- Misoxerbahn
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Misoxerbahn Streckenlänge: 31,3 km Spurweite: 1000 mm (Meterspur) Stromsystem: 1500 V = Maximale Neigung: 60 ‰ Minimaler Radius: 80 m Bellinzona–Mesocco Legende0,0 Bellinzona FR 227 m ü. M. 2,0 Molinazzo 236 m ü. M. Moesa I 3,5 Castione-Arbedo 241 m ü. M. Anschluss zur Gotthardbahn, Rollschemelrampe 4,2 Castione Villaggio 5,7 Lumino ex Bf 258 m ü. M. 6,9 Kantonsgrenze TI-GR 8,1 Valmoesa Werksanschlussgleis 262 m ü. M. 9,1 S. Vittore 275 m ü. M. Moesa II 75 m 10,8 Roveredo 294 m ü. M. Moesa III 81 m 11,2 S. Antonio 302 m ü. M. 12,7 Grono 332 m ü. M. 13,3 neues Depot 15,2 Leggia 340 m ü. M. 16,2 Cama 351 m ü. M. 17,6 Piani di Verdabbio 367 m ü. M. 18,7 Sorte 403 m ü. M. 21,4 Lostallo 423 m ü. M. 23,3 Cabbiolo 446 m ü. M. 25,4 Vigna 486 m ü. M. Piotta 42 m Capella 31 m 28,5 Soazza 620 m ü. M. S. Giovanni 13 m 31,3 Mesocco 766 m ü. M. Depot und Werkstätte Die Ferrovia elettrica Bellinzona-Mesocco (BM) (auch Misoxerbahn, Bellinzona-Mesocco-Bahn oder Ferrovia Bellinzona-Mesocco genannt) war eine Schmalspurbahn in den Kantonen Tessin und Graubünden in der Schweiz. Die 31,3 km lange meterspurige Strecke führte von der Tessiner Kantonshauptstadt Bellinzona durch die Bündner Talschaft Misox nach Mesocco. Zwischen 1942 und 2003 war die Linie im Besitz der Rhätischen Bahn (RhB). Heute wird auf dem verbliebenen rund 13 km langen Reststück der Ferrovia Mesolcinese (FM) durch die Società Esercizio Ferroviario Turistico (SEFT) ein touristischer Bahnbetrieb aufrechterhalten.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Ferrovia Bellinzona-Mesocco (BM)
Im Jahre 1895 gab es erste Planungen, das Misox mit einer vom Bahnhof Castione-Arbedo der Gotthardbahn ausgehenden Bahnlinie zu erschliessen. Nachdem man zuerst an eine normalspurige Strecke dachte, fiel auf Vorschlag der Bündner die Entscheidung zugunsten einer elektrisch betriebenen Meterspurbahn. Nachdem am 26. Juli 1903 in Lostallo die Società Ferrovia elettrica Bellinzona-Mesocco gegründet worden war, nahm man 1905 die Bauarbeiten auf.
Der 21,4 km lange erste Teil der Strecke wurde am 6. Mai 1907 dem Verkehr übergeben. Es handelte sich dabei um den Abschnitt von Bellinzona über Castione-Arbedo, Lumino, San Vittore, Roveredo, Grono, Leggia und Cama nach Lostallo. Das Reststück von 9,9 km zwischen Lostallo und Mesocco mit Halten in Cabbiolo und Soazza folgte knapp drei Monate später und war ab dem 31. Juli 1907 befahrbar. Die 31,3 km lange Gesamtstrecke wies drei Tunnel, 28 Brücken – darunter drei grosse Viadukte über den Fluss Moësa – sowie 15 Stationen und Haltestellen auf. Die Maximalsteigung betrug 60 Promille, der kleinste Kurvenradius 80 Meter. Das bahneigene Kraftwerk Cebbia bei Mesocco versorgte die Linie mit 1500 Volt Gleichstrom.
Immer wieder gab es Bestrebungen, die Linie ab Mesocco über San Bernardino und Splügen nach Thusis zu verlängern und an das bestehende RhB-Stammnetz anzuschliessen. Daraus wurde jedoch nichts, und so war die BM Jahrzehnte lang die einzige Bündner Schmalspurbahn ohne Gleisverbindung zum Stammnetz. Als wintersichere Nord-Süd-Verbindung wurde statt dessen in den 1960er Jahren die parallel verlaufende Nationalstrasse A13 gebaut.
Fusion mit der Rhätischen Bahn (RhB)
Nachdem sich der Verkehr in den 1930er Jahren unbefriedigend entwickelt hatte, fusionierte die BM zu Neujahr 1942 mit der Rhätischen Bahn, welche sämtliche Fahrzeuge übernahm und Gleisanlagen sowie Stromversorgung umfassend erneuerte. 1955 wurde der Rollschemelbetrieb aufgenommen. Ein Problem konnte die RhB nicht lösen: in Bellinzona begann die BM nicht etwa am SBB-Bahnhof, sondern rund 10 Gehminuten entfernt an der Piazza Mesolcina. Hinzu kamen Konflikte mit den Strassenplanern – denen die kleine Bahn beim Bau der A13 als ein Hindernis erschien – so dass seit 1966 diskutiert wurde, den Bahnbetrieb aufzugeben.
Einstellung des Betriebs
Am 28. Mai 1972 wurde der Personenverkehr auf der Misoxerbahn eingestellt. Diese Aufgabe übernahmen fortan Postautos. Die bessere Erschliessung des Tales durch die bereits oben genannte A13 war hierfür unter anderem ausschlaggebend. Die Autobusse verkehrten nun von Thusis über den San-Bernardino-Pass oder durch den San-Bernardino-Tunnel bis nach Bellinzona. Der Güterverkehr zwischen Castione und Mesocco blieb erhalten. Das 3,5 km lange Teilstück zwischen Castione und Bellinzona wurde hingegen 1972 aufgrund mangelnder Rentabilität aufgegeben und umgehend abgebrochen. Im August 1978 beschädigten schwere Unwetter den oberen Teil der Strecke so stark, dass man sich entschloss, die Linie ab Cama stillzulegen.
Auf dem verbleibenden Reststück zwischen Castione – dem betrieblichen Mittelpunkt der Linie – und Cama betrieb die RhB einen immer spärlicher werdenden Güterverkehr. Als Ersatz für das frühere Depot Mesocco richtete man eine ausgediente Fabrikhalle in Grono als Werkstätte ein. Ab und an gab es für Eisenbahnfreunde die Möglichkeit, mit Sonderzügen das Misoxtal von der Schiene aus zu erkunden. Der letzte herbe Schlag traf die RhB-Linie mit der Schliessung der Val-Moesa-Werke (Monteforno SA/Von Roll), des grössten Industriebetriebs im Tal und wichtigsten Auftraggebers für Gütertransporte. Silvester 2003 wurde die Strecke von der RhB auf- und an die Eisenbahner der Ferrovia Mesolcinese übergeben, die sich schon seit 1995 um Fahrten für Touristen auf der Reststrecke im unteren Misox bemüht.
Situation seit 2003
An der Linie hat sich seit der Übernahme durch die Ferrovia Mesolcinese wenig verändert. Die Fahrzeuge werden in der Remise bei Grono gewartet. Als Betriebszentrum fungieren die grosszügigen Bahnanlagen von Castione-Arbedo, wo die Triebwagen und Wagen der FM abgestellt sind. Die Strecke Castione–Cama bleibt elektrisch befahrbar; planmässige Züge verkehren an Sonntagen von Juli bis Oktober.
Rollmaterial
BM zwischen 1907 und 1942
Zur Eröffnung der Bellinzona-Mesocco-Bahn wurden 1907 drei Triebwagen des Typs BCe 4/4 in Betrieb genommen. Die Wagen erhielten die Betriebsnummern 1 bis 3 und wurden fortan auf der gesamten Linie eingesetzt. Zwei baugleiche Fahrzeuge mit den Nummern 4 und 5 folgten 1909. Für den Güterverkehr wurde ein Gepäcktriebwagen Fe 4/4, Betriebsnummer 501, beschafft. Der wagenbauliche Teil aller sechs Triebwagen stammte von der Waggonfabrik Ringhoffer in Prag, der elektrische Teil von der Maschinenfabrik Rieter in Winterthur-Töss, die auch als Generalunternehmer für den Bahnbau als Ganzes verantwortlich zeichnete.
RhB zwischen 1942 und 2003
Nach der Fusion übernahm die RhB die Triebwagen der BM und nummerierte sie zu 451–455 respektive 471 um. Zur Verjüngung des Fahrzeugbestandes stellte sie 1957 den Triebwagen BDe 4/4 491 in Dienst. Als Aushilfe waren auch die beiden ABDe 4/4 483 und 484 der Arosalinie gelegentlich im Misox zu sehen. Nachdem der Personenverkehr aufgegeben und Teilstrecken stillgelegt worden waren, reduzierte die RhB den Fuhrpark drastisch: jahrelang bediente 491 die Linie allein. Zur Ergänzung sprangen seit 1972 die Triebwagen ABe 4/4 41 und 42 der Appenzeller Bahn (AB), Baujahr 1933, mehrmals leihweise auf der Strecke ein. Während Nummer 41 weiterhin im Besitz der AB blieb, ging der Triebwagen 42 später in den Besitz der Rhätischen Bahn über. Zwar bekam das Fahrzeug nach und nach einen neuen Anstrich, jedoch verzichtete man dabei auf die charakteristische RhB-Lackierung in rot mit einer weissen Zierlinie und behielt die Appenzeller Farbgebung Hellrot-Crème bei. Zum Ende der RhB-Ära im unteren Misox blieben von allen Triebwagen AB 41 sowie RhB 42 und 491 übrig.
FM seit 2003
Nach der Aufgabe der Linie durch die RhB wurde das komplette Misox-Rollmaterial der RhB (42 und 491) an die Ferrovia Mesolcinese überschrieben, die zusätzlich auch den zweiten «Appenzeller» erwarb. Im Laufe der Zeit fanden auch andere Schweizer Schmalspurbahn-Fahrzeuge hier ihre neue Heimat, so dass die FM über folgende Triebwagen verfügt:
- Nummer 1–2, früher AB ABe 4/4 41–42,
- Nummer 3, früher FLP ABe 4/4 3, Abbruch 2007 nach Unfall, Teile nach Agno
- Nummer 4, früher RhB ABDe 4/4 454, dieser Original-BM-Triebwagen soll wieder fahrtauglich gemacht werden,
- Nummer 5, früher BA ABe 4/4 5,
- Nummer 6, früher RhB BDe 4/4 491.
Literatur
- Rolf Rütimann: Bellinzona-Mesocco-Bahn. Leutwiler, Zürich 1984. ISBN 3-906681-01-7
Weblinks
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