlehnt wurden oder durch Vermittlung des Italienischen in den Sprachgebrauch gelangten.

Betrachtet man die Sprachen, aus denen das Deutsche Wörter übernommen hat, so gehört das Italienische zu den Sprachen mit dem größten Einfluss: Italianismen rangieren mit 6,5–7% unter allen Entlehnungen je nach Datengrundlage an 4. (Best 2001) bzw. 5. Stelle (Körner 2004: 30); ihre Entwicklung folgt dem Sprachwandelgesetz/ Piotrowski-Gesetz. Über den Anteil der Italianismen an den Entlehnungen in den einzelnen Jahrhunderten gibt Best (2001) Auskunft. Besonders stark ist ihr Einfluss in den Kommunikationsbereichen Handel, Kunst und Lebensstil.

Inhaltsverzeichnis

Mittelhochdeutsch

Die Entwicklung von Handel und Geldwirtschaft, vor allem durch den Kontakt zu Florenz, Genua und Venedig, ließ zahlreiche Begriffe aus dem Bankwesen in den Sprachgebrauch einfließen; Agio, Bank, Bankrott, Bilanz, Disagio, Giro, Groschen, Kapital, Kasse, Kredit, Konto, Netto, Porto, Prokura, Rabatt, Rest und Risiko stammen aus dieser Zeit.

Daneben übernahm das Mittelhochdeutsche Wörter wie Damast und Reis als Bezeichnung von Handelswaren; als Fachwörter kamen Spund über das spätlateinische (ex)punctum aus dem Wein- und Karat aus dem Edelsteinhandel ins Deutsche. Die Lehnübertragungen "festes Land" aus terra ferma und "hohe See" aus alto mare, die Wörter Mole und Barke entstammen der Seefahrt, Kanone, Lanze und Alarm aus all'arme "zu den Waffen" der Militärsprache.

Schon die Kreuzzüge, später die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Orient brachten über das Italienische aus dem Arabischen u. a. Giraffe, Joppe, Lack, Marzipan und Sirup ins Deutsche.

Frühneuhochdeutsch

Von der Bedeutung Italiens auf die europäische Kunst bis zur Renaissance zeugen z. B. maltechnische Begriffe wie Fresko, Guazzo, Impasto, Pastell, Sgraffito, Secco und Tempera. Die Epoche wird in der Kunst- und Kulturgeschichte mit den Namen Trecento, Quattrocento und Cinquecento umrissen.

Durch den Einfluss italienischer Komponisten wurde deren Sprache bis heute maßgeblich für die Fachterminologie der Musik. Tempobezeichnungen wie Adagio, Allegro, Andante oder Presto, dynamische Stufen wie forte und piano, daneben etliche Gattungen und Formen: Arie, Divertimento, Kantate, Oper, Sonate oder Sinfonie.

Gegenwartssprache

Die Einwanderung zehntausender Italiener als Arbeitsmigranten in den 1950ern, aber auch die Entdeckung Italiens als touristisches Ziel haben vor allem Bezeichnungen aus den Bereichen Essen und Trinken sowie Lebensstil bekannt gemacht. Mit der wachsenden Beliebtheit der italienischen Küche wurden viele ihrer Begriffe bekannt. Dies sind unter anderem Käsesorten Gorgonzola, Mascarpone, Mozzarella, Parmesan, Pecorino und Ricotta, Wurstwaren wie Mortadella und Salami, Gerichte wie Bruschetta, Carpaccio, Minestrone, Pizza, Polenta, Risotto und Saltimbocca, schließlich Espresso, Cappuccino und Latte Macchiato.

Italianismen sind dabei so weit in den Sprachgebrauch eingedrungen, dass sie bisher verwendete Wörter verdrängt haben, zum Beispiel Rucola die Rauke, Romanesco den seit dem 16. Jahrhundert bekannten Türmchenkohl; Pasta wird heute vielfach als Oberbegriff für Teigwaren auch nicht italienischer Herkunft verwendet. Worte und Phrasen wie Ambiente, Dolce Vita, dolce far niente, Diva oder Primadonna sind Teil der Umgangssprache.

Literatur

  • Karl-Heinz Best: Wo kommen die deutschen Fremdwörter her? In: Göttinger Beiträge zur Sprachwissenschaft 5, 2001, 7-20.
  • Karl-Heinz Best: Italianismen im Deutschen. In: Göttinger Beiträge zur Sprachwissenschaft 13, 2006, 77-86
  • Helle Körner: Zur Entwicklung des deutschen (Lehn-)Wortschatzes. In: Glottometrics 7, 2004, 25-49.
  • Friederike Schmöe: Italianismen im Gegenwartsdeutschen unter besonderer Berücksichtigung der Entlehnungen nach 1950. Collibri-Verlag, Bamberg 1998. ISBN 3-926946-40-7

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