Johann Friedrich Pfaff

Johann Friedrich Pfaff
Johann Friedrich Pfaff

Johann Friedrich Pfaff (* 22. Dezember 1765 in Stuttgart; † 21. April 1825 in Halle (Saale)) war ein deutscher Mathematiker und Mitglied einer Dynastie von Universitäts-Professoren (s.unten). Er lehrte an den Universitäten Helmstedt und Halle, wo er sich vor allem mit Analysis und partiellen Differentialgleichungen befasste.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Pfaff war das zweitälteste von zwölf Kindern des Stuttgarter Oberfinanzrates Friedrich Burkhard Pfaff und seiner Gattin Maria Magdalena, geborene Brand. Von seinen Brüdern wurden zwei ebenfalls Wissenschaftler: Christoph Heinrich Pfaff (1773-1852) und Wilhelm Andreas Pfaff (1774-1835).

Er selbst besuchte 1774 bis 1785 die Hohe Karlsschule, eine Militärschule im herzoglichen Schloss Solitude bei Stuttgart, wo er 1785 juristische Studien abschloss. Daneben machte er Selbststudium in Mathematik und wurde von Carl Eugen von Württemberg, Landesherr und Gründer der Schule, auf eine mehrjährige Bildungsreise geschickt. Ab 1785 studierte er auf Veranlassung des Herzogs in Göttingen bei Kästner und Lichtenberg Mathematik und Physik, ging 1787 nach Berlin zum Astronomen Bode und im Folgejahr auf Bildungsreise u.a. nach Jena, Gotha, Prag und schließlich nach Wien. Auf Betreiben Lichtenbergs wurde er 1788 als Professor für Mathematik an die Universität Helmstedt berufen.

Ein historisches Verdienst des engagierten Hochschullehrers war, das Genie des jungen Carl Friedrich Gauß erkannt zu haben; er war 1799 der Gutachter seiner Dissertation und unterstützte dessen Antrag, an der Universität Helmstedt in absentia (in Abwesenheit) zu promovieren. Weitere bedeutende Schüler waren Johann Martin Christian Bartels (1769-1836), Christian Ludwig Gerling (1788–1864) (1788-1864), Carl Brandan Mollweide (1774-1825) und den späteren Tübinger Jusprofessor Heinrich E.S. Schrader (1779-1860). Als Talentförderer erwies sich Pfaff auch durch ein Empfehlungsschreiben an Göttingen für Alexander von Humboldt.

Hochschulpolitisch engagierte sich Pfaff für die Erhaltung der Universität Helmstedt als Braunschweigische Landesuniversität. Als sie dennoch 1810 wegen franzosenfeindlicher Umtriebe während der Napoleonischen Kriege geschlossen wurde, ging Pfaff an die gerade wieder eröffnete Universität Halle und wurde 1812 nach Prof. Klüngels Tod auch Leiter der dortigen Sternwarte. Beide Orte gehörten damals zum von Napoleon gegründeten Königreich Westfalen.

Auch in Halle war er angesehener Lehrer, u.a. von August Ferdinand Möbius (1790-1868), Johann August Grunert, Johann Joseph Schön und Karl Friedrich Wex.

Pfaff hinterließ umfangreiche mathematische Handschriften, die in der Universitätsbibliothek in Halle aufbewahrt sind.

Verwandtschaft

Pfaff heiratete 1803 seine Cousine Caroline Brand, Tochter des Pfarrers Christoph Brand. Christoph Brand war der Bruder von Johann Pfaffs Mutter und Sohn des Kirchen- und Kammerrats Gottfried Brand. Mit Caroline hatte Pfaff gemeinsam die Söhne Carl (späterer Historiker) und Ludwig.

Sein jüngerer Bruder Christoph Heinrich war Professor für Chemie in Kiel. Sein jüngster Bruder Johann Wilhelm Andreas[1] war Professor der Mathematik und Astronomie in Dorpat, Würzburg und Erlangen. Die Söhne von Johann Wilhelm Andreas wiederum waren die Professoren Hans Ulrich Vitalis (Mathematik) und Friedrich (Mineralogie), seine Tochter war die Schriftstellerin Pauline Damajanti, die später den liberalen Publizisten Carl Ludwig Theodor Brater heiratete und mit ihm die gemeinsame Tochter Agnes Sapper, ebenfalls Schriftstellerin, hatte.

Pfaff als Mathematiker

Intensiv befasste sich Pfaff mit der Theorie partieller Differentialgleichungen und um 1810 mit der Vereinfachung gewisser Differentialausdrücke („Pfaffsches Problem“), dessen allgemeine Lösungen H.G.Graßmann (1809-77) angab. Die „Pfaffschen Formen“ wurden Teil der Grundausbildung in mathematischer Analysis und sind bis heute Forschungsthema. Pfaffs Arbeit wurde zunächst trotz sehr positiver Rezension durch Gauß kaum zur Kenntnis genommen, bis Jakobi 1827 ihre Bedeutung hervorhob.

Andere mathematisch bedeutende Arbeiten sind 1797 ein lateinisches Lehrbuch zur Analysis im Geiste von Leonhard Euler, oder die Lösung einer öffentlich gestellten Aufgabe für die größte einem konvexen Viereck einschreibbare Ellipse (1810), die auch Gauß und Mollweide behandelten.

Bedeutende Publikationen sind:

  • 1788 Versuch einer neuen Summationsmethode nebst anderen damit zusammenhängenden analytischen Bemerkungen
  • 1794 Analysis einer wichtigen Aufgabe des Herrn La Grange, Archiv der reinen und angewandten Mathematik
  • 1796 Über die Vortheile, welche eine Universität einem Lande gewährt, (Häberlins) Staats-Archiv
  • 1797 Disquisitiones analyticae maxime ad calculum integralem et doctrinam serierum pertinentes
  • 1810 Bestimmung der größten in ein Viereck, so wie auch in ein Dreyeck, zu beschreibenden Ellipse, in F.X.Zach, Monatliche Correspondenz zur Beförderung der Erd- und Himmelskunde
  • 1814/15 Methodus generalis, aequationes differentiarum partialium, necnon aequationes differentiales vulgares, utrasque primi ordinis, inter quotcunque variabiles complete integrandi, Abhandlungen der königl.Akademie der Wissenschaften zu Berlin, p. 76-135. Deutsch von G. Kowalewski:
  • Allgemeine Methode, partielle Differentialgleichungen und gewöhnliche Differentialgleichungen, beide von erster Ordnung, in beliebig vielen Veränderlichen, vollständig zu integriren, Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Band 129, 1902
  • Sammlung von Briefen, gewechselt zwischen Johann Friedrich Pfaff und Herzog Carl von Württemberg, F. Bouterwek, A. v. Humboldt, A. G. Kästner, und Anderen (Hsg. Carl Pfaff 1853, mit Biografie).

Pfaff'sches Problem

In Helmstedt veröffentlichte Pfaff 1788 Arbeiten über eine neuartige Herleitung von Differentiationsregeln, 1788 und später über die Summierung gewisser Reihen, und 1793, anknüpfend an Euler, über die Reihenentwicklung für Integrale gewisser Potenzen.

1815 veröffentlichte Pfaff seine bedeutendste Arbeit "Methodus generalis aequationes differentiarum particularum ... complete intigrandi". Es handelt sich um das Pfaffsche Problem der Integration partieller Differentialgleichungen der Gestalt ω = dF mit


\qquad \omega = \sum_{k=1}^n f_k (x_1, \ldots, x_n) \,\mathrm{d} x.

Heute nennt man ω eine pfaffsche Form in den n Variablen x_1, \ldots, x_n.

Die zunächst nur von Gauß als bedeutsam erkannte Methode wurde 1827 von Jacobi (1804-1851) weiter ausgebaut. Pfaff hatte den Fall einer geraden Zahl von Variablen betrachtet, Jacobi konnte das Verfahren auf eine ungerade Zahl von Variablen erweitern.

Literatur

Weblinks

Literatur von und über Johann Friedrich Pfaff im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

Einzelnachweise

  1. CantorPfaff, Johann Wilhelm Friedrich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 25, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 593 f.; Günther Oestmann: Pfaff, Wilhelm. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, S. 292..

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Johann Friedrich Pfaff — (né à Stuttgart le 22 décembre 1765, † le 21 avril 1825 à Halle, en Saxe Anhalt) est un mathématicien allemand qui étudia les changements de variables dans les équations aux dérivées partielles. Biographie Pfaff fréquenta l école ducale …   Wikipédia en Français

  • Johann Friedrich Pfaff — Infobox Scientist name = Johann Friedrich Pfaff image width = 228px caption = Johann Friedrich Pfaff birth date = birth date|1765|12|22|mf=y birth place = Stuttgart, Germany death date = death date and age|1825|4|21|1765|12|22|mf=y death place =… …   Wikipedia

  • Johann Leonhard Pfaff — (* 18. August 1775 in Hünfeld; † 3. Januar 1848 in Fulda) war Bischof von Fulda in den Jahren 1832 bis 1848. In seiner Amtszeit erneuerte er die Statuten für die Priesterausbildung in Fulda. Pfaff wurde am 19. September 1798 zum Priester… …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Friedrich Ackermann (Mediziner) — Johann Friedrich Ackermann (* 3. Februar 1726 in Waldkirchen (Vogtland); † 4. Juni 1804 in Kiel) war ein deutscher Mediziner und Hochschullehrer an der Universität Kiel. 1752 schrieb er in Göttingen bei Georgio Guilielmo Feuerlein seine… …   Deutsch Wikipedia

  • Friedrich Pfaff — Alexius Burkhard Immanuel Friedrich Pfaff (* 17. Juli 1825 in Erlangen; † 18. Juli 1886 ebenda) war ein deutscher Geologe und Professor für Mineralogie an der Universität Erlangen. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Wirken 3 Literatur …   Deutsch Wikipedia

  • Pfaff, Johann Friedrich — ▪ German mathematician born December 22, 1765, Stuttgart, Württemberg [Germany] died April 21, 1825, Halle, Saxony [Germany]       German mathematician who proposed the first general method of integrating partial differential equations of the… …   Universalium

  • Johann Wilhelm Andreas Pfaff — (* 5. Dezember 1774 in Stuttgart; † 26. Juni 1835 in Erlangen) war ein deutscher Mathematiker, Physiker und Astronom. Zunächst Professor in Estland und Gründer der Sternwarte Dorpat, ging er später an die Universitäten Würzburg und Erlangen. Das… …   Deutsch Wikipedia

  • Johann Pfaff — Johann Friedrich Pfaff Johann Friedrich Pfaff Johann Friedrich Pfaff (né à Stuttgart le 22 décembre 1765, † le 21 avril 1825 à Halle, en Saxe Anhalt) est un mathématicien allemand qui étudia les changements de variables dans les équations aux… …   Wikipédia en Français

  • Pfaff (Familienname) — Pfaff ist ein deutscher Familienname. Inhaltsverzeichnis 1 Herkunft und Bedeutung 2 Bekannte Namensträger 3 Siehe auch 4 Nachweis …   Deutsch Wikipedia

  • Johann August Grunert — im Jahre 1838 Johann August Grunert (* 7. Februar 1797 in Halle (Saale); † 7. Juni 1872 in Greifswald) war ein deutscher Mathematiker. Grunert begann 1815 an der Universität Halle Architektur zu studieren, doch begeisterte ihn der Unterricht bei… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”