- Konzil zu Konstanz
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Konzil von Konstanz Datum 5. November 1414–
22. April 1418Akzeptiert von Römisch-katholische Kirche Vorangehendes Konzil Konzil von Vienne Nächstes Konzil Konzil von Basel/Ferrara/Florenz Einberufen von Johannes (XXIII.) Präsidium König Sigismund, Gegenpapst Johannes XXIII. Beteiligung 600 Kleriker Diskussionsthemen Abendländisches Schisma, Lehren von Jan Hus, John Wyclif und Hieronymus von Prag, Konziliarismus Konzilsdokumente Wichtigste Dokumente: Dekrete mit Aufzählung und Verurteilung der Irrtümer Jan Hus' und John Wyclifs, Fragebogen für deren Anhänger in der Bulle Inter cunctas, Dekret Cum in nonnullis, Dekret Quilibet tyrannus, Dekret Haec sancta Liste ökumenischer Konzile Das Konzil von Konstanz (5. November 1414–22. April 1418) wurde auf Betreiben König Sigismunds von Papst Johannes (XXIII.) einberufen.
Der wichtigste Punkt der Verhandlungen des Konzils war die (causa unionis): das Abendländische Schisma sollte beendet und damit die Einheit der Kirche wiederhergestellt werden. Die (causa reformationis) bezieht sich auf notwendige Reformen innerkirchlicher Zustände. Schließlich sollten in der (causa fidei) Fragen der kirchlichen Verkündigung und Sakramentslehre geklärt und damit die Ketzerei wirksam bekämpft werden.
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte
Unzufrieden mit der Amtsführung Papst Urbans VI. wählten die Kardinäle 1378 ihren Kollegen Robert von Genf als Clemens VII. zum Gegenpapst. Sie lösten damit das Abendländische Schisma aus, welches nicht nur die religiöse Spaltung der katholischen Christenheit, sondern auch eine politische Polarisierung der beiden Lager bedeutete, die häufig in kriegerischen Auseinandersetzungen endete. Auch der Tod eines Papstes in den folgenden Jahren führte zu keiner Wiedervereinigung, da jeweils Nachfolger aus den eigenen Reihen gewählt wurden. Als 1409 die von beiden Päpsten abgefallenen Kardinäle beim Konzil von Pisa die beiden konkurrierenden Vertreter Christi für abgesetzt erklärten und einen dritten an ihre Stelle setzten, beseitigen sie die Kirchenspaltung nicht. Stattdessen war aus der verruchten Zweiheit eine von allen verfluchte Dreiheit geworden. [1]
Bei Amtsantritt König Sigismunds stritten sich Gregor XII., Benedikt XIII. und Johannes XXIII. (Gegenpapst) um das Primat der katholischen Kirche. Da die drei jeweils von verschiedenen Herrschern in Europa in ihrem Anspruch unterstützt wurden, bedrohten diese Wirren das Reich von innen und von außen. So wurde Sigismund zur treibenden Kraft für ein Kirchenkonzil, welches das Abendländische Schisma beenden sollte. Als Tagungsort schlug Johannes XXIII. sein Refugium Bologna vor. In langwierigen Verhandlungen einigten sich jedoch König und Papst unter dem Druck Sigismunds schließlich auf das neutrale Konstanz als Tagungsort.
Verlauf
Papst Johannes XXIII. (Obedienz von Pisa) kam selbst nach Konstanz und eröffnete das Konzil am 5. November 1414, wobei zunächst nur diejenigen Bischöfe anwesend waren, die auf seiner Seite standen. Ende 1414 kam König Sigismund zum Konzil und drückte nach Rücksprache mit einigen einflussreichen Theologen der Versammlung eine Geschäftsordnung auf, die festlegte, dass nach Nationen und nicht, wie bisher üblich, nach Köpfen abgestimmt werde, um eine Majorisierung durch die italienischen Bischöfe zu verhindern. Papst Johannes, der zunächst Anfang März 1415 eine Erklärung unterschrieben hatte, zurückzutreten, falls die Gegenpäpste Gregor XII. und Benedikt XIII. es ihm gleich tun, floh Ende März mit Unterstützung Herzog Friedrichs IV. als Stallknecht verkleidet nach Schaffhausen und dann weiter nach Freiburg im Breisgau. Friedrich war Johannes noch etwas schuldig, hatte der Papst doch den immer finanziell klammen Herzog mit der leeren Tasche im Oktober 1414 mit einem Jahresgehalt von 6000 Goldgulden zum obersten Feldhauptmann der römischen Kirche ernannt. Sigismund war über die Flucht Johannes XXIII. empört. Als römisch-deutscher König verhängte er über den Habsburger Herzog die Reichsacht und stellte die vorderösterreichischen Gebiete unter unmittelbare Reichshoheit. So wurde Freiburg im Breisgau im Jahr 1415 freie Reichsstadt und sollte dies bis 1425 bleiben.
Verfasst von Guillaume Fillastre, einem von Johannes ernannten Kardinal, verabschiedete das Konzil am 6. April 1415 das Dekret Haec sancta, in dem die Oberhoheit dieser Kirchenversammlung über den Papst verkündet wird. Kraft dieses Dokuments erklärte das Konzil Johannes XXIII. für abgesetzt.
Der in Rom residierende Gregor XII. hatte das Konzil nicht anerkannt, aber vor seiner Wahl einen Eid geschworen, nötigenfalls zurückzutreten, wenn dies zur Beendigung des Schismas dienlich sein würde. Nach der Absetzung Johannes XXIII. schickte er einen Boten an König Sigismund und erklärte sich bereit zurückzutreten, wenn romtreue Kardinäle ein neues Konzil einberufen würden. Daraufhin eröffnete Gregors Bevollmächtigter, Kardinal Johann Domonici von Ragusa, im Juli 1415 ein neues Konzil, womit der Autorität des Bischofs von Rom genüge getan war. Anschließend beschloss das Konzil den Rücktritt Gregors, der zwar die Entscheidung des Konzils nicht anerkannte, aber wie versprochen „freiwillig“ zurücktrat.
Der Gegenpapst Benedikt XIII. allerdings weigerte sich zurückzutreten und floh von Avignon an die spanische Küste (Peñiscola an der Costa del Azahar), wo er sich für den Rest seines Lebens (bis 1423) aufhielt. Der Kaiser verhandelte mit dem König von Aragonien und nach längeren Verhandlungen kamen auch einige von Benedikts Bischöfen. Das Konzil setzte im Juli 1417 auch Benedikt ab und wählte am 11. November 1417 einen neuen Papst, der sich, nach dem Tagesheiligen, Martin V. nannte. Die Wahl fand im Konzilgebäude statt, das auch heute noch existiert.
Die Kirche hatte immer gelehrt, dass Unwürdigkeit eines Amtsträgers dessen Handlungen nicht entwerte. So blieb die Absetzung der Päpste kraft des Dekrets Haec sancta umstritten. Zudem waren die kirchlichen Würdenträger, welche die Absetzungen verfügten, allesamt von einem der drei abgesetzten Päpste ernannt worden. Der Grundsatzentscheid des Konzils zur Superioritätsfrage wurde auch später von keinem Papst gutgeheißen, außerhalb Roms jedoch von Bischöfen und Theologen in Europa bis ins 16. Jahrhundert nachdrücklich verteidigt.
Das Konzil verurteilte die Lehren von John Wyclif, Jan Hus und Hieronymus von Prag. Die beiden Böhmen, die in Konstanz anwesend waren, wurden als Ketzer festgenommen und verbrannt. John Wyclif (1330 bis 1384) war zur Zeit des Konzils bereits seit drei Jahrzehnten tot. Seine Gebeine wurden jedoch nach einigen Jahren ausgegraben und ebenfalls verbrannt.
Ergebnisse und Folgen
Von den drei oben erwähnten causae löste das Konzil mit der Absetzung dreier Päpste nur die causa unionis. So einigte sich Papst Martin V. 1429 mit dem Nachfolger von Benedikt XIII., dem Gegenpapst Clemens VIII., und beendete damit das westliche Schisma.
Eigentlich sollte das Dekret Haec Sancta ein kollegiales Verhältnis zwischen Papst und Konzil, ein Klima für Reformen schaffen, doch die causa reformationis der römischen Kirche wurde in Konstanz nicht einmal vernünftig diskutiert. Erst auf dem Konzil von Basel führte der neue Papst Martin V. Reformverhandlungen - allerdings im Sinne einer Stärkung des geschwächten Papsttums. Die in Konstanz versäumten echten Reformen der Kirche an Haupt und Gliedern würde Martin Luther einhundert Jahre später dramatisch anmahnen.
Schließlich wurde die causa fidei mit dem Wortbruch des freien Geleits und der Verbrennung des böhmischen Rebellen Jan Hus sogar verschlimmert, indem der religiöse Disput eine national-tschechische Wendung erhielt. In Böhmen führte das Konstanzer Urteil über den populären Prager Prediger und Kirchenreformer und dessen Lehren zu Volksaufständen, die schließlich in den Hussitenkriegen endeten. Auch nach der Niederschlagung dieser Kämpfe blieb der Gegensatz zwischen Katholiken und den Anhängern Jan Hus' in Böhmen bestehen. Im Laufe des 16. Jahrhunderts näherten sich große Teile der Hussiten den Protestanten an, deren Lehren von hussitischen Ideen beeinflusst wurden. Eine wichtige Rolle spielten die sog. Böhmischen Brüder, die Nachfolger der Hussiten, noch 1618 beim böhmischen Ständeaufstand, der schließlich den Dreißigjährigen Krieg auslöste.
Die Konzilsstadt
Während des Konzils stand Konstanz für vier Jahre im Mittelpunkt des kirchenpolitischen Interesses in Europa. Kaiser, Papst und Kirchenfürsten nahmen mit ihrem jeweiligen Gefolge in Konstanz und den umliegenden Orten Aufenthalt. Man zählte 33 Kardinäle, 346 Patriarchen, Erzbischöfe und Bischöfe, 2148 weltliche Doktoren sowie 546 Vorsteher und Glieder der Mönchsorden, alle mit Pferden und ihren zahlreichen Begleitern, so dass die Stadt aus allen Nähten platzte. Die geschätzten 50.000 bis 70.000 Konzilbesucher verschafften der Stadt nicht nur einen beträchtlichen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung, sondern brachten sie während vierer Jahre auch an die Grenze ihrer Belastbarkeit. Von der Anteilnahme der Bürgerschaft zeugt unter anderem die Konzilschronik von Ulrich von Richental, der Teilnehmer des Konzils in seinem Haus in der Nähe des Münsters beherbergte. Richental führte Schreib- und Notariatsgeschäfte im Zusammenhang mit dem Konzilsgeschehen aus, sammelte Abschriften zahlreicher Dokumente (im Einzelfall auch unter Zuhilfenahme eines Bestechungsgeldes) und stellte diese mit Berichten der Ereignisse, Teilnehmer- und Wappenlisten sowie einem umfangreichen Zyklus von Illustrationen zu einer der noch heute bedeutendsten Quellen der Geschichte des Konzils zusammen.
An das Konzil erinnert in Konstanz heute eine kleine Plakette auf der südlichen Marktstätte. 1993 wurde zudem im Hafen die Imperia aufgestellt, die Figur einer üppigen Kurtisane, die an die weltlichen Bedürfnisse der geistlichen Fürsten erinnert. Zu deren Befriedigung kamen offene Frauen in den Frauenhäusern und sonst Frauen, die Häuser gemiethet hatten, und in den Ställen lagen oder sonst wo Platz fanden, seien gegen 700 da gewesen, ohne die heimlichen. [2]
Zur 600-Jahrfeier im Zeitraum von 2014 bis 2018 plant Konstanz ein großes Konzilsjubiläum.
Wichtige Teilnehmer des Konzils
Es sind verschiedene ausführliche Listen der Teilnehmer überliefert, die sich zum Teil widersprechen.[3] Nachfolgende Personen spielten eine wichtige Rolle während des Konzils von Konstanz 1414–1418:
- Pierre d’Ailly (1350/1351–1420), französischer Theologe, Kardinal und Kanzler der Sorbonne
- Henry Beaufort (1375–1447), englischer Staatsmann und Kardinal, Sprecher der englischen Kirche
- Benedikt XIII. (1327–1423), Gegenpapst in Avignon 1394 bis 1423
- Manuel Chrysoloras (1353–1415), byzantinischer Diplomat
- Guillaume Fillastre (1348–1428), französischer Kardinal, Mitverfasser des Dekrets „Haec sancta“
- Friedrich IV. (1382–1439), Herzog von Österreich-Tirol
- Friedrich von Hohenzollern (1371–1440), Burggraf von Nürnberg, seit 1417 Markgraf Friedrich I. von Brandenburg, späterer Anführer des Reichsheeres gegen die Hussiten
- Jean le Charlier de Gerson (1363–1429), französischer Theologe und Kanzler der Sorbonne
- Papst Gregor XII. (1335–1417), Papst von 1406 bis 1415, Kardinalbischof von Porto 1415 bis 1417
- Robert Hallum von Salisbury († 1417), Kanzler der University of Oxford von 1403 bis 1405, Bischof von Salisbury 1407 bis 1417
- Gottfried de Hegghe, Rektor der Universität zu Köln um 1414
- Hieronymus von Prag (1365–1416), böhmischer Gelehrter und Mitbegründer der hussitischen Bewegung
- Jan Hus (um 1370–1415), böhmischer Gelehrter, Priester und Rektor der Karls-Universität Prag sowie Begründer der hussitischen Bewegung
- Johann Ohnefurcht („Jean Sans Peur“) (1371–1419), Herzog von Burgund (Haus Burgund)
- Johannes XXIII., Gegenpapst 1410 bis 1415, † in Florenz 1419
- Karl VI. (1368–1422), König von Frankreich 1380 bis 1422
- Ludwig III. (1378–1436), Kurfürst von der Pfalz 1410 bis 1438
- Ludwig VII. (1368–1447), Herzog von Bayern-Ingolstadt und Leiter der französischen Konzilsgesandtschaft
- Martin V. (1368–1431), Papst von 1417 bis 1431
- Poggio Bracciolini (1380–1459), italienischer Papstsekretär und Humanist
- Ulrich von Richental (um 1360–1437), Konstanzer Historiograf
- Sigismund von Luxemburg (1368–1437), römisch-deutscher König seit 1410 und römisch-deutscher Kaiser von 1433 bis 1437, Protektor des Konstanzer Konzils
- Oswald von Wolkenstein (um 1377–1445), Südtiroler Ritter und Sänger, Dichter und Komponist, Diplomat
- Franciscus de Zabarellis (Zabarella, 1360–1417), italienischer Kardinal von Padua
Weitere Informationen
Literatur
- Andreas von Regensburg: Concilium Constanciense, 1422
- Walter Brandmüller: Das Konzil von Konstanz. 2 Bde. Paderborn 1991-1997.
- Karlheinz Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums, Band 8, Rowohlt 2004, ISBN 978-3499616709
- Ansgar Frenken: Die Erforschung des Konstanzer Konzils (1414-1418) in den letzten 100 Jahren, Paderborn 1996
- Hubert Jedin (Hrsg.): Handbuch der Kirchengeschichte: vom kirchlichen Hochmittelalter bis zum Vorabend der Reformation. Bd. 3, 2. Freiburg i. B. 1973 (2.A.).
- Ulrich von Richental: Chronik des Constanzer Concils, Olms, ISBN 978-3-487-00189-0
- Joseph Riegel, Die Teilnehmerlisten des Konstanzer Konzils, Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde 31, 193, 1915
- Klaus Schelle: Das Konstanzer Konzil, Stadler Verlagsgesellschaft mdH, 1996, ISBN 3-7977-0350-3
- Heinrich Schreiber, Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau, Verlag von Franz Xaver Wangler, Freiburg 1857
- K. Walcher, Verschiedenes aus der Zeit der Konstanzer Kirchenversammlung, Schriften der Gesellschaft für Beförderung der Geschichtskunde, 1, 211, Freiburg 1828
Einzelnachweise
- ↑ Karlheinz Deschner, Kriminalgeschichte des Christentums, Band 8, Rowohlt 2004, ISBN 978-3499616709
- ↑ K. Walcher, Verschiedenes aus der Zeit der Konstanzer Kirchenversammlung, Schriften der Gesellschaft für Beförderung der Geschichtskunde, 1, 211, Freiburg 1828
- ↑ Joseph Riegel, Die Teilnehmerlisten des Konstanzer Konzils, Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Altertums- und Volkskunde 31, 193, 1915
Weblinks
Von Griechischer Orthodoxie und Römischem-Katholizismus anerkannte ökumenische Konzile:
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