- Josef Zemp
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Josef Zemp (* 2. September 1834 in Entlebuch; † 8. Dezember 1908 in Bern) war ein Schweizer Politiker. Von 1863 bis 1891 gehörte er dem Grossen Rat des Kantons Luzern an, von 1871 bis 1872 dem Ständerat. Im Nationalrat sass er von 1872 bis 1876 sowie von 1881 bis 1891. Im Jahr 1887 war er Nationalratspräsident. Im Dezember 1891 wurde Zemp als erster Vertreter der Katholisch-Konservativen (der heutigen CVP) in den Bundesrat gewählt. Er war das erste Mitglied der Schweizer Landesregierung, das nicht der bisher allein regierenden liberal-radikalen Fraktion angehörte. In seine Amtszeit fallen der Rückkauf privater Eisenbahngesellschaften und die Gründung der Schweizerischen Bundesbahnen.
Inhaltsverzeichnis
Studium und Kantonspolitik
Zemp war das älteste von elf Kindern eines Krämers und Gerichtsschreibers aus Entlebuch. Dort besuchte er die Primar- und Sekundarschule, anschliessend ging er ans Gymnasium in Luzern. An der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg und an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studierte er Rechtswissenschaft. Zemp gehörte der Studentenverbindung A.V. Semper Fidelis Luzern an, 1857/58 amtete er als Centralpräsident des Schweizerischen Studentenvereins. Nach seiner Promotion 1859 kehrte er in seinen Geburts- und Heimatort Entlebuch zurück und eröffnete dort ein Anwaltsbüro.
1860 heiratete Zemp Philomena Widmer aus Emmen, aus dieser Ehe gingen 15 Kinder hervor. 1863 wurde er in den Grossen Rat des Kantons Luzern gewählt und gehörte diesem als Mitglied der katholisch-konservativen Fraktion (der späteren Katholisch-Konservativen Volkspartei und heutigen CVP) bis 1891 an. Er reformierte die Zivilrechtsverfassung und erreichte, dass der Kanton das Recht zur Besetzung der Pfarrstellen an die Kirchgemeinden abtrat.
Bundespolitik
Im Juli 1871 folgte die Wahl Zemps in den Ständerat, dem er aber nur knapp eineinhalb Jahre angehörte. Von Dezember 1872 bis Oktober 1876 und erneut von Dezember 1881 bis Dezember 1891 war Zemp Mitglied des Nationalrates. Von 1881 bis 1885 war er Fraktionsvorsitzender der Katholisch-Konservativen, 1887 diente er kurzzeitig als Nationalratspräsident.
Zu Beginn der 1880er Jahre versuchte er, die katholisch-konservativen Vereinigungen der einzelnen Kantone zu einer straffer geführten gesamtschweizerischen «Katholischen Union» zusammenzuführen, er scheiterte jedoch mit diesem Vorhaben an kantonalen Eigeninteressen (dies gelang erst 1912, vier Jahre nach Zemps Tod). Es gelang ihm, die seit dem Kulturkampf vorherrschende Obstruktionspolitik der Katholisch-Konservativen gegen die Liberalen zu beenden und seine Fraktion auf einen realpolitischen Kurs zu bringen. Dadurch erhielt er überparteilich Anerkennung.
Bundesrat
Nachdem das Volk am 6. Dezember 1891 den Rückkauf der Centralbahn deutlich abgelehnt hatte, trat Post- und Eisenbahnminister Emil Welti umgehend zurück.[1] Die Freisinnigen konnten eine Regierungskrise verhindern, indem sie den Katholisch-Konservativen einen Sitz im Bundesrat anboten und somit ihren Alleinvertretungsanspruch aufgaben. Die Fraktion einigte sich auf Zemp als offiziellen Kandidaten. Er wurde am 17. Dezember 1891 bereits im ersten Wahlgang zu Weltis Nachfolger gewählt, wobei er 129 von 154 gültigen Stimmen erhielt. Die Wahl Zemps in den Bundesrat zwang die Katholisch-Konservativen, sich von der rein oppositionellen Politik loszusagen und Regierungsverantwortung zu übernehmen. Teile der Fraktion kritisierten den neuen Kurs scharf.
Zu Beginn des Jahres 1892 übernahm Zemp das Post- und Eisenbahndepartement. Als Parlamentarier war er noch gegen eine Verstaatlichung der Eisenbahn gewesen, als Bundesrat vollzog er jedoch einen Gesinnungswandel und schuf die gesetzlichen Grundlagen für den Rückkauf. Der antietatistische Flügel der katholisch-konservativen Fraktion leistete heftigen Widerstand und ergriff das Referendum gegen das Rückkaufsgesetz. Doch das Volk nahm am 20. Februar 1898 die Vorlage mit grosser Mehrheit an.[2] Schliesslich wurden am 1. Januar 1902 die Schweizerischen Bundesbahnen gegründet.
1902 war Zemp Bundespräsident und übernahm für ein Jahr das Politische Departement (in seinem ersten Präsidialjahr 1895 war das sonst übliche Rotationsprinzip ausgesetzt worden, so dass er keinen vorübergehenden Departementswechsel hatte vornehmen müssen). 1894 konnte er die Einführung der umstrittenen Mitteleuropäischen Zeit, 1907 das neue Bundesgesetz über die Organisation der Telefon- und Telegraphenverwaltung durchsetzen. Ausserdem bereitete er die Revision des Postgesetzes vor, die jedoch erst 1910 unter seinem Nachfolger abgeschlossen wurde. Aus gesundheitlichen Gründen trat Zemp am 17. Juni 1908 zurück. Viereinhalb Monate später starb er im Alter von 72 Jahren.
Literatur
- Urs Altermatt (Hrsg.): Josef Zemp. In: Die Schweizer Bundesräte. Ein biographisches Lexikon. 2. Auflage. Artemis Verlag, Zürich/München 1991, ISBN 3-7608-0702-X, S. 254–259.
- Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 10, München u. Leipzig, K. G. Saur, 1999.
- Verein Buchprojekt Bundesrat Josef Zemp (Hrsg.): Josef Zemp. Ein Bundesrat schafft den Ausgleich. Sein Leben und Wirken im Dialog mit der Gegenwart. Schüpfheim 2008, ISBN 978-3-907821-56-5
Weblinks
- www.zemp08.ch Website zum 100. Todestag
Einzelnachweise
- ↑ Bundesbeschluss betreffend den Ankauf der schweizerischen Centralbahn, Abstimmungsergebnis vom 6. Dezember 1891 auf admin.ch
- ↑ Bundesgesetz betreffend die Erwerbung und den Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes und die Organisation der Verwaltung der schweizerischen Bundesbahnen, Abstimmungsergebnis vom 20. Februar 1898 auf admin.ch
Vorgänger Amt Nachfolger Emil Welti Mitglied im Schweizer Bundesrat
1892–1908Josef Anton Schobinger Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK)Wilhelm Matthias Naeff | Josef Munzinger | Jakob Dubs | Jean-Jacques Challet-Venel | Eugène Borel | Joachim Heer | Johann Jakob Scherer | Karl Schenk | Emil Welti | Simeon Bavier | Adolf Deucher | Josef Zemp | Robert Comtesse | Ludwig Forrer | Louis Perrier | Robert Haab | Marcel Pilet-Golaz | Enrico Celio | Josef Escher | Giuseppe Lepori | Willy Spühler | Rudolf Gnägi | Roger Bonvin | Willi Ritschard | Leon Schlumpf | Adolf Ogi | Moritz Leuenberger | Doris Leuthard
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