Kaiser Leopold I.

Kaiser Leopold I.
Kaiser Leopold I.

Leopold I. (* 9. Juni 1640 in Wien; † 5. Mai 1705 ebenda) aus dem Hause Habsburg, geboren als Leopold Ignatius [1], der zweite Sohn Kaiser Ferdinands III. (1608–1657) und der spanischen Infantin Maria Anna, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (seit 1655), Böhmen (seit 1656) und Kroatien und Slawonien (seit 1657).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kaiser Leopold I. (Caspar Merian, Beschreibung und Abbildung Aller Königl. und Churfürstl. Ein-Züge, Wahl und Crönungs Acta, Frankfurt am Main 1658)

Überraschend Kaiser

Ursprünglich für eine geistliche Laufbahn vorgesehen, kam er nach dem Tod seines älteren Bruders Ferdinand 1654, der bereits als Ferdinand IV. römisch-deutscher König und König von Ungarn und Böhmen war, überraschend und unvorbereitet auf den Thron dieser beiden Länder (1655 bzw. 1656). Die Nachfolge im Reich, die nach dem Tode seines Vaters (1657) gelöst werden musste, gestaltete sich wesentlich schwieriger. Erst nach langwierigen Verhandlungen mit den Kurfürsten konnte sich Leopold gegen den französischen König Ludwig XIV., der sich ebenfalls zur Wahl stellte, durchsetzen – Wahl und Krönung erfolgten am 18. Juli bzw. 1. August 1658 in St. Bartholomäus zu Frankfurt. Politisch wenig geschult, überließ er die Staatsgeschäfte bis Anfang der 1680er Jahre erfahreneren Beratern wie den Fürsten Auersperg und Lobkowicz. In der zweiten Hälfte seiner Regierung jedoch ergriff der Kaiser selbst das Staatsruder.

Wahlspruch: consilio et industria = durch Rat und Fleiß [sc. zum Ziel]

Kriege

Kampf gegen Ludwig XIV.

Geprägt wurde seine Regierungszeit außenpolitisch durch den habsburgisch-französischen Gegensatz sowie durch den Kampf gegen das Osmanische Reich. Sowohl im Holländischen Krieg (1672–1679) als auch im Pfälzischen Krieg (1688–1697) hatte er den fast gleichaltrigen Ludwig XIV. zum Gegner; im Frieden von Rijswijk sicherte er 1697 Österreichs Anspruch auf die spanischen Niederlande, der nach dem Spanischen Erbfolgekrieg anerkannt wurde.

Kampf gegen die Osmanen

Graf Montecúccoli errang zu Beginn der Herrschaft Leopolds I. (1664) einen bedeutenden Sieg über die expandierenden Türken unter Führung von Ahmed Köprülü in der Schlacht bei Mogersdorf an der Raab (Mogersdorf). Es sollten beinahe 20 Jahre vergehen, bis der Sultan zum erneuten Schlag gegen das Reich ausholen konnte: Der Sieg über die osmanischen Truppen bei der 2. Türkenbelagerung Wiens 1683, stoppte jedoch die Expansion der Türken endgültig. Der Kaiser hatte ein kaiserlich-deutsch-polnisches Entsatzheer gesammelt, das unter dem polnischen König Johann Sobieski Wien befreite. Dies stellte den Anfang vom Ende des Osmanischen Reiches dar. Das Verdienst Leopolds bestand darin, die Unterstützung des Reichs, der Polen und des Papstes Innozenz XI. für diesen Krieg zu gewinnen, wodurch die kaiserlichen Truppen auf knapp das Vierfache verstärkt wurden.

Im Verlauf des Großen Türkenkrieges 1683–1699 konnte ganz Ungarn von den Osmanen zurückerobert werden, was von diesen im Frieden von Karlowitz (1699) auch anerkannt wurde. Damit begann der Aufstieg Österreichs zur Großmacht, der eng mit den siegreichen Leistungen des militärischen Oberbefehlshabers Markgraf Ludwig Wilhelm I. von Baden (seit 1689) und ab 1697 insbesondere mit jenen seines Vetters Prinz Eugen von Savoyen verbunden ist.


Ihre Schlachten brachten den beiden die „Heldennamen“ Türkenlouis bzw. Türkenpoldl ein.

Spanischer Erbfolgekrieg

Als 1700 mit Karl II. der letzte spanische Habsburger starb, versuchte Leopold, eine neue spanische Linie mit seinem jüngeren Sohn Karl als Begründer zu schaffen. 1703 schließlich wurde Karl als Karl III. zum König von Spanien ausgerufen. Die konkurrierenden Ansprüche der Bourbonen Phillip von Anjou und seines Großvaters Ludwig XIV. lösten den Spanischen Erbfolgekrieg (1701–1713/14) aus, in dessen Verlauf der Kaiser 65-jährig in seiner Residenzstadt Wien verstarb.

Innenpolitik

Innenpolitisch war seine Regierungszeit gekennzeichnet von wachsendem Zentralismus, was zu Unruhen besonders in Ungarn führte, und der Ausbreitung eines gegenreformatorisch geprägten Katholizismus. Leopold betrieb eine auf Unterdrückung des vor allem in Ungarn starken Protestantismus ausgerichtete Politik. In diesen Zusammenhang gehört auch die Vertreibung der Juden in den Jahren 1670/71. Die einst blühende Gemeinde in Wien war im Unteren Werd jenseits der Stadtmauer angesiedelt. Sie wurden des Landes verwiesen (gesera) und als Dank dafür nannte die Wiener Bevölkerung das Gebiet in Leopoldstadt zu Ehren des Kaisers um, den heutigen 2. Wiener Gemeindebezirk. Einige vertriebene Juden wurden von Paul I. Fürst Esterházy in den Siebengemeinden rund um Eisenstadt angesiedelt. Andere wurden vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm nach Berlin geholt, wo sie zum Wiederaufbau des durch den 30-jährigen Krieg verwüsteten Landes beitrugen und eine blühende jüdische Gemeinde gründeten.

Bauwerke

Der Neubau des Schlosses Schönbrunn geht ebenso auf Leopold zurück wie der Leopoldinische Trakt der Hofburg in Wien und die Grundlagen für die barocke Umgestaltung der Stadt. 1703 erlaubte er die Gründung des Wienerischen Diariums, der späteren Wiener Zeitung, 1704 begannen die Arbeiten am Linienwall, einer Befestigungsanlage zwischen den Vorstädten und den Vororten, an deren Stelle sich heute der Straßenzug des Wiener Gürtels erstreckt.

Zur Person

Sprachbegabt, literarisch, wissenschaftlich (Universitätsgründungen unter anderen in Innsbruck und Breslau) und historisch interessiert, war Leopold auch ein begabter Komponist und leidenschaftlicher Musikinteressierter, der selbst mehrere Instrumente spielte und sein Kammerorchester selber dirigierte. Er hinterließ über 230 Kompositionen und ernannte als ersten Nicht-Italiener Johann Heinrich Schmelzer als kaiserlichen Hofkapellmeister.

Familie

Hochzeit mit Eleonore von Pfalz-Neuburg
Grab in der Wiener Kapuzinergruft

Er heiratete in erster Ehe 1666 seine Nichte (und zugleich Cousine) Infantin Margarita Teresa von Spanien (1651–1673), die Tochter von Philipp IV. von Spanien und dessen Gattin Erzherzogin Maria Anna von Österreich. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor:

In zweiter Ehe heiratete er 1673 in Graz seine Cousine 2. Grades Erzherzogin Claudia Felizitas von Österreich-Tirol (1653–1676), Tochter Erzherzog Ferdinand Karl und dessen Gattin Prinzessin Anna de Medici. Aus der Ehe gingen zwei Kinder hervor, die jung starben:

  • Anna Maria Sophie (*/† 1674)
  • Maria Josefa Klementine (1675–1676)

In dritter Ehe heiratete er 1676 in Passau Prinzessin Eleonore Magdalena von Pfalz-Neuburg, Tochter des Kurfürsten Philipp Wilhelm und dessen Gattin Prinzessin Elisabeth von Hessen-Darmstadt. Aus der Ehe gingen zehn Kinder hervor:

Anmerkungen

  1. http://www.bautz.de/bbkl/f/ferdinand_iii_r_k.shtml

Quellen

[Quellen zu den Hofstaaten Kaiser Leopolds I.: http://www.oesta.gv.at/site/6662/default.aspx]

Darstellungen

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем решить контрольную работу

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Eleonore Magdalene Theresia, Gemahlin Kaiser Leopold's I. — Eleonore Magdalene Theresia, Gemahlin Kaiser Leopold s I., die Tochter des Kurfürsten Philipp Wilhelm v. d. Pfalz, zeichnete sich schon in früher Kindheit durch Frömmigkeit und einen unwiderstehlichen Hang zum klösterlichen Leben aus. Der Ruf… …   Damen Conversations Lexikon

  • Leopold I. (HRR) — Kaiser Leopold I. Leopold I. (* 9. Juni 1640 in Wien; † 5. Mai 1705 ebenda) aus dem Hause Habsburg, geboren als Leopold Ignatius Joseph Balthasar Felician, war von 1658 bis 1705 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches sowie König von Ungarn (a …   Deutsch Wikipedia

  • Leopold II. (HRR) — Leopold II. als Großmeister des Goldenen Vlies Leopold II. (* 5. Mai 1747 in Wien; † 1. März 1792 ebenda) war Erzherzog von Österreich aus dem Haus …   Deutsch Wikipedia

  • Leopold II. von Österreich — Leopold II. Leopold II. (geboren als Peter Leopold Johann Anton Joachim Pius Gotthard; * 5. Mai 1747 in Wien; † 1. März 1792 ebenda) war Erzherzog von Österreich aus dem Haus Habsburg Lothringen, von 1765 bis 1790 (als Peter Leopold) Großherzog… …   Deutsch Wikipedia

  • Leopold [1] — Leopold (Leupold, Liutpold, »kühn, tapfer für das Volk«), deutscher Mannesname, unter dessen Trägern hervorzuheben sind: [Deutsche Kaiser.] 1) L. I. Ignaz Joseph Balthasar Felician, geb. 9. Juni 1640, gest. 5. Mai 1705 in Wien, zweiter Sohn… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Leopold von Plessen (Minister) — Leopold von Plessen Wappen des Familienzweiges …   Deutsch Wikipedia

  • Leopold (Lothringen) — Leopold von Lothringen Leopold Joseph von Lothringen (* 11. September 1679 in Innsbruck; † 27. März 1729 in Lunéville) war Herzog von Lothringen (1690–1729). Seine Eltern waren Karl V. von Lothringen und Eleonore Maria Josepha, Tochter von Kaiser …   Deutsch Wikipedia

  • Leopold II. — Leopold II. werden folgende Personen genannt: Leopold II. (HRR) (1790–1792), Kaiser Leopold II. (Belgien) (1865–1909), König Leopold II. (Toskana) (1824–1859), Großherzog Leopold II. von Habsburg (1328–1344), vielleicht kurz Regent in… …   Deutsch Wikipedia

  • Leopold Widhalm — (auch Withalm; * 2. Oktober 1722 in Horn in Niederösterreich; † 11. Juni 1776 in Nürnberg) war ein deutsch österreichischer Geigenbauer. Sohn des Geigenbauers Mathias Widhalm, der aus Gründen der Religionsverfolgung von Salzburg nach Nürnberg… …   Deutsch Wikipedia

  • Leopold Wilhelm von Königsegg-Rothenfels — Leopold Wilhelm Graf von Königsegg Rothenfels (* 25. Mai 1630 in Immenstadt; † 5. Februar 1694 in Wien) war Vizepräsident des Reichshofrates und Reichsvizekanzler des Heiligen Römischen Reiches. Leopold Wilhelm Graf von Königsegg Rothenfels …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”